Steuerrecht

Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer

Aktenzeichen  M 10 K 19.327

Datum:
7.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14415
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 3 Abs. 3 S. 2, S. 7

 

Leitsatz

1. Inhaber einer Wohnung im Sinne einer Satzung zur Erhebung der Zweitwohnungssteuer ist, wem die tatsächliche Verfügungsmacht und die rechtliche Verfügungsbefugnis zukommt.  (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zwar kann sich der Eigentümer einer Zweitwohnung der Nutzungsmöglichkeiten der Wohnung auch gegenüber einem Angehörigen etwa durch Vereinbarung eines Mietvertrages, der mietvertraglichen Kündigungsvorschriften oder einer Zweckbestimmung begeben; ein solches Verhältnis ist aber bei einer unentgeltlichen Überlassung auf Grundlage eines Leihvertrages nicht gegeben, wenn weder die Dauer der Leihe bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen ist, dass es dem Eigentümer verwehrt ist, die Wohnung jederzeit nach § 604 BGB zurückzufordern.  (Rn. 36 – 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wird die Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 BayKAG versäumt, hat dies den Verlust einer materiellen Rechtsposition zur Folge; Entscheidungen nach Art. 3 Abs. 3 S. 2 bis 6 BayKAG können daher grundsätzlich nicht mehr ergehen.  (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

