Steuerrecht

Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften

Aktenzeichen  10 K 2075/18

Datum:
7.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2020, 1614
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BGB § 873, § 883, § 925
BauGB § 143 Abs. 4, § 144 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Für die Zehnjahresfrist des § 23 I 1 Nr. 1 S. 1 EStG bei privaten Grundstücksveräußerungsgeschäften ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses der schuldrechtlichen Verträge abzustellen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die nach § 144 BauGB durch die Gemeinde genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte und Verfügungen im Hinblick auf in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet belegene Immobilien sind bis zur Entscheidung der Gemeinde schwebend unwirksam. Nach den allgemeinen Grundsätzen zu den Auswirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf das betreffende zivilrechtliche Rechtsgeschäft hat die Erteilung der Genehmigung in Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 184 I BGB Rückwirkung, womit das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft mit Erteilung der Genehmigung als von Anfang an wirksam anzusehen ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 I 1 Nr. 1 S. 1 EStG erfolgte Genehmigung durch die Gemeinde nach § 144 II Nr. 1 BauGB wirkt daher auf den (im Streitfall noch innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgten) Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zurück, wenn es den Vertragsparteien trotz der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrags bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 II Nr. 1 BauGB nicht (mehr) möglich war, sich einseitig und frei vom Vertrag zu lösen. (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Genehmigungserfordernis nach § 144 BauGB dient nicht der Wahrnehmung der privaten Belange der Vertragsparteien, sondern gewährleistet öffentliche baurechtliche Interessen. Damit kann der Entschluss der Behörde, die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, die Vollendung der privatrechtlichen Bindung bei Abschluss des Vertrags nicht beeinflussen (vgl. auch FG Brandenburg, Urteil v. 8.10.1998, 2 K 856/97 E, EFG 1998 S. 1683). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

II.
1. a) Die Klage des Klägers ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht erhoben.
b) Die Klage der Klägerin ist mangels erfolglos durchgeführten Vorverfahrens i.S.d. § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig. Unstreitig hat lediglich der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 23. Februar 2016 elektronisch über ElsterOnline Einspruch eingelegt. Eine Einspruchseinlegung auch durch die Klägerin kann zwar in dem Schreiben vom 19. Mai 2016 an das FA gesehen werden, in der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2018 hat das FA erkennbar jedoch lediglich über den Einspruch des Klägers entschieden. Eine zulässige Untätigkeitsklage der Klägerin nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt ebenfalls nicht vor. Denn der Einspruch der Klägerin vom 19. Mai 2016 gegen den Bescheid vom 23. Februar 2016 war verfristet.
2. Die Klage ist – soweit sie zulässig ist – jedoch unbegründet. Das FA hat zu Recht der Einkommensbesteuerung 2013 der Kläger einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus der Veräußerung des Objekts D-Straße i.H.v. 203.390 € zugrunde gelegt.
a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 22 Nr. 2 EStG Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Die Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG berechnet sich nach § 108 AO i.V.m. §§ 187 ff. BGB analog. Für die Fristberechnung ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH auf den Zeitpunkt des Abschlusses der schuldrechtlichen Verträge abzustellen (BFH-Urteile vom 4. Juni 2003 X R 49/01, BStBl II 2003, 751; vom 13. Dezember 2005 IX R 14/03, BStBl II 2006, 513; vom 1. Oktober 2014 IX R 55/13, BStBl II 2015, 265; vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487).
