Steuerrecht

Wegfall der Stundung des Erschließungsbeitrags für ein landwirtschatlich genutztes Grundstück bei Nutzungsänderung

Aktenzeichen  AN 3 K 17.02427

Datum:
14.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30136
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 135 Abs. 4
BayKAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b
AO § 120 Abs. 2 Nr. 2, § 124 Abs. 2, § 131

 

Leitsatz

Wird der Erschließungsbeitrag dem Beitragspflichtigen gestundet, solange das Grundstück zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebs landwirtschaftlich genutzt werden muss und wurde dem Beitragspflichtigen aufgegeben, sich bei Nutzungsänderung unverzüglich mit der Gemeindeverwaltung in Verbindung zu setzen, entfällt die Stundung bei einer Nutzungsänderung ohne Erlass eines entsprechenden widerrufenden Verwaltungsaktes. (Rn. 28 – 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2017 in Form des Widerspruchbescheids vom 6. November 2017 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes … vom 6. November 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Widerruf des Stundungsbescheids vom 4. Juli 1989 ist rechtswidrig, weil die Stundung zum Zeitpunkt ihres Widerrufs durch den Eintritt der auflösenden Bedingung der Beendigung der landwirtschaftlichen Nutzung bereits unwirksam geworden war.
Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AO darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat oder wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
Ein Widerruf ist jedoch nur möglich, solange der zu widerrufende Verwaltungsakt noch nicht unwirksam geworden ist.
Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG, § 124 Abs. 2 AO bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder auf andere Weise erledigt ist. Auf andere Weise erledigt sich ein Verwaltungsakt u.a. durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG, § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO (Fritsch in Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 124 Rn. 11). Tritt die auflösende Bedingung ein, so erledigt sich der Stundungsverwaltungsakt auf andere Weise i.S.d. § 124 Abs. 2 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG und wird damit unwirksam.
Eine solch auflösende Bedingung ergibt sich im vorliegenden Falle aus dem Wortlaut des Bescheids in Verbindung mit dem Gemeinderatsbeschluss. Zwar spricht der Bescheid an sich nur von einer Nutzungsänderung, wann eine solche vorliegt, ergibt sich jedoch aus dem Gemeinderatsbeschluss vom 26. April 1989, wonach die Stundung nur solange gilt, als die Grundstücke zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebs des Klägers landwirtschaftlich genutzt werden müssen.
Auch aus der Verpflichtung, dem Beklagten unverzüglich anzuzeigen, wenn die bedingungsmäßigen Voraussetzungen der Stundungsgewähr weggefallen sind, lässt sich klar der Wille der Beklagten entnehmen, die Stundung ohne einen weiteren Verwaltungsakt entfallen zu lassen, wie es ansonsten bei einem Widerrufsvorbehalt erforderlich wäre, der ein weiteres Tätigwerden des Beklagten durch den Erlass eines entsprechenden widerrufenden Verwaltungsaktes erforderte (VGH München, B.v. 24.7.2017 – 20 ZB 16.1817 m.w.N.).
Zwischen den beiden Beteiligten ist unbestritten, dass die auflösende Bedingung für das Grundstück FlNr. … am 1. Juli 2011 eingetreten ist, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Nutzung des Grundstücks als landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben hat und auf dem Grundstück nur noch Hobbylandwirtschaft betreibt bzw. es als Garten nutzt, damit unzweifelhaft eine Nutzungsänderung vorliegt.
Mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung im Juli 2011 durch den objektiven Wegfall der Voraussetzung für die Stundung wurde der Stundungsbescheid automatisch unwirksam. Eines besonderen Aufhebungsbescheides bedurfte es dazu nicht (BayVGH, U.v. 25.1.2013 – 6 B 12.355).
Der Widerruf der Stundung war ab diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr möglich, mit der Folge, dass der Bescheid vom 17. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 6. November 2017 aus deklaratorischen Gründen aufzuheben ist, um den gegen den Kläger gerichteten Rechtsschein zu beseitigen.
Auf die Problematik einer möglichen Verjährung der Ansprüche aus dem Erschließungsbeitragsbescheid war nicht einzugehen, da Regelung des streitgegenständlichen Bescheids alleine der Widerruf der Stundung war.
Nach alldem war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 stattzugeben.
Der Ausspruch zur sofortigen Vollziehbarkeit findet seine Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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