Steuerrecht

Zahlung einer Geldrente aufgrund eines Leibgedings

Aktenzeichen  72 O 733/19

Datum:
14.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 38525
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AGBGB Art. 7, Art. 18 S. 1
EGBGB Art. 96

 

Leitsatz

Art. 18 S. 1 AGBGB setzt für die Pflicht zur Zahlung einer Geldrente voraus, dass der Leibgedingsberechtigte aus besonderen Gründen das Grundstück auf Dauer verlassen muss, massgeblich für das Vorliegen der Gründe ist der Zeitpunkt des Wegzuges, so dass ein derartiger Grund nicht vorliegt, wenn der Berechtigte zunächst freiwillig wegzieht, später aber in ein Seniorenheim verlegt werden muss. (Rn. 19 – 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 34.530,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Von einer Wiedereröffnung der Verhandlung nach §§ 296 a, 156 ZPO aufgrund der bei Gericht eingegangenen Schriftsätze der Parteien nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 24.10.2019 war abzusehen, da hierfür dem wiederholenden bzw. weiter erläuternden Vorbringen der Klage – wie Beklagtenseite keih Anhaltspunkt entnommen werden konnte.
II.
1. Das Landgericht Regensburg ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich gemäß § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG zuständig. Die amtsgerichtliche Zuständigkeit gemäß § 23 Nr. 2 g) GVG erstreckt sich nur auf Erfüllungsansprüche, nicht aber auf Ansprüche auf Schadensersatz (BeckOK/Niesler, 4. Edition, § 23 GVG Rn. 29). Vorliegend macht die Klageseite die Zahlung einer Geldrente anstelle der Erfüllung der Leistungen aufgrund des Leibgedings geltend. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 12, 13 ZPO.
2. Der Kläger hat seinen im hiesigen Rechtsstreit auftretenden Vertreter … schriftlich mit der gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, § 51 Abs. 3 ZPO. Gemäß Ziffer 2 der allgemeinen Vollmacht vom 18.07.2013 (Anlage K 01) darf er als Bevollmächtigter des Klägers diesen in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich vertreten, soweit dies gesetzlich zulässig ist.
3. Die in Ziffer 2 erhobene Klage auf zukünftige Geldrentenzahlungen ist gemäß § 257 ZPO zulässig.
III.
Die Klage ist unbegründet, da ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente aufgrund des zugunsten des Klägers eingeräumten Leibgedings nicht vorliegen.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldrente gemäß Art. 18 S. 1 AGBGB.
a) Art. 18 S. 1 AGBGB findet gemäß Art. 7 AGBGB, 96 EGBGB auf den vorliegenden Fall Anwendung. Gemäß Art. 96 EGBGB bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über einen mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedingsvertrag unberührt, soweit sie das sich aus dem Vertrag ergebende Schuldverhältnis für den Fall regeln, dass nicht besondere Vereinbarungen getroffen werden. Art. 7 AGBGB ordnet in diesem Falle an, dass die besonderen Vorschriften der Art. 8 bis 23 AGBGB neben den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten. Etwaige Vereinbarungen zur Zahlung einer Geldrente sind weder den vorgelegten Übergabeverträgen aus Anlage K 07 und B 01 zu entnehmen, noch klägerseits vorgetragen.
b) Die landesgesetzliche Vorschrift des Art. 18 S. 1 AGBGB setzt seinem Wortlaut nach für die Pflicht zur Zahlung einer Geldrente voraus, dass der Leibgedingsberechtigte aus besonderen Gründen das Grundstück auf Dauer verlassen muss. Ein besonderer, zwingender Grund des Wegzugs konnte klägerseits jedoch nicht substantiiert vorgetragen werden.
aa) Zwar erklärte die Klageseite, dass der Kläger aufgrund sich wiederholender Auseinandersetzungen zwischen den Parteien auf Veranlassung des Beklagten bereits circa 1990 vom mit-dem Wohnrecht belasteten Grundstück weggezogen sei. Dass es jedoch jemals zu Auseinandersetzungen eines gewissen Ausmaßes zwischen den Parteien gekommen ist, ist dem Vorbringen der Klageseite nicht zu entnehmen, obgleich die Beklagtenseite hierauf mit der Klageerwiderung vom 04.07.2019 (Blatt 14 d.A.) hinwies.
(1) Ein besonderer Grund zum Wegzug ist jedoch bereits dem Wortlaut des Art. 18 S. 1 AGBGB nach Voraussetzung der Anspruchsgrundlage. Vorliegend ist als entscheidender Wegzugsgrund lediglich der Bau einer eigenen Doppelhaushälfte ersichtlich.
So sieht obergerichtliche Rechtsprechung z.B. im Falle eines schuldhaften Verfeindens der Parteien und die dadurch folgende dauernde unmögliche bzw. unleidliche Fortführung des Zusammenwohnens einen „besonderen Grund“ im Sinne der Norm (vgl. zur a.F. BayOLG, Urteil vom 21.10.1974 – Rreg: 1 Z 159/73). Derartige oder entsprechend erhebliche Anhaltspunkte in Anbetracht der vorgebrachten „Auseinandersetzungen“ liegen jedoch nicht vor. Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, dieser habe ihm gegenüber kommuniziert, dass ihm die Möglichkeit bleibe, zurück zum Hof zu gehen bzw. dass wenn etwas ist, könne er zurückgehen. Kleinere Differenzen habe es daheim immer gegeben. Weiterhin habe er geäußert, dass für ihn auf dem (streitgegenständlichen) Hof zwei Zimmer eingerichtet seien. Ein Zerwürfnis der Parteien ist für das Gericht nicht ersichtlich, insbesondere in Anbetracht der unstreitigen Hilfe des Klägers beim Neubau des streitgegenständlichen Wohnanwesens im Jahre 1997, mithin ca. 7 Jahre nach dem Wegzug des Klägers. Nach dem Vortrag der Klageseite ist somit auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger wegziehen „musste“.
(2) Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass vom Bevollmächtigten des Klägers bestätigt wurde, dass ursprünglich der Plan gewesen sei, gemeinsam mit dem Kläger auf dem streitgegenständlichen Anwesen zu bauen. Ursprünglich sei angedacht gewesen, dass der Bevollmächtigte des Klägers den Hof übernehme. Da es Differenzen mit seinem Vater gegeben habe, habe er sich entschieden, wegzugehen. Wie es letztendlich dazu gekommen sei, dass der Kläger und er gemeinsam gebaut haben, könne er nicht mehr sagen. Auch insoweit ist dem Vortrag kein Erfordernis des Wegzugs des Klägers im Jahre 1990 zu entnehmen.
bb) Ob es einen weiteren Grund für den Wegzug des Klägers im Jahre 1990 gegeben habe, konnte der Bevollmächtigte des Klägers im Rahmen seiner informatorischen Anhörung nicht erklären.
cc) Auf einen etwaigen Umzug in ein Seniorenheim kann im Rahmen des Art. 18 S. 1 AGBGB nicht abgestellt werden. Der Kläger war zum Zeitpunkt seines Wegzugs im Jahre 1990 nicht aus gesundheitlichen Gründen zum dauerhaften Verlassen der ihm zugesicherten Zimmer gezwungen (hierzu LG Regensburg, Urteil vom 28.12.2005 – Az: 1 O 2772/03). Zu den gesundheitlichen Problemen des Klägers wird erst ab dem Jahre 2017 vorgetragen. Zu diesem Zeitpunkt bewohnte der Kläger das streitgegenständliche Anwesen nicht, sodass er dieses schon nicht im Sinne der Norm verlassen konnte.
Auch kann die Behauptung, der Kläger sei nur vorläufig weggezogen, nicht nachvollzogen werden. Unstreitig wohnte der Kläger seit 1990 in einer Doppelhaushälfte außerhalb des Anwesens. Davon, dass der Kläger wieder „nach Hause“, d.h. auf den streitgegenständlichen Hof, kommen wollte, hat der Bevollmächtigte des Klägers seinen eigenen Angaben zufolge nichts mitbekommen. Selbst unter Berücksichtigung der – bestrittenen – Pflegebedürftigkeit seit 01.04.2017 hatte der Kläger 27 Jahre einen eigenen Hausstand, unabhängig davon, ob er auf die Zusicherung zweier Zimmer im 1997 errichteten Neubau vertraute oder nicht. Neben diesem erheblichen Zeitablauf ist eine konkrete Rückkehrabsicht dem Sachvortrag nicht zu entnehmen.
2. Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Einer Unmöglichkeit der Erbringung der ursprünglich geschuldeten Leistungen, § 275 BGB, widerspricht schon das behauptete Vertrauen des Klägers auf die Zusicherung zweier Zimmer im Neubau und der generellen Gewährungsmöglichkeit dieser.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.


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