Steuerrecht

Gewerbeuntersagungsverfahren

Aktenzeichen  RN 5 K 17.781

Datum:
28.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 32410
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1, § 35 Abs. 4, Abs. 7a

 

Leitsatz

1. Der Unzuverlässigkeitsvorwurf der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit knüpft nicht an die Vermögenslosigkeit als solche an, sondern an die unterlassene Betriebsaufgabe trotz anhaltender wirtschaftlicher Krise. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 35 Abs. 7a in Verbindung mit Abs. 1 Gewerbeordnung gestattet es, einem in leitender Stellung abhängig Beschäftigten eines Gewerbebetriebes die Ausübung des Gewerbes zu untersagen, dass seiner bisherigen abhängigen Beschäftigung entspricht. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Bemühen des Schuldenabbaus nach Erlass der Gewerbeuntersagung genügt als kurzfristiges Wohlverhalten noch nicht für die Annahme einer positiven Prognose. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Verletzung steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten und die allgemeine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit führen zu einer gewerbeübergreifenden Unzuverlässigkeit. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die hier vorliegenden Tatsachen sind ausreichende Gründe, um die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit darzutun.
Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheides ist § 35 Abs. 7a Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 GewO. Danach kann die Untersagung des Gewerbes auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Durch ein Vorgehen gemäß § 35 Abs. 7 a GewO kann verhindert werden, dass sich leitende Beschäftigte eines Gewerbebetriebes, aufgrund deren Unzuverlässigkeit dem Betriebsinhaber die Gewerbeuntersagung droht, künftig selbstständig oder erneut in unselbstständiger leitender Stellung betätigen können. Die Einleitung eines Untersagungsverfahrens gegen den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung setzt voraus, dass auch gegen die Gesellschaft ein Gewerbeuntersagungsverfahren geführt wird; eine verfahrensmäßig Verbindung der beiden Verfahren ist aber nicht vorgesehen, insbesondere muss das Verfahren gegen den Geschäftsführer nicht gleichzeitig mit dem Verfahren gegen die Gesellschaft eingeleitet werden. Die Unzuverlässigkeit im Sinne des § 35 Abs. 7 a Gewerbeordnung ist nach denselben inhaltlichen Maßstäben wie bei Anwendung des § 35 Abs. 1 Gewerbeordnung zu beurteilen (so Bundesverwaltungsgericht vom 19.12.1995-1 C 3/93,juris).
Hinsichtlich der gewerberechtlichen Untersagungsgründe ist zu unterscheiden zwischen den Gründen, die eine juristische Person selbst verwirklichen kann, zum Beispiel mangelnde Leistungsfähigkeit mit den Unterformen der Steuerschulden und Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, und denjenigen, die ein Handeln oder Unterlassen natürlicher Personen voraussetzen, also die Zuverlässigkeit der vertretungsberechtigten Organe betreffen (vgl. BayVGH Beschluss vom 17.1.2012 -22 CS 11.1972-, juris Rn. 10 und Marcks in Landmann-Rohmer, GewO § 35 Rn. 65). Hierfür ist zu beurteilen, ob der Geschäftsführer, dessen Verhalten im Rahmen von § 35 Abs. 1 Gewerbeordnung dem Gewerbetreibenden zugerechnet wird, unzuverlässig ist, etwa weil er das Unternehmen ohne Ausstattung mit den erforderlichen Vermögenswerten fortführt oder als Geschäftsführer unter Verletzung seiner diesbezüglichen Pflichten den dem Gewerbetreibenden obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommt. Danach können aus erheblichen Steuerschulden, der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie aus der in dem bisherigen Finanzgebaren zutage tretenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Gewerbetreibenden auf die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers selbst jedenfalls dann geschlossen werden, wenn dieser für die Situation des Gewerbetreibenden verantwortlich ist (so auch Sächsisches OVG vom 27.02.2013 -3 B 354/12-, juris Rn. 16 u. 17). Daneben können auch Unzuverlässigkeitsgründe, die ausschließlich in der Person eines (ggf. eines von mehreren Vertretungsberechtigten), die Unzuverlässigkeit dieser Person des Vertretungsberechtigten begründen (vgl. dazu BayVGH vom 7.6.2018, Az. 22 ZB 18.807, juris).