aa) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt nach § 158 Abs. 1 BGB die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. Da nach Ansicht des BFH ein nach § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft dessen ungeachtet für die Parteien bindend ist, ist der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt des Eintritts einer aufschiebenden Bedingung für die Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unerheblich (BFH-Urteil 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487). Der BFH stellt in diesem Zusammenhang entscheidend auf den Normzweck der § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ab, wonach innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer unterliegen, womit von einer Verwirklichung des Grundstückswerts nur gesprochen werden kann, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10; BFH-Beschluss vom 18. September 2006, IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31; BFH-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487). Nach Ansicht des BFH folgt aus dem Wesen der Bedingung und dem Wortlaut des § 158 Abs. 1 BGB, dass das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet und voll gültig ist – die Parteien daher fortan bindet – und seine Wirksamkeit mit dem Bedingungsfall ipso iure eintritt, ohne dass die Willenseinigung der Parteien noch bis dahin Bestand haben müssen; nur die Rechtswirkungen des bedingten Rechtsgeschäfts befinden sich bis zum Bedingungseintritt in der Schwebe. Die Parteien eines bedingten Rechtsgeschäfts können die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen, vielmehr sind sie im Hinblick auf den aufschiebend bedingten Rechtserwerb (Anwartschaftsrecht) zur gegenseitigen Treuepflicht und zur Beachtung der Schutzvorschriften des BGB verpflichtet (BFH-Urteile vom 8. Februar 2000 II R 51/98, BStBl II 2000, 318; vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487 unter Hinweis unter anderem auf BGH-Urteil vom 21. September 1994 VIII ZR 257/93, BGHZ 127, 129).
bb) Nach § 184 Abs. 1 BGB wirkt eine nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
(1) Nach Ansicht des BFH ist für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung bei einem schwebend unwirksamen (genehmigungsbedürftigen) Rechtsgeschäft i.S.d. § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Genehmigung und nicht auf den der zivilrechtlich rückwirkenden Wirksamkeit des Vertragsabschlusses abzustellen, weil frühestens vom Zeitpunkt der Genehmigung an alle Folgerungen aus dem bisher schwebend unwirksamen Vertrag gezogen werden können (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10; BFH-Beschluss vom 18. September 2006 IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31). Wiederum stellt der BFH auf den Normzweck der § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ab, wonach innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen sind. Nach Ansicht des BFH wirkt eine Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB nur dann auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Der Rückwirkung liegt damit der Gedanke zugrunde, dass die Geschäftspartner das von der Genehmigung abhängige Vertragsverhältnis regelmäßig in dieser Weise haben vereinbaren wollen. Steht damit die Rechtsfolge zur Disposition der Vertragsparteien, so kann sich eine abweichende Bestimmung aus der Sache ergeben und wie eine aufschiebende Bedingung wirken. Es spricht vieles dafür, eine von der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge abweichende Bestimmung in diesem Sinne bereits dann anzunehmen, wenn die Vertragspartner übereinstimmend und nicht zuletzt aus steuerlichen Erwägungen an einer Rückwirkung der Genehmigung nicht interessiert sind. Selbst dann, wenn sich die Parteien nicht in einer solchen Weise verständigt haben, tritt die Rückwirkung des § 184 Abs. 1 BGB auch bürgerlich-rechtlich nicht in allen Fällen ein. Durch die Rückwirkung gelten nur die Rechtsfolgen, die gelten würden, wenn das genehmigte Geschäft von Anfang an wirksam gewesen wäre. Diese Fiktion gestaltet aber keinen in die Vergangenheit wirkenden Kausalprozess, denn der Zeitablauf ist unumkehrbar. Vor der Genehmigung sind vertraglich begründete Ansprüche noch nicht als aktuelle Ansprüche entstanden und können deshalb noch nicht geltend gemacht werden. Aufgrund dieser Erwägung ist die Rückwirkung nach dem Normzweck einzuschränken: Sie hat z.B. keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährungsfrist (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10 m.w.N.).
