Steuerrecht

Rechtsschutz gegen Fälligkeitsmitteilung

Aktenzeichen  W 4 S 20.1173

Datum:
14.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 28668
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5 S. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 35.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist ein Entsorgungsfachbetrieb.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2019 ordnete der Antragsgegner die Stilllegung einer von der Antragstellerin betriebenen Anlage zur zeitweiligen Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen auf den Grundstücken Fl.Nrn. 2481 und 2481/1, Gemarkung R …, an (Ziffer 1). Unter Ziffer 4 des Bescheides verfügte der Antragsgegner, dass die Antragstellerin die auf den Grundstücken Fl.Nrn. 2481 und 2481/1, Gemarkung R …, gelagerten Abfälle vollumfänglich bis zum 31. März 2020 zu entfernen habe. Vor Beginn der Räumung sei mit der Unteren Immissionsschutzbehörde des Landratsamts W. ein Entsorgungskonzept abzustimmen. Falls die Antragstellerin der unter Ziffer 4 genannten Verpflichtung zuwiderhandele, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 70.000,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer 5).
Nachdem die Antragstellerin hiergegen kein Rechtsmittel einlegte, wurde der Bescheid vom 13. Dezember 2019, der Antragstellerin am 17. Dezember 2019 zugestellt, bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 24. März 2020 bat die Antragstellerin den Antragsgegner um Verlängerung der Frist zur Beseitigung bis zum 15. Mai 2020.
Unter dem 24. März 2020 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin eine Fristverlängerung bis zum 30. April 2020.
Mit E-Mail vom 30. April 2020 verlängerte der Antragsgegner diese Frist für die vollständige Räumung des Platzes bis einschließlich Mittwoch, 6. Mai 2020.
Bei einer Ortseinsicht des Antragsgegners am 7. Mai 2020 wurde festgestellt, dass zwar alle Haufwerke entfernt worden seien, am Grunde des Lagerplatzes aber immer noch verdichtete Abfälle auf dem natürlichen Boden lagerten. Zusätzlich zu dem verdichteten Bauschutt/Erdaushub seien Beimischungen aus Metall- und Kunststoffabfällen erkennbar sowie Ziegelreste und Teile von keramischen Abflussrohren. Außerdem wurde feststellt, dass noch kleinere Haufwerke mit Sandsteinen und Kalksteinen lagerten. Der Untergrund sei verdichtet. Spuren von Raupenfahrzeugen und Reifenspuren seien klar erkennbar, der Boden sei nicht aufgelockert.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2020 teilte die Polizeiinspektion W.-Stadt dem Antragsgegner mit, dass bei einer Ortseinsicht am 4. Juni 2020 Ablagerungsreste auf dem Grundstück festgestellt worden seien. Bis zu einer Tiefe von 20 cm sei noch kein gewachsener Boden zu erkennen.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2020 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin die Fälligkeit des Zwangsgeldes von 70.000,00 EUR mit.
Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2020 ließ die Antragstellerin hiergegen Klage erheben und im vorliegenden Fall mit weiterem Schreiben vom 28. August 2020 beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der am 8. Juli 2020 beim Verwaltungsgericht Würzburg erhobenen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Juni 2020, die derzeit beim erkennenden Gericht unter dem Az. W 4 K 20.878 anhängig ist, wird wiederhergestellt.
Hilfsweise:
Die sofortige Vollziehung wird aufgehoben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, in der Hauptsache sei die Anfechtungsklage die richtige Klageart. Die Zwangsgeldandrohung stelle sich auch als materiell-rechtswidrig dar. Die Anordnung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 13. Dezember 2019 sei nichtig. Weiterhin sei sowohl der Grundverwaltungsakt, als auch die Zwangsgeldandrohung nicht hinreichend bestimmt. Die Antragstellerin habe ihre Verpflichtung auch rechtzeitig erfüllt. Die Verhältnismäßigkeit werde in Frage gestellt.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 23. September 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde erklärt, dieser sei bereits unzulässig. Er sei aber auch unbegründet, da die Vollstreckungsvoraussetzungen vorlägen, Vollstreckungshindernisse nicht gegeben seien und auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten in dem vorliegenden Verfahren sowie in dem dazugehörigen Hauptsacheverfahren W 4 K 20.878 Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der beim Verwaltungsgericht erhobenen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Juni 2020 wiederherzustellen, ist unstatthaft und damit unzulässig.
Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nur dann statthaft, wenn ein gegenüber der Antragstellerin noch nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 BayVwVfG vorliegt, der entweder kraft Gesetzes oder kraft behördlicher Vollzugsanordnung sofortvollziehbar ist. Eine Fälligkeitsmitteilung stellt nach allgemeiner Auffassung jedoch keinen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar, da ihr nur eine deklaratorische Wirkung zukommt, da die Fälligkeit des angedrohten Zwangsgelds in Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG unmittelbar gesetzlich geregelt ist. Der Mitteilung kommt daher nicht die für einen Verwaltungsakt erforderliche Regelungswirkung zu, sie stellt nur eine – an sich gesetzlich überhaupt nicht vorgeschriebene – Mitteilung des Bedingungseintritts dar (vgl. BayVerfGH, Entscheidung v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46).
Das bedeutet, dass sich ein Betroffener gegen eine Fälligkeitsmitteilung in der Hauptsache nur mit einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO und im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zur Wehr setzen und damit gerichtlich klären lassen kann, ob der Verwaltungsakt schon oder im Hinblick auf eine eventuelle rechtzeitige Erfüllung noch vollstreckbar ist.
Vorliegend hat die anwaltschaftlich vertretene Antragstellerin ausdrücklich einen inhaltlich nicht näher differenzierten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Für eine Umdeutung in einen Antrag nach § 123 VwGO bezüglich der Fälligkeitsmitteilung besteht angesichts der anwaltschaftlichen Vertretung der Antragstellerin weder Anlass noch Raum.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Hilfsantrags und der Ausführungen des Antragstellervertreters, wonach „die sofortige Vollziehung aufgehoben werden soll“. Der Gesetzgeber sieht einen solchen Antrag in § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO für den Fall vor, dass der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen ist (Vollziehungsfolgenbeseitigungsanspruch). Ein solcher Fall ist vorliegend offensichtlich nicht gegeben.
Doch selbst wenn man wohlwollend den Antrag als Antrag gemäß § 123 VwGO auslegen sollte, wäre dieser unzulässig, da die Antragstellerin mit keinem Wort einen Anordnungsgrund geltend gemacht hat. Sie hat nicht vorgetragen, dass unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Interessen es für sie nicht zumutbar wäre, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Für eine Dringlichkeit reicht es nicht aus, dass die Beitreibung der Zwangsgelder aufgrund der Höhe wirtschaftliche Auswirkungen bei der Antragstellerin hat. Vielmehr wäre hierfür eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Lage erforderlich (vgl. z.B. VG München, B.v. 7.10.2016 – M 8 E 16.4224 – juris Rn. 31). Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen der Antragstellerin i.d.S. ist indes weder vorgetragen noch sonst ansatzweise ersichtlich.
Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 GKG und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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