Steuerrecht

Klage gegen Einkommensteuerbescheid

Aktenzeichen  12 K 3102/17

Datum:
20.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2021, 459
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 42 Abs. 1 S. 2
EStG § 32d Abs. 2 Nr. 1b, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7

 

Leitsatz

Missbräuchlichkeit einer rechtlichen Gestaltung im Zusammenhang mit  Bondstripping.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO-).
1. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den Inhaber oder ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen nicht mitveräußert werden. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Abs. 1 Nr. 7 dieser Norm. Hierzu gehören sonstige Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Vom Anwendungsbereich des Gesetzes ist gemäß § 20 Abs. 4 und Abs. 6 EStG auch ein negativer Gewinn – ein Veräußerungsverlust – erfasst. Danach führen sowohl die isolierte Veräußerung der Zinsscheine (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) als auch die Veräußerung der Anleihemäntel (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG) beim Kläger zu Einkünften aus Kapitalvermögen (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 29. März 2019 1 K 2163/16 E,F, EFG 2019, 1389; Rev. VIII R 15/19).
Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen beträgt grundsätzlich 25 Prozent (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG gilt der gesonderte Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG jedoch nicht, wenn Kapitalerträge nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 Prozent an der Gesellschaft oder Genossenschaft beteiligt ist. Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG findet in diesem Fall § 20 Abs. 6 und 9 EStG keine Anwendung.
Hieraus leiten die Kläger ab, dass der Überschuss, den der Kläger aus der Veräußerung der Zinsscheine errechnet hat, dem Abgeltungssteuersatz des § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG unterliegen müsse, während der errechnete Verlust aus der Veräußerung der Anleihemäntel an die X-GmbH dem allgemeinen Steuertarif unterliege.
2. Im Streitfall liegt jedoch ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts vor.
a) Gemäß § 42 Abs. 1 AO (i.d.F. des JStG 2008, für das Streitjahr maßgeblich; in der Folge nur AO) kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des Absatzes 2 so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Nach § 42 Abs. 2 AO liegt ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.
Als Generalklausel zur Verhinderung der Umgehung von Steuergesetzen ist § 42 AO erst anwendbar, wenn nicht bereits die Auslegung des Steuergesetzes ergibt, dass der zu beurteilende Sachverhalt den Steuertatbestand erfüllt, den der Steuerpflichtige umgehen will, bzw. den Tatbestand nicht erfüllt, dessen Anwendung er erreichen will (Madle in Leopold/ Madle/Rader, AO, § 42 AO Rz. 1, Stand 08/2020).
Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (Madle in Leopold/Madle/ Rader, AO, § 42 AO Rz. 3, Stand 08/2020 m.w.N.).
Wann eine den Gestaltungsmissbrauch kennzeichnende unangemessene rechtliche Gestaltung vorliegt, entzieht sich einer allgemeinen Definition und lässt sich nur durch Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall feststellen. Eine Gestaltung, die überhaupt keinen erkennbaren wirtschaftlichen Zweck hat, kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden (vgl. BFH-Urteile vom 8. März 2017 IX R 5/16, BStBl II 2017, 930; vom 12. Juni 2018 VIII R 32/16, BFH/NV 2018, 1184 jeweils m.w.N.). Die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft ist regelmäßig kein Gestaltungsmissbrauch, wenn ein Steuerpflichtiger – aus welchen Gründen auch immer – auf Dauer zwischen sich und eine Einkunftsquelle eine inländische Kapitalgesellschaft schaltet und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zieht. Die Steuerpflichtigen sind grundsätzlich frei, ihre rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringe Steuerbelastung ergibt. Die gewählte Gestaltung ist auch der Besteuerung zugrunde zu legen, es sei denn, sie dient nur der Steuerminderung und ist durch keine wirtschaftlichen oder sonstigen außersteuerlichen Gründe gerechtfertigt (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1996 I R 55/95, BStBl II 1998, 90). Die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft zur Vermeidung der Besteuerung als gewerblicher Grundstückshandel hat der BFH als rechtsmissbräuchlich angesehen (BFH-Urteil vom 18. März 2004 III R 25/02, BStBl II 2004, 787). Soweit die Zwischenschaltung einer Gesellschaft nicht anerkannt wird, erfolgt ein Durchgriff auf die Gesellschafter. Ein Erwerb durch die zwischengeschaltete Gesellschaft bleibt steuerrechtlich außer Betracht (Schmieszek in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 93, Stand 05/2020).