(2) Diese Rechtsprechung schränkt der BFH jedoch dahingehend ein, dass einer nachträglichen Genehmigung i.S.d. § 184 Abs. 1 BGB steuerrechtlich dann keine Rückwirkung zukommt, wenn lediglich der Verkäufer ein Verkaufsangebot abgegeben hat, die Gefahr noch nicht übergegangen ist und der Verkäufer dem Käufer noch kein wirtschaftliches Eigentum verschafft hat und die Genehmigung des Käufers nach § 184 Abs. 1 BGB noch aussteht. Eine Veräußerung i.S.d. § 23 EStG kann angenommen werden, wenn beide Vertragserklärungen (Angebot und Annahme) innerhalb der Veräußerungsfrist abgegeben worden sind, wobei der BFH die Frage der Auswirkungen einer für den Eintritt der Wirksamkeit des Vertrags erforderlichen Genehmigung eines Dritten, der am Vertrag selbst nicht beteiligt ist, ausdrücklich offen gelassen hat. Erforderlich für eine Veräußerung i.S.d. § 23 EStG ist in jedem Fall, dass der Vertragsschluss innerhalb der Veräußerungsfrist für beide Vertragsparteien bindend ist (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10; hierzu auch BFH-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487).
In diesem Zusammenhang hat das FG Brandenburg mit Urteil vom 8. Oktober 1998 (2 K 856/97 E, EFG 1998, 1683 rkr.) entschieden, dass bei einer noch ausstehenden Genehmigung eines Grundstückskaufvertrags nach der Grundstücksverkehrsordnung als Genehmigung eines nicht am Vertragsschluss beteiligten Dritten die später erteilte Genehmigung auf den Abschluss des Kaufvertrags zurückwirkt, soweit der Vertragsschluss für die Vertragsparteien selbst bindend ist. Eine Bindungswirkung ist somit ab dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem eine einseitige Vertragsaufhebung bzw. eine anderweitige Veräußerung grundsätzlich nicht mehr möglich ist (Ratschow in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 23 EStG Rn. 170; Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rn. B 116; zur Bindungswirkung auch Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 23 EStG Rn. 53).
cc) Die Wirksamkeit eines privatrechtlichen Vertrags kann auch von einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung abhängig gemacht werden.
(1) Als Wirksamkeitsvoraussetzung für einen zivilrechtlichen Vertrag ist eine öffentlich-rechtliche Genehmigung keine Zustimmung i.S.d. §§ 182 ff. BGB. Die rechtliche Bedeutung, die tatbestandlichen Voraussetzungen, das Erteilungsverfahren sowie die rechtlichen Wirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung folgen weder unmittelbar noch in analoger Anwendung aus §§ 182 ff. BGB, sondern stets primär aus dem Öffentlichen Recht (Westermann in Erman, BGB, 15. Auflage 2017, Vorbem. vor § 182 Rn. 8; Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Einf. v. § 182 Rn. 6). Maßgebend sind Inhalt und Sinn und Zweck der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschrift (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – vom 4. November 1960 VI C 163.58, BVerwGE 11, 195).
Ergänzend zu den öffentlich-rechtlichen Vorschiften können die §§ 182 ff. BGB lediglich als Ausdruck allgemeingültiger Grundsätze herangezogen werden (Westermann in Erman, BGB, 15. Auflage 2017, Vorbem. vor § 182 Rn. 8; Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Einf. v. § 182 Rn. 6): Muss die öffentlich-rechtliche Genehmigung nicht bereits vor Abschluss des Rechtsgeschäfts vorliegen, ist das private Rechtsgeschäft bis zur Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksam (BGH-Urteile vom 20. Februar 1957 V ZR 125/55, BGHZ 23, 342; vom 15. Oktober 1992 IX ZR 43/92, NJW 1993, 648), wobei sich die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien während des Schwebezustandes nach dem Zivilrecht richten. Erst mit der Erteilung der Genehmigung wird das schwebend unwirksame Rechtsgeschäft wirksam. Die Rückwirkung der nachträglichen behördlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts wird dabei nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 184 Abs. 1 BGB abgeleitet, sondern in erster Linie aus dem mit der Zustimmungsbedürftigkeit verfolgten Zweck (BGH-Urteile vom 15. Juni 1960 V ZR 191/58, BGHZ 32, 383; vom 7. Oktober 1964 V ZR 142/62, NJW 1965, 41).
