Steuerrecht

Private Nutzung eines Firmenwagens

Aktenzeichen  7 K 2204/15

Datum:
25.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 94478
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 8 Abs. 2, § 8 Abs. 3, § 19

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist die steuerliche Behandlung der privaten Nutzung eines Firmenwagens.
Die Kläger sind verheiratet und erzielten im Streitjahr 2013 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Sie wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist seit dem 1. September 1996 bei der U AG (Arbeitgeber) angestellt. Im Rahmen dieses Anstellungsverhältnisses wird ihr vom Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt, im Streitjahr handelte es sich um einen Audi A4 Avant 1,8. Nach der Präambel des Überlassungsvertrags „Firmenwagen“ vom 12. Juli 2012 ist der Arbeitgeber der Leasingnehmer und bleibt wirtschaftlicher Eigentümer des Firmenwagens. Die Klägerin ist als Mitarbeiterin ab dem Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs befugt, es für die Dauer des zwischen dem Leasinggeber und dem Arbeitgeber geschlossenen Leasingvertrages (54 Monate, vgl. § 2 des Vertrages) für dienstliche und private Zwecke zu nutzen (§ 1 Abs. 1 des Vertrages). Gemäß § 3 Abs. 1 des Vertrages muss die Klägerin die monatlichen Leasingkosten von 436,32 € und eine monatliche Verbrauchspauschale von 145 € selbst tragen (vgl. § 3 Abs. 1 des Vertrages). Das monatliche Bruttogrundgehalt der Klägerin wird mit Beginn der Überlassung des Firmenwagens in Höhe des Mitarbeiteranteils herabgesetzt, so dass die Gehaltsminderung das monatliche Bruttogehalt reduziert (vgl. § 3 Abs. 2 des Vertrages). Außerdem steht der Klägerin ein befristeter Arbeitgeberzuschuss („Car Allowance“) von monatlich 200 € zu (§ 3 letzter Absatz des Vertrages). Laut § 4 des Vertrages erhöht die Überlassung des Firmenwagens zur privaten Nutzung als geldwerter Vorteil die steuerpflichtigen Bruttobezüge. Hinsichtlich der übrigen Vereinbarungen wird auf den Überlassungsvertrag „Firmenwagen“ vom 12. Juli 2012 sowie die Firmenwagen-Richtlinie 2011 Bezug genom-men(vgl. § 1 Abs. 2 des Überlassungsvertrags).
Im Streitjahr erfolgte die Versteuerung des geldwerten Vorteils mangels Führens eines Fahrtenbuchs mit der so genannten 1% Methode in Höhe von monatlich 394,40 € (jährlich 4.733 €). Für Januar 2013 stellt sich die Verdienstabrechnung durch den Arbeitgeber der Klägerin wie folgt dar:
Monatsbezug abzüglich Leasingrate abzüglich Verbrauchspauschale zuzüglich car allowance Bruttoentgelt
zuzüglich geldwerter Vorteil (1%-Methode)
zu versteuernder Monatslohn
4.741,89 € 436,32 € 181,00 € 200,00 €
4.324,57 €
394,40 € 4.718,97 €
In ihrer Einkommensteuererklärung 2013 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sonstige Werbungskosten „Nutzungsentgelt Firmenwagen“ in Höhe von 4.733 € geltend. Das Finanzamt erkannte diesen Abzug jedoch im Einkommensteuerbescheid vom 3. Dezember 2014 nicht an. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der dagegen erhobenen Klage wenden sich die Kläger gegen die steuerliche Behandlung der privaten Nutzung des Firmenwagens. Unter Berücksichtigung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 19. April 2013 (BStBl I 2013, 513) könne die Klägerin die von ihr monatlich gezahlten Leasingraten als ein den geldwerten Vorteil minderndes Nutzungsentgelt geltend machen. Unter Berücksichtigung der im geldwerten Vorteil zu sehenden Kappungsgrenze könne die Klägerin somit monatlich maximal 394,40 € in Abzug bringen. Aus diesem Grunde habe sie einen Betrag von insgesamt 4.733 € als Werbungskosten geltend gemacht.
Zu Unrecht habe das Finanzamt diesen Abzug nicht akzeptiert und argumentiert, dass eine zusätzliche Kürzung des geldwerten Vorteils nicht erfolgen dürfe, da bei der Ermittlung der Lohnsteuer aufgrund der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarten Gehaltsumwandlung im Zusammenhang mit dem Firmenwagen bereits der geringere Barlohn zugrunde gelegt worden sei. Eine derartige Differenzierung werde im BMF-Schreiben vom 19. April 2013 gerade nicht vorgenommen. Außerdem habe das Finanzamt unberücksichtigt gelassen, dass keine reine Entgeltumwandlung vorliege, da die Klägerin im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Dienstwagens auch einen zu versteuernden Arbeitgeberzuschuss von 200 € monatlich (car allowance) erhalten habe.
Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass andere Finanzämter in gleich gelagerten Fällen von Arbeitskollegen der Klägerin den Abzug der Leasingraten für den Firmenwagen vom geldwerten Vorteil (auf diesen gedeckelt) gewährt hätten. Die Arbeitgeberin habe bei allen Arbeitnehmern denselben Überlassungsvertrag für den Firmenwagen verwendet. Ergänzend werde ein Bestätigungsschreiben des Arbeitsgebers vom 12. November 2015 vorgelegt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf die gleichgerichtete Anwendung einer im vorliegenden Fall durch das BMF-Schreiben verbindlich vorgegebenen Verwaltungspraxis, soweit der entsprechenden Besteuerung identische Sachverhalte zugrunde lägen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 3. Dezember 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2015 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin um 4.733 € vermindert werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird. Hilfsweise beantragen sie, die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass im Streitfall eine so genannte Gehaltsumwandlung vorliege. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei dem Lohnsteuerabzug nur der tatsächlich ausgezahlte Barlohn zuzüglich des geldwerten Vorteils für die Überlassung eines Firmenwagens zu unterwerfen. Das entrichtete Entgelt sei jedoch kein Aufwand im steuerlichen Sinne. Es liege im Ergebnis keine Minderung des Arbeitslohnes vor, da der entfallende Barlohn durch eine Sachzuwendung ersetzt werde. Unerheblich sei dabei, dass die Gehaltsminderung in der Regel höher als der aufgrund besonderer Bewertungsvorschriften für steuerliche Zwecke festzusetzende Sachbezugswert sei. Andererseits sei in § 9 Abs. 1 S. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt, dass der Werbungskostenabzug Aufwendungen voraussetzt. Keine Aufwendungen und damit keine Werbungskosten lägen vor, wenn Einnahmen dadurch entgingen, dass auf sie verzichtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).
II.
Die Klage ist unbegründet. Zutreffend hat das Finanzamt die Überlassung des PKW an die Klägerin für deren Privatnutzung als Lohnzufluss i.S.d. § 19 EStG behandelt und den mit der privaten Nutzungsmöglichkeit verbundenen geldwerten Vorteil nach § 8 Abs. 2 EStG versteuert.
1. Im Streitfall liegt eine sogenannte Barlohnumwandlung vor. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist in dem Fall, in dem der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber statt dessen Sachlohn z.B. in Form eines Nutzungsvorteils gewährt, der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 EStG anzusetzen (Be-schluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 20. August 1997 VI B 83/97, BStBl. II 1997, 667, Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12. November 2015 7 K 94/13, juris-web). Diesen Vorgaben ist das Finanzamt bei der streitigen Steuerfestsetzung gefolgt.
a) Nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2014 VI R 75/13, BStBl. II 2015, 670) führt die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss i.S.d. § 19 EStG (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile vom 20. März 2014 VI R 35/12, BFHE 245, 192, BStBl. II 2014, 643; vom 13. Dezember 2012 VI R 51/11, BFHE 240, 69, BStBl. II 2013, 385; vom 21. März 2013 VI R 31/10, BFHE 241, 167, BStBl. II 2013, 700; VI R 42/12, BFHE 241, 180, BStBl. II 2013, 918; vom 6. Oktober 2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383, BStBl. II 2012, 362). Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zwingend entweder mit der 1%-Regelung oder mit der Fahrtenbuchmethode zu bewerten (BFH-Urteil vom 21. März 2013 VI R 31/10, BFHE 241, 167, BStBl. II 2013, 700).