A.
Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde, ist das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
B.
Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, bleibt sie ohne Erfolg.
Die Klage des Klägers ist zulässig, aber sowohl im Haupt-, als auch im Hilfsantrag unbegründet.
I. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung … … vom 20. Dezember 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage für die Steuererhebung durch die Beklagte ist ihre Zweitwohnungsteuersatzung vom 22. Dezember 2006. Hinsichtlich der Gültigkeit der Satzung bestehen keine Bedenken. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht haben die Gültigkeit der Zweitwohnungsteuersatzung in mehreren Entscheidungen nicht beanstandet (BayVGH, B.v. 17.3.2009 – 4 CS 09.25; U.v. 15.10.2009 – 4 ZB 09.521; U.v. 28.9.2009 – 4 ZB 09.923; BVerfG, B.v. 17.2.2010 – 1 BvR 529/09 – juris).
2. Der Kläger ist durch die Beklagte zu Recht auf Grundlage ihrer Zweitwohnungsteuersatzung für den streitgegenständlichen Zeitraum zur Zweitwohnungsteuer herangezogen worden.
Der Kläger hatte das Apartment in den Jahren 2013 bis 2015 sowie von Juni bis Dezember 2016 als Zweitwohnung zur Lebensführung einer Angehörigen „inne“ i.S.v. § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 2 ZwStS, sodass er gem. § 1 ZwStS der Zweitwohnungsteuer unterlag. Trotz der Überlassung an seine Tochter war der Kläger weiterhin als Inhaber der Wohnung anzusehen.
Für das Merkmal des Innehabens kommt es entscheidend auf die tatsächliche Verfügungsmacht und die rechtliche Verfügungsbefugnis an. Auch für Angehörige kann eine Zweitwohnung vorgehalten werden. Wer eine Wohnung einem Angehörigen unentgeltlich zur Verfügung stellt, betreibt selbst Aufwand. Er ist Inhaber der Wohnung, soweit er sie weiterhin hält und sich der Verfügungsmacht über sie nicht begibt, sich also die Möglichkeit der Eigennutzung offenhält. Grundsätzlich ist es aber möglich, dass sich ein Eigentümer der Nutzungsmöglichkeiten auch gegenüber einem Angehörigen begibt, etwa durch Vereinbarung eines Mietvertrages, der mietvertraglichen Kündigungsvorschriften oder einer Zweckbestimmung (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 11.10.2016 – 9 C 28/15 – juris; VG München, U.v. 11.4.2019 – M 10 K 18.4400 – juris Rn. 31; Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, 3. Aufl. Stand: August 2018, Art. 3 Rn. 27bc, 27be m.w.N.).
Die Tochter des Klägers nutzte die Wohnung unentgeltlich. Dabei kann offenbleiben, ob die Überlassung rein faktisch bzw. als familienrechtliche Unterhaltsleistung oder, wie von den Klägern vorgetragen, auf Grundlage eines mündlichen (auch konkludenten) Leihvertrags erfolgte. Denn durch einen Leihvertrag wird der Verleiher einer Wohnung zwar nach § 598 BGB verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Wohnung unentgeltlich zu gestatten. Der Entleiher kann deshalb die Herausgabe der Wohnung an den Eigentümer auf Grund seines Rechts zum Besitz verweigern. Allerdings kann der Verleiher, wenn die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen ist, die Wohnung nach § 604 BGB jederzeit zurückfordern. Diese Möglichkeit ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Verleiher vertraglich an das mietvertragliche Kündigungsrecht gebunden ist oder etwa eine Rückforderung im Rahmen eines Leihverhältnisses an den Wegfall eines bestimmten Zwecks gebunden ist (BVerwG, U.v. 11.10.2016 – 9 C 28/15 – juris Rn. 17 m.w.N.).
Den vorliegend allein in Frage kommenden Abschluss eines Leihvertrags mit entsprechender Zweckvereinbarung konnte der Kläger nicht nachweisen.
Der Kläger macht geltend, dass das Apartment im Jahr 2000 gerade aus dem Grund erworben wurde, um für seine Kinder am Studienort München eine günstige Wohnmöglichkeit zur Verfügung zu haben. Wie bereits einem älteren Sohn, hätten er und seine Ehefrau auch ihrer Tochter die Wohnung überlassen, um während ihres Studiums darin zu wohnen. Aus persönlicher und wirtschaftlicher Sicht war dies für die Familie des Klägers sicherlich sinnvoll, jedoch sind derartige Motive für die Frage der Zweitwohnungsteuerpflicht nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist allein, ob die rechtliche Verfügungsbefugnis bindend auf einen Dritten übertragen wurde. Dass der Kläger nach seinem glaubwürdigen Vortrag in der mündlichen Verhandlung die rechtliche Verfügungsbefugnis über das streitgegenständliche Apartment faktisch nicht ausgeübt hat und die Tochter des Klägers das Apartment faktisch allein genutzt hat, genügt nicht, um einen rechtlich bindenden Übergang der Verfügungsbefugnis auf die Tochter feststellen zu können. Entscheidend sind nicht die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse, sondern die Frage, ob vor Beginn des Leihverhältnisses eine Vereinbarung geschlossen wurde, die den Kläger rechtlich bindend für eine festgelegte Dauer oder jedenfalls die Dauer bis zur Erreichung eines bestimmten Zwecks von seiner rechtlichen Verfügungsbefugnis