Steuerrecht

Sanierungskosten für Mehrfamilienhaus in Bemessungsgrundlagen der Grunderwerbsteuer einzuziehen

Aktenzeichen  4 K 26/16

Datum:
8.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2019, 1322
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 1
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide vom 18.04.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 08.12.2015 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauleistungsvertrag besteht ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang. Zu Recht hat das Finanzamt die Kosten für die Sanierung des Mehrfamilienhauses in der Str. 1 in 1 in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen und die geänderten Grunderwerbsteuerbescheide jeweils vom 18.04.2012 erlassen.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag, der sich auf ein inländisches Grundstück bezieht. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung, § 8 Abs. 1 GrEStG. Als Gegenleistung gelten bei einem Kauf nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Werden im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf auch Verpflichtungen zur Errichtung oder Sanierung eines bereits bestehenden Gebäudes auf diesem Grundstück eingegangen, ist zu entscheiden, ob der unbebaute / unsanierte oder der künftige bebaute / sanierte Zustand für die Besteuerung maßgeblich ist (vgl. Boruttau/Loose, GrEStG, § 9 Rn. 150). Entscheidend ist, ob die geplante Errichtung bzw. Sanierung des Gebäudes noch der Veräußererseite oder schon dem Erwerber zuzurechnen ist (vgl. Boruttau/Loose, GrEStG, § 9 Rn. 166). Ergibt sich aus den weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand bzw. das bei Abschluss des Kaufvertrages unsanierte Gebäude in saniertem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 06.07.2016 II R 5/15, BStBl II 2016, 895; vom 28.03.2012 II R 57/10, BStBl II 2012, 920; vom 27.09.2012 II R 7/12, BStBl II 2013, 86; vom 19.06.2013 II R 3/12, BStBl II 2013, 965, und vom 27.11.2013 II R 56/12, BStBl II 2014, 534).
Ein solcher objektiv enger sachlicher Zusammenhang liegt u.a. dann vor, wenn der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ einer Bebauung bzw. Sanierung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei ist (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.2005 II R 49/04, BStBl II 2006, 269). Dies kann sich aus einer rechtlichen Bindung zum Abschluss des Bebauungsvertrages vor oder zeitgleich mit Abschluss des Grundstücksvertrags, aber auch aus faktischen Zwängen sowie bei Hinnahme eines von der Veräußererseite vorbehaltenen Geschehensablaufs bei Abschluss des Bauvertrages nach dem Grundstückskaufvertrag ergeben. Als Indiz für einen faktischen Zwang kann ein „paralleler Geschehensablauf“, d.h. der Abschluss der Bauerrichtungsverträge immer mit demselben Unternehmen bei benachbarten Projekten, gewertet werden (vgl. Boruttau/Loose, GrEStG, § 9 Rn. 168). Die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung kann dabei inhaltlich maßgebend auch von der Erwerberseite mit beeinflusst oder gar veranlasst worden sein (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.2005 II R 49/04, BStBl II 2006, 269).
Treten auf Veräußererseite mehrere Personen auf, ist Voraussetzung, dass diese personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich miteinander eng verbunden sind oder auf Grund von (nicht notwendigerweise vertraglichen) Abreden auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung bzw. Sanierung dienen, hinwirken (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2014 II R 54/12, BFH/NV 2014, 1403, m.w.N.). Eine Abrede auf der Veräußererseite muss für den Erwerber nicht erkennbar sein. Es ist ausreichend, wenn sie anhand äußerer Merkmale objektiv festgestellt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2014 II R 54/12, BFH/NV 2014, 1403). Ob eine Abrede auf der Veräußererseite vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Anhaltspunkte für Abreden der Veräußererseite können nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 06.07.2016 II R 5/15, BStBl II 2016, 895) z.B. ein gemeinsamer Vermarktungsprospekt oder ein gemeinsamer Internetauftritt des Grundstücksveräußerers und des Bauunternehmens bzw. der für sie handelnden Personen sein.
