Steuerrecht

Gewerbeuntersagung gegenüber dem Vertretungsberechtigten einer gewerbetreibenden GmbH, Unzuverlässigkeitsgründe, die aus der Geschäftsführertätigkeit sowie aus dem persönlichen Verhalten des Klägers folgen, Steuerschulden, Schätzbescheide, Eintragungen im Vollstreckungsportal

Aktenzeichen  22 ZB 21.360

Datum:
28.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4448
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1, Abs. 7a

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 16 K 18.6346 2020-09-22 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen eine gegen ihn als Geschäftsführer der B. GmbH gerichtete erweiterte Gewerbeuntersagung.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. November 2018 untersagte die Beklagte der B. GmbH die Ausübung des Gewerbes „Betrieb eines Planungsbüros“ im stehenden Gewerbe und dehnte die Untersagung auf die Ausübung jeglicher gewerblichen Tätigkeit aus.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29. November 2018 untersagte die Beklagte dem Kläger nach § 35 Abs. 7a, Abs. 1 GewO die selbstständige Ausübung des Gewerbes „Betrieb eines Planungsbüros“ im stehenden Gewerbe sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe. Der Bescheid wurde mit öffentlich-rechtlichen Forderungen der Beklagten gegen den Kläger und Einträgen des Klägers im Vollstreckungsportal mit dem Vermerk „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ sowie Steuerrückständen der B. GmbH, öffentlich-rechtlichen Forderungen der Beklagten gegen diese sowie Eintragungen im Vollstreckungsportal mit dem Vermerk „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ begründet.
Das Verwaltungsgericht München wies die gegen den Bescheid erhobene Klage mit Urteil vom 22. September 2020 ab, das dem Bevollmächtigten des Klägers am 28. Dezember 2020 zugestellt wurde.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2021, am gleichen Tag per Telefax beim Verwaltungsgericht eingegangen, beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und begründete den Antrag mit Schriftsatz vom 24. Februar 2021, am gleichen Tag per Telefax beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung vorliegen.
Ohne ausdrücklich Zulassungsgründe zu benennen, macht der Kläger der Sache nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie einen Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen nicht. Solche Zweifel sind zu bejahen, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.).
1.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Beklagte dem Kläger zu Recht die selbständige Ausübung seines Gewerbes nach § 35 Abs. 7a i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO untersagt habe. Nach § 35 Abs. 7a Satz 1 GewO könne die Gewerbeuntersagung nicht nur gegen den Gewerbetreibenden selbst, sondern auch gegen Vertretungsberechtigte – wie hier den Kläger – oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden, wenn – wie hier – gegen den Gewerbetreibenden selbst ein Untersagungsverfahren nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO eingeleitet worden sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für die hinsichtlich der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit erforderliche Prüfung sei derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung. Der Kläger habe mit Stand vom 28. November 2018 beim Kassen- und Steueramt der Beklagten persönliche Rückstände in Höhe von 550,32 € gehabt und sei im Schuldnerverzeichnis fünfmal mit dem Vermerk „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ eingetragen gewesen. Diese Eintragungen belegten, dass der Kläger nicht nur leistungsunfähig, sondern auch leistungsunwillig sei. Nicht maßgeblich sei hierbei, dass nicht geprüft worden sei, ob und in welcher Höhe die zugrunde liegenden Forderungen noch bestünden. Die Eintragungen belegten, dass der Kläger in den jeweiligen Vollstreckungsverfahren nicht innerhalb der ihm vom Gerichtsvollzieher gesetzten Frist von zwei Wochen die maßgeblichen vollstreckbaren Forderungen beglichen und die Vermögensauskunft pflichtwidrig nicht abgegeben habe. Im Übrigen sei es nicht Sache der Behörde oder des Gerichts, sondern des Klägers, die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zur Löschung zu bringen.