Gewerberechtlich unzuverlässig ist nach ständiger Rechtsprechung und Literatur, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird (BVerwG, U.v. 19.03.1970 – I C 6.69 – DVBl. 1971, 277; Pielow, Gewerbeordnung 2013, § 35 Rn. 19). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten. Erforderlich ist weder ein Verschulden im Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs, noch ein Charaktermangel. Die Unzuverlässigkeit muss sich nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO aus in der Vergangenheit eingetretenen Tatsachen ergeben. Die bereits geschehenen Tatsachen hat die Behörde daraufhin zu beurteilen, ob sie auf eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in der Zukunft schließen lassen, d.h. ob sie die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit erfordert kein Verschulden des Gewerbetreibenden (BVerwGE 24, 38). Es kommt auch nicht darauf an, welche Ursachen zu der Überschuldung und der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Klägers geführt haben. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit, ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten, seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Der Unzuverlässigkeitsvorwurf der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit knüpft daher weniger an die Vermögenslosigkeit als solche an, sondern an die unterlassene Betriebsaufgabe trotz anhaltender wirtschaftlicher Krise (Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Auflage 2011, § 35 Rn. 63). Ansonsten würde dem Gewerbetreibenden jeder finanzieller Spielraum zur Erfüllung der mit seinem Gewerbebetrieb verbundenen Zahlungsverpflichtungen fehlen.
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung ist immer der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, B.v. 23.11.1990 – 1 B 155/90 – juris Rn. 4). Ein späterer Entfall der Untersagungsvoraussetzungen berührt die Rechtmäßigkeit einer ausgesprochenen Untersagungsverfügung nicht, weil Wohlgefallen nach Bescheidserlass nur in einem Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO berücksichtigt werden kann.
Es ist allgemein anerkannte Meinung und ständige Rechtsprechung, dass Steuerschulden geeignet sind, auf die Unzuverlässigkeit zu schließen (Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 2013, § 35 Rn. 49 m.w.N.). Staat und Gemeinden sind auf den fristgerechten Eingang der von ihnen erhobenen Steuern und Abgaben angewiesen, um ihren ständig zunehmenden Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit genügen zu können. Wenn ein Gewerbetreibender sich seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Staat und der Gemeinde entzieht, so schädigt er nicht nur die Allgemeinheit, sondern versucht damit zugleich, sich in unlauterer Weise im Geschäftsleben einen Vorsprung vor den mit ihm im Wettbewerb stehenden Gewerbetreibenden zu verschaffen, die ihre Steuerpflichten in redlicher Weise erfüllen. Von einem Gewerbetreibenden, der mit derart unlauteren Mitteln unter Missachtung der Belange der Allgemeinheit und seiner Mitbewerber nur seine eigenen geschäftlichen Interessen verfolgt, kann nicht erwartet werden, dass er sein Gewerbe im Einklang mit den bestehenden Vorschriften einwandfrei führen wird (BVerwG, Beschluss vom 17.1.1964 – VII B 159/63). Diese Ausführungen gelten entsprechend bei der Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten. In diesem Zusammenhang kann auch die Verletzung steuerlicher Erklärungs- und Mitwirkungspflichten sowie die wiederholte Verletzung sonstiger, insbesondere mit Bußgeld bewehrter Verstöße gegen sonstige Erklärungs- oder Mitwirkungspflichten herangezogen werden. Schließlich kann hierzu auch eine gewerberechtlich relevante Verhaltensweise, die zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hat, berücksichtigt werden (so auch Sächsisches OVG vom 27.2.2013 -3 B 354/12-, juris Rn. 17).