Das Finanzamt trägt die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die Tatsachen, welche die Einbeziehung der Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer rechtfertigen (ständige Rechtsprechung vgl. BFH-Urteil vom 03.03.2015 II R 9/14, BFH/NV 2015, 1054).
Im Streitfall besteht ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag vom 23.12.2009 und dem Bauvertrag vom 02.11./11.11.2010.
Aufgrund der Ausführungen der Kläger sowie dem Ergebnis der Beweisaufnahmen hat sich ergeben, dass die Kläger einen von der Veräußererseite vorbereiteten Geschehensablauf hingenommen haben, indem sie das Sanierungskonzept der Veräußererseite beim Erwerbsvorgang akzeptiert und anschließend einen entsprechenden Bauvertrag über die Sanierung abgeschlossen haben.
Die Kläger sind während ihrer Besichtigung des Mehrfamilienhauses in der Str. 1 vor dem streitgegenständlichen Erwerb auf die Firma A aufmerksam geworden, die nach den übereinstimmenden Ausführungen des Klägers und des Zeugen I mit Bauwerbetafeln im Sanierungsgebiet geworben hat. Die Zeugin A. H hat glaubhaft erklärt, dass im Dezember 2009, also im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses, bereits Mehrfamilienhäuser von der Firma A saniert worden waren, die als Musterhäuser fungierten. Auch der Kläger konnte sich in der mündlichen Verhandlung erinnern, dass es bereits bei Kaufvertragsabschluss von der Firma A sanierte Häuser und entsprechende Ablichtungen gab.
Zwar haben die Kläger den schriftlichen Bauleistungsvertrag mit Datum 02.11./11.11.2010 erst nach Abschluss des Grundstückskaufvertrags vom 23.12.2009 unterzeichnet, das Gericht hat jedoch die Überzeugung gewonnen, dass den Klägern bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags ein von der Grundstücksverkäuferin (C) im Zusammenwirken mit der Firma A ausgearbeitetes Angebot über die Standardmodernisierung des streitgegenständlichen Objektes durch diese Firma unterbreitet wurde, das die Kläger nach Abschluss des Kaufvertrages im Wesentlichen unverändert angenommen haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes kann ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang auch dann vorliegen, wenn ein längerer Zeitraum zwischen Abschluss des Kaufvertrages und der Angebotsannahme eines Bauleistungsvertrages liegt und besondere Umstände hinzutreten. Beispielsweise hat der Bundesfinanzhof nach einem Zeitraum von 19 Monaten den objektiv engen sachlichen Zusammenhang mit einem Bauleistungsvertrag bejaht, weil das Grundstück im Erwerbszeitpunkt noch vermietet und der Beginn der geplanten Bauarbeiten vom Auszug des Mieters abhängig war (vgl. BFH-Urteil vom 28.03.2012 II R 57/10, BStBl II 2012, 920). Von solchen besonderen Umständen ist im Streitfall ebenfalls auszugehen.
Für einen objektiv engen sachlichen Zusammenhang sprechen zunächst die im Vorfeld der Revitalisierung des Stadtgebietes vorgenommene preisliche Verhandlung der gesamten Sanierungsmaßnahme zwischen der Verkäuferin (C) und der Firma A sowie die von der C verfolgte und praktizierte Vermarktung der Objekte jeweils einschließlich Sanierung.