Eine Überlassung eines betrieblichen Kfz i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 EStG liegt allerdings nicht vor, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist.
Im Streitfall liegen keine Umstände vor, nach denen das vom Arbeitgeber geleaste Fahrzeug der Klägerin zuzurechnen ist. Vielmehr ergibt sich aus dem Überlassungsvertrag sowie der Firmenwagenrichtlinie, dass der Arbeitgeber der Leasingnehmer ist und sich das wirtschaftliche Eigentum an dem Fahrzeug vorbehalten hat (vgl. Präambel des Überlassungsvertrags „Firmenwagen“ vom 12. Juli 2012). Die Firmenwagen-Richtlinie 2011 regelt, dass die Bank alle Kosten für die Überlassung des Firmenwagens übernimmt (§ 5.1), die Kfz-Steuern und Versicherungen (§ 5.2) sowie die Aufwendungen für Reparaturen, Wartung u.ä. trägt. Das Fahrzeug ist somit allein dem Arbeitgeber als wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung).
b) Die zwingend vorgeschriebene Anwendung der Bewertungsvorschrift kann auch nicht durch Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden. Vom Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß gezahlte Nutzungsvergütungen sind gegebenenfalls von den nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ermittelten Werten in Abzug zu bringen, da insoweit keine Bereicherung des Arbeitnehmers gegeben ist (BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl. II 2007, 269, Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12. November 2015 7 K 94/13, juris-web).
Auch wenn mit Beginn der Überlassung des Firmenwagens das monatliche Bruttogrundgehalt der Klägerin in Höhe des Mitarbeiteranteils herabgesetzt wurde, führt der Gehaltsverzicht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dazu, dass sie die Kosten der PKWNutzung getragen hat. Die Klägerin kann sich daher auch nicht auf die Vorgaben des BMFSchreibens vom 19. April 2013 berufen. Dieses betrifft ausschließlich die lohnsteuerliche Behandlung von Arbeitnehmeraufwendungen bzw. Zuzahlungen bei Firmenwagengestellun-gen, nicht jedoch die lohnsteuerliche Behandlung im Falle einer Gehaltsumwandlung (vgl. Plenker in DB 2013, 906,907). Denn das Wesen einer Barlohnumwandlung besteht gerade darin, dass der Zuwendung eines Nutzungsvorteils durch den Arbeitgeber ein Gehaltsverzicht des Arbeitnehmers gegenüber steht (vgl. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12. November 2015 7 K 94/13, juris-web). Das BMF-Schreiben setzt eine Zahlung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung des Kfz voraus. Im Falle einer Gehaltsumwandlung zahlt der Arbeitnehmer jedoch nichts an den Arbeitgeber. Vielmehr findet eine entsprechende Gehaltskürzung statt, die dazu führt, dass beim Arbeitnehmer insoweit kein Lohn i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG zufließt und er dementsprechend dem Arbeitgeber auch nichts zuwenden kann. Durch die Zahlung eines Nutzungsentgelts kann die zwingend vorgeschriebene Anwendung der Vorschriften des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 8 Abs. 2 S. 3 EStG nicht vermieden werden. Auch durch die Zahlung der „car allowance“ ergibt sich im Streitfall kein anderes Ergebnis, da selbst unter Berücksichtigung dieser Zuzahlung der Gehaltsverzicht immer noch höher als der geldwerte Vorteil aus der Nutzungsüberlassung ist.
Die Überlassung des PKW an die Klägerin für deren Privatnutzung führt daher zu einer Bereicherung und damit zu Lohnzufluss i.S.d. § 19 EStG. Die Klägerin muss den mit der privaten Nutzungsmöglichkeit verbundenen geldwerten Vorteil nach § 8 Abs. 2 EStG versteuern.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Sachbehandlung bei ihren Arbeitskollegen durch die für diese zuständigen Finanzämter berufen. Ein Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf „Gleichheit im Unrecht“ besteht nicht (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 11. Januar 2006 II R 12/04, BStBl II 2006, 615, vom 18. Juli 2002 V B 112/01, BStBl II 2003, 675 und vom 13. Juli 2007 II B 32/06, BFH/NV 2007, 966).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist.

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