ausgeschlossen hat. Notwendig ist eine ernsthafte, klare und eindeutige Vereinbarung, die vor Beginn des Leistungsaustauschs in rechtswirksamer Weise abgeschlossen wurde und entsprechend des Vereinbarten auch durchgeführt wurde (vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, 3. Aufl. Stand: August 2018, Art. 3 Rn. 27bc, 27be m.w.N.). Gegen die Annahme einer entsprechenden Vereinbarung spricht die Erklärung der Tochter des Klägers vom 9. Mai 2017, in der diese unter anderem erklärte, dass es zwischen ihr und ihren Eltern keine Vereinbarung über die Dauer oder den Zweck der Überlassung gebe. Der Klägerbevollmächtigte erklärte im Verfahren zwar, dass die Tochter ohne juristische Fachkenntnisse nur ausdrücken habe wollen, dass es keine schriftliche Vereinbarung gegeben habe. Allerdings konnte auch eine mündliche Vereinbarung mit dem geforderten Inhalt nicht belegt werden. Der Kläger hat gegenüber dem Gericht nichts vortragen, was zu der Annahme des Abschlusses eines Leihverhältnisses mit Übergang der rechtlichen Verfügungsbefugnis führen würde. Damit geht das Gericht davon aus, dass der Kläger während des streitgegenständlichen Zeitraums von der Beklagten zu Recht als Inhaber der Wohnung betrachtet wurde.
Die Frage, ob für den Kläger die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 ff. KAG vorgelegen hätten, ist entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht für die Frage der Steuerpflicht, sondern ausschließlich für die Befreiung von der Steuerpflicht relevant. § 1 und § 3 ZwStS stellen allein auf das Innehaben einer Wohnung ab.
3. Die Berechnung der Steuerhöhe ist weder gerügt, noch sind Zweifel an deren Rechtmäßigkeit ersichtlich. Für die Monate Januar bis Mai 2016, in denen die Tochter des Klägers das Apartment nicht bewohnte, hat die Beklagte richtigerweise keine Steuer erhoben.
4. Die Beklagte war berechtigt, trotz fehlenden Alleineigentums nur den Kläger zur Zahlung der Zweitwohnungsteuer heranzuziehen, da nach § 3 Abs. 2 ZwStS Miteigentümer als Gesamtschuldner nach § 44 AO haften.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 ff. KAG liegen für die Jahre 2013 bis 2016 nicht vor.
Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG wird eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung nicht erhoben, wenn die Summe der positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht 25.000 EUR bzw. 29.000 EUR (seit 1. Januar 2015, vgl. KAG-Änderungsgesetz vom 11. März 2014) nicht überschritten hat; bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern beträgt die Summe der positiven Einkünfte 33.000 bzw. 37.000 EUR (Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG).
1. Ungeachtet der Frage, ob der Kläger betreffend die Jahre 2013 bis 2016 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuerpflicht aufgrund der normierten Einkommensgrenzen erfüllt hat, fehlt es an einem fristgerechten Befreiungsantrag i.S.v. Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG.
Nach dieser Vorschrift setzt die Entscheidung über die Nichterhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 bis 6 KAG einen Antrag voraus, der bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss.
Der Befreiungsantrag des Klägers vom 17. Juli 2017 war damit für die Jahre 2013 bis 2016 verfristet, da er für die einzelnen Jahre jeweils bis zum 31. Januar des Folgejahres gestellt werden hätte müssen.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen.
Bei der Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG handelt es sich um eine sogenannte materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiellen Rechtsposition zur Folge hat (BayVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 B 16.1541 – juris). Sie ist für die Behörden und die Beteiligten verbindlich und steht nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte. Art. 32 Abs. 5 BayVwVfG schließt daher die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in materiell-rechtliche Ausschlussfristen gerade aus. Fehlt es an einem fristgerechten Antrag, können Entscheidungen nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 KAG daher grundsätzlich nicht mehr ergehen.
Dem Kläger ist auch nicht ausnahmsweise im Wege einer sogenannten „Nachsichtgewährung“ Wiedereinsetzung in die versäumten Antragsfristen zu gewähren.
Eine solche Nachsicht kommt nur unter sehr engen Voraussetzungen in Frage, um besonderen Härtefällen Rechnung zu tragen. Außer in den Fällen höherer Gewalt kommt dies dann in Betracht, wenn erstens die Versäumung der Frist auf ein staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Betroffene seine Rechte nicht wahren kann, und wenn zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Handlung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt wird (BayVGH, B.v. 24.9.2019 – 4 ZB 19.19 – juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 28.3.1996 – 7 C 28.95 – BVerwGE 101, 39/45; U.v. 10.11.2016 – 8 C 11.15 – juris Rn. 22 m.w.N.). Allein mangelnde Rechtskenntnis geht demgegenüber grundsätzlich zu Lasten des Säumigen (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.1984 – 6 C 33.83 – juris Rn. 23; VG München, U.v. 11.7.2019 – M 10 K 18.1923 – juris Rn. 45). Vorliegend ist schon kein Rechtsverstoß durch die Beklagte im genannten Sinne gegeben.
