Steuerrecht

Klagefrist

Aktenzeichen  8 K 1075/19

Datum:
5.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48319
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
FGO § 47 Abs. 1,  § 56 Abs. 3, § 64
BGB § 193
ZPO § 222 Abs. 2

 

Leitsatz

Das Ende einer Rechtsmittelfrist wegen eines allgemeinen Feiertages nur dann hinausgeschoben wird, wenn der betreffende Tag an dem Ort, an dem das Rechtsmittel einzulegen ist, gesetzlicher Feiertag ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig, weil die Klagefrist versäumt wurde.
Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt gemäß § 47 Abs. 1 FGO einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Die Einspruchsentscheidung vom 10.07.2019 wurde gemäß der Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Ziff. 1 AO unter Berücksichtigung der Auslegung im BFH-Urteil vom 14.10.2003 IX R 68/98 am Montag, den 15.07.2019 bekannt gegeben. Die Klagefrist begann somit am 15.07.2019 und endete gemäß § 54 Abs. 2 FGO, § 222 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 15.08.2019 (Donnerstag). Nur soweit dieser Tag ein gesetzlicher Feiertag ist, tritt an die Stelle des 15.08.2019 der nächste Werktag.
Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der 15.August nicht überall ein staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag ist. Gemäß § 193 BGB, der über § 222 Abs. 2 ZPO für prozessuale Fristen Anwendung findet, kommt es darauf an, ob dieser Tag am Erklärungs- oder Leistungsort ein staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag ist.
Dieser Vorschrift ist u.a. zu entnehmen, dass es im Klagefall ausschließlich auf die Verhältnisse in der Stadt Nürnberg als „Erklärungsort“ im Sinne des § 193 BGB ankommt, da sich hier das Finanzgericht Nürnberg befindet, bei dem die Klage gem. § 64 FGO zu erheben war. Auf den Wohnsitz des Klägers bzw. des Prozessbevollmächtigten und einer dort geltenden, ggf. abweichenden Feiertagsregelung, kommt es mithin nicht an.
Diese Rechtsauffassung steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 24.08.2011 8 AZN 808/11, BAGE 139, 107) sowie des Bundesgerichtshofs (BGH vom 10.01.2012 VI ZA 27/11, NJW-RR 2012, 254), wonach das Ende einer Rechtsmittelfrist wegen eines allgemeinen Feiertages nur dann hinausgeschoben wird, wenn der betreffende Tag an dem Ort, an dem das Rechtsmittel einzulegen ist, gesetzlicher Feiertag ist.
In der Stadt Nürnberg war der 15.08.2019 (Mariä Himmelfahrt) kein gesetzlicher Feiertag.
Mariä Himmelfahrt ist gesetzlicher Feiertag nur in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung, Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 Gesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage (FTG) in der ab 01.05.2019 geltenden Fassung. Da die Stadt Nürnberg diese Vorgaben nicht erfüllt, weil dort die Bevölkerung nicht überwiegend katholisch ist, war am Ort der Klageerhebung kein Feiertag.
Die Klagefrist ist am 15.08.2019 abgelaufen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt allein wegen Ablaufs der Jahresfrist gem. § 56 Abs. 3 FGO nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.


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