Zu Recht habe die Beklagte auch auf die Versäumnisse des Klägers als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der B. GmbH Bezug genommen. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids hätten beim Finanzamt Steuerrückstände der GmbH in Höhe von 6.708,31 € und öffentlich-rechtliche Forderungen in Höhe von 72.414,80 € beim Kassen- und Steueramt der Beklagten bestanden. Ferner sei auch die GmbH mit zwei Einträgen im Schuldnerverzeichnis jeweils mit dem Vermerk „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ gelistet gewesen. Der Kläger habe als gesetzlicher Vertreter der GmbH gemäß § 6 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und dafür zu sorgen gehabt, dass die Steuern aus den von ihr verwalteten Mitteln entrichtet würden. Auch wenn der Kläger noch vor Bescheiderlass offenbar durch Abgabe berichtigender Steuererklärungen die Steuerrückstände der GmbH beträchtlich habe verringern können, genüge dieses kurzfristige Wohlverhalten nicht für die Annahme einer positiven Prognose. Entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten lasse sich dem streitgegenständlichen Bescheid auch eindeutig entnehmen, dass Grundlage für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit dessen Versäumnisse als Geschäftsführer der B. GmbH und nicht seine Tätigkeit im Zusammenhang mit anderen Unternehmen gewesen sei. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankomme, werde darauf hingewiesen, dass sich die wirtschaftliche Situation des Klägers bzw. der GmbH auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht maßgebend zugunsten des Klägers geändert habe; die GmbH habe zu diesem Zeitpunkt Rückstände beim Finanzamt in Höhe von 47.590,55 € gehabt und sei mit einem Eintrag mit dem Vermerk „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ im Schuldnerverzeichnis eingetragen gewesen. Der Kläger selbst sei mit vier entsprechenden Einträgen im Schuldnerverzeichnis eingetragen gewesen.
1.1.1 Der Kläger trägt vor, ihm sei mit unverständlicher Begründung vorgeworfen worden, er habe seine Steuerrückstände nicht bezahlt. In den einzelnen Schreiben würden mehrere Firmen des Klägers angeführt, und es sei nicht eindeutig, worin sein unzuverlässiges Verhalten erblickt werde. Die Annahme der Unzuverlässigkeit könne lediglich aus einer lang andauernden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit abgeleitet werden. Steuerschulden seien nur dann geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht seien. Dies sei hier nicht der Fall. Der Kläger habe zudem vorgetragen, dass er sämtliche Steuerrückstände gegenüber dem Finanzamt aufgrund einer Teilzahlungsabrede mit dem Vollstreckungsbeamten abgetragen habe. Es sei unverständlich, dass das Gericht den von ihm angenommenen beträchtlichen Abbau von Steuerrückständen vor Bescheiderlass nicht für die Annahme einer positiven Prognose heranziehe. Auch begründe das Verwaltungsgericht seine Entscheidung damit, dass Schätzungsbescheide nicht rechtzeitig bezahlt worden seien. Schätzungsbescheide ergingen dann, wenn nicht rechtzeitig entsprechende Erklärungen abgegeben würden, und würden regelmäßig weitaus höher angesetzt als die voraussichtliche Steuerschuld, um als Druckmittel zu wirken. In diesem Zusammenhang erscheine es fraglich, wenn bei persönlichen Rückständen in Höhe von 550,32 € von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit gesprochen werde. Lediglich erhebliche Steuerschulden der vom Kläger vertretenen Firma würden die Annahme einer wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit rechtfertigen.
Auch verkenne das Verwaltungsgericht die praktischen Voraussetzungen des Vermerks „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“. Dieser bedeute keineswegs, dass Steuerrückstände vom betreibenden Beamten als endgültig angesehen würden, sondern sei Voraussetzung dafür, dass das Finanzamt einen sogenannten Druckantrag beim Insolvenzgericht auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen könne. Dies sei nicht geschehen. Vielmehr habe der Kläger mit der Vollstreckungsbehörde des Finanzamts München eine Teilzahlungsabrede getroffen, die auch eingehalten worden sei. Anderenfalls hätte das Finanzamt einen Insolvenzantrag gegen die B. gestellt. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass eine pflichtwidrige Nichtabgabe der Vermögensauskunft die Unzuverlässigkeit begründen könne, verkenne die Tatsache, dass solange das Finanzamt an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers bzw. der von ihm vertretenen Firma glaube, keine Pflicht bestehe, den Betrieb aufzugeben.