Nach der Rechtsprechung des BFH zu § 42 i.d.F. vor dem JStG 2001 ist der Maßstab für die Beurteilung der Unangemessenheit dem „umgangenen“ Gesetz und den flankierenden speziellen Missbrauchsvorschriften zu entnehmen. Hat danach der Gesetzgeber ein missbrauchsverdächtiges Feld durch eine Spezialvorschrift abgedeckt, legt er für diesen Bereich die Maßstäbe fest. Auch wenn im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen der speziellen Missbrauchsnorm nicht erfüllt sind, darf die Wertung des Gesetzgebers nicht durch eine extensive Anwendung des § 42 AO unterlaufen werden. Ob dies auch im Anwendungsbereich des – im Streitfall anzuwendenden – § 42 AO gilt ist strittig und noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt. In der Literatur wird u.a. die Auffassung vertreten, dass eine Gestaltung nicht unangemessen ist, wenn sie nach der Wertung der spezialgesetzlichen Norm nicht zu missbilligen ist. Ein Gestaltungsmissbrauch läge daher nur vor, wenn die Gestaltung Elemente enthält, die von der Wertung der spezialgesetzlichen Missbrauchsregelung nicht erfasst werden und i.S. von § 42 Abs. 2 AO unangemessen sind (Madle in Leopold/Madle/ Rader, AO, § 42 AO, Rz. 3, Stand 08/2020 m.w.N.).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vom Kläger gewählte Gestaltung unangemessen, da sie dem Kläger einen gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil verschaffen würde und beachtliche außersteuerliche Gründe nicht vorliegen.
Zwar kann – wie der Kläger zutreffend anführt – aus der Ausnutzung eines Steuersatzgefälles allein nicht auf eine missbräuchliche Gestaltung i.S. des § 42 AO geschlossen werden, da Vorteile aufgrund unterschiedlicher Steuersätze der Schedulenbesteuerung nach der Rechtsprechung des BFH immanent sind (BFH-Urteil vom 7. Mai 2019 VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751 m.w.N.). Im Streitfall ergibt sich die Unangemessenheit jedoch aufgrund der Zwischenschaltung der vom Kläger beherrschten X-GmbH, die keinem anderen Zweck diente, als dem Kläger zu ermöglichen, Verluste zu erzielen, die nicht der Abgeltungssteuer und der Verlustabzugsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG unterfallen.
Der Senat ist der Überzeugung, dass die Gründung und Zwischenschaltung der X-GmbH in die Veräußerung der Stammrechte keinen anderen Zweck hatte als den, die durch die Veräußerung der Anleihemäntel nach der Berechnung des Klägers erzielten Verluste – anders als die dem Abgeltungssteuersatz unterliegenden errechneten positiven Einkünfte aus der Veräußerung der Zinsscheine – in den Anwendungsbereich der dem allgemeinen Steuertarif unterliegende Einkünfte zu verlagern und zum Ausgleich seiner erheblichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu verwenden.
Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht aufgrund einer wertenden Gesamtschau der Umstände der Gründung und der Tätigkeit der X-GmbH. Gewichtige Indizien sind die zeitliche Nähe der Gründung der X-GMBH sechs Tage vor dem ersten Erwerb von Bundesanleihen durch den Kläger und der Umstand, dass die X-GmbH vom Kläger beherrscht wird und ausschließlich aus Darlehen des Klägers finanziert wird. Außerdem hat die X-GmbH die Stammrechte jeweils am Tag nach dem Erwerb vom Kläger weiterverkauft, obwohl das zumindest in den ersten beiden Fällen wirtschaftlich nicht sinnvoll war und sie daraus einen Verlust erzielte. Soweit der Kläger ausführt, der X-GmbH hätte es freigestanden, die Stammrechte länger zu behalten, ist erst recht nicht nachvollziehbar, welchen Grund der sofortige Verkauf unter Inkaufnahme von Verlusten gehabt haben könnte, außer, dass er Teil eines der Steuerminderung des Klägers dienenden Gesamtkonzepts war. Zwar hat die X-GmbH, wie der Kläger vorträgt, aus allen drei Veräußerungen zusammen einen geringen Gewinn (- 10.953,90 – 9,345,73 + 21.012,05 = 712,42 €) erzielt. Angesichts der mit der Gründung und dem Unterhalt einer GmbH verbundenen Kosten, ist jedoch nicht erkennbar, welchen Sinn die Zwischenschaltung einer GmbH machen sollte. Zudem ist dieser geringe Gewinn nur dadurch zustande gekommen, dass die X-GMBH im dritten Geschäft einen überraschend hohen Gewinn erzielte, wie die folgende Aufstellung zeigt (vgl. FG-Akte Bl 442):
Geschäft 1
Geschäft 2
Geschäft 3