Dass die Beklagte den Kläger nicht innerhalb der Antragsfrist auf die Befreiungsmöglichkeit nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG hingewiesen hat, begründet keine Nachsichtgewährung. Auch und gerade im Steuerrecht, das sich für die steuererhebende Behörde regelmäßig als Massenverfahren darstellt, obliegt es dem Steuerpflichtigen in der Regel selbst, sich über seine Rechtspflichten und Ansprüche zu informieren. Die mangelnde Kenntnis der Befreiungsmöglichkeit geht zu seinen Lasten (BVerwG, a.a.O.; VG München, a.a.O. Rn. 53).
Entgegen der klägerischen Auffassung begründet auch der Umstand, dass die Beklagte an den Kläger erst herangetreten ist, als die Antragsfrist nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG bereits abgelaufen war, keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung im Wege der Nachsichtgewährung.
Die Beklagte hat den Kläger erst infolge der Erklärung seiner Tochter vom 9. Mai 2017 zur Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung aufgefordert. Bis zu diesem Zeitpunkt ging der Kläger davon aus, dass nicht er, sondern seine Tochter aufgrund der streitgegenständlichen Wohnung als zweitwohnungsteuerpflichtig betrachtet wird. Auf seine potentielle Steuerpflicht wurde der Kläger damit erst zu einem Zeitpunkt aufmerksam, als die Frist zur Beantragung einer Befreiung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG bereits abgelaufen war.
Gleichwohl liegt in der Vorgehensweise kein Fehlverhalten im genannten Sinn. Die Beklagte hat den Kläger nicht – wie in anderen Fällen der Nachsichtgewährung – durch ihr eigenes Verhalten davon abgehalten, den Antrag rechtzeitig zu stellen. Eine Nachsichtgewährung wurde von der Rechtsprechung etwa angenommen in Fällen, in denen eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung:erteilt wurde (BayVGH, B.v. 19.1.2011 – 19 B 10.2714 – juris) oder ein Termin zur Antragstellung vergeben wurde, der bereits nach dem Ablauf der Antragsfrist lag (BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38/95 – juris). Eine derart enge kausale Verknüpfung zwischen einem Handeln der Behörde und dem Unterbleiben der rechtzeitigen Antragstellung ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Beklagte hat innerhalb der Antragsfrist gerade nichts getan und den Kläger nicht glauben lassen, eine spätere Antragstellung wäre möglich. Diese Untätigkeit der Beklagten führt ebenfalls nicht zur Annahme eines Fehlverhaltens. Der Gesetzgeber hat der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, Steuern auch rückwirkend festzusetzen, solange keine Festsetzungsverjährung i.S.v. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) und cc) KAG i.V.m. §§ 169, 170 AO eingetreten ist, sodass der Beklagten nicht schon deshalb ein Fehlverhalten anzulasten ist, weil sie den Festsetzungsvorgang nicht umgehend nach Entstehen der Steuerpflicht eingeleitet hat. Auch ein Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) cc) ccc) KAG i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 1 AO ist abzulehnen. Danach soll die Behörde die Stellung von Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind. Zwar hätte der Beklagten die potentielle Steuerpflicht des Klägers bereits früher auffallen können. Gleichwohl drängte sich der Beklagten die Steuerpflicht des Klägers – wie das vorliegende Verfahren zeigt – nicht auf. Daher war die Zweitwohnungsteuererklärung des Klägers aus Sicht der Beklagten nicht offensichtlich versehentlich oder nur aus Unkenntnis unterblieben.
Zudem wäre eine Nachsichtgewährung selbst dann abzulehnen, wenn der Beklagten ein Fehlverhalten angelastet werden könnte. Immerhin wäre es dem Kläger möglich gewesen, seinen Befreiungsanspruch auch selbständig geltend zu machen. Einen Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer hätte er für die einzelnen Veranlagungsjahre jedenfalls vorsorglich innerhalb der Antragsfrist für den Fall stellen können, dass er entgegen seiner Erwartung noch zur Zweitwohnungsteuer herangezogen würde.
Damit liegt kein besonderer Härtefall vor, der eine Wiedereinsetzung im Wege der Nachsichtgewährung begründen würde. Der Befreiungsantrag des Klägers für die Jahre 2013 bis 2016 war damit nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG verspätet und eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 ff. KAG scheidet aus.
C.
Die Kostentragungspflicht des Klägers folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die der Klägerin aus § 155 Abs. 2 VwGO. Nach § 159 Satz 1 VwGO haben die Kläger die Kosten als Gesamtschuldner zu tragen.
D.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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