1.1.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht.
1.1.2.1 Zunächst hat das Verwaltungsgericht der Annahme der Unzuverlässigkeit zu Recht die Rückstände der GmbH beim Finanzamt und beim Kassen- und Steueramt der Beklagten sowie die Eintragungen der GmbH im Vollstreckungsportal zugrunde gelegt, obwohl es sich nicht um eigene Verbindlichkeiten bzw. Eintragungen des Klägers handelt. Die in § 35 Abs. 7a Satz 1 GewO eröffnete Möglichkeit der Gewerbeuntersagung gegenüber Vertretungsberechtigten oder mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Personen zielt darauf, einer etwaigen künftigen Tätigkeit als selbständige Gewerbetreibende durch solche Personen entgegenzuwirken, die bisher in einem Gewerbebetrieb leitend tätig waren und sich dabei als unzuverlässig erwiesen hatten (vgl. OVG NW, B.v. 6.10.2021 – 4 B 1401.21 – juris Rn. 6; B.v. 28.8.2017 – 4 A 2232.15 – juris Rn. 5 f.). Dementsprechend kommt es – wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat – insoweit allein darauf an, dass der Kläger als Geschäftsführer und mithin gesetzlicher Vertreter der GmbH (§ 35 GmbHG) deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen hatte, dass die Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet wurden (§ 34 AO), er diese Pflicht aber mit der Folge verletzt hat, dass bei der Gesellschaft erhebliche Steuerrückstände aufgelaufen sind (vgl. OVG NW, B.v. 6.10.2021 – 4 B 1401.21 – juris Rn. 8; B.v. 28.8.2017 – 4 A 2232/15 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 14.8.2014 – 22 B 14.880 – juris Rn. 28). Weiterhin waren Eintragungen im Schuldnerverzeichnis entstanden, die nach dem Klägervortrag offenbar mit den Steuerschulden beim Finanzamt zusammenhingen. Dabei ist deutlich erkennbar, dass sowohl die Beklagte dem angefochtenen Bescheid als auch das Verwaltungsgericht seinem Urteil Unzuverlässigkeitsgründe zugrunde gelegt haben, die der Kläger als Geschäftsführer der B. GmbH verwirklicht hatte. Dafür dass es auch um Steuerrückstände anderer Firmen des Klägers gehen könnte, wie der Kläger meint, gibt es keine Anhaltspunkte.
Die Einwände, die der Kläger gegen die Verbindlichkeiten der GmbH und deren Eintragungen im Vollstreckungsportal als unzuverlässigkeitsbegründende Umstände geltend macht, greifen nicht durch.
Zwar hatte der Kläger für die von ihm vertretene GmbH deren Steuerrückstände beim Finanzamt vor Bescheiderlass erheblich reduziert, offenbar durch die Abgabe berichtigender Steuererklärungen. Die Rückstände hatten am 24. Oktober 2018 67.356,22 € betragen und betrugen bei Bescheiderlass am 29. November 2018 noch 6.708,31 €. Auch dieser Betrag ist jedoch nicht unerheblich; der Kläger hat insoweit insbesondere nicht dargelegt, warum der Betrag im Verhältnis zur Gesamtbelastung der GmbH nicht von Gewicht sei.
