Aktenzeichen S 16 AS 220/16
Leitsatz
1 Krankheit rechtfertigt nur dann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Erkrankter willens- oder handlungsunfähig und deshalb außer Stande war, die Klage selbst einzulegen oder einen Dritten damit zu beauftragen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 22.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2016 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das Gericht konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da der Kläger über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Unter Vorlage der Bescheinigung des Zahnarztes Dr. B. hat der Kläger mitgeteilt, dass er seine Teilnahme am Verhandlungstermin absage. Terminverlegung hat er ausdrücklich nicht beantragt. Zudem hat er durch Vorlage der ärztlichen Bescheinigung nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass er aus gesundheitlichen Gründen verhindert war, an der Verhandlung teilzunehmen. Die zahnärztliche Operation fand am 12.09.2016 statt.
Die Klage ist bereits unzulässig.
Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen den Versagungsbescheid vom 22.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2016, mit dem Leistungen gemäß Antrag vom 16.12.2015 wegen fehlender Mitwirkung versagt worden sind. Ausweislich der Schreiben des Klägers wendet sich dieser gegen die Pflicht zur Vorlage ausgefüllter Antragsformulare und weiterer Unterlagen. Sinngemäß ist er der Auffassung, dass die Vorlage von Unterlagen zur Berechnung seines Leistungsanspruches nicht erforderlich sei.
Im Rahmen einer Klage gegen einen Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung ist deshalb Gegenstand des Verfahrens nicht der materielle Anspruch auf Leistung, sondern allein die Auseinandersetzung über Recht und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Die Rechtmäßigkeit der Versagung von Leistungen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I sind deshalb nur im Rahmen einer isolierten Anfechtungsklage zu überprüfen (vgl. z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.12.2014, Az.. L 2 AS 267/13; zit. n. juris). Damit ist Gegenstand der Klage gerade nicht die Frage, ob und in welcher Höhe dem Kläger tatsächlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab Antragstellung zustehen.
Die Klage vom 18.05.2016 ist indes verfristet.
Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGG ist eine Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Die Frist für die Erhebung der Klage gilt auch dann als gewahrt, wenn die Klageschrift innerhalb der Frist statt bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder bei einer deutschen Konsularbehörde oder, soweit es sich um die Versicherung von Seeleuten handelt, auch bei einem deutschen Seemannsamt im Ausland eingegangen ist (§ 91 SGG).
Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Widerspruchsbescheid vom 05.02.2016 am 09.02.2016 persönlich zugestellt. Die Klagefrist begann somit am 10.02.2016 und endete mit Ablauf des 09.03.2016.
Die Klage ging jedoch erst am 18.05.2016 per Fax beim Bayerischen Landessozialgericht sowie beim Landratsamt Würzburg ein. Ob bereits das Schreiben an das Landratsamt Würzburg vom 17.03.2016 – ebenfalls verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – bereits eine Klageerhebung gegen den Widerspruchsbescheid darstellen sollte, kann dahinstehen. Denn auch dieses Schreiben ging erst nach Ablauf der Klagefrist, nämlich am 17.03.2016 ein.
Der Widerspruchsbescheid vom 05.02.2016 enthielt eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung. Der Rechtmäßigkeit steht nicht entgegen, dass ausweislich der Rechtsbehelfsbelehrung:im Widerspruchsbescheid Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides erhoben werden muss, der Widerspruchsbescheid dem Kläger aber tatsächlich per Postzustellungsurkunde zugestellt worden ist.
Dies macht die Rechtsbehelfsbelehrung:nicht unrichtig. Denn bei der Zustellung per Postzustellungsurkunde handelt es sich um eine besondere Form der Bekanntgabe. Der grundsätzlich weitere Begriff der Bekanntgabe schließt insoweit den engeren Begriff der Zustellung mit ein (vgl. auch SG Dresden, Urteil vom 14.05.2012, Az.: S 3 AS 3573/10; zit. n. juris). Die Formulierung der Rechtsmittelbelehrung ist insoweit auch nicht missverständlich. Mit dem Zeitpunkt der förmlichen Zustellung trat die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides ein. Die Klagefrist begann somit mit dem Tage nach der Zustellung des Widerspruchsbescheides und endete gemäß § 64 SGG am 09.03.2016.
Damit ist die Klage unzulässig, weil sie nach Ablauf der Klagefrist eingelegt und somit verfristet ist.
Dem Kläger stehen auch kein Wiedereinsetzungsgründe zur Seite.
Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Klagefrist zu gewähren, wenn der Kläger ohne Verschulden verhindert war, rechtzeitig Klage einzulegen. Diese Tatsachen sollen glaubhaft gemacht werden.
Die vom Kläger in seinem Schreiben vom 19.05.2016 vorgebrachten Wiedereinsetzungsgründe – die auch den Wiedereinsetzungsgründen im Schreiben an den Beklagte vom 17.03.2016 entsprechen – begründen weder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne des § 67 SGG noch sind sie glaubhaft gemacht. Insbesondere Krankheit rechtfertigt nur dann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Erkrankter willens- oder handlungsunfähig und deshalb außer Stande war, die Klage selbst einzulegen oder einen Dritten damit zu beauftragen. Hier macht der Kläger ohne nähere Angaben nicht mal eine eigene Erkrankung, sondern gesundheitliche Belange von Familienangehörigen geltend. Obgleich der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 08.08.2016 auf die nicht ausreichenden Wiedereinsetzungsgründe und deren fehlende Glaubhaftmachung hingewiesen wurde, hat er seinen Sachvortrag nicht ergänzt.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte daher nicht gewährt werden.
Nach alledem bleibt die Klage verfristet und ist somit unzulässig. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.