(2) Das Öffentliche Recht enthält zahlreiche Vorschriften zur Beschränkung des Grundstücksverkehrs (hierzu Bassenge in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Überbl. v. § 873 Rn. 17 ff.). So bedürfen nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und die Bestellung und Veräußerung eines Erbbaurechts der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde. Der Begriff der Veräußerung im Sinne der Vorschrift ist das dingliche Erfüllungsgeschäft nach §§ 873, 925 BGB, durch das das Eigentum an dem veräußerten Grundstück auf den Erwerber übertragen wird (Krautzberger in Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, BauGB, § 144 Rn. 28; Köhler/Fieseler in Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 144 Rn. 11). Nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 BauGB bedarf in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet auch ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den eine Verpflichtung zu einem der in § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB genannten Rechtsgeschäfte begründet wird, der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde; ist der schuldrechtliche Vertrag genehmigt worden, gilt auch das in Ausführung dieses Vertrags vorgenommene dingliche Rechtsgeschäft als genehmigt (hierzu Krautzberger in Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, BauGB, § 144 Rn. 28).
(3) Die nach § 144 BauGB genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte und Verfügungen sind bis zur Entscheidung der Gemeinde schwebend unwirksam. Nach den allgemeinen Grundsätzen zu den Auswirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf das betreffende zivilrechtliche Rechtsgeschäft hat die Erteilung der Genehmigung in Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 184 Abs. 1 BGB Rückwirkung, womit das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft mit Erteilung der Genehmigung als von Anfang an wirksam anzusehen ist (Köhler/Fieseler in Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 144 Rn. 6; Schmitz in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 3. Auflage 2018, § 144 Rn. 19; Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 144 Rn. 6).
(4) Während der Schwebezeit ist der genehmigungsbedürftige Grundstückskaufvertrag zwar noch wirkungslos und die Vertragsparteien können aus dem Vertrag unmittelbar noch keine Rechte und Pflichten herleiten. Im Gegensatz zu einem nichtigen Vertrag sind die Parteien eines lediglich schwebend unwirksamen Vertrags grundsätzlich an den Vertrag gebunden und unterliegen bereits einer Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB (J. Schmitt in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2006, § 108 Rn. 4; Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Überbl. v. § 104 Rn. 31). Demgemäß sind die Vertragsparteien im Fall des Erfordernisses einer behördlichen Genehmigung verpflichtet, alles Erforderliche zu unternehmen, um die Genehmigung herbeizuführen, und alles zu unterlassen, was die Genehmigung gefährden oder vereiteln könnte, da der Vertrag nach ihrem erklärten Willen wirksam werden soll (z.B. BGH-Urteile vom 4. Juni 1954 V ZR 18/53, BGHZ 14, 1; vom 25. Juni 1976 V ZR 121/73, BGHZ 67, 34; Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, § 242 Rn. 33 m.w.N.; Roth in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage 2007, § 241 Rn. 50).
b) Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall haben die Kläger das Objekt D-Straße innerhalb der 10-järigen Veräußerungsfrist nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angeschafft und veräußert und demgemäß ein privates Veräußerungsgeschäft verwirklicht.
aa) Im Streitfall haben die Kläger das Objekt D-Straße am 7. Januar 2003 i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erworben, da der Verkäufer an diesem Tag ihr bindendes Kaufangebot vom 20. Dezember 2002 angenommen hat.
bb) Im Streitfall haben die Kläger das Objekt D-Straße am 27. Dezember 2012 i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist veräußert und demgemäß den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts erfüllt.
(1) Im Streitfall liegt mit der schriftlichen Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ein öffentlich-rechtliches Genehmigungserfordernis vor, auf das die Regelungen der §§ 182 ff. BGB weder unmittelbar noch analog anwendbar sind. Entsprechend den Regelungen des Öffentlichen Rechts war der Vertrag über die Veräußerung des Objekts D-Straße vom 27. Dezember 2012 bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB durch das Bezirksamt P für B am 5. Februar 2013 schwebend unwirksam und wurde zu diesem Zeitpunkt im Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 184 Abs. 1 BGB rückwirkend wirksam.