Hinzu traten die erheblichen Rückstände beim Kassen- und Steueramt der Beklagten in Höhe von 72.414,80 €. Dass diese Rückstände auf Steuerschätzbescheiden beruhten, ist im Rahmen der Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit unerheblich. Dies folgt zum einen daraus, dass der Erlass von Schätzbescheiden die von der Rechtsordnung zwingend (vgl. § 162 Abs. 1 Satz 1 AO) vorgesehene Folge der Nichterfüllung der Steuererklärungspflicht darstellt; eine Person, die diese Pflicht missachtet, kann nicht verlangen, von den daran geknüpften rechtlichen Konsequenzen verschont zu bleiben. Zum anderen kommt auf Schätzungen beruhenden Steuerbescheiden bezüglich der Verbindlichkeit der in ihnen enthaltenen feststellenden Regelungen (insbesondere über das Bestehen und die Höhe einer Steuerschuld) grundsätzlich die gleiche rechtliche Wirkung wie solchen Steuerbescheiden zu, die auf einer Steuererklärung oder auf einer von Amts wegen erfolgten Ermittlung der für die Besteuerung maßgeblichen Tatsachen beruhen. Denn auch Schätzbescheide bilden nach § 218 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AO die Grundlage für die Verwirklichung der Steuerschuld; auch sie sind so lange den Rechtsbeziehungen zwischen dem Steuergläubiger und dem Steuerschuldner zugrunde zu legen, als sie nicht aufgehoben wurden oder ihre kraft Gesetzes bestehende Vollziehbarkeit (vgl. § 361 Abs. 1 Satz 1 AO) ausgesetzt ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2015 – 22 C 15.760 – juris Rn. 19; B.v. 13.6.2017 – 22 C 16.2481 – juris Rn. 10).
Auch die Behauptung des Klägers, bei einer aus Steuerrückständen abgeleiteten Unzuverlässigkeit müsse in die gerichtliche Überprüfung einbezogen werden, ob die Rückstände nach Bescheiderlass getilgt worden seien, führt nicht zum Erfolg seines Zulassungsantrags. Der Kläger hat insoweit schon nicht dargelegt, welche nach Bescheiderlass vorgenommene Tilgung von Steuerrückständen gegen seine Unzuverlässigkeit angeführt werden könnte, ganz abgesehen davon, dass er sich nicht substantiiert mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum für die Beurteilung der Zuverlässigkeit maßgeblichen Zeitpunkt auseinandergesetzt hat; insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – juris Rn. 14; U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 15).
Auch die Eintragungen der vom Kläger vertretenen GmbH im Vollstreckungsverzeichnis mit dem Vermerk „Nichtabgabe der Vermögensauskunft“ hat das Verwaltungsgericht zu Recht bei der Prognose über die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Klägers zu dessen Lasten berücksichtigt. Mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Schlussfolgerungen, die die Eintragungen zulassen (UA Rn. 35), hat sich der Kläger nicht substantiiert auseinandergesetzt. Soweit er meint, aus dem Vermerk könne nicht geschlossen werden, dass Steuerrückstände endgültig seien, sondern die Nichtabgabe der Vermögensauskunft sei Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, ändert dies nichts daran, dass die Eintragungen belegen, dass die GmbH, vertreten durch den Kläger, ihren Zahlungsverpflichtungen im Vollstreckungsverfahren nicht nachgekommen war. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang eine Teilzahlungsabrede mit dem Finanzamt München erwähnt, die er eingehalten habe, so dass das Finanzamt keinen Insolvenzantrag gestellt habe, ist dies schon deshalb nicht schlüssig, weil er in diesem Zusammenhang die B. erwähnt, unter der der Kläger wohl zu einem früheren Zeitpunkt gewerberechtlich gemeldet war, die aber vorliegend keine Rolle spielt. Auch soweit sich der Vortrag auf die hier relevante B. GmbH beziehen sollte, greift er mit Blick auf die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses beim Finanzamt bestehenden Steuerrückstände dieser GmbH nicht durch.
Die weitere Behauptung des Klägers, er sei – wohl steuerrechtlich – nicht verpflichtet, seinen Betrieb aufzugeben, solange das Finanzamt an seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bzw. diejenige der von ihm vertretenen Firma glaube, ist im Rahmen des Gewerbeuntersagungsverfahrens nicht von Relevanz, für das bezüglich der Eintragungen im Vollstreckungsportal die vom Verwaltungsgericht genannten Maßstäbe (UA Rn. 34 f.) gelten.