Der Zeuge J hat glaubhaft erklärt und dargelegt, dass im Rahmen der Vorplanungen für die Revitalisierung des Stadtgebietes 3, 1 neben den Absprachen mit der Stadt 1 auch Angebote für die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen von Baufirmen eingeholt wurden. Auf der Suche nach einem zuverlässigen, mittelständischen Bauunternehmen, das im Jahr ca. 20 bis 30 Mehrfamilienhäuser über das gesamte Quartier hinweg sanieren konnte, sei die Wahl auf die Firma A als geeignete Baufirma gefallen, mit der die C im Folgenden ausschließlich zusammengearbeitet habe. Nach Auskunft des Zeugen erstellte die Firma A für bestimmte Haustypen typenweise Angebote zur Sanierung (Typ I: ca. 297.000 €, Typ II: ca. 320.000 €, Typ III: ca. 350.000 €), die schriftlich abgefasst waren und später hinsichtlich des Preises jährlich angepasst wurden. Die Angebote enthielten ein Basisangebot laut Baubeschreibung vom 22.05.2009 bezüglich der durchzuführenden Bauleistungen. Der Zeuge J hat weiter überzeugend ausgeführt, dass er einen Preis für die durchzuführenden (Standard-)Sanierungsarbeiten von der Firma A benötigt habe, um „das Produkt marktfähig zu machen“. Kapitalanlegern sollte neben dem bebauten Grundstück auch gleich die Sanierung mit angeboten werden. Zu diesem Zweck habe er Angebote für die Standardmodernisierung pro Haustyp benötigt. Zur Umsetzung der mit der Stadt 1 getroffenen Absprachen über die Entwicklung des Stadtquartiers wurde von der C – nach den Ausführungen des Zeugen J – ein Verkauf der Bausubstanz möglichst mit Sanierung angestrebt. Ein solches Vorgehen war nach Angaben des Zeugen u.a. auch deshalb notwendig, um die zeitlichen Vorgaben des von der C praktizierten Mietmanagements für einen reibungslosen Vermietungsablauf nicht zu stören. Nach den Vorgaben der Stadt 1 sollte eine sozialverträgliche Um- bzw. Wiedereingliederung der Mieter stattfinden. Zu diesem Zweck musste eine ausreichend große Zahl an leerstehenden und bereits sanierten Wohnungen vorhanden sein, um die Mieter zu einem – ggf. auch nur temporären – Auszug zu bewegen. Als Geschäftsführer der C habe er deshalb, so die glaubhaften Ausführungen des Zeugen J, alle Vertriebspartner, u.a. die vier Hauptvertriebspartner: Immobilienzentrum 1, L, M und die N, angewiesen, die Häuser mit Sanierung zu vertreiben und Interessenten hierzu die vorhandenen Angebote zu unterbreiten. Damit war auch das im Streitfall als Vertriebspartner tätige Immobilienzentrum 1 angewiesen, das Objekt möglichst mit Sanierung zu vertreiben und hierzu das Angebot der Firma A über die Standardmodernisierung vorzulegen.
Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass auch den Klägern das Angebot der Firma A zur Standardmodernisierung im Rahmen der Verkaufsgespräche vor Kaufvertragsschluss vorgelegt wurde, und zwar für das streitgegenständliche Objekt (Haustyp III) zum Preis von 350.000 €. Dies ergibt sich insbesondere aus Folgendem:
(1) Wie der Zeuge J detailliert und glaubhaft dargelegt hat, befand sich die C bereits vor dem Verkauf des Grundstücks in der Str. 1 an die Kläger im Vertrieb des gesamten Projektes. Für die einzelnen Mehrfamilienhäuser waren demnach entsprechende Verkaufsprospekte erstellt, die den Interessenten ausgehändigt wurden. Zwar wurden die einzelnen Objekte zu Sanierungstranchen zusammengefasst, gleichwohl war jedes Objekt im Stadtquartier zum Erwerb freigegeben – somit auch das streitgegenständliche Objekt. Hinsichtlich der Angebote für eine Sanierung der Mehrfamilienhäuser führte der Zeuge J aus, dass der C und den Vertriebspartnern zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 23.12.2009 das typenweise Angebot der Firma A bereits vorlag. Wie bereits erwähnt, war das im Streitfall als Vertriebspartner tätige Immobilienzentrum 1 angewiesen, die Objekte möglichst mit Sanierung zu vertreiben und hierzu das Angebot der Firma A über die Standardmodernisierung vorzulegen, um das von der C durchzuführende Mietmanagement zu sichern.
