Steuerrecht

Steuerrechtliche Behandlung einer sogenannten „Break-Fee“

Aktenzeichen  5 K 490/15

Datum:
26.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2017, 291
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 2 Abs. 2, § 11 Abs. 1, § 17 Abs. 2, § 22 Nr. 3
BGB § 311 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2011 vom 12.08.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.03.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die vom Kläger vereinnahmte „Break Fee“ zutreffend als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung zugrunde gelegt.
1. § 22 Nr. 3 EStG erfasst entgeltliche Leistungen im Privatbereich, die keine (§§ 17, 20 Abs. 2 EStG oder § 23 EStG zugeordneten) Veräußerungen und auch nicht veräußerungsgleich sind (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG-Kommentar, 35. Aufl. 2016, § 22 Rz. 121 m.w.N.).
a) Die „Break Fee“ stellt keinen Veräußerungsgewinn des Klägers im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 EStG dar.
Weder steht die Zahlung durch G in Zusammenhang mit der tatsächlich erfolgten Veräußerung der Anteile an V noch hat G durch die Vereinbarung der „Exklusivität“ und die eingeräumte Kaufoption zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum an den zu veräußernden Anteilen der P erworben (vgl. dazu BFH, Urteile vom 25.08.1993 XI R 6/93, BStBl. II 1994, 23, vom 11.07.2006 VIII R 32/04, BStBl. II 2007, 296, vom 04.07.2007 VIII R 68/05, BStBl. II 2007, 937 und FG Düsseldorf, Urteil vom 06.12.2011 9 K 4360/09 E, EFG 2012, 150).
b) Die Zahlung der „Break Fee“ gehört auch nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, insbesondere stellt sie keine Stillhalterprämie im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG dar, die für die Einräumung einer Option vereinnahmt wird.
Voraussetzung hierfür wäre das Vorliegen eines Optionsgeschäftes als Sonderfall des Termingeschäftes. Optionsgeschäfte sind An- oder Verkaufsgeschäfte mit aufgeschobener Lieferzeit. Inhalt eines Optionsgeschäftes ist der Erwerb oder die Veräußerung des Rechts, eine bestimmte Menge eines Basiswertes (insbesondere Aktien, Indizes oder festverzinsliche Wertpapiere) jederzeit während der Laufzeit der Option zu einem im Voraus vereinbarten Preis (Basispreis) entweder vom Optionsgeber (Stillhalter) zu kaufen bzw. zu verkaufen oder stattdessen Auszahlung der Kursdiffe renz (Barausgleich) zu verlangen (vgl. Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG-Kommentar, § 20 Rz. 119, Buge in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG-Kommentar, 276. EL, § 20 EStG Rn. 401).
Das „Exclusivity Agreement“ sollte die Möglichkeit der weitergehenden due diligence bieten und G zugleich eine ausreichende Überlegensfrist einräumen. Damit einher ging die Verpflichtung der verkaufsbereiten Aktionäre der P, sich an das Angebot, die Aktien ggf. an G zu einem Preis von 19 € zu verkaufen, gebunden zu halten. Dadurch wurde aber lediglich die „exclusivity period“ abgesichert, um zu verhindern, dass die verkaufswilligen Anteilseigner nicht zwischenzeitlich mit anderen Kaufinteressenten weiter verhandeln oder ihre Anteile sogar an diese veräußern könnten.
Es handelte sich bei dem „Exclusivity Agreement“ daher nicht um ein Finanzinstrument/Wertpapiergeschäft entsprechend der oben dargestellten Grundsätze, bei dem der Optionsnehmer das Geschäft mit einem wettähnlichen Charakter abschließt in der Absicht, auf sinkende bzw. fallende Kurse des zugrunde liegenden Basiswertes zu setzen, hier des Kurses der Aktien der P, und aus Kursveränderungen Einnahmen zu erzielen.
Die „Break Fee“ stellt somit keine Stillhalterprämie im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG dar.
2. Die „Break Fee“ ist als sonstige Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung zu unterwerfen.
a) Eine (sonstige) Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine Gegenleistung auslöst (vgl. BFH, Urteile vom 21.09.2004 IX R 13/02, BStBl. II 2005, 44, vom 26.10.2004 IX R 53/02, BStBl. II 2005, 167, vom 25.02.2009 IX R 33/07, BFH/NV 2009, 1253, vom 24.04.2012 IX R 6/10, BStBl. II 2012, 581, vom 19.03.2013 IX R 65/10, BFH/NV 2013, 1085 und vom 14.04.2015 IX R 35/13, BStBl. II 2015, 795).
Allerdings führt nicht jede Einnahme, der eine Tätigkeit gegenübersteht, zu Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. die beispielhafte Aufzählung in H 22.8 EStHandbuch 2015). Die Vorschrift erfasst zur Ergänzung der übrigen Einkunftsarten das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit oder Vermögensnutzung; sie setzt dementsprechend die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften gemäß § 2 EStG voraus. Nicht erfasst werden danach Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich, durch die ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird. Dabei ist für die Abgrenzung im Einzelfall der wirtschaftliche Gehalt der zu Grunde liegenden Vereinbarung maßgebend. Entscheidend ist nicht, wie die Parteien diese Leistungen benannt, sondern was sie nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse wirklich gewollt und tatsächlich bewirkt haben (vgl. BFH, Urteile vom 29.05.2008 IX R 97/07, BFH/NV 2009, 9 und vom 24.08.2006 IX R 32/04, BStBl. II 2007, 44). Um eine nicht steuerbare Entschädigung für die Aufgabe eines Vermögenswertes im Bereich der Vermögensumschichtung handelt es sich demnach, wenn die wirtschaftliche Gesamtbeurteilung ergibt, dass der Vorgang dem Bild des Ausgleichs für eine Minderung des Vermögenswertes in seiner Substanz entspricht (vgl. BFH, Urteile vom 05.08.1976 VIII R 117/75, BStBl II 1977, 27, vom 21.11.1997 X R 124/94, BStBl II 1998, 133 und vom 14.09.1999 IX R 89/95, BFH/NV 2000, 423).
b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Hessische Finanzgericht eine in einem Grundstückskaufvertrag vereinbarte Bindungsentschädigung als steuerbare sonstige Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG angesehen (vgl. Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 27.01.2010 8 K 3585/06, a.a.O., rechtskräftig, NZB als unbegründet zurückgewiesen). Es hat dabei entscheidend darauf abgestellt, dass die Verkäufer der Klägerin/Käuferin die Möglichkeit verschafft hätten, die Rechtslage nach ihren eigenen wirtschaftlichen Bedürfnissen zu gestalten, was ein von der Veräußerung losgelöstes steuerbares „Tun“ sei. Durch das Herbeiführen einer Rechtslage sei der Vermögenswert „Grundstück“ weder veräußert noch in seiner Substanz gemindert worden. Außerdem sei die Bindungsentschädigung im Fall des späteren Eintritts der aufschiebenden Bedingung nicht auf den dann zahlbaren Kaufpreis anzurechnen gewesen. Der aufschiebend bedingte Kaufvertrag bzw. die Bindungsentschädigung sei daher einem Entgelt vergleichbar, dass zur Unterbreitung eines zeitlich begrenzt bindenden Kaufangebots abgegeben werde (zu dessen Steuerbarkeit vgl. BFH, Urteil vom 26.04.1977 VIII R 2/75, BStBl. II 1977, 631). Demgegenüber sei die Zahlung des Reuegelds im dem dem Urteil des BFH vom 24.08.2006 (IX R 32/04, a.a.O.) zugrundeliegenden Sachverhalt als Ausgleich für einen späteren Mindererlös erfolgt, welchen die Veräußerer im Fall des Rücktritts bei einer erneuten Veräußerung gewärtigen mussten, weil sie dann die für den Verkauf günstige Zeitspanne unmittelbar nach der Wiedervereinigung nicht mehr nutzen konnten.
c) Nach Auffassung des Senats weist der dem Urteil des Hessischen FG vom 27.01.2010 (8 K 3585/06, a.a.O.) zugrundeliegende Sachverhalt einen entscheidenden Unterschied zum vorliegenden Streitfall auf, als dort laufende monatliche Zahlungen ausdrücklich als Bindungsentschädigung vereinbart waren. Ebenso wenig ist das Urteil des BFH vom 24.08.2006 (IX R 32/04, a.a.O.) auf den Streitfall mangels Vergleichbarkeit anwendbar. Dort stand die Zahlung des Reuegeldes als bloße Folgevereinbarung im Zusammenhang mit einer Grundstücksveräußerung, die dem nichtsteuerbaren Vermögensbereich zuzuordnen war.
3. Bezogen auf den Streitfall gilt unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze Folgendes:
a) Eine „Break Fee“ lässt sich als die vertragliche Verpflichtung einer Verhandlungspartei definieren, einen vorher vereinbarten Geldbetrag zu zahlen, wenn sie die Vertragsverhandlungen später einseitig abbricht oder Abschluss oder Vollzug des Vertrages aus Gründen scheitern, die alleine diese Partei zu vertreten hat. Die Motive, die einer derartigen Vereinbarung zugrunde liegen sind regelmäßig pauschalierter Kosten- und Aufwendungsersatz, pauschalierter Schadenersatz sowie die Sicherung der Transaktion (vgl. Hilgard, Break-Up Fees beim Unternehmenskauf, BB 2008, 286, Gysi, Break-Fee-Vereinbarungen bei Unternehmsübernahmen, Jusletter (CH) 29.10.2007, Sieger/Hasselbach, Break-Fee-Vereinbarung bei Unternehmenskäufen, BB 2000, 625).
Der konkrete Inhalt der Vereinbarung bestimmt die Rechtsnatur der „Break-Fee“ und damit auch ihre steuerliche Einordnung.
b) Im Streitfall standen nach Auffassung des Senats sowohl Aspekte der Schadenspauschalierung, des Kosten- und Aufwendungsersatzes, aber vor allem die Sicherung der Transaktion und die Gewährung der Exklusivität gegenüber G im Vordergrund.
Vorliegend hat G sich ausdrücklich das Recht vorbehalten, zu prüfen, ob nach Ablauf der sog. „exclusivity period“ ein Kaufangebot zum vereinbarten Preis von 19 € pro Aktie abgegeben werden solle. Im Falle, dass – wie tatsächlich geschehen – kein Angebot abgegeben werde, war zwar nicht vollständig auszuschließen, dass Schadenersatzansprüche, etwa durch unberechtigten Know-How-Transfer, entstehen könnten, das war aber eher unwahrscheinlich (vgl. zur Haftung aus cic auch Hilgard, BB 2008, 286, 288 sowie allgemein Feldmann/Löwisch, in: Staudinger, BGB-Kommentar, 2012, § 311 Rn. 140). Der Aspekt der Schadenpauschalierung gab der Vereinbarung daher nach Ansicht des Senats nicht das Gepräge.
Ebenso ist der Ausgleich für durch die erweiterte due diligence entstandene Aufwendungen nicht zentral für das Versprechen der „Break Fee“ gewesen. Die Annahme, dass eine „Break-Fee“ eine Schadens- oder Kostenpauschale darstellt, setzt voraus, dass die Parteien erkennbar die voraussichtlich anfallenden Kosten geschätzt und dieser Schätzung der Bemessung der „Break-Fee“ erkennbar zugrunde gelegt haben (vgl. Sieger/Hasselbach, a.a.O., BB 2000, 625, 627 m.w.N.). Nachdem das vorliegend nicht der Fall ist und auch weder vorgetragen ist noch nach Aktenlage davon ausgegangen werden kann, dass geschätzte Kosten in einer Größenordnung von 3,5 Mio. € angefallen sind, ist die Kosten- oder Schadenpauschalierung nicht als zentrales Element der „Break Fee“-Vereinbarung anzusehen.
Die „Break-Fee“ stellte beim vorliegenden Verkaufsverfahren, bei dem mehrere Käufer für ein Unternehmen boten, im Wesentlichen die Gegenleistung für die Einräumung der Exklusivität durch die P bzw. deren verkaufsbereite Aktionäre dar.
Die „Break-Fee“ wurde vom potentiellen Käufer (= G) versprochen und im Verlauf der Verhandlungen deshalb deutlich um eine 1 Mio. € erhöht, um die verkaufswilligen Aktionäre dazu zu bewegen, der erweiterten due diligence mit den damit einhergehenden Risiken sowie einer Phase der Exklusivität zuzustimmen und außerdem dem Käufer die Möglichkeit einzuräumen, zu einem vorher festgelegten Preis die Aktien der P erwerben zu können, ohne dass andere Anbieter zum Zuge kommen konnten (zur Bedeutung der Exklusivität bei Vertragsverhandlungen vgl. auch Hilgard, BB 2008, 286 f., 290). Es ist davon auszugehen, dass G ohne die eingeräumte Exklusivität die Verhandlungen bzw. die due diligence nicht fortgesetzt hätte und auch umgekehrt, dass die Anleger ohne die „Break Fee“ der „exclusivity period“ nicht zugestimmt hätten. Es handelte sich sozusagen um eine „Enthaltsamkeitsvergütung“, die dem Entgelt für die Einräumung eines Vorkaufsrechts vergleichbar ist (vgl. dazu BFH, Urteil vom 10.08.1994 X R 42/91, BStBl. II 1995, 57).
Nach alledem erfüllt die Zahlung der „Break Fee“ alle Merkmale einer sonstigen Leistung im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG.
c) Die „Break Fee“ ist in voller Höhe der Besteuerung zu unterwerfen. Werbungskosten sind nicht in Ansatz zu bringen.
Der Kläger hat seine Aufwendungen für die Tätigkeit von X in Höhe von 104.164,94 € (vgl. Rechnung vom 28.10.2011) sowie Y in Höhe von 4.914,05 € (vgl. Rechnung vom 25.10.2011) als Veräußerungskosten im Rahmen von § 17 EStG im Zusammen hang mit der Veräußerung seiner Anteile an V geltend gemacht. Der Senat hält diese Zuordnung für zutreffend.
X hat nach den Angaben des Klägers das Bieterverfahren als solches begleitet, war aber nicht unmittelbar in die Verhandlungen mit G eingebunden, die zum Abschluss des „Exclusivity Agreements“ geführt haben. Bezüglich Y besteht die größere Sachnähe ebenfalls zum tatsächlich erfolgten Verkauf an V und nicht zu den Verhandlungen mit G. Insbesondere enthält die Rechnung vom 25.10.2011 nur Gesamtpositionen, die anteilig vom Kläger zu begleichen waren. Eine Aufteilung auf das Bieterverfahren allgemein, den Verkauf an V und die Verhandlungen mit G erfolgte nicht.
d) Der Beklagte hat die „Break Fee“ zutreffend in Höhe von 161.266 € als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung zugrunde gelegt.
4. Die Klage ist daher abzuweisen.
II. Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe vorliegt. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Basis der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, weil sie unterlegen sind (§ 135 Abs. 1 FGO).

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