Steuerrecht

Sozialgerichtsverfahren: Zulässigkeit einer Restitutionsklage

Aktenzeichen  L 7 U 166/19

Datum:
16.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6698
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 179
ZPO § 578, § 580

 

Leitsatz

Für die Zulässigkeit einer Restitutionsklage ist es erforderlich, dass Restitutionsgründe nachvollziehbar dargelegt werden. (Rn. 12)

Verfahrensgang

B 2 U 149/19 B 2019-09-05 Bes BSG BSG Kassel

Tenor

I. Die Wiederaufnahmeklage der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsklage war gemäß § 179 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in Verbindung mit §§ 578 Abs. 1, 580, 581 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO – ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss in entsprechender Anwendung des § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen (zur Verwerfung durch Beschluss vgl. BSG, Beschluss vom 23. April 2014 – B 14 AS 368/13 B, SozR 4 – 1500 § 179 Nr. 1; Beschluss vom 10. Juli 2012 – B 13 R 53/12 B – SozR 4-1500 § 158 Nr. 6). Der Senat konnte nach entsprechender Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG entscheiden und die Klage als unzulässig verwerfen, da die Vorschrift des § 158 SGG auch für unzulässige Restitutionsklagen entsprechend anwendbar ist (vgl BSG, Beschluss vom 10.07.2012, B 13 R 53/12 B; vgl Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA).
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden, § 179 Abs. 2 SGG. Hiernach kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen, § 578 Abs. 1 ZPO.
Für die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsklage ist erforderlich, dass ein zulässiger Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsgrund schlüssig behauptet wird (vgl. BSGE 81, 46, 47 ff). Die Wiederaufnahmegründe sind in § 179 SGG i.V. m. §§ 578 ff. ZPO abschließend geregelt (Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA).
Auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin zur Begründung ihrer Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsklage ist bereits die Zulässigkeit der Klage zu verneinen, da kein zulässiger Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens schlüssig behauptet worden ist.
Vorliegend macht die Klägerin mit ihrem Wiederaufnahmeantrag geltend, dass das rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren inhaltlich unrichtig gewesen sei, da die vom Klinikum P. gegebenen Auskünfte unrichtig gewesen seien und die Auskünfte daher ein strafbares Verhalten darstellten. Nachdem dieses Vorbringen den alleinigen Anknüpfungspunkt für die von der Klägerin begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens gibt, kommt allein eine Wiederaufnahme in Form einer Restitutionsklage in Frage.
Nach § 580 Nr. 3 ZPO läge ein Restitutionsgrund vor, wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat. Zur Zulässigkeit der Restitutionsklage gehört im Falle des § 580 Abs. 1 Nr. 3 ZPO allerdings grundsätzlich, dass ein rechtkräftiges verurteilendes Strafurteil vorliegt (Reichold in Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 38. Aufl., Rdnr. 1 zu § 581 ZPO; BGH NJW 83, 230). Hierfür ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, ebenso wenig für einen Ausnahmefall, in dem die Restitutionsklage bei fehlender Verurteilung zulässig ist (vgl. Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 W A Rz 23). Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 03.03.2021, dass gerade kein strafrechtliches Urteil ergangen ist, wenn sie in diesem Schreiben ausführt, sie möchte von der Staatsanwaltschaft in Erfahrung bringen, wie der Stand einer strafrechtlichen Verfolgung sei. Inwieweit ein Abwarten auf eine mögliche strafrechtliche Verurteilung im Rahmen einer Restitutionsklage überhaupt beachtlich sein kann, bleibt dahingestellt.
Dem Fristverlängerungsbegehren der Klägerin war schon deshalb nicht nachzukommen, weil nach den Angaben der Klägerin der Vorgang betreffend ihre schon Jahre zurückliegende Strafanzeige im Archiv der Staatsanwaltschaft befindet, also abgeschlossen ist.
Ein zulässiger Wiederaufnahmegrund nach § 179 Abs. 2 SGG ist ebenso wenig schlüssig behauptet (strafgerichtliche Verurteilung eines Beteiligten, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat).
Weitere Wiederaufnahmegründe sind nicht ersichtlich bzw. sind nicht schlüssig behauptet worden.
Damit ist die Klage als unzulässig zu verwerfen (vgl zur entsprechenden Tenorierung etwa Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA Rz 27; vgl aber auch LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2020, L 3 AS 17/20 WA), unabhängig davon, ob die Klage aus weiteren Gründen unzulässig ist (vgl. etwa zur Verfristung Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA Rz 27).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, vgl. § 160 Abs. 2 SGG.


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