Steuerrecht

Veräußerung der streitbefangenen Sache, Denkmalschutzrechtliche Anordnung von Minimalsicherungsmaßnahmen

Aktenzeichen  M 9 K 19.1517

Datum:
3.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 38318
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 265 Abs. 2 S. 1
BayDSchG Art. 4 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Streitgegenstand im Verfahren M 9 K 19.1517 sind die Anordnungen in Ziffer 1.1., 1.3 und 1.4 des Bescheides vom 25. Februar 2019 und die dazugehörigen Fristsetzungen sowie Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 2 und 3 in der Gestalt des Ergänzungs- bzw. Änderungsbescheides vom 12. Juni 2019.
Streitgegenstand im Verfahren M 9 K 19.3367 ist die Anordnung in Ziffer 1.2 des Bescheids vom 25. Februar 2019 in Gestalt des Ergänzungsbzw. Änderungsbescheide vom 12. Juni 2019 und die dazugehörige Fristsetzung sowie Zwangsgeldandrohung im Ergänzungs- bzw.- Änderungsbescheid vom 12. Juni 2019.
Die beiden Klageverfahren sind nach § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.
2. Beide Klagen haben keinen Erfolg, da sie teilweise unzulässig sind und im Übrigen unbegründet.
a) Die Klagen gegen die denkmalschutzrechtlichen Anordnungen sind trotz der Veräußerung des Grundstücks durch die Klägerin zulässig. Durch die Veräußerung des Grundstücks tritt bei dinglichen Verwaltungsakt alleine keine Erledigung nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG in sonstiger Weise ein, da die Veräußerung im Rahmen der Irrelevanztheorie nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO außer Betracht bleiben muss (vgl. Dirnberger in: Busse/Kraus 142. EL Mai 2021, BayBO Art. 54 Rn. 122). Die Verpflichtungen gehen kraft Gesetzes auf den Erwerber über. Obergerichtlich ist seit langem geklärt, dass grundstücks- und anlagenbezogene Ordnungsverfügungen, die auf Gebäude einwirken und deren jeweilige Besitzer oder/und Eigentümer nur quasi als deren handlungsfähige Vertreter aufgrund ihrer Zustandshaftung in Anspruch nehmen, als sog. dingliche Verwaltungsakte fortwirkende Rechtswirkungen nicht nur gegenüber einem Gesamtrechtsnachfolger, sondern auch gegenüber einem Einzelrechtsnachfolger entfalten (vgl. z.B. HessVGH, B.v. 17.6.1997 – 14 TG 2673/95 – juris Rn. 17 m.w.N.). Bei den denkmalschutzrechtlichen Anordnungen nach Art. 4 Abs. 2 BayDSchG zur Sicherung des Denkmals handelt es sich um solche dinglichen Verwaltungsakte. Die Pflichten knüpfen vor allem an das Eigentum am Denkmal und dessen Sozialpflichtigkeit an (vgl. Art. 4 Abs. 1 BayDSchG). Die Klägerin wurde bei Bescheiderlass als Eigentümerin und Zustandsstörerin in Anspruch genommen.
Aufgrund der Veräußerung des Grundstücks nach Rechtshängigkeit kann die Klägerin die Rechte der Erwerberin im Wege der gesetzlich angeordneten Prozessstandschaft geltend machen (vgl. z.B. Bacher in: BeckOK ZPO, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 265 Rn. 16). Eine Beiladung der Erwerberin war deswegen nach § 65 Abs. 2 VwGO nicht notwendig. Die Rechtskraftwirkung dieses Urteils für die Erwerberin ergibt sich bereits direkt aus § 121 Nr.1 VwGO, welcher neben den Beteiligten i.S.d. § 63 VwGO ausdrücklich auch Rechtsnachfolger erfasst (BVerwG, U.v. 7.9.1984 – 4 C 19/83 – juris Rn. 9). Die Klägerin und ihre Bevollmächtigter haben nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung die Erwerberin über die Bescheide und die anhängigen Verfahren informiert. Der Bevollmächtigte der Klägerin wurde zudem bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung mit gerichtlichen Schreiben vom 28. Oktober 2021 auf das Vorliegen eines Falles der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 173 VwGO i.V.m. § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO hingewiesen. Die Erwerberin hätte Anträge auf Übernahme der Rechtsstreite nach § 173 VwGO i.V.m. § 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO oder auch nur einen Antrag auf Beiladung stellen können, wenn sie mit einer Geltendmachung ihrer Rechte (nur) durch die Klägerin nicht einverstanden gewesen wäre.