(2) Auch war die von der Firma A speziell für die Sanierung der Mehrfamilienhäuser in der 3, 1 entworfene (standardisierte) Baubeschreibung bereits vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 23.12.2009 erstellt. Im Streitfall trägt die dem Bauleistungsvertrag vom 02.11./11.11.2010 beigefügte Baubeschreibung das Datum „Stand: 11.11.09“. Grundlage der Renovierungs- und Ausstattungsbeschreibung sind die in der Grundlagenurkunde beigefügte Baubeschreibung, die Vertragspläne, die Bestimmungen der Gestaltungssatzung und die Festsetzungen des Bebauungsplanes, mithin alles Vorgaben, die für jede Sanierung im Stadtquartier 3, 1 Gültigkeit hatten.
(3) Wie das Finanzamt im Schriftsatz vom 07.06.2018 zutreffend daraufhin gewiesen hat, wurde in einem ebenfalls 3, 1 betreffenden Klageverfahren von der dortigen Klägerin vorgetragen, dass ihr von Seiten der Verkäuferin (C) ein schriftliches Sanierungsangebot der Firma A, unter Beteiligung des Architekturbüros D, für die (Standard-)Sanierung eines vergleichbaren Mehrfamilienhauses vor Kaufvertragsschluss unterbreitet wurde. Der Kaufvertrag wurde im dortigen Verfahren am 18.12.2009, also nur fünf Tage vor dem Kaufvertragsschluss über das streitgegenständliche Objekt, geschlossen. Dies bestätigt die Aussage des Zeugen J, dass der C und ihren Vertriebspartnern die typenweisen Angebote der Firma A über die Sanierung vorlagen und diese den Kaufinteressenten in Umsetzung der Vertriebsanweisung (Vermarktung der Objekte möglichst mit Sanierung) auch vorgelegt wurden.
(4) Der Senat ist der Überzeugung, dass auch den Klägern vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags – wie im Parallelfall – das Angebot der Firma A zur Sanierung des Haustyps III vorgelegt wurde. Dafür spricht zunächst die preisliche Übereinstimmung der Angaben des Klägers über die Sanierungskosten in Höhe von 1.000 € bis 1.200 € pro Quadratmeter Altbausubstanz, die ihm bereits vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages bekannt waren, mit den Angebotspreisen von A für die Standardmodernisierung des Haustyps III von 1.000 € brutto pro Quadratmeter. Die vom Kläger genannten Preise für die Sanierung stimmen auch mit den vom Zeugen J erwähnten Preisen der Firma A für den vorliegenden Haustyp III von 350.000 € (im Streitfall: 349.000 €) überein.
Weiterhin sieht der Senat auch in der Ausführung des Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 19.04.2016, dass weder der Vertrag (Anmerkung: gemeint ist der notarielle Kaufvertrag) noch die dem Vertrag zugrundeliegenden Angebote irgendwelche Hinweise darauf enthielten, dass die Firma A mit der Durchführung von Baumaßnahmen zu beauftragen sei, ein gewichtiges Indiz dafür, dass den Klägern das Angebot dieser Firma über die (Standard-)Sanierung unterbreitet wurde. Soweit der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen hat, dass mit der Formulierung zugrundeliegende Angebote Angebote anderer Objekte in der 3 gemeint gewesen seien, erscheint dies dem Senat nicht glaubhaft, da der Kläger kein anderes Objekt benennen konnte, für das er sich konkret interessierte. Zudem bestand nach Angabe des Klägers kein Spielraum für preisliche Verhandlungen, der zur Vorlage mehrerer Angebote hinsichtlich des zu schließenden Kaufvertrages geführt haben könnte. Auch die Tatsache, dass die Kläger zusammen mit dem befreundeten Architekten G, der nach Angaben der Kläger das Nachbarhaus Str. 2 erworben hat, das Haus sanieren wollten, spricht dafür, dass die Kläger sich speziell für das Haus in der Str. 1 interessiert haben.
Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2018 ausgeführt, dass sie als Erwerber keine Sanierungsverpflichtung eingegangen seien und ihnen auch keine Sanierung angeboten wurde, andererseits war dem Kläger nach seinen Angaben der Preis für die von der Firma A angebotenen (Standard-)Sanierung vor Kaufvertragsschluss bekannt und hinsichtlich der entscheidenden Frage, ob ihnen das Angebot der Firma A bei den Verkaufsgesprächen vorgelegt wurde, konnte sich der Kläger nicht mehr erinnern, da er sich insgesamt nicht mehr erinnern konnte, ob beim Verkaufsgespräch mit der Zeugin A. H überhaupt Unterlagen übergeben wurden. Damit ist es jedenfalls auch nach der Einlassung des Klägers nicht ausgeschlossen, dass ihnen bei den Verkaufsverhandlungen mit dem Immobilienzentrum 1 das Angebot der Firma A für die (Standard-)Sanierung des streitgegenständlichen Haustyps III unterbreitet wurde. Wie bereits ausgeführt, steht die Vorlage des Angebotes für den Senat dagegen fest.
(5) Nicht glaubhaft erscheint dem Senat die Einlassung des Klägers in diesem Zusammenhang, er habe sich einerseits zwar für eine Kapitalanlage interessiert und zuvor bereits mehrere Mietobjekte erworben, andererseits habe er sich über die Sanierung und deren Kosten noch keine Gedanken gemacht. Den Klägern war bekannt, dass im Rahmen der Revitalisierung des gesamten Stadtquartiers eine Sanierung auch des Mehrfamilienhauses in der Str. 1 anstand. Immerhin hatte die C mit Antrag vom 21.08.2009 die Erteilung einer Baugenehmigung für die Sanierung des Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück Str. 1 beantragt und die Fälligkeit des Kaufpreises von 465.000 € hing von der Erteilung der von der Verkäuferin bereits beantragten Baugenehmigung ab. Für die zukünftig zu erzielende Rendite durch Vermietung mussten sich die Kläger als Kapitalanleger folglich auch – nach allgemeiner Lebenserfahrung – mit den Sanierungskosten und der nach der Sanierung durchsetzbaren (höheren) Miete beschäftigt haben. Da kein Selbstbezug des Objektes geplant war und laut Notarvertrag keine Verpflichtung zur Wiederaufnahme von Mietern nach der Sanierung bestand, die sonst ggf. eigene Wünsche bei der vorzunehmenden Sanierung äußern konnten, bot das Angebot der Firma A über die (Standard-)Sanierung hinreichend konkrete Angaben über die standardmäßig durchzuführenden Sanierungsarbeiten einschließlich deren Kosten.
(6) Soweit der Zeuge J ausgeführt hat, das streitgegenständliche Objekt in der Str. 1 habe sich bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags vom 23.12.2009 noch nicht im Mietmanagement der C befunden, sei also noch nicht zur Sanierung innerhalb der nächsten sechs bis acht Wochen freigegeben gewesen, ändert dies nichts an den Tatsachen, dass das Objekt grundsätzlich im Verkauf war, eine Baugenehmigung bereits (am 21.08.2009) beantragt und das Objekt somit Bestandteil einer der nächsten Sanierungstranchen war sowie dass für dieses Mehrfamilienhaus das Angebot der Firma A über die (Standard-) Sanierung gemacht werden konnte. Letzteres hat der Zeuge J ausdrücklich bestätigt. So wurde auch in dem bereits erwähnten, ebenfalls 3, 1 betreffenden Klageverfahren, der dortigen Käuferin das schriftliche Angebot der Firma A über die (Standard-)Sanierung vorgelegt, obwohl sich dieses Gebäude (benachbart zum streitgegenständlichen Objekt) ebenfalls noch nicht im Mietmanagement der C Stadtteilentwicklung befand. Dies bestätigt die Aussage des Zeugen J, dass die Angebote der Firma A auch in diesem Stadium der Vermarktung vorgelegt werden konnten und vom Vertrieb auch sollten.
Dass die Kläger im Streitfall auch die Sanierung des streitgegenständlichen Objektes bereits bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 23.12.2009 beabsichtigten, ergibt sich nach Auffassung des Senats aus den im Kaufvertrag getroffenen Regelungen.
