Steuerrecht

Zweckentfremdung von Wohnraum

Aktenzeichen  M 9 K 17.688

Datum:
21.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 13911
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZeS § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 S. 1, S. 2
ZwEWG Art. 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Gegen die Satzungsbestimmung des § 6 Abs. 2 S. 2 ZeS bestehen keine Bedenken, denn dadurch soll verhindert werden, dass ein Wohnungsinhaber seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit der Zweckentfremdung von Wohnraum bestreitet und dadurch auch noch mit einem Anspruch auf eine Zweckentfremdungsgenehmigung prämiert wird, was mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften zur Verhinderung der Zweckentfremdung von Wohnraum nicht vereinbar wäre. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine fehelnde baurechtliche Genehmigung für eine Wohnung bedeutet nicht, dass die damit erzielten Einkünfte keine Einkünfte aus einer zweckfremden Nutzung sind. Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts setzt nämlich keine baurechtliche Genehmigung voraus. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der mit Bescheid vom 11. Januar 2017 (Nr. 1 des Bescheids) abgelehnten Zweckentfremdungsgenehmigung, § 113 Abs. 5 VwGO, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsgesetz – ZwEWG), § 5 Abs. 1 und 2, § 6 Abs. 2 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ZeS (nachfolgend unter 1.). Die angefochtenen Verfügungen im Bescheid zur Beendigung der Zweckentfremdung (Nr. 2 des Bescheids) und die Wiederzuführung zu Wohnzwecken (Nr. 3 des Bescheids) sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (nachfolgend unter 2.).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der Zweckentfremdungsgenehmigung wegen der geltend gemachten Existenzgefährdung.
Die vom Kläger betriebene Zweckentfremdung ist genehmigungspflichtig, § 5 Abs. 1 ZES. Die vom Kläger als Ferienwohnungen vermieteten Räume sind Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts gemäß § 3 ZeS. Sie sind auch zum Wohnen genehmigt. Das ergibt sich aus den bei den vorgelegten Behördenakten befindlichen Unterlagen, insbesondere den genehmigten Bauplänen (Bl. P 2 – 5 der Behördenakten sowie Bl. 63 – 67). Vor dem Hintergrund der vorliegenden Genehmigung zum Wohnen hat der Kläger das unsubstantiiert „ins Blaue hinein“ bestreiten, abgesehen davon, dass es darauf wegen § 3 ZeS nicht ankommt. Eine Genehmigung zu einer anderen Nutzung hat der Kläger nicht behauptet.
Die Zweckentfremdung ist nicht genehmigungsfähig. Der Genehmigungstatbestand der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz gemäß § 5 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 ZeS, auf den sich der Kläger beruft, ist nicht gegeben. Gemäß § 5 Abs. 2 ZeS ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ZES sind überwiegende schutzwürdige private Interessen insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz gegeben.
Hier scheitert die Annahme der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Klägers in diesem Sinn bereits an der Ausschlussklausel gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 ZeS. Danach ist eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nicht gegeben, wenn die Existenz allein auf der mit der Zweckentfremdung verbundenen Nutzung beruht. Das ist beim Kläger der Fall. Der Kläger hat nach eigenen Angaben keine anderen Einkünfte als die aus der zweckfremden Nutzung der Räume als Ferienwohnungen. Eine Existenzgefährdung ist – gleich, ob sie rechnerisch vorliegt oder nicht – beim Kläger per Satzung ausgeschlossen. Gegen diese Satzungsbestimmung bestehen auch keine Bedenken, denn dadurch soll verhindert werden, dass ein Wohnungsinhaber seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit der Zweckentfremdung von Wohnraum bestreitet und dadurch auch noch mit einem Anspruch auf eine Zweckentfremdungsgenehmigung prämiert wird, was mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften zur Verhinderung der Zweckentfremdung von Wohnraum nicht vereinbar wäre. Dem Kläger kann auch nicht gefolgt werden, soweit er sinngemäß geltend macht, dass der Ausschluss des § 6 Abs. 2 Satz 2 ZeS nicht vorliege, weil die Einkünfte aus der Nutzung der Dachgeschosswohnung nicht berücksichtigt werden dürften. Denn unabhängig davon, dass die Dachgeschosswohnung baurechtlich nicht genehmigt ist, bedeutet das nicht, dass die damit erzielten Einkünfte keine Einkünfte aus einer zweckfremden Nutzung sind. Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts setzt nämlich keine baurechtliche Genehmigung voraus. Es gilt lediglich umgekehrt, dass Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts dann nicht angenommen werden kann, wenn eine Baugenehmigung zu einer anderen Nutzung als Wohnen vorliegt. Die Definition von Wohnraum in § 3 Abs. 1 und 2 ZeS rechtfertigt ohne weiteres die Einordnung auch der baurechtlich nicht genehmigten Dachgeschosswohnung des Klägers als Wohnraum im zweckentfremdungsrechtlichen Sinn. Bereits aus der vom Kläger ausgeübten Nutzung folgt, dass auch die Dachgeschosswohnung objektiv zum Wohnen geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist. Auch der Ausschlussgrund gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS kommt nicht in Betracht, weil nach dem bekannten Sachverhalt unter Berücksichtigung der näheren Umgebung, soweit diese aus den Akten hervorgeht, die Dachgeschosswohnung genehmigungsfähig ist.
Unabhängig davon liegt auch rechnerisch die geltend gemachte Existenzgefährdung liegt nicht vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2017 gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen und nur noch ergänzend ausgeführt, dass die Annahmen der Beklagten zur anzusetzenden Miete unter Berücksichtigung des Möblierungszuschlags nachvollziehbar ist, während die EUR 10,-, die der Kläger nur gelten lassen will, für eine Wohnung in München – Trudering augenfällig viel zu niedrig sind.
Auch die weiteren Argumente der Klägerseite greifen nicht durch. Soweit der Kläger geltend machen lässt, dass er seine Nebenkosten nicht aufschlüsseln kann, ist das unerheblich. Es ist Sache des Klägers, die Umstände, auf die er sich beruft und die aus dem Bereich stammen, den der Kläger selbst beherrscht, zu belegen. Will er das nicht, geht das nicht zu Lasten der Beklagten. Ebenso verhält es sich, wenn der Kläger nicht alle erforderlichen Nachweise erbringen bzw. vorlegen will. Dass die Einkünfte netto berechnet werden müssen, ist grundsätzlich richtig, jedoch muss der Kläger hierfür die Daten liefern. Tut er das wie hier nicht, geht das zu seinen Lasten. Aus den Akten geht außerdem hervor, dass der Kläger außer der Wohnung Geldvermögen von ca. EUR 113.000,- hat.
2. Auch die Regelungen in den Nummern 2 und 3 des Bescheids sind rechtmäßig.
Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand des Art. 2 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG a.F. bzw. Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG n.F. i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS ist durch die dauerhafte Vermietung der streitgegenständlichen Räume als Ferienwohnungen erfüllt, was der Kläger auch nicht bestreitet, vielmehr räumt er die Nutzung der Räume zur Vermietung als Ferienwohnungen ausdrücklich ein. Da diese zweckfremde Nutzung nicht genehmigungsfähig ist (siehe oben unter 1.), liegt eine Zweckentfremdung vor. Da auch ansonsten keine Bedenken gegen die Verfügung bestehen, ist die Untersagung der zweckfremden Nutzung des Wohnraums als Ferienwohnung nicht zu beanstanden.
Das gleiche gilt für die Verfügung unter Nr. 3 des Bescheids, die Verpflichtung, den zweckentfremdeten Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen. Soweit die Beklagte die Verfügungen noch auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LStVG i.V.m. Art. 2 Satz 1 und Art. 5 ZwEWG a.F. gestützt hat, ist das auch angesichts der neu geschaffenen rein zweckentfremdungsrechtlichen Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 2 ZwEWG n.F. (vgl. auch die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 17/15781, S. 6f.) unschädlich (vgl. VG München, U.v. 17.1.2018 – M 9 K 17.4119 – juris Rn. 17).
Nach alledem wird die Klage abgewiesen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708ff. ZPO.


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