Steuerrecht

Versteuerung bei der Veräußerung einer Beteiligung an einer U-GmbH

Aktenzeichen  2 K 212/13

Datum:
5.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 132598
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
GmbHG § 15 Abs. 4
EStG § 17 Abs. 1, 2, Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 387, § 388, § 389, § 488 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger war an der U-GmbH wesentlich i.S.d. § 17 EStG beteiligt. Das FA hat ihm zu Recht den Veräußerungsgewinn in Höhe von 750.000 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet und gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert.
1. Gemäß der im Streitjahr 1993 geltenden Fassung des § 17 Abs. 1, 2 und 3 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 vom Hundert des Kapitals der Gesellschaft übersteigen. Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind Aktien, Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Kuxe, Genussscheine oder ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
Einkünfte des Treugebers nach § 17 EStG sind – wovon auch das FA zutreffend ausgegangen ist – auch bei einer Quotentreuhand nicht einheitlich und gesondert festzustellen, da selbständige Wirtschaftsgüter vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Oktober 2009 IX R 14/08, BStBl II 2010, 460) und jeder Beteiligte ihm zuzurechnende Tatbestandsmerkmale des § 17 EStG eigenständig verwirklicht (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 41/99, BStBl II 2000, 686).
2. a) Davon ausgehend ist der Kläger zum Zeitpunkt der Anteilsabtretung am 27. Juli 1993 die letzten fünf Jahre wesentlich i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG, d.h. zu mehr als einem Viertel, unmittelbar an der U-GmbH beteiligt gewesen. Denn der Kläger hat allein eine 50%ige Stammeinlage im Wert von 25.000 DM an der U-GmbH erworben. Der Zeuge U und dessen Mutter haben je 25% des Stammkapitals übernommen. Die Ehefrau des Klägers ist nicht als Gesellschafterin an der U-GmbH beteiligt gewesen (vgl. Gesellschaftsvertrag, Bl. 59 ff FG-Akte).
b) Eine wesentliche Beteiligung des Klägers an der U-GmbH scheitert auch nicht daran, dass der Kläger seinem Gesellschaftsanteil zur Hälfte treuhänderisch für seine Ehefrau gehalten hat. Denn der Ehefrau des Klägers ist das wirtschaftliche Eigentum am Geschäftsanteil des Klägers an der U-GmbH nicht zur Hälfte als Treugeberin zuzurechnen.
Die Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau entspricht nicht den Maßstäben, die die ständige Rechtsprechung für Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen aufgestellt hat. Danach sind solche Verträge steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 2012 IX R 37/11, BStBl II 2012, 487, m.w.N.).
aa) Die zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau geschlossene Treuhandvereinbarung ist schon nicht wirksam vereinbart worden, da sie gemäß § 15 Abs. 4 GmbHG notariell hätte beurkundet werden müssen. Auch in der Gründungsphase einer GmbH verlangen die Schutzzwecke des § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG Geltung. Deshalb erfassen die zwingenden Formvorschriften auch die Abtretung eines künftigen, erst mit der Eintragung im Handelsregister entstehenden Geschäftsanteils sowie die Eingehung einer entsprechenden Verpflichtung. Allein dann, wenn die Parteien bereits vor dem Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages eine Treuhandvereinbarung getroffen haben und weder ein Geschäftsanteil bereits vorhanden noch dessen Entstehung in die Wege geleitet worden ist, kann die Vereinbarung wirksam formfrei geschlossen werden (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745, m.w.N.). Im Streitfall ist die Entstehung des Geschäftsanteils in die Wege geleitet worden, da der notarielle Gesellschaftsvertrag nur wenige Tage nach dem sog. Treuhandvertrag am 22. Mai 1991 vereinbart worden ist.
bb) Der sog. Treuhandvertrag zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau ist tatsächlich nicht vollzogen worden.
Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) sind abweichend von der zivilrechtlichen Inhaberschaft nach § 39 Abs. 1 AO Wirtschaftsgüter im Rahmen fremdnütziger Treuhandverhältnisse dem Treugeber zuzurechnen. Nicht jede formal als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung führt allerdings zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO. Vielmehr muss der Treugeber sowohl rechtlich als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrschen. Ein derartiges Treuhandverhältnis liegt vor, wenn ein Gesellschafter als Treuhänder Inhaber eines Geschäftsanteils mit der Maßgabe ist, die Rechte aus der Beteiligung nur unter Beachtung eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages auszuüben. Das Treuhandverhältnis muss auf ernstgemeinten, zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und insbesondere auch tatsächlich durchgeführt werden (eingehend dazu BFH-Urteile in BStBl II 2012, 487, vom 24. November 2009 I R 12/09, BStBl II 2010, 590, und vom 6. Oktober 2009 IX R 14/08, BStBl II 2010, 460). Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (vgl. in BFH/NV 2008, 745).
Nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152) ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis zwischen nahen Angehörigen tatsächlich gegeben ist, aufgrund der möglicherweise fehlenden wirtschaftlichen Interessengegensätze ein strenger Maßstab anzulegen. Wesentliche inhaltliche Kriterien sind die Weisungsgebundenheit des Treuhänders, dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes und die klare Trennung von Eigenvermögen und Treugut. Zweifel an der Ernsthaftigkeit einer Treuhandvereinbarung müssen die Vertragsparteien durch einen grundsätzlich ihnen obliegenden substantiierten Tatsachenvortrag sowie durch die Beibringung weiterer geeigneter Nachweise ausräumen. In diesem Rahmen ist das spätere, nach Abschluss des Treuhandvertrags gezeigte Verhalten nicht nur von Bedeutung für einen möglicherweise von Anfang an anders gewollten Inhalt des Vertrages, sondern auch aussagekräftig hinsichtlich des notwendigen tatsächlichen Vollzugs der Vereinbarung (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152, BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VIII B 130/10, BFH/NV 2011, 1109).
(1) Im Streitfall hat der Kläger jedoch seinen von ihm erworbenen Gesellschaftsanteil nicht entsprechend dem sog. Treuhandvertrag und der Absichtserklärung im Protokoll vom 21. Mai 1991, wonach einer künftigen Übertragung des hälftigen Gesellschaftsanteils des Klägers seitens der Gesellschafter der U-GmbH zugestimmt worden ist und der Kläger als künftiger Geschäftsführer bevollmächtigt worden ist, die notwendigen Erklärungen für die Gesellschaft abzugeben, hälftig geteilt. Dementsprechend ist von Seiten des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt worden, dass weder eine Abtretung noch eine Teilung des Gesellschafteranteils vorgesehen gewesen ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage des Zeugen U. Dieser hat sich – obwohl dies laut dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 21. Mai 1991 – Thema gewesen ist, nicht mehr daran erinnern können, ob zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau ein Treuhandverhältnis vereinbart bzw. durchgeführt worden ist.
Soweit sich der Zeuge U aber andererseits noch an das große Interesse der Ehefrau (und seiner Mutter) an geschäftlichen Fragen der U-GmbH erinnern hat können, belegt auch dies nicht eine zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau durchgeführte Treuhandschaft. Denn aus seiner Aussage ist nicht erkennbar, dass die Ehefrau wie ein Treugeber die tatsächliche wirtschaftliche Herrschaft über einen angeblich vom Kläger treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteil an der U-GmbH ausgeübt hat und der Kläger insoweit weisungsgebunden gewesen ist. Die Entscheidungen sind vielmehr nach der Aussage des Zeugen U vom Kläger und von ihm getroffen worden. Die beiden Frauen (die Ehefrau des Klägers und die Mutter des Zeugen) haben lediglich interessiert nachgefragt.
Hinzu kommt noch, dass nach Vorstellung des Zeugen die U-GmbH aus steuerlichen Gründen eine Kleeblattgesellschaft, also eine Gesellschaft mit vier Gesellschaftern, gewesen sein soll und deshalb die Ehefrau des Klägers wie bei den weiteren Kleeblattgesellschaften mit denselben Personen, entgegen der tatsächlichen rechtlichen Ausgestaltung bei der U-GmbH (vgl. Gesellschaftsvertrag, Bl. 59 ff FG-Akte), Gesellschafterin gewesen sein soll.
(2) Weiter hat der Kläger weder schlüssig dargelegt, wie sein Handeln im fremden Interesse eindeutig erkennbar gewesen sein soll noch wie er sein Eigenvermögen vom Treugut klar getrennt hat, geschweige denn dies nachgewiesen. Dementsprechend hätte sich der Kläger im Falle eines Veräußerungsverlustes mühelos als Alleineigentümer der Anteile darstellen können.
Vor dem Verkauf der Anteile über den Kreis der Gesellschafter der U-GmbH hinaus ist ein Treuhandverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau nicht erkennbar gewesen. Das Treuhandverhältnis ist nicht im Handelsregister vermerkt worden. Die Einzahlung der Stammeinlage von 25.000 DM an die U-GmbH hat der Kläger am 21. Juni 1991 von seinem Bankkonto geleistet (Rb-Akte ESt 1993, Bl. 54).
Der Geschäftsanteilsabtretungsvertrag vom 27. Juli 1993 und die Protokolle über außerordentliche Gesellschafterversammlungen der U-GmbH vom 21./22. Mai 1991 belegen den tatsächlichen Vollzug des Treuhandverhältnisses zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau ebenfalls nicht. Denn die Angaben im Geschäftsanteilsabtretungsvertrag beruhen auf Erklärungen des Klägers. Die Protokolle der Gesellschafterversammlungen sind widersprüchlich. Im Protokoll vom 21. Mai 1991 (vgl. Rb-Akte ESt 1993, Bl. 40) wird einerseits einer künftigen Übertragung des vom Kläger treuhänderisch für seine Ehefrau zu haltenden Geschäftsanteils vom 12.500 DM und damit der noch zu erfolgenden Teilung des zu zeichnenden Geschäftsanteils des Klägers von 25.000 DM bei der Aufdeckung des Treuhandverhältnisses zugestimmt. Beim Protokoll vom 22. Mai 1991 (vgl. Rb-Akte ESt 1993, Bl. 40a) findet sich – ebenso wie im Gesellschaftsvertrag und der Satzung der U-GmbH vom 22. Mai 1991 (vgl. FG-Akte, Bl. 59 ff., Bl. 62 ff.) – andrerseits kein Hinweis mehr auf ein Treuhandverhältnis; im Gegenteil ist in § 10 und § 12 der Satzung der U-GmbH die Teilung von Gesellschaftsanteilen nicht bzw. nur bei Tod geregelt; im Protokoll ist der Namen der Ehefrau des Klägers bei der Aufzählung der Gesellschafter der U-GmbH im Protokoll durchgestrichen. Hinzu kommt, dass der sog. Treuhandvertrag vom 15. Mai 1991 dem FA erst am 11. November 1999 vorgelegt worden ist.
Abgesehen von den Unterschriftsleistungen der Ehefrau unter Vereinbarungen mit dem Kläger hat nicht festgestellt werden können, dass der Kläger gegenüber seiner Ehefrau tatsächlich weisungsgebunden und dass die Verfügungsbefugnis der Ehefrau über die Beteiligung, z.B. im Konfliktfall, tatsächlich sichergestellt gewesen ist. Nach den vorliegenden Unterlagen ergibt sich vielmehr, dass der Kläger über den Kopf seiner Ehefrau hinweg gehandelt hat und die Vermögenssphäre seiner Ehefrau und seine eigene nicht streng voneinander getrennt hat. Der Kläger hat erhebliche Handlungen seiner Ehefrau per Vollmachten an sich gezogen. Beispielsweise hat er den Geschäftsanteilsabtretungsvertrag im eigenen und im Namen seiner Ehefrau abgeschlossen. Erst nachträglich hat seine Ehefrau eine Vollmachtsbestätigung zum Geschäftsanteilsabtretungsvertrag (vgl. Rb-Akte ESt 1993, hinter Bl. 159) erteilt. Den Scheck über den Veräußerungserlös von 400.000 DM hat der Kläger bei der Bank eingereicht und auf dem Konto seiner Ehefrau am 23. August 1993 gutschreiben lassen (vgl. Rb-Akte ESt 1993, Bl. 18, 19). Am 27. August 1993 ist eine Gutschrift auf dem Konto des Klägers von 200.000 DM nach Umbuchung vom Konto seiner Ehefrau erfolgt (vgl. Rb-Akte ESt 1993, Bl. 55). Der Kläger hat zudem selbst im Schriftsatz vom 16. September 2013 (vgl. AdV-Akte 2 V 2408/13, Bl. 8) vorgetragen, dass er (auch) die A-GmbH als Generalbevollmächtigter geleitet hat. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinen Angaben im o.g. Schriftsatz gegen den Willen seiner Ehefrau die Geschäfte der A-GmbH (im Zusammenhang mit der CRC) betrieben hat, obwohl seine Ehefrau Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der A-GmbH gewesen ist. Anstelle seiner Ehefrau hat er die Annahme der Kreditzusage der …-bank vom 31. August 1987 für die A-GmbH unterzeichnet.
(3) Gegen die tatsächliche Durchführung des Vertrags vom 15. Mai 1991 spricht schließlich, dass die Ehefrau des Klägers entgegen der Treuhandvereinbarung keine Einlage in Höhe von 12.500 DM geleistet hat. Der Kläger hat unstreitig die Einlage in Höhe von 25.000 DM von seinem Bankkonto an die U-GmbH geleistet.
(a) Die Einlageverpflichtung der Ehefrau ist auch nicht durch Aufrechnung nach § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit einer Tilgungsleistung in gleicher Höhe aus einem zwischen der Ehefrau und dem Kläger vereinbarten Darlehens durch die einseitige, empfangsbedürftige Aufrechnungserklärung des Klägers gegenüber seiner Ehefrau erfolgt (§ 388 BGB). Die Klägerseite hat in der mündlichen Verhandlung vielmehr dargelegt, dass der Kläger keine Aufrechnungserklärung gegenüber seiner Ehefrau (rechtzeitig) abgegeben habe; stattdessen sei die Aufrechnung durch die Aufstellung des Darlehensverlaufs erfolgt. Zwar ist die Aufrechnungserklärung schriftlich oder mündlich oder durch konkludentes Handeln möglich, gleichwohl muss der Zeitpunkt nachgewiesen sein, da die zivilrechtliche Rückwirkung nach § 389 BGB einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Mai 2007 VI B 139/06, BFH/NV 2007, 1315, m.w.N.). Gegen eine zeitnahe Aufrechnung spricht die Vereinbarung vom 20. Januar 1999, die erst fünfeinhalb Jahre nach der Veräußerung der Geschäftsanteile an der U-GmbH die Tilgung von 12.500 DM klarstellt. Die mit Schreiben vom 14. August 2000 auf Aufforderung des FA vorgelegte Darlehensentwicklung (vgl. Rb-Akte ESt 1993, Bl. 41) belegt ebenfalls die zeitnahe Aufrechnung nicht. Zwar weist sie eine Verringerung des Schuldsaldos um 12.500 DM zum 20. Juni 1991 aus; jedoch ist weder vorgetragen noch hat das Ergebnis der Verhandlung ergeben, dass das Dokument bereits zu diesem Zeitpunkt vom Kläger erstellt worden ist, und der Ehefrau des Klägers zur Kenntnis gelangt ist. Nachgewiesen ist lediglich, dass der Kläger von seinem Bankkonto die Stammeinlage von 25.000 DM am 20. Juni 1991 an die U-GmbH überwiesen hat.
(b) Hinzu kommt, dass auch der sog. Darlehensvertrag vom 20. Mai 1987 zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau nach den Gesamtumständen tatsächlich nicht durchgeführt worden ist und deshalb auch keine Aufrechnungslage nach § 387 BGB bestanden hat. Die Ehefrau des Klägers ist nicht Gläubigerin einer Hauptforderung auf Rückzahlung eines Darlehens.
Durch einen ernsthaft vereinbarten Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten (§ 488 Abs. 1 BGB).
Vorliegend ist schon die Hauptpflicht, nämlich die Auszahlung der Darlehensvaluta an den Darlehensnehmer, nicht erfüllt worden. Mit der entsprechend dem sog. Darlehensvertrag vom 20. Mai 1987 vorgenommenen Überweisung der Ehefrau des Klägers von 575.000 DM an die CCC am 25. Mai 1987 ist keine Rückzahlungsverpflichtung des Klägers entstanden. Die Darlehensvaluta ist nicht in den persönlichen Macht- und Verfügungsbereich des Klägers gelangt. Lediglich die Ehefrau des Klägers hat in Anbetracht des erheblichen Kapitalbedarfs der CRC, von dem die an der CCC mit einem Drittel beteiligte A-GmbH (und damit die Ehefrau des Klägers als deren Alleingesellschafterin) 1.150.000 DM nach den Angaben des Klägers hätte beisteuern müssen, eine in ihrem eigenen Interesse liegende Zahlungsverpflichtung dahingehend gehabt und erfüllt. Von ihrem Konto ist die Hälfte dieses Betrages (575.000 DM) ausweislich des Überweisungsbelegs vom 25. Mai 1987 mit dem Verwendungszweck „bekannt“ überwiesen worden.
Im Widerspruch zum Darlehensvertrag und seinem bisherigen Vortrag hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass ihm seine Ehefrau am 30. April 1987 auf sein Konto die Darlehensvaluta von 575.000 DM ausgezahlt hat. Der dazu vorgelegte Nachweis, ein Schreiben der Ehefrau des Klägers vom 30. April 1987 (ohne Eingangsstempel der Bank) an die …-bank AG Filiale …, belegt dies hingegen nicht. Ein Überweisungsbeleg oder ein Kontoauszug über die behauptete Darlehensauszahlung fehlen. Zudem belegt dieses Schreiben der Ehefrau des Klägers nicht, dass die Anweisung zur Überweisung im Zusammenhang mit dem erst später vereinbarten sog. Darlehensvertrag vom 20. Mai 1987 gestanden hat. Hinzu kommt, dass die behauptete Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber der CCC als Bürge nicht bestanden hat. Aus den nicht an den Kläger gerichteten Schreiben der …-bank vom 11. Mai 1987 und vom 14. Mai 1987 (vgl. FG-Akte, Bl. 29 f., Bl. 31), auf die sich der Kläger stützt, ergibt sich zwar eine finanzielle Notlage der CCC zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags vom 20. Mai 1987; allerdings ist die gesamtschuldnerische Haftung des Klägers für einen Kredit der CCC erst später, d.h. am 28. August 1987, und nach Vertragsschluss und Ausreichung des sog. Darlehensbetrags von der Ehefrau des Klägers an die CCC begründet worden.
Nach den vorgelegten Unterlagen ergibt sich zudem kein Grund für ein Darlehen des Klägers an die CCC oder ein persönliches Interesse daran, die CCC mit von ihm fremdfinanzierten Finanzmitteln auszustatten. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erstmals vorgetragen, er habe der CCC ein Darlehen in Höhe von 1.150.000 DM gegeben, einmal habe er dafür ein Darlehen von 575.000 DM von seiner Ehefrau erhalten, zum anderen habe er aus seinem Vermögen 575.000 DM zur Verfügung gestellt. Seine Ehefrau habe dagegen keine Überweisung an die CCC veranlasst, weil sie weder selbst noch über die A-GmbH der CCC ein Darlehen gewährt habe. Nachweise für diese zu seinem bisherigen Vortrag widersprüchlichen Behauptungen sind nicht vorgelegt worden. Dagegen spricht nach Aktenlage die mangelnde Liquidität des Klägers und der Überweisungsbeleg der Ehefrau des Klägers für deren Zahlung von 575.000 DM an die CCC (Rb-Akte, Bl. 53), der darauf hindeutet, dass die Ehefrau des Klägers ihrer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung als Alleingesellschafterin der A-GmbH, die an der CCC beteiligt gewesen ist, gegenüber der CCC auf Kapitaleinbringung in vollem Umfang in Höhe von 1.150.000 DM zur Erlangung des Darlehens in Höhe von 38 Mio. DM von der …-bank AG … nachgekommen ist.
Aufgrund der Vereinbarungen und der Durchführung des Vertrags vom 20. Mai 1987 sind nach Überzeugung des erkennenden Senats die Ehefrau des Klägers und der Kläger auch nicht ernsthaft von einer Rückzahlung ausgegangen. Die in der Anlage I zum Vertrag vom 20. Mai 1987 genannten Sicherheiten sind nicht ausreichend gewesen. Ein Totalverlust des Kapitals ist damit von den Vertragsparteien in Kauf genommen worden. Das Angebot zur Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers an der GbR hat die Ehefrau frühestens ab dem 1. Januar 1989 annehmen können. Bis zu diesem Zeitpunkt hat jede Sicherheit gefehlt. Im Anschluss daran hat es weiterhin keine Sicherungsabrede gegeben. Vielmehr hat der Kläger seiner Ehefrau eine Leistung an Erfüllungsstatt, begrenzt auf den Betrag von 275.000 DM, eingeräumt. Dies spricht neben den eingetragenen hohen Grundpfandrechten für die Annahme der geringen Werthaltigkeit des Immobilienbesitzes der GbR.
Weiter kommt hinzu, dass die Tilgung des behaupteten Darlehens erst zehn Jahre nach dem avisierten Rückzahlungstermin geregelt worden ist. Die Annahme des Angebots vom 20. Mai 1987, wonach die Ehefrau anstelle einer Tilgung zum 31. Dezember 1988 die Übertragung des Gesellschafteranteils des Klägers an der GbR hat verlangen können, ist erst am 20. Mai 1999 unterzeichnet worden. Dabei ist entgegen der Anlage I zum Darlehensvertrag vom 20. Mai 1987 eine völlig andere Tilgungsvereinbarung getroffen worden. Ursprünglich hat durch die Übertragung des Gesellschafteranteils ein Betrag von 275.000 DM als getilgt gelten sollen und der Rest des Darlehens weiter geschuldet sein sollen. Nach der Vereinbarung vom 20. Januar 1999 hat dagegen durch den Übergang des Gesellschaftsanteils der angeblich noch offene Darlehensbetrag von 550.000 DM zuzüglich eines Betrags von 100.000 DM aus einem behaupteten weiteren Darlehensvertrag vom 25. August 1993 getilgt sein sollen. Aufgrund des völlig anders gearteten Regelungsgehalts stellt die Abrede vom 20. Januar 1999 keine Klarstellung der Vereinbarung vom 20. Mai 1987 in der Anlage I dar. Der Kläger hat den wirtschaftlichen Gehalt dieser Abrede nicht dargelegt. Weder ist ein höherer Wert der Beteiligung an der GbR schlüssig vorgetragen, noch welche weiteren Immobilien mit welchem Wert an die Ehefrau des Klägers übertragen worden sind noch welche Darlehen verrechnet worden sind.
Auch der Umstand, dass bis 31. Dezember 1998 Zinsen in Höhe von 518.676,39 DM aufgelaufen sein sollen, und der Ehefrau nur anheimgestellt worden ist, diese einzufordern, zeigt, dass keine darlehenstypische Durchführung der Kapitalüberlassung gewollt gewesen ist. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er die aufgelaufenen Zinsen nicht hat bezahlen können, kann er sich auf das Schreiben des BMF vom 1. Dezember 1992 (BStBl I 1992, 729 Tz. 2. b) nicht berufen, da die dort genannten niedrigeren Anforderungen an den Inhalt von Darlehensverträgen unter nahen Angehörigen nur gelten, wenn Darlehenszinsen regelmäßig gezahlt worden sind. Dies ist im Streitfall gerade nicht geschehen. Der Kläger hat die vereinbarten Zinsen nicht bezahlt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).


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