Neben den bereits erwähnten Regelungen über die Fälligkeit des Kaufpreises in Abhängigkeit des Vorliegens der vom Verkäufer bereits beantragten Baugenehmigung für die vom Käufer geplante Baumaßnahme spricht vor allem die unter II. Besitz und Lasten, Nr. 1 des Kaufvertrages getroffene Regelung zur Mietfreimachung des Objektes für die von Seiten der Kläger beabsichtigte Sanierung. Demnach verpflichte sich der Verkäufer, durch Umsetzung der Mieter bzw. Mietfreimachung die Voraussetzungen für den tatsächlichen Beginn der vom Käufer geplanten Baumaßnahme bis spätestens 01. September 2010 zu schaffen. Die Verpflichtung zur Mietfreimachung des Objektes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ist ein gewichtiges Indiz für die von den Klägern bereits bei Abschluss des Kaufvertrags geplante Sanierung. Der gewählte Zeitpunkt 01. September 2010 stimmt mit den Angaben der Zeugin Antje Weis überein, dass für die Erteilung einer Baugenehmigung durch die Stadt 1 grundsätzlich von einer Bearbeitungszeit von einem Jahr auszugehen sei. Im Streitfall wurde die Baugenehmigung am 21.08.2009 von der C beantragt. Da der Kaufpreis erst mit Erteilung der Baugenehmigung fällig wurde, hatten die Kläger bei Bezahlung praktisch einen Anspruch gegen die C auf ein mietfreies Haus, um ihre Sanierungsmaßnahmen beginnen zu können.
Die Kläger haben das von der C als Verkäuferin ursprünglich unterbreitete Angebot der Firma A über die (Standard-)Sanierung des streitgegenständlichen Objektes zum Sanierungspreis von 350.000 € nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages ohne wesentliche Abweichungen bzw. Änderungen angenommen.
Eine wesentliche Änderung des Bauvertrages, die den Charakter der Baumaßnahme verändert, kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes vorliegen, wenn sich die Flächengrößen und/oder die Baukosten um mehr als 10% verändern oder die Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes vereinbart wird (vgl. BFH-Urteil vom 08.03.2017 II R 38/14, BStBl II 2017, 1005). Eine Erhöhung der Baukosten um mehr als 10%, die auf nachträglichen Ausstattungswünschen beruht, schließt nicht bereits für sich die Annahme eines vorbereiteten Geschehensablaufs aus. Denn allein der Einbau z.B. höherwertiger Fußbodenbeläge oder Badarmaturen ändert – im Gegensatz zur Errichtung eines Doppel- oder Mehrfamilienhauses anstatt eines Einfamilienhauses beispielsweise – nichts an dem Charakter der Baumaßnahme. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes muss eine wesentliche Änderung den Charakter der Baumaßnahme verändern.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall vermag der Senat keine wesentlichen Änderungen des angebotenen Bauvertrages nach Abschluss des Kaufvertrages zu erkennen, da der ursprünglich angebotene und der am 02.11./11.11.2010 abgeschlossene Bauvertrag sich hinsichtlich der Flächengrößen (349 qm) nicht unterscheiden und die Baukosten für die Sanierung aufgrund der „Sonderwünsche“ der Kläger nur um 5,78% (369.200 € statt ursprünglich 349.000 €) höher ausgefallen sind. Die Kläger haben die von A ursprünglich angebotene Standardmodernisierung für Haustyp III (349 qm a´ 1.000 € br.) laut Baubeschreibung als Hauptleistungsgegenstand völlig unverändert angenommen. Mit dem Abbrechen zweier Wände (Sonderwünsche Pos. 1 und 2), der Verstärkung der Mittelpfetten (Pos. 3), des Einbaus einer Dachgaube (Pos. 4), der Lieferung und des Einbaus einer Duschanlage im Bad DG (Pos. 5) sowie dem Erstellen von Waschmaschinen- und Trockneranschlüssen (Pos. 6) haben die Kläger keine, den Charakter der Sanierungsmaßnahme verändernde, wesentliche Änderung im Sinne der Rechtsprechung vorgenommen.