Die Klagen gegen die Zwangsgeldandrohungen sind unzulässig, da sich die Zwangsgeldandrohungen durch die Veräußerung des Grundstücks noch vor Beginn der Erfüllungsfrist nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG in sonstiger Weise erledigt haben. Bei den Zwangsgeldandrohungen handelt es sich nicht um dingliche Verwaltungsakte, die auf den Erwerber des Grundstücks übergehen. Eine Zwangsgeldandrohung soll gerade den ursprünglichen Adressaten zu einem bestimmten Verhalten veranlassen. Eine Zwangsmittelandrohung als Mittel des Verwaltungszwangs ist wegen dieses Beugecharakters der Zwangsmittel höchstpersönlicher Natur und daher grundsätzlich nicht übergangsfähig (OVG Saarl, B.v. 2.3.2021 – 2 B 29/21 – juris Rn. 8; vgl. auch § 45 Abs. 1 Satz 2 AO im Steuerrecht). Damit können die Androhungen inzwischen weder bei der Klägerin noch beim Erwerber Grundlage für eine Vollstreckung seien. Sie haben keine Regelungswirkung mehr.
b) Die zulässigen Anfechtungsklagen gegen die denkmalschutzrechtlichen Anordnungen sind unbegründet, da die vier Anordnungen rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Anordnungen sind nicht unbestimmt. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG müssen Verwaltungsakte hinreichend bestimmt sein. Regelungen, die einander widersprechen oder Verwaltungsakte, deren Regelungen den Regelungen eines anderen Verwaltungsaktes widersprechen, sind nicht hinreichend bestimmt (Tiedemann: BeckOK VwVfG, 53. Ed. 1.10.2021, VwVfG § 37 Rn. 20). Widersprüche bei den Anordnungen durch die Neufassung des alten Bescheides durch den Ergänzungs- und Änderungsbescheides liegen aber nicht vor. Dem Bevollmächtigen der Klägerin ist lediglich zuzugestehen, dass die Art der Bescheidtenorierung das Erfassen des gesamten Inhalts erschwert. Bei paralleler Betrachtung beider Bescheide sind aber ohne weiteres die vier Maßnahmen, die von der Klägerin verlangt werden, erkennbar.
Rechtsgrundlage für die vier Anordnungen ist jeweils Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BayDSchG. Danach können die Eigentümer von Baudenkmälern verpflichtet werden, bestimmt Erhaltungsmaßnahmen ganz zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar ist. Erhaltungsmaßnahmen sind die Handlungen zur Konkretisierung der vier Pflichten nach Art. 4 Absatz 1 BayDSchG. (Martin in: PdK Bay G-11, Denkmalschutzrecht in Bayern, Art. 4. beck-online). Bei allen vier Anordnungen handelt es sich um Notsicherungsmaßnahmen, welche dazu dienen eine Gefährdung des Denkmals (in Form einer Substanzverschlechterung) i.S.d. Art. 4 Abs. 1 BayDSchG zu verhindern.
Zur Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit der Maßnahmen wird auf den Bescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen, da das Gericht der Begründung der Bescheide folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich die Notsicherungsmaßnahmen auf eine reversible Minimalsicherung des Gebäudes beschränken. Derartige Maßnahmen wären selbst dann zumutbar, wenn noch nicht feststeht, ob und wie ein Denkmal wirtschaftlich zumutbar langfristig erhalten bleiben kann (vgl. OVG Magdeburg, B.v. 29.1. 2008 – 2 M 358/07).
Die Störerauswahl und die Ausübung des Ermessens erfolgten fehlerfrei (§ 114 Satz 1 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Es hätte deswegen nicht der Billigkeit entsprochen ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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