Im vorliegenden Fall stützt sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit auf Beitragsrückstände bei der Baugenossenschaft und auf Eintragungen im Schuldnerverzeichnis. Der Kläger war Geschäftsführer der zwischenzeitlich im Handelsregister gelöschten UG. § 35 Abs. 7a in Verbindung mit Abs. 1 Gewerbeordnung gestattet es, einem in leitender Stellung abhängig Beschäftigten eines Gewerbebetriebes die Ausübung des Gewerbes zu untersagen, dass seiner bisherigen abhängigen Beschäftigung entspricht. Die Unzuverlässigkeit im Sinne des § 35 Abs. 7a Gewerbeordnung ist nach denselben inhaltlichen Maßstäben wie bei Anwendung des § 35 Abs. 1 Gewerbeordnung zu beurteilen. Die Einleitung eines Untersagungsverfahrens gegen den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung setzt voraus, dass auch gegen die Gesellschaft ein Gewerbeuntersagungsverfahren geführt wird; eine verfahrensmäßig Verbindung der beiden Verfahren ist aber nicht vorgesehen, insbesondere muss das Verfahren gegen den Geschäftsführer nicht gleichzeitig mit dem Verfahren gegen die Gesellschaft eingeleitet werden, so Bundesverwaltungsgericht vom 19.12.1995-1 C 3/93, juris.
Das Landratsamt hat sowohl ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen den Kläger persönlich bereits vor Gründung der UG als auch gegen die UG eingeleitet. Damit hat das Landratsamt die notwendige Akzessiorität des Untersagungsverfahren gegen den Vertretungsberechtigten und der Gesellschaft hinreichend beachtet. Das Landratsamt konnte deshalb auch die Unzuverlässigkeit des Klägers auf Sachverhalte stützen, für die der Kläger als Vertreter der UG verantwortlich war. Das Landratsamt hat zu Recht die Unzuverlässigkeit auf eine Gesamtbetrachtung gestützt und auch Beitragsrückstände bei der Berufsgenossenschaft und Schuldnereintragungen im Schuldnerverzeichnis herangezogen.
Bereits vor Gründung der UG regte am 20.2.2015 die B. erneut die Durchführung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens gegen den Kläger an, wegen bestehender Beitragsrückstände von 46.965,22 €, erfolgloser Vollstreckungsmaßnahmen und erfolgter Ableistung der eidesstattlichen Versicherung (17.7.2014, Az. 1 M 616/14). Diese Beitragsrückstände sind dem Kläger zurechnen. Er hat sie zu verantworten. Durch die Gründung der UG konnte sich der Kläger seiner persönliche Unzuverlässigkeit nicht durch die Verlagerung auf die UG entziehen. Vielmehr kann auch das Verhalten des Klägers vor Gründung der UG Anknüpfungspunkt zu einer Unzuverlässigkeit als Vertretungsberechtigter sein.
Laut Mitteilung der B. vom 10.6.2016 bestanden Beitragsrückstände der UG in Höhe von 5.551,19 €. Aus der Tätigkeit des Klägers als gesetzlicher Vertreter der UG bestanden weiterhin Beitragsrückstände in Höhe von 39.386,76 €. Eine bestehende Zahlungsvereinbarung vom 17.7.2015 ist nicht eingehalten worden.
Laut Schreiben der Gemeinde Z. vom 14.4.2016 betrugen die Rückstände des Klägers 12.267,85 €. Zahlungszusagen oder vereinbarte Ratenzahlungen wurden nicht eingehalten. Diese Beitragsrückstande bei der Berufsgenossenschaft und die Schulden bei der Gemeinde sowie die Nichteinhaltung von Ratenzahlungsund Zahlungsvereinbarungen sind geeignet die persönliche Unzuverlässigkeit des Klägers zu stützen. Hinzu kommen noch die Eintragungen im Vollstreckungsportal. Nach Auszug aus dem Vollstreckungsportal vom 14.6.2016 bestehen für den Kläger insgesamt 9 Einträge in das Schuldnerverzeichnis, der älteste aufgrund einer Anordnung vom 6.5.2014.
Bei den 9 Eintragungen im Schuldnerverzeichnis handelt es sich um persönliche Schulden des Klägers, also nicht um Verbindlichkeiten der UG. Der Untersagungsbescheid stützt sich somit nicht nur auf Tatsachen, die sich ausschließlich auf die Vermögenssituation einer UG beziehen.