(2) Ungeachtet der Rückwirkung der nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erteilten Genehmigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags vom 27. Dezember 2012 haben die Kläger das Objekt D-Straße bereits mit Abschluss des Vertrags i.S.d. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – und damit innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist – veräußert, da mit Abschluss des Vertrags für beide Vertragsparteien die nach der Rechtsprechung des BFH erforderliche Bindungswirkung eingetreten ist. Entgegen der Ansicht der Kläger war es den Vertragsparteien trotz der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrags bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht (mehr) möglich, sich einseitig und frei vom Vertrag zu lösen. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass nach § 10 des Kaufvertrags zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Übertragung des Eigentums an dem Objekt D-Straße die Verkäufer die Eintragung einer entsprechenden Auflassungsvormerkung nach § 883 BGB im Grundbuch bewilligten und der Käufer diese beantragte. Den Klägern war es somit nicht möglich, nach Vertragsschluss und während der Zeit der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrags bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB sich einseitig von der Verpflichtung zur Veräußerung des Objekts D-Straße an den Käufer zu lösen bzw. das Objekt anderweitig zu veräußern. Zudem waren sowohl die Kläger als Verkäufer als auch der Käufer nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen an den lediglich schwebend unwirksamen Kaufvertrag gebunden, unterlagen dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und waren zudem verpflichtet, alles Erforderliche zu unternehmen, um die Genehmigung herbeizuführen, und alles zu unterlassen, was die Genehmigung gefährden oder vereiteln könnte.
(3) Entgegen der Ansicht der Kläger folgt auch aus § 747 Satz 2 BGB keine abweichende Beurteilung, wonach über einen gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen die Teilhaber nur gemeinschaftlich verfügen können. Nach der Vorschrift ist die Verfügung über einen gemeinschaftlichen Gegenstand schwebend unwirksam, wenn die Mitwirkung eines Teilhabers unwirksam ist (Sprau in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, § 747 Rn. 4). Im Streitfall sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, dass eine im Rahmen des notariellen Kaufvertrags vom 27. Dezember 2012 abgegebene Erklärung des Klägers oder der Klägerin unwirksam gewesen sein könnte.
(4) Soweit die Kläger auf Argumente aus dem BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 (IX R 45/99, BStBl II 2002, 10) verweisen, gelten diese nach den Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 (IX R 23/13, BStBl II 2015, 487, dort Rz. 25) für den Fall eines wegen vollmachtloser Vertretung auf der Erwerberseite schwebend unwirksamen – genehmigungsbedürftigen – Rechtsgeschäfts. Entscheidend stellt der BFH nämlich darauf ab, dass in jenem Fall keine bindenden Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Spekulationsfrist vorgelegen haben und damit die erforderliche beidseitige schuldrechtliche Bindung bei einem Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht gerade nicht gegeben war.
Im Übrigen dient das Genehmigungserfordernis nach § 144 BauGB nicht der Wahrnehmung der privaten Belange der Vertragsparteien, sondern gewährleistet öffentliche baurechtliche Interessen. Damit kann der Entschluss der Behörde, die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, die Vollendung der privatrechtlichen Bindung bei Abschluss des Vertrags nicht beeinflussen (vgl. auch FG Brandenburg, Urteil vom 8. Oktober 1998 2 K 856/97 E, EFG 1998, 1683).
c) Im Streitfall sind sich die Beteiligten über die Höhe des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft aus der Veräußerung des Objekts D-Straße von 203.390 € und über die steuerliche Zuordnung des privaten Veräußerungsgeschäfts zum Jahr 2013 einig. Bei einem hälftigen Ansatz des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft je Kläger i.H.v. jeweils 101.695 € (= 203.390 € : 2) ergibt sich keine Änderung der bisher festgesetzten Einkommensteuer 2013 i.H.v. 120.136 €.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.


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