Soweit für die Kläger vorgebracht wird, es habe keinerlei vertragliche Verpflichtung bestanden, die Firma A zu beauftragen, der Bauvertrag sei vielmehr nach Einholung und Prüfung anderer Angebote abgeschlossen worden, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Der Bundesfinanzhof führt in seinem Beschluss vom 27.06.2006, Az. II B 160/05 (BFH/NV 2006, 1882) aus, ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Bauvertrag und Kaufvertrag werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erwerber tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen wäre, ein anderes Unternehmen mit der Bebauung zu beauftragen; maßgebend ist der tatsächlich verwirklichte Geschehensablauf. Im Streitfall haben die Kläger das ursprüngliche Angebot der Firma A mit Bauleistungsvertrag vom 02.11./11.11.2010 ohne wesentliche Änderung angenommen, wenngleich sie sich auch ein Angebot der Firma E eingeholt haben, das sie ebenfalls hätten annehmen können. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da der tatsächlich verwirklichte Geschehensablauf maßgebend ist.
Die Kläger haben weiterhin vorgebracht, sich erst mit Telefax vom 25.08.2010 an die Firma A zur Einholung eines (individuellen) Angebotes gewandt zu haben, weshalb nicht von einem sachlichen Zusammenhang zwischen Bauvertrag und Kaufvertrag ausgegangen werden könne, führt dies ebenfalls nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Im Streitfall haben die Kläger das ursprüngliche Angebot der Firma A über die Standardmodernisierung zum Preis von 350.000 € ohne wesentliche Änderungen mit Bauvertrag vom 02.11./11.11.2010 angenommen. Somit verblieb es auch nach Einholung eines individuellen Angebots als Hauptleistung bei der von dieser Firma angebotenen Standardmodernisierung. Dass die Kläger sich ein individuelles Angebot Ende August / Anfang September 2010 eingeholt haben, ist vor dem Hintergrund, dass das streitgegenständliche Mehrfamilienhaus erst zum 01.09.2010 mietfrei zu machen war und erst dann eine ungehinderte Besichtigung des Objektes mit Vertretern der Baufirma möglich war, nur verständlich. Im Ergebnis hat das individuelle Angebot jedoch keine Änderungen gegenüber der ursprünglich angebotenen Standardmodernisierung gebracht.
Für die Hinnahme eines vorbereiteten Geschehensablaufs spricht im Streitfall schließlich auch die von der Verkäuferin (C) beantragte Erteilung einer Baugenehmigung für das geplante Sanierungsvorhaben. Wie der Zeuge J glaubhaft ausgeführt hat, hat die C jeweils tranchenweise Baugenehmigungen für die Sanierung der Mehrfamilienhäuser beantragt und diese Objekte anschließend in den Verkauf gegeben. Mit dieser Vorgehensweise sollte sichergestellt werden, dass das von der C in Zusammenarbeit mit der Stadt 1 entwickelte Konzept der Revitalisierung des Stadtquartiers 3, 1 verwirklicht werden konnte. Neben der Sanierung der Gebäude nach einheitlichen äußeren Vorgaben (Ensembleschutz), der Einhaltung der Baubeschreibung zur Sanierung der Mehrfamilienhäuser vom 22.05.2009 und der gemeinsamen Verwaltung des Quartiers im Rahmen des Statuts der Quartierverwaltung war auch die sozialverträgliche Wiedereingliederung der Mieter Teil des einheitlichen Konzeptes. Die Verwirklichung all dieser Ziele und Vorgaben konnte – wie der Zeuge J überzeugend dargestellt hat – nur sichergestellt werden, wenn ausreichend Mehrfamilienhäuser auch tatsächlich saniert wurden, mithin das von der Veräußererseite entwickelte Sanierungs- und Entwicklungskonzept für das Stadtquartier 3, 1 tatsächlich umgesetzt wurde. Um dies zu gewährleisten, wurden von der C als Verkäuferin u.a. die Baugenehmigungen für die anstehenden Sanierungen vor Verkauf beantragt.