1.1.2.2 Weiterhin hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Recht auch die in der Person des Klägers selbst – unabhängig von seiner Geschäftsführertätigkeit – verwirklichten Unzuverlässigkeitstatbestände zugrunde gelegt. Die in § 35 Abs. 7a Sätze 1 und 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GewO vorausgesetzte Unzuverlässigkeit eines Vertretungsberechtigten oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person kann sich auch aus Tatsachen ergeben, die nicht im Rahmen desjenigen Gewerbebetriebs eingetreten sind, in dem der Betreffende als Vertretungsberechtigter oder Betriebsleiter bestellt ist. Insoweit gilt für die Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 7a GewO nichts Anderes als für diejenige gegenüber dem Gewerbetreibenden nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Für diese ist anerkannt, dass die Tatsachen, die auf eine Unzuverlässigkeit schließen lassen, nicht im Rahmen des konkreten Gewerbebetriebs eingetreten sein müssen und etwa auch aus einer Zeit stammen können, in der der Gewerbetreibende noch kein Gewerbe oder ein Gewerbe betrieben hat, das geringere Anforderungen an die Zuverlässigkeit als das gegenwärtige stellt. Entscheidend ist, ob sich die betreffenden Tatsachen auf die ordnungsgemäße Führung des in Rede stehenden Gewerbes auswirken (vgl. OVG NW, B.v. 28.8.2017 – 4 A 2232.15 – juris Rn. 9 m.w.N.).
1.1.2.3 Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen ist. Soweit der Kläger dem zusätzlich zu den bereits genannten Aspekten entgegenhalten will, dass seine persönlichen Rückstände in Höhe von 550,32 € für diese Annahme nicht ausreichten, ergibt sich die Unzuverlässigkeit gerade aus einer Gesamtschau aller dem angegriffenen Bescheid und dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugrunde liegenden Umstände, die nach den vorgenannten Ausführungen unter 1.1.2.1 und 1.1.2.2 sämtlich bei der Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers als Vertretungsberechtigter der B. GmbH zu berücksichtigen waren.
1.2 Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, die Beklagte habe die Gewerbeuntersagung zu Recht gemäß § 35 Abs. 7a Satz 3 i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO auf die Ausübung jeglicher selbstständigen gewerblichen Tätigkeit sowie eine Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person erweitert. Die festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme, dass der Vertretungsberechtigte auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig sei. Die Unzuverlässigkeit in Bezug auf die „Ausweichtätigkeit“ sei bei steuerlichen Pflichtverletzungen und ungeordneten Vermögensverhältnissen wie hier regelmäßig gegeben. Der Kläger habe Regeln verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gälten. Die erweiterte Gewerbeuntersagung sei erforderlich, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Klägers auf andere gewerbliche Tätigkeiten bestehe. Dies folge schon daraus, dass der Kläger sowohl für sich selbst als auch für die Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an der gewerblichen Tätigkeit festgehalten habe. Die erweiterte Gewerbeuntersagung sei schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorlägen, die es ausschlössen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausüben werde, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheide. Besondere Umstände im Einzelfall, die eine andere Bewertung hätten zulassen können, lägen nicht vor. Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung sei auch nicht unverhältnismäßig. Dies komme nach der Rechtsprechung bei Vorliegen der Voraussetzungen der erweiterten Gewerbeuntersagung nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht, wofür hier nichts ersichtlich sei.
Der Kläger hält dem entgegen, die erweiterte Gewerbeuntersagung sei weder erforderlich noch verhältnismäßig.
Mit dieser nicht weiter begründeten Behauptung hat sich der Kläger nicht substantiiert mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt. Insbesondere hat er keine Umstände des Einzelfalles vorgetragen, die vorliegend eine andere Beurteilung der Erforderlichkeit oder der Verhältnismäßigkeit der Erweiterung der Gewerbeuntersagung erkennen ließen.