Zu den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis ist es wegen der Nichtabgabe der Vermögensauskunft (§ 882c Nr. 1 ZPO) und wegen ausgeschlossener Gläubigerbefriedigung (§ 882c Nr. 3 ZPO) gekommen. Diese Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zeigen, dass der Kläger zur Erfüllung der ihm im Vollstreckungsverfahren obliegenden Pflichten, seinen Gläubigern den notwendigen Überblick über seine Vermögensverhältnisse zu verschaffen, freiwillig nicht bereit und daher nicht nur leistungsunfähig, sondern auch leistungsunwillig ist (vgl. dazu BayVGH vom 23.8.2015, Az. 22 ZB 15.1271 Rn. 12 und auch BayVGH vom 28.8.2013, Az. 22 ZB 13.1419 Rn. 19). Zwar haben sich zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Schulden des Klägers bei öffentlichen Kassen erniedrigt, die Zahl der Eintragungen mit Schuldnerverzeichnis aber auf 20 Eintragungen erhöht und es kamen auch noch 2 Verurteilungen wegen Betrugs durch das Amtsgericht Freyung zu einer Geld- und Bewährungsstrafe hinzu (AG Freyung, Az. 1 Ds 34 Js 14774/16 am 1.3.2017 und AG Freyung, Az. 1 Ds 34 Js 14777 am 14.6.2017). Maßgebend für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist aber die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwG vom 15.4.2015 – 8 C 6/14, juris Rn. 15).
Auch wenn sich der Kläger seit der streitgegenständlichen Gewerbeuntersagung um den Abbau seiner Verpflichtungen bemüht, so genügt dieses kurzfristige Wohlverhalten noch nicht für die Annahme einer positiven Prognose. Dafür ist erforderlich, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß auszuüben. Je länger das zuvor gezeigte Fehlverhalten andauerte, desto mehr müssen sich auch die Tatsachen auf einen längeren Zeitraum erstrecken, sozusagen nachhaltig sein, um die Grundlage für die Annahme eines geläuterten Verhaltens zu sein. Ein kurzfristiges Wohlverhalten kann eine über lange Zeit zu Tage getretene Unzuverlässigkeit nicht ohne Weiteres ausräumen, insbesondere wenn dieses Wohlverhalten nicht Teil eines durchdachten und Erfolg versprechenden Sanierungskonzepts oder Ergebnis eines inneren Reifeprozesses des Gewerbetreibenden ist (so BayVGH vom 16.10.2015, Az. 22 ZB 15.2022 Rn. 12 und BayVGH vom 23.9.2019 – 22 CS 19.1447, juris Rn. 21). Der Kläger mag zwar derzeit von der guten Auftragslage im Bausektor profitieren. Der Kläger verfügt aber nicht über ein nachvollziehbares Sanierungskonzept, das eine zeitnahe Abtragung der Schulden bei öffentlichen Gläubigern und auch bei seinen privaten Gläubigern und damit eine Rückkehr zu geordneten Vermögensverhältnissen erwarten lässt. Der Kläger ist somit für sein ausgeübtes Gewerbe immer noch als unzuverlässig anzusehen. Die Gewerbeuntersagung ist vorliegend auch nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Absatz 1 Satz 1 Gewerbeordnung entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verstoßen kann (so BayVGH, Beschluss vom 4.6.2014 – 22 C 14.1029, juris Rn. 19. Die Voraussetzung eines solchen extremen Ausnahmefalls sind aber im Falle des Klägers nicht ersichtlich. Schließlich hat der Kläger noch gegen insolvenzrechtliche Vorschriften (Insolvenzverschleppung) verstoßen, das mit einer Geldstrafe geahndet wurde (rechtskräftig seit 6.11.2018). Dies ist weiteres Indiz für seine Unzuverlässigkeit.
Zudem ist auch die erweiterte Gewerbeuntersagung rechtmäßig. Da die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit ein Umstand ist, der jeglichen Gewerbeausübung entgegensteht, konnte nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO eine erweiterte Gewerbeuntersagung ausgesprochen werden. Die Verletzung steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten und die allgemeine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit führen zu einer gewerbeübergreifenden Unzuverlässigkeit. Die Wahrscheinlichkeit anderweitiger Gewerbeausübung folgt aus den Umstand, dass der Kläger an seiner gewerblichen Tätigkeit trotz Unzuverlässigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen, BayVGH, Beschluss vom 28.8.2013- 22 ZB 13.1419. Ermessensfehler, die nach § 114 Satz 1 VwGO vom Gericht hätten beanstandet werden können, sind nicht ersichtlich.
Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig. Auch gegen die Androhung des unmittelbaren Zwanges und gegen die Kostenentscheidung ist nichts zu erinnern. Die Klägerseite trägt dazu auch nichts vor.
Deshalb war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar (§ 167 Abs. 2 und 1 VwGO).


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