Die C, das Immobilienzentrum 1 und die Firma A haben objektiv erkennbar durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss der Verträge hingewirkt.
Die C hat als Verkäuferin des streitgegenständlichen Grundstücks mit Bestand im Vorfeld der Vermarktung des Stadtquartiers 3, 1 ein Sanierungskonzept entwickelt und dieses mit der Firma A preislich verhandelt. Als Ergebnis der preislichen Vorverhandlungen hat die Firma A für die im Stadtquartier vorhandenen drei Typen an Mehrfamilienhäuser (Standard-)Sanierungen zu feststehenden Preisen angeboten (Haustyp I: ca. 297.000 €, Haustyp II: ca. 320.000 €, Haustyp III: ca. 350.000 €), basierend auf einer standardisierten Baubeschreibung für 3 in 1. Nach Angaben des Zeugen J hat die C nur mit dieser Baufirma zusammengearbeitet und Interessenten entsprechende Angebote unterbreitet. Damit liegt objektiv erkennbar ein abgestimmtes Verhalten der C und der Firma A vor, das auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrages als auch des Bauleistungsvertrages gerichtet war.
Auch die mit der C zusammenarbeitenden Vertriebspartner wurden – wie der Zeuge J glaubhaft ausgeführt hat – von ihm als Geschäftsführer der C angewiesen, die Objekte nur zusammen mit der von A angebotenen Sanierung anzubieten, wenngleich bei einem Teil der Verträge, wie im Streitfall, keine vertragliche Verpflichtung zur Sanierung mit der Firma A vom Käufer eingegangen werden musste. Die Zeugin H hat zu den personellen Verflechtungen der C Stadtteilentwicklung und der Immobilienzentrum 1 GmbH ausgeführt, dass ihres Wissens nach entweder der Geschäftsführer des Immobilienzentrums, Herr K, oder die Immobilienzentrum 1 GmbH an der C beteiligt war. Damit bestanden im Streitfall zwischen dem Vertriebspartner der Objekte und der C als Verkäuferin eine personelle Verflechtung.
Darüber hinaus stellt die Baubeschreibung der Firma A zum Bauleistungsvertrag vom 02.11./11.11.2010 („3, Sanierung des Wohnensembles“) einen vorformulierten Standardvertrag dar: Dies lässt sich bereits aus der Vorbemerkungen erkennen, in der auf die „Sanierung und den Umbau der unter Ensembleschutz stehenden Mehrfamilienhäuser in der 3 in 1“ Bezug genommen wird. Weiter wird zwischen den Aufgaben der „3“ und denen der Firma A abgegrenzt und auch der folgende Vertragstext ist speziell auf das Sanierungsgebiet der „3“ abgefasst.
Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist nicht mehr erforderlich, dass ein – objektiv vorhandenes – Zusammenwirken auf Veräußererseite für den Erwerber auch erkennbar sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2014 II R 54/12, BFH/NV 2014, 1403). Aufgrund der preislichen Vorverhandlung der gesamten Sanierungsmaßnahme und der nach Haustypen differenzierten Angebote für eine (Standard-)Modernisierung, die beim Verkauf eines Objektes zu unterbreiten waren, sowie der personellen Verflechtungen zwischen der Verkäuferin und der Vermittlerin ist das Zusammenwirken der C, der Firma A sowie der Immobilienzentrums 1 GmbH im Streitfall jedenfalls objektiv gegeben. Auf die Kenntnis der Kläger kommt es hingegen nicht an.
Die festgesetzte Grunderwerbsteuer begegnet hinsichtlich der Höhe des steuerpflichtigen Teils der Gegenleistung von 834.200 € (Kaufpreis von 465.000 € zuzüglich Baukosten von 369.200 €) keinen Bedenken. Insbesondere haben die Kläger nicht vorgetragen, dass die Baukosten tatsächlich niedriger gewesen seien. Der Senat hat hierfür auch keine Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 2 FGO.


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