Strafrecht

Angeklagte, Hauptverhandlung, Fahrerlaubnis, Untersuchungshaft, Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Tateinheit, Marke, Therapie, Angeklagten, Strafaussetzung, Pkw, Vorhaben, Tatmehrheit, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, nicht ausreichend

Aktenzeichen  405 Js 4607/20 (2) 1 KLs

Datum:
25.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42139
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Angeklagte M2. Ö., geb. am 17.07.1997, ist schuldig des schweren Raubes.
2. Er wird daher zu einer
Freiheitsstrafe von 4 Jahren 9