2. Auch ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, einem Verlegungsgesuch des Klägers vom 17. September 2020 nicht entsprochen zu haben, weil dieser keinen Verlegungsgrund gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 ZPO geltend gemacht habe. Das mit dem Antrag vorgelegte ärztliche Attest vom 17. September 2020, wonach der Kläger nicht verhandlungs- und vernehmungsfähig sei, genüge dem nicht. Denn das Attest erlaube dem Gericht nicht, die dargetane Verhandlungsunfähigkeit nachzuvollziehen. Es obliege dem Kläger, die Hinderungsgründe, auf die er sich berufen wolle, möglichst rechtzeitig vor dem Termin schlüssig und substantiiert darzulegen, so dass das Gericht in die Lage versetzt werde, das Vorliegen eines erheblichen Grundes im Sinne von § 227 ZPO zu beurteilen. Dies erfordere, dass das Gericht aus den Unterlagen Art, Schwere und das voraussichtliche Andauern der Erkrankung bis zum festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung entnehmen und so die Frage der Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen könne. Gerade bei kurzfristig gestellten Anträgen auf Terminsverlegung bestünden hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit. Die Aussage, dass der Kläger nach einer Corona-Erkrankung noch an mehreren Folgeerscheinungen leide, genüge hierfür nicht. Unabhängig davon sei der Kläger rechtsanwaltlich vertreten gewesen, der Klägerbevollmächtigte zur mündlichen Verhandlung erschienen und das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet gewesen. Wegen der Vertretung durch den Prozessbevollmächtigten sei dem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan worden. Dies sei nur dann ausnahmsweise anders zu beurteilen, wenn besondere Gründe substantiiert vorgetragen würden, die die persönliche Anwesenheit eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung als erforderlich erscheinen ließen, was hier weder vorgetragen noch ersichtlich gewesen sei.
Der Kläger trägt demgegenüber vor, er sei in seinem rechtlichen Gehör verletzt worden, weil seinem Verlegungsgesuch vom 17. September 2020 nicht stattgegeben worden sei und er selbst daher nicht in der mündlichen Verhandlung habe angehört werden können. Die Fürsorgepflicht des Gerichts hätte es geboten, ggf. ergänzende Angaben zu seinem Krankheitszustand einzuholen.
Mit seinem knappen Vortrag hat sich der Kläger mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts insbesondere zu den Darlegungsanforderungen bei kurzfristig gestellten Terminsverlegungsanträgen schon nicht hinreichend substantiiert auseinandergesetzt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt hier auch in der Sache nicht vor, weil die Verhandlungsunfähigkeit grundsätzlich durch Vorlage eines ärztlichen Attests nachzuweisen ist, aus dem sich die Unmöglichkeit der Teilnahme an der Verhandlung ergibt. Wird die Terminsverlegung erst unmittelbar vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung begründet, so muss dieser Hinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw. Reiseunfähigkeit besteht (BVerwG, B.v. 20.4.2017 – 2 B 69.16 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 22.7.2019 – 14 ZB 18.33117 – juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 1.2.2018 – 4 A 10/18.A – juris Rn. 24). Diese Beurteilung war dem Gericht hier aufgrund der wenig konkreten Angaben im Attest („mehrere Folgeerscheinungen“ nach einer Corona-Erkrankung) nicht möglich. Das Attest war erst am 18. September 2020, einem Freitag, beim Verwaltungsgericht eingegangen; die mündliche Verhandlung war für den darauffolgenden Dienstag, den 22. September 2020, angesetzt. Mit Schreiben vom Montag, dem 21. September 2020, das per Telefax am gleichen Tag um 11.19h versandt wurde, teilte das Verwaltungsgericht dem Bevollmächtigten des Klägers mit, dass sich die Gründe für eine Verhandlungsunfähigkeit dem Attest nicht hinreichend substantiiert entnehmen ließen; zudem wurde der Bevollmächtigte vom Gericht am 21. September 2021 telefonisch entsprechend informiert. Damit hätte der Kläger noch vor der Verhandlung die Gelegenheit gehabt, seinen Vortrag zu konkretisieren. Dem kam er jedoch nicht nach und hat damit seinen Darlegungsanforderungen hinsichtlich eines erheblichen Grundes für eine kurzfristig beantragte Terminsverlegung nicht Genüge getan.
Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, scheidet eine Verletzung des rechtlichen Gehörs hier auch deshalb aus, weil der Kläger in der Verhandlung durch seinen Bevollmächtigten vertreten war (vgl. BVerwG, B.v 4.8.1998 – 7 B 127.98 – juris Rn. 2 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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