Kaufpreis von X-GmbH an Kläger bezahlt
1.580.100,00
1.731.560,00
1.780.605,00
Verkauf Mantel von GmbH für Kaufpreis
1.569.146,10
1.722.214,27
1.801.617,05
Gewinne bei GmbH
– 10.953,90
– 9.345,73
21.012,05
Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Klägers, dass die X-GmbH eine aktive Kapitalgesellschaft ist. Laut den vorliegenden Jahresabschlüssen jeweils zum […] hat die X-GmbH in den Geschäftsjahren […] keine Wertpapiere ge- oder verkauft. Abgesehen vom unveränderten Halten von im […] angeschafften Wertpapieren im Anlagevermögen ist die X-GmbH inaktiv. Sie erzielte jeweils einen Jahresfehlbetrag in geringer Höhe. Angesichts dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger die X-GmbH nur gegründet hat, um sie in die Veräußerung der Anleihemäntel zwischenzuschalten und damit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG zu erfüllen.
Außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung trägt der Kläger nicht vor und es sind auch keine ersichtlich.
c) Im Streitfall wird § 42 AO nicht durch eine spezialgesetzliche Missbrauchsregelung verdrängt. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AO). Die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO kann nach Auffassung des Senats nach dem Zweck der jeweiligen Spezialvorschrift und des § 42 Abs. 1 Satz 2 AO nur in 2 Fallgruppen eingreifen, (1.) wenn die Auslegung der Spezialvorschrift ergibt, dass sie den missbrauchsanfälligen Bereich nicht abschließend konkretisieren soll (unechte Spezialvorschrift), sondern nur i.S. exemplifizierender Gesetzgebung der Finanzbehörde die Missbrauchsabwehr erleichtern soll und (2.) wenn die Spezialvorschrift ihrerseits missbraucht wird (sog. Missbrauch der speziellen Missbrauchsvorschrift). Ansonsten verbleibt es trotz des Wortlauts des § 42 Abs. 1 Satz 2 AO bei der Sperrwirkung bereichsspezifischer Vorschriften zur Verhinderung der Steuerumgehung (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, 162. Lieferung 09.2020, § 42 AO, Rn. 20b). Im Streitfall ist nach Auffassung des Senats die Fallgruppe des Missbrauchs der Missbrauchsvorschrift erfüllt.
Grundsätzlich hat § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG den Charakter einer spezialgesetzlichen Umgehungsvorschrift (BFH-Urteil vom 29. April 2014 VIII R 23/13, BStBl II 2014, 884; FG Düsseldorf in EFG 2019, 1389; Günther, Nichtanwendbarkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 EStG, ErbStB 2019, 289); darauf weisen zu Recht auch die Kläger hin. Nach der Gesetzesbegründung dient die in dieser Norm geregelte Ausnahme von der Anwendung des Abgeltungssteuersatzes der Verhinderung von Gestaltungen, bei denen aufgrund der Steuersatzspreizung betriebliche Gewinne z. B. in Form von Darlehenszinsen abgesaugt werden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungssteuersatz reduziert wird (BT-Drs. 16/4841, S. 60).
Gleichwohl führt der Umstand, dass der Kläger mit der Veräußerung der Anleihemäntel an die X-GmbH die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG erfüllt, nicht zur Anwendung der Rechtsfolge, dass die entsprechenden Verluste dem allgemeinen Steuertarif unterliegen und von der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG ausgenommen sind. Denn der Kläger macht von der spezialgesetzlichen Umgehungsvorschrift in einer Weise Gebrauch, die sich als Missbrauch der Missbrauchsvorschrift charakterisieren lässt (ebenso FG Düsseldorf in EFG 2019, 1389, FG Hamburg, Urteil vom 27. Juni 2017 6 K 127/16, Rn. 112, EFG 2017, 1718). Denn nur durch die Zwischenschaltung der X-GmbH und dem Verkauf der Anleihemäntel an die X-GmbH (nach der Trennung der Wertpapiere in Stammrecht und Zinsscheine) erreicht der Kläger einen Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen von -7.515.671 € neben einem Gewinn aus der Veräußerung der Zinsscheine von 7.459.241 € (Summe der Veräußerungspreise: 7.644.373 €). Bei einer reinen Gegenüberstellung der vom Kläger aufgewendeten Anschaffungskosten und der von ihm erzielten Veräußerungspreise für Anleihemäntel und Zinsscheine resultiert ein Gesamtgewinn von 18.873,05 € (plus Stückzinsen: 109.830 €) aus den Geschäften.
Geschäft 1
Geschäft 2
Geschäft 3
Summen




Veräußerungspreis Anleihemantel
1.580.100,00
1.731.560,00
1.780.605,00
5.092.265,00
Veräußerungspreis Zinsscheine
2.536.201,65
2.366.270,14
2.741.902,00
7.644.373,79
Anschaffungskosten Wertpapier (ohne Stückzinsen)
– 4.098.945,84
– 4.098.826,66
– 4.519.993,24
– 12.717.765,74
Gewinne
17.355,81
– 996,52
2.513,76
18.873,05
Unter Berücksichtigung der kurzen Laufzeiten bei der Abwicklung der einzelnen Geschäfte durch den Kläger (vom Erwerb des Wertpapiers bis zum Verkauf des Stammrechts an X-GmbH), nämlich bei Geschäft 1 vom 22. September 2014 bis 6. Oktober 2014, bei Geschäft 2 vom 9. Oktober 2014 bis 10. November 2014 und bei Geschäft 3 vom 20. November 2014 bis 9. Dezember 2014, kann der Senat bei der Durchführung der drei Geschäfte keinen anderen Zweck erkennen, als die absolut korrekte Erfüllung der Voraussetzungen der Missbrauchsvorschrift § 32d Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Zusätzlich berücksichtigt der Senat hierbei, dass die X-GmbH die Stammrechte jeweils am nächsten Tag sofort weiter veräußerte. Der Senat folgert daraus, dass dieses Vorgehen bei den drei Geschäfte nur den einen Zweck hatte, über die Rechtsfolge des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG die Nichtanwendbarkeit von § 20 Abs. 6 und Abs. 9 EStG zu erreichen. Dadurch, dass der Kläger die Verluste aus der Veräußerung der Stammrechte dem progressiven Einkommensteuertarif unterstellt, wird genau das Ergebnis erreicht, das die Missbrauchsvorschrift verhindern will.
Damit entfaltet § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG im Streitfall keine Sperrwirkung gegenüber § 42 Abs. 2 AO.
d) Nach § 42 Abs. 1 Satz 3 AO entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des Absatzes 2 so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Ohne die unangemessene Zwischenschaltung der X-GmbH unterfallen die Verluste aus der Veräußerung der Anleihemäntel – genau wie die Erträge aus der Veräußerung der Zinsscheine – der Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 EStG. Die angegriffene Steuerfestsetzung entspricht diesem Ergebnis. Die Frage, ob die Anschaffungskosten zu Recht in voller Höhe dem Stammrecht zugeordnet worden sind, muss im Streitfall nicht entschieden werden, da sich keine steuerliche Auswirkung ergibt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.


Ähnliche Artikel

Steuererklärung für Rentner

Grundsätzlich ist man als Rentner zur Steuererklärung verpflichtet, wenn der Grundfreibetrag überschritten wird. Es gibt allerdings Ausnahmen und Freibeträge, die diesen erhöhen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben