Steuerrecht

Streit um Betriebsprämie, hier: Selbstbewirtschaftung, Abgrenzung baumschulähnliche zu landwirtschaftlicher Nutzung

Aktenzeichen  W 8 K 16.367

Datum:
15.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 10824
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
MOG § 10 Abs. 1
VO (EG) Nr. 73/2009 Art. 2 lit. c, lit. h, Art. 6, Art. 34 Abs. 1, Abs. 2, Art. 35 Abs. 1
VO (EG) Nr. 1122/2009 Art. 34 Abs. 4
Direktzahlungen-Verpflichtungengesetz § 2 Abs. 1 Nr. 3
Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung § 4
VwGO § 42 Abs. 1 Alt. 1, § 113 Abs. 1 S. 4
BayVwVfG Art. 48

 

Leitsatz

1. Ein „Zurverfügungstehen“ (auch Selbstbewirtschaftung genannt) ist dann anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber an dem Stichtag das wirtschaftliche Risiko für die Antragsflächen trägt, so dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen für ihn erfolgt und keinem anderen Landwirt oder Dritten zugerechnet wird. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einem Beteiligten stehen als Betriebsinhaber Flächen zur Verfügung, wenn nachweislich bei ihm der Schwerpunkt der Selbstbewirtschaftung liegt, er ferner weisungsbefugt ist und auch das unternehmerische Risiko zu tragen hat; eine Zuständigkeitsbescheinigung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft kann dies nicht entkräften. (Rn. 37 – 45) (redaktioneller Leitsatz)
3. Besteht ein landwirtschaftlicher Bezug der Flächen nicht (mehr) und erfolgt eine Einordnung der Fläche als wald- bzw. baumschulähnlich, so dass auch unter den Bäumen keine landwirtschaftliche Nutzung erfolgt, ist die Fläche zutreffend als nicht-landwirtschaftlich genutzte Flächen eingeordnet mit der Folge der zutreffenden Versagung der Direktzahlung.  (Rn. 54 und 57) (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Nr. 1 des Bescheides des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt vom 21. Juli 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Staatlichen Führungsakademie vom 3. März 2016 wird aufgehoben, soweit die Rückforderung der im Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt vom 19. November 2010 gewährten Direktzahlung (28.030,35 EUR) einen Betrag in Höhe von 27.355,31 EUR übersteigt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage ist teilweise zulässig und teilweise begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
1.
Die Klage ist zulässig, soweit der Kläger im Rahmen der nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaften Anfechtungsklage, die Aufhebung der Nummern 1, 2, 4 und 5 des Bescheids des AELF vom 21. Juli 2014 in der Form des Widerspruchsbescheids der FüAk vom 3. März 2016 begehrt.
Unzulässig ist die Klage jedoch, soweit der Kläger im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage bzgl. Nr. 3 des Bescheids vom 21. Juli 2014 (Verhängung von Sanktionen für die Jahre 2009, 2010 und 2011 und Verrechnung mit Auszahlungen in den folgenden drei Jahren) die Feststellung der Rechtswidrigkeit begehrt. Die verhängten Mehrjahressanktionen haben sich erledigt. Die Mehrjahrsanktionen entfalten keine Wirkungen mehr, da es im Jahr 2013 zu einem Wechsel des Betriebsinhabers kam. Infolgedessen konnten die Mehrjahressanktionen nicht mit möglichen Zuwendungen des Klägers in den Folgejahren verrechnet werden. Auch die Mehrjahressanktion, die im Bescheid vom 22. August 2013 berücksichtigt wurde, entfaltet keine Wirkungen mehr, da dieser Bescheid inzwischen bestandskräftig wurde.
Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist jedoch nicht gegeben. Ein besonderes Feststellungsinteresse ist dann anzunehmen, wenn der Kläger trotz Erledigung des angegriffenen Verwaltungsaktes noch ein nachvollziehbares Interesse an der Frage hat, ob der Verwaltungsakt ursprünglich rechtmäßig war. Das Urteil muss geeignet sein, die Position des Klägers zu verbessern. Ein solch besonderes Feststellungsinteresse kann grundsätzlich im Falle der konkreten Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses, der Klärung der Rechtswidrigkeit beim beabsichtigten Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess oder des tiefgreifenden Grundrechtseingriffes bestehen (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 268 f.). Soweit der Kläger vorträgt, das besondere Feststellungsinteresse liege in der Möglichkeit einen Antrag auf Aufhebung des Bescheids vom 22. August 2013 nach Art. 48 BayVwVfG zu stellen, erfüllt dies keine der vorgenannten Fallgruppen und stellt auch unabhängig davon kein besonderes Interesse dar. Würde allein die Möglichkeit des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 48 BayVwVfG für die Annahme eines besonderen Feststellungsinteresses ausreichen, würde dies dazu führen, dass fast immer ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegen würde. Das besondere Feststellungsinteresse hätte dann entgegen des gesetzgeberischen Willens keine Bedeutung mehr.
2.
Die Klage ist zum geringen Teil begründet, soweit die Rücknahme der Gewährung von Direktzahlungen in Nr. 1 des Bescheids vom 21. Juli 2014 teilweise rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.1
Nr. 1 des Bescheides des AELF Sch. vom 21. Juli 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der FüAk vom 3. März 2016 war aufzuheben, soweit die Rücknahme der Gewährung der Zuwendungen für die Jahre 2010 und 2011 auf der Annahme der Fremdbewirtschaftung durch die M. GbR beruht.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme einer rechtswidrigen Bewilligung von Betriebsprämien ist § 10 Abs. 1 Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG), da Betriebsprämien gemäß §§ 1 Abs. 1a, 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG unter den Anwendungsbereich dieser Regelung fallen (vgl. VG Hannover, U.v. 24.8.2011 – 11 A 3274/09 – juris; VG Augsburg, U.v. 31.7.2018 – Au 8 K 17.1728 – juris Rn. 19). Nach § 10 Abs. 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in bestimmten Fällen, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen.
Voraussetzung der Rücknahme ist zunächst das Vorhandensein eines rechtswidrigen Bescheids. Die von der Beklagtenseite zurückgenommenen Bescheide sind aber nicht in vollem Umfang rechtswidrig, da der Kläger teilweise einen Anspruch auf die Gewährung von Direktzahlungen hat.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Direktzahlungen für die streitgegenständlichen Jahre 2009, 2010 und 2011 ist Art. 34 Abs. 1, Art. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (Geltungszeitraum: 1.1.2009 bis 31.12.2014; im Folgenden: VO (EG) Nr. 73/2009) i.V.m. Art. 74 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates. Danach wird eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge. Nach Art. 35 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Diese Parzellen müssen außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Ein „Zurverfügungstehen“ (auch Selbstbewirtschaftung genannt) ist dann anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber an dem Stichtag das wirtschaftliche Risiko für die Antragsflächen trägt, so dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen für ihn erfolgt und keinem anderen Landwirt oder Dritten zugerechnet wird. Dies ist anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber in der Lage ist, bei der Nutzung der Fläche eine gewisse Entscheidungsbefugnis auszuüben und die Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten in seinen Namen und für seine Rechnung erfolgt. Soweit der Betriebsinhaber Dritte mit der Erledigung einzelner Aufgaben beauftragt, muss er diesen gegenüber weisungsbefugt sein. Ist dies nicht der Fall, ist eine Zuordnung dieser Flächen zum Betrieb eines Landwirts nicht möglich (vgl. EuGH, U.v. 14.10.2010 – C-61/09 – juris; OVG Lüneburg, U.v. 23.5.2013 – 10 LB 138/10 – juris; VG München, U.v. 16.7.2015 – M 12 K 14.483 – juris; BayVGH, U.v. 16.4.2013 – 21B 12.1307 – juris Rn. 24 f.). Dabei kommt es auf die rechtliche Grundlage für die Nutzung nicht an. Art. 35 VO (EG) Nr. 73/2009 wie auch andere Regelungen dieser Verordnung verlangen keine bestimmte Form der rechtlichen Beziehung des Betriebsinhabers zu den Flächen. Er kann Eigentümer, Pächter oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigt sein. Bei mehreren Nutzern ist einzelfallbezogen danach zu fragen, wer auf eigenes Risiko und selbstständig die Fläche überhaupt bzw. überwiegend gesät, sonst gepflegt und „geerntet“ hat (vgl. EuGH, U.v. 14.10.2010 – C-61/09 – EuZW 2011, 58 und juris; VG Oldenburg, U.v. 21.9.2017 – 12 A 3046/15- juris Rn. 31- 34 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung der oben aufgezeigten Vorgaben kommt das Gericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung mit der Zeugeneinvernahme im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 108 VwGO) zu der Überzeugung, dass der Kläger in den Förderjahren 2010 und 2011 als Betriebsinhaber die Feldstücke selbst bewirtschaftete und nicht die M. GbR. Die Angaben des Klägers und des Zeugen M. stimmen in den wesentlichen Punkten überein. Die Angaben sind stimmig und in sich schlüssig und ergeben ein widerspruchsfreies Gesamtbild, auch wenn die Angaben nicht durch aussagekräftige Unterlagen belegt werden konnten. Der Zeuge M. hat in der Verhandlung nach Überzeugung des Gerichts einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und glaubhafte Aussagen getätigt. Der Zeuge räumte ehrlich ein, wenn er sich an manche Tatsachen nicht mehr (im Detail) erinnern konnte. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge aus „Gefälligkeit“ mit dem Kläger abgesprochene Aussagen getätigt hätte, konnte das Gericht nicht erkennen.
Demnach standen dem Kläger als Betriebsinhaber die entsprechenden streitgegenständlichen Flächen zur Verfügung und nicht der M. GbR. Obwohl der Zeuge M. einen Großteil der zu erledigenden Aufgaben übernommen hatte, lag der Schwerpunkt der Selbstbewirtschaftung bei dem Kläger. Aus keinen der vom Zeugen M. getätigten Aussagen ließ sich entnehmen, dass der Zeuge M. davon ausging, dass er unabhängig vom Kläger mit den streitgegenständlichen Flächen nach seinem eigenen Willen hätte verfahren können. Der Zeuge vermittelte den Eindruck, dass die Weisungsbefugnis und auch das unternehmerische Risiko auch aus seiner Sicht stets bei dem Kläger lagen. Insbesondere sprechen für eine Selbstbewirtschaftung durch den Kläger bzw. für ein Zurverfügungstehen die Aussagen des Zeugen M. in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2018, wonach unter anderem zu Beginn des Jahres mit dem Kläger besprochen werde, was angebaut werde und in welchem Umfang. Die entsprechenden Arbeiten würden vom Kläger in Auftrag gegeben. M. bekomme die Weisung vom Kläger, was angebaut werde, da es ja seines sei. Ein Teil der Ernte werde als Saatgut verwendet. Das werde am Ende insgesamt abgerechnet. Die Menge, die auf den Feldern ausgebracht werde, werde aufgeschrieben. Die Belege könne er dem Gericht vorlegen. Den Belegen sei zu entnehmen, was auf die Flächen des Klägers falle. Zum Beispiel betrage auf einer Fläche die Ernte 60 Doppelzentner Weizen. Davon nehme M. seinen Aufwand weg, etwa 56 Doppelzentner. Den Rest bekomme der Kläger. Das werde nach dem aktuellen Marktpreis abgerechnet. Er halte auch fest, welche Geräte er wie lange einsetze. Bei dem Aufwand sei sein eigener Stundenlohn sowie der Stundenlohn seiner Leute dabei. Für die Flächen werde ein separater Nährstoffvergleich im Auftrag vom Kläger erstellt. Der Nährstoffvergleich sei bei ihm dokumentiert. Das Risiko liege beim Kläger. Das müsse ausgeglichen werden, etwa dass im nächsten Jahr mehr davon genommen werde. Den Nährstoffvergleich von 2012 für das Jahr 2011 gebe es. Auch Pflanzenschutzaufzeichnungen habe er seit Beginn. Es gebe eine Besprechung mit dem Kläger vor der Ernte. Denn M. müsse wissen, was nachher mit der Fläche geschehen solle und ob der Kläger Stroh brauche. Der Dünger erscheine bei ihm als Aufwand. Lohnarbeit und Maschinenmiete würden ebenso bei M. als Aufwand erscheinen. Einen weiteren Rechnungsposten bezogen auf den Kläger habe er nicht.
Die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen sind zwar nicht für sich geeignet, überzeugend die Aussagen des Klägers und des Zeugen M. zu belegen, jedoch können den Unterlagen auch keine Anhaltspunkte entnommen werden, dass die Aussagen des Klägers und des Zeugen M. nicht der Wahrheit entsprechen.
Den vorgelegten Schlagkarten können keine Anhaltspunkte weder für noch gegen eine Selbstbewirtschaftung entnommen werden, da abgesehen von der Bezeichnung des Feldstücks keine Angaben enthalten sind, die geeignet wären einen Bezug zum Kläger herzustellen etwa wie dessen Namensnennung. Genauso verhält es sich mit den vorgelegten Nährstoffvergleichen, die weder einen Adressaten benennen, noch eine genaue Bezeichnung der Flächen enthalten. Auch der Bodenuntersuchungsbefund und die Hagelversicherung aus dem Jahr 2013 sind nicht an den Kläger, sondern an G. M., den Vater des Zeugen C. M., adressiert. Diesbezüglich hat der Zeuge C. M. jedoch nicht vorgetragen, dass die vorhandenen Unterlagen auf den Kläger ausgestellt worden seien, nur, dass es separate Unterlagen gebe. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2018 zur Hagelversicherung glaubhaft ausgeführt, dass diese ein Teil der Bezahlung gewesen sei.
Auch wenn – wie beklagtenseits vorgetragen – die Angaben in den Nährstoffvergleichen nicht mit den Schlagkarteien korrespondieren und bei der Hagelversicherung eine Differenzierung und Abrechnung, welcher Teil der Versicherungssumme auf die Feldstücke entfalle, nicht möglich ist, kann hieraus allenfalls der Schluss einer unzureichenden bzw. fehlerhaften Dokumentation gezogen werden, aber keine eindeutigen Schlüsse auf das wirtschaftliche Risiko oder die Weisungsbefugnis. Der Kläger ist auch frei darin, im Wege einer überschlägigen Schätzung zu bestimmen, welche Gegenleistung in welcher Art der Zeuge C. M. für seine Tätigkeiten vom Kläger erhält. Denn die Prüfung der Selbstbewirtschaftung umfasst nicht zugleich die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und ordnungsgemäße Geschäftsführung durch einen Betriebsinhaber.
Zudem bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger nicht mehr die Verfügungsgewalt über die Flächen innehatte. Vielmehr hätte er nach dem Gesamteindruck aus seinem Vortrag und dem des Klägers, jederzeit die Möglichkeit gehabt, dem Zeugen den Auftrag zu entziehen und selbst für die weitere Verwertung zu sorgen.
Ebenso wenig ist weder die von der Klägerseite vorgelegte Zuständigkeitsbescheinigung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vom 4. April 2018 noch die Bescheinigung der landwirtschaftlichen Alterskasse vom 4. April 2018 geeignet, den Nachweis für oder gegen eine Selbstbewirtschaftung zu erbringen. Denn diese Bescheinigungen enthalten keine Angaben, welche konkreten Flächen erfasst sind. Auch der sinngemäße Vortrag der Klägerbevollmächtigten, der Nachweis der Selbstbewirtschaftung sei erbracht, da der Kläger die beantragten Flächen bei seiner zuständigen Berufsgenossenschaft versichert habe, überzeugt nicht, da der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2018 angab, dass die Angabe der Flächen bis 2012 für die Versicherung der Berufsgenossenschaft nicht relevant gewesen sei. Wenn die Flächen nicht anzugeben waren, kann aus der bloßen Versicherung bei der Berufsgenossenschaft kein Rückschluss auf die Selbstbewirtschaftung gezogen werden, denn es kommt nicht darauf an, dass der Kläger irgendwelche Flächen bewirtschaftet hat, sondern die konkret beantragten Flächen.
Auch der von der Klägerseite vorgelegten Broschüre – Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland Ausgabe 2015 – können keine für den konkreten Fall verwertbare Aussagen entnommen werde. Zum einen betrifft die Broschüre nicht die streitgegenständlichen Jahre und zum anderen enthält sie keine Aussagen, welche bestimmten Nachweise möglich oder nicht möglich sind.
Nachdem, wie bereits erwähnt, die Unterlagen weder für noch gegen eine Selbstbewirtschaftung für den Kläger sprechen, war maßgeblich als Nachweis auf die insgesamt glaubhafte Zeugeneinvernahme, aus der sich die Selbstbewirtschaftung des Klägers ergibt, abzustellen. Hinzukommt als wesentliches Indiz für eine Selbstbewirtschaftung schließlich, dass allein der Kläger und nicht der Zeuge M. die Gewährung von Direktzahlungen beantragte. Wäre der Zeuge M. davon ausgegangen, dass er allein die Feldstücke bewirtschaftete, hätte er die Direktzahlungen selbst beantragt. Zudem dürfen die Anforderungen an den Nachweis auch nicht zu hoch sein, wenn kein Fall der Doppelbeantragung vorliegt.
2.2 Dagegen ist die Rücknahme der gewährten Direktzahlungen für die Jahre 2009, 2010 und 2011, soweit sie auf der Beantragung von nicht-landwirtschaftlichen Flächen beruht, nicht zu beanstanden.
Nach Art. 34 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wird eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche gewährt. Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Ausdruck „beihilfefähige Hektarfläche” jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb (KN-Code ex 0602 90 41), die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird (Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 73/2009). Außer im Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen Hektarflächen den Beihilfebedingungen jederzeit während des Kalenderjahres entsprechen (Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 3 VO (EG) Nr. 73/2009). Landwirtschaftliche Fläche ist jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland oder mit Dauerkulturen genutzt wird (Art. 2 Buchst. h VO (EG) Nr. 73/2009). Landwirtschaftliche Tätigkeit bezeichnet die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren und Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke, oder die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand nach Art. 6 (Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 73/2009).
Die Anforderungen, die dabei konkret an „Ackerland aus der Erzeugung genommen“ zu stellen sind, ergeben sich aus Art. 2 Buchst. c, h VO (EG) Nr. 73/2009, Art. 6 VO (EG) Nr. 73/2009, § 2 Abs. 1 Nr. 3 Direktzahlungen-Verpflichtungengesetz i.V.m. § 4 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Direktzahlungen-Verpflichtungengesetz (sowohl in der Fassung vom 20.6.2009 bis 16.4.2010 als auch in der Fassung vom 18.4.2010 bis 31.12.2014) hat ein Betriebsinhaber sein von ihm unbefristet oder befristet aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommenes Ackerland oder Dauergrünland nach Maßgabe einer Rechtsverordnung durch geeignete Maßnahmen so zu erhalten, dass eine landwirtschaftliche Nutzung auch künftig möglich ist, die Landschaft gepflegt und der ökologische Zustand nicht beeinträchtigt wird. Nach § 4 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung (gültig vom 1.1.2012 bis 31.12.2014) ist eine Ackerfläche, die befristet oder unbefristet aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen worden ist, der Selbstbegrünung zu überlassen oder durch eine gezielte Ansaat zu begrünen. Auf einer Acker- oder einer Dauergrünlandfläche, die befristet oder unbefristet aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen worden ist, ist mindestens einmal jährlich der Aufwuchs zu zerkleinern und ganzflächig zu verteilen oder der Aufwuchs zu mähen und das Mähgut abzufahren. Ähnliche Vorgaben enthalten auch die vorausgehenden Fassungen des § 4 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung, mit der Ausnahme, dass es genügt, wenn der Aufwuchs alle zwei Jahre gemäht und das Mähgut abgefahren wird.
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben und von den nachvollziehbaren Feststellungen der Vertreter des Beklagten bei der Vor-Ort-Kontrolle am 30. Juli 2012, ist das Gericht der Auffassung, dass die vom Kläger als „Ackerland aus der Erzeugung genommen“ (NC 591) beantragten Flächen nicht als beihilfefähige Flächen anzusehen sind. Diese Beurteilung konnte auch nicht durch die Ausführungen des Klägers, der grundsätzlich nach § 11 MOG auch nach Empfang eines rechtlich erheblichen Vorteils die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung trägt, und den von ihm vorgelegten Gutachten erschüttert bzw. widerlegt werden.
Der Behörde kommt bei der Beurteilung, ob eine beihilfefähige Fläche vorliegt, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Wegen der Annahme eines Beurteilungsspielraums ist die gerichtliche Überprüfung der behördlichen (Tatsachen-)Entscheidung, ob es sich bei den konkret bezeichneten Flächen um beihilfefähige handelt oder nicht, nur noch eingeschränkt möglich. Ein Rechtsverstoß liegt nur vor, wenn die Behörde Verfahrensfehler begangen hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, anzuwendendes Recht verkannt hat, bei seiner Anwendung allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt hat oder sich von sachfremden Erwägungen leiten ließ (VG Karlsruhe, U. v. 20.1.2011 – 2 K 11/10 – juris Rn. 54 m.w.N.; VG Meiningen, U. v. 14.7.2016 – 2 K 515/12 Me – juris Rn. 29). Solche Fehler sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, insbesondere hat das Gericht keine Zweifel, dass das eingesetzte Personal für diese Beurteilung geeignet war. Eine positive Feststellung des Vorliegens der Waldeigenschaft oder einer Baumschule durch den Bereich Forsten bzw. Gartenbau war nach den gesetzlichen Vorgaben nicht erforderlich.
Folglich sind die Feststellungen der Beklagtenvertreter bei der Vor-Ort-Kontrolle am 30. Juli 2012 maßgebend. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagtenseite wurde auf den Feldstücken Nr. 1, 3, 4, 5, 7, 8, 10 am 27. Juli 2012 im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle ein baumschulähnlicher Bestand, mit gruppenweise zum Teil schon höheren Bäumen, 10 – 15 Meter hoch, verschiedene Baumsorten in Reihen gepflanzt mit Freistellen, vorgefunden, die den Gesamteindruck eines waldähnlichen Erscheinungsbildes ergaben (Bl. 74 der Behördenakte). Dieser Gesamteindruck bestätigt sich auch durch die in der Behördenakte vorhandenen Lichtbilder.
Aufgrund dieser Feststellungen hat die Beklagtenseite die vom Kläger beantragten Feldstücke zutreffend als nicht-landwirtschaftliche Flächen und somit als nicht beihilfefähige Flächen eingeordnet. Denn ein landwirtschaftlicher Bezug, der auch für aus der Erzeugung genommenes Ackerland gefordert wird, war bei den Flächen aufgrund der beanstandungsfreien Feststellungen der Behördenvertreter nicht mehr erkennbar. Insbesondere spricht auch gegen einen landwirtschaftlichen Charakter der betroffenen Flächen, dass eine Rücküberführung in die landwirtschaftliche Nutzung nicht ohne Weiteres erfolgen könnte. Allein die Entfernung der Bäume wäre mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Zudem fordert § 4 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung (gültig vom 1.1.2012 bis 31.12.2014) als Maßnahmen zur Erhaltung des landwirtschaftlichen Charakters für eine Ackerfläche, die befristet oder unbefristet aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen worden ist, diese der Selbstbegrünung zu überlassen oder durch eine gezielte Ansaat zu begrünen und den Aufwuchs entweder zu zerkleinern und ganzflächig zu verteilen oder den Aufwuchs zu mähen und das Mähgut abzufahren. Bäume, die vorliegend den prägenden Charakter der Flächen ausmachten und noch machen, sind jedoch nicht das Ergebnis einer Selbstbegrünung, wie ihre enge Anordnung zeigt, noch das Ergebnis einer Ansaat von Pflanzen, deren Aufwuchs geeignet wäre, gemäht oder zerkleinert zu werden.
Außerdem wurde von der Beklagtenseite festgestellt, dass die bei aus der Erzeugung genommenen landwirtschaftlichen Flächen erforderliche Mindestpflege zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle am 30. Juli 2012 nicht vorgenommen worden war, da die Flächen über Jahre nicht gepflegt, weder jährlich gemulcht noch gemäht und abgefahren worden waren (vgl. Bl. 29 der Behördenakte). Dies bestätigt auch der von der Klägerseite in Auftrag gegebene Prüfbericht über die Flächennutzung durch das Sachverständigenbüro D. vom 21. Juli 2010, wonach eine Flächenpflege nicht festgestellt werden konnte.
Aufgrund dieser Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben war letztlich irrelevant, ob ein Wald oder eine Baumschule vorlag. Für die Beklagtenvertreter war bei ihren Feststellungen bei der Vor-Ort-Kontrolle am 30. Juli 2012 auch nicht die Einordnung als Wald oder Baumschule maßgeblich, vielmehr verwendete sie die Umschreibungen von wald- bzw. baumschulähnlich, um zu verdeutlichen, dass kein landwirtschaftlicher Bezug der Flächen mehr bestand. Daher waren die Ausführungen in den Klageerwiderungen zur Waldeigenschaft nicht entscheidend.
Ebenso wenig ist auch das klägerische Vorbringen bezüglich der Einordnung der vorgefundenen Bepflanzung als Baumschule geeignet das Vorhandensein einer aus der Erzeugung genommene Ackerfläche positiv oder negativ zu begründen. Unabhängig hiervon können die Angaben des Klägers zur Baumschule aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit nicht überzeugen. Zunächst hat der Kläger noch ausdrücklich das Vorliegen einer Baumschule verneint (vgl. Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 29. April 2017), wohingegen er dann im späteren Verlauf des Klageverfahrens sich doch auf das Vorhandensein einer Baumschule berufen hat. Außerdem wurde im Prüfbericht des Sachverständigenbüros R. D. vom 21. Juli 2010 zur Frage der baumschulerischen Nutzung, in Auftrag gegeben von der Mutter des Klägers, im Ergebnis festgestellt, dass die Flächen derzeit einen waldähnlichen Bestand hatten und auf keiner der Flächen ein Baumschulbetrieb stattfand. Dies wurde auch insoweit durch die an das Finanzamt adressierte Stellungnahme des Bereichs Gartenbau AELF K. vom 13. Mai 2011 bestätigt, wonach aus fachlicher Sicht keine Baumschulnutzung vorlag.
Auch die vom Kläger in Auftrag gegebene Gutachtliche Stellungnahme des Sachverständigen S. vom 26. Januar 2018 führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese Gutachterliche Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass die Flächen mit den Anpflanzungen laut Waldgesetzen Gehölzanpflanzungen sonstiger Art in der freien Landschaft sind und die Anpflanzungen aus komplexen ökologischen Gründen sowie der nicht gegebenen forstwirtschaftlichen Nachhaltigkeit nicht als Wald deklariert werden können. Hiermit wird jedoch nur eine negative Aussage dazu getroffen, dass die Gehölzanpflanzungen kein Wald sind, aber eine positive Aussage dahingehend, dass es sich bei den Flächen um aus der Erzeugung genommene Ackerflächen handelt, die noch einen landwirtschaftlichen Charakter haben, und die Mindestpflegeanforderungen in dem Jahr 2012 und den Jahren davor eingehalten wurden, kann dieser Stellungnahme nicht entnommenen werden.
Des Weiteren liegen auch die Voraussetzungen des Art. 34 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1122/2009 im Falle des Klägers nicht vor. Nach dieser Regelung gilt unbeschadet der Bestimmungen des Art. 34 Abs. 2 VO (EG) Nr. 73/2009 eine mit Bäumen bestandene Parzelle als landwirtschaftliche Parzelle im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, sofern die landwirtschaftlichen Tätigkeiten bzw. die beabsichtigten Kulturen unter vergleichbaren Bedingungen wie bei nicht baumbestandenen Parzellen in demselben Gebiet möglich sind. Laut den nachvollziehbaren Angaben der Beklagtenseite konnte aber keine landwirtschaftliche Nutzung zwischen bzw. unter den Bäumen vorgenommen worden. Dies bestätigt sich auch durch die bei der Kontrolle im Juli 2012 gemachten Lichtbilder. Auf diesen Lichtbildern kann auch ein Laie eine derart dichte Bepflanzung erkennen, infolge derer eine landwirtschaftliche Nutzung in den Lücken kaum vorstellbar ist.
Der weitere Einwand des Klägers, er habe mit der Bepflanzung der Bäume den guten ökologischen Zustand erhalten, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn von Art. 2 Buchst. c Alt. 2 VO (EG) Nr. 73/2009 wird für das Vorliegen einer landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht nur die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gefordert, sondern über die Verweisungen auf § 4 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung ohne Ausnahme die Einhaltung von Mindestpflegeanforderungen in Form eines regelmäßigen Mulchens oder Abmähens. Dass letztlich der langjährige Gehölzanbau der Bodenverbesserung dient, wird auch von der Beklagtenseite nicht beanstandet, jedoch gewähren die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des „Ob“s der Vornahme der Mindestpflegeanforderungen dem Kläger keinen Beurteilungsspielraum. Auch soweit in der Gutachterlichen Stellungnahme zum guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Gehölzanpflanzungen der B. Bodenkunde vom 29. Mai 2018 ausgeführt wird, dass durch differierende Bestandsstruktur der in Reihen stehenden Gehölze und die daraus resultierende Wuchsdynamik zusätzlich eine Vielzahl von Lebensräumen geschaffen wurden und der Erhalt dieser neuen Lebensräume sowie die landschaftspflegerische Instandhaltung der Flächen auch ohne eine Mulchung gewährleistet sein dürfte, befreit auch dies den Kläger nicht von der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.
Ergänzend ist noch auszuführen, dass aufgrund des großen zeitlichen Abstands von mehr als fünf Jahren zur Vor-Ort-Kontrolle am 30. Juli 2012 weder der Gutachterlichen Stellungnahme zum guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Gehölzanpflanzungen der B. Bodenkunde vom 29. Mai 2018 noch der Gutachtlichen Stellungnahme des Sachverständigen S. vom 26. Januar 2018 Aussagen zu dem damals vorgefundenen Zustand entnommen werden können. Denn durch die ständige natürliche Weiterentwicklung der Vegetation kann der konkrete Zustand im Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle nicht – auch nicht durch mehr als 5 Jahre später erstellte sachverständige Stellungnahmen oder durch Einnahme eines Augenscheins – rekonstruiert werden (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 20.01.2011, 2 K 11/10, juris, Rn. 54; VG Meiningen U. v. 14.7.2016 – 2 K 515/12 Me – juris Rn. 29; VG Augsburg, U.v. 31.7.2018 – Au 8 K 17.1728 – juris Rn. 45).
Schließlich kann sich der Kläger auch nicht in Bezug auf die nicht-landwirtschaftlichen Flächen auf Vertrauensgesichtspunkte berufen. Der Vertrauensschutz bestimmt sich abschließend nach Gemeinschaftsrecht, insb. Art. 73 ff. VO (EG) Nr. 1122/2009. Mögliche Irrtümer, die dem Verantwortungsbereich der Behörde zuzurechnen sind (vgl. Art. 80 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1122/2009; so auch Art. 73 VO (EG) Nr. 796/2004), wie etwa eine Falschberatung wurden vom Kläger nicht überzeugend dargelegt. Unabhängig davon, ob die Beklagtenvertreter tatsächlich gegenüber dem Kläger im Rahmen der Stilllegung mitteilten, dass keine Marktfrüchte angebaut werden dürften und der Aufwuchs nicht genutzt werden dürfe, kann diese einen Irrtum der Behörde nicht begründen. Denn diese vermeintlichen Aussagen sind inhaltlich nicht mit den behördlichen Beanstandungen identisch noch vergleichbar. Aus der Aussage, dass Marktfrüchte nicht angebaut werden, konnte der Kläger nicht darauf schließen, dass die dann von ihm gewählten Anpflanzungen nicht zum Verlust des landwirtschaftlichen Charakters der Flächen führen. Auch, dass der Aufwuchs nicht genutzt werden durfte, bedeutet nicht, dass der Kläger von der Einhaltung der Mindestpflegeanforderungen wie Mähen oder Mulchen befreit gewesen wäre.
Nach alldem hat die Beklagtenseite die Flächen zutreffend als nicht-landwirtschaftlich genutzte Flächen eingeordnet und die Direktzahlungen entsprechend gekürzt.
2.3
Soweit die Klage hinsichtlich der Selbstbewirtschaftung begründet, aber hinsichtlich der Einstufung eines Teils der beantragten Flächen als nicht-landwirtschaftliche Flächen unbegründet ist, führt dies bei der Berechnung der Höhe der Rückforderung dazu, dass vom Kläger ein Betrag in Höhe von 675,04 EUR nicht zurückgefordert werden darf. Zugrunde liegen diesem Betrag die nachvollziehbaren Ausführungen und Berechnungen in den Schreiben des AELF vom 4. Februar 2019 und vom 25. Februar 2019. Hiernach bleibt die Rückforderung für das Jahr 2009 in voller Höhe bestehen, da diese ausschließlich wegen der Einstufung der Flächen als nicht-landwirtschaftliche Flächen erfolgte. Ebenso bleibt die Rückforderung für das Jahr 2011 in voller Höhe bestehen, da allein die als nicht-landwirtschaftliche Flächen eingestuften Flächen im Jahr 2011 einen Abweichungsprozentsatz von 71,51 Prozent ergeben. Nur für die Rückforderung für das Jahr 2010 kommt es infolge der Annahme der Selbstbewirtschaftung zu einer Änderung der Höhe des Rückforderungsbetrages. Die Rückforderung für das Jahr 2010 ist infolge der vom Gericht angenommenen Selbstbewirtschaftung um einen Betrag in Höhe von 675,04 EUR bzw. soweit die Rückforderung der im Bescheid des AELF Sch. vom 19. November 2010 gewährten Direktzahlung (28.030,35 EUR) einen Betrag in Höhe von 27.355,31 EUR übersteigt, zu hoch.
2.4
Die grundsätzlich angeordnete Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Beträge sowie deren Verzinsung in Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheids vom 21. Juli 2014 sind nicht zu beanstanden.
Einwände gegen die Anordnung der Kostentragung sowie gegen die Gebühren- und Auslagenhöhe in Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheids vom 21. Juli 2014 und in Nr. 2 und Nr. 3 des Widerspruchsbescheids wurden von der Klägerseite nicht vorgebracht. Auch waren die Kosten für den Verwaltungsaufwand dem Kläger trotz der teilweisen unrichtigen Sachbehandlung hinsichtlich der Selbstbewirtschaftung aufzuerlegen. Nach Art. 16 Abs. 5 KG sind unter anderem die Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Vorliegend sind Anhaltspunkte, dass die Kosten bei vollständig richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Denn gemessen an den ursprünglich zurückgeforderten Geldbeträgen, nimmt der infolge der vermeintlich fehlenden Selbstbewirtschaftung zurückgeforderte Geldbetrag nur eine untergeordnete Rolle ein.
3.
Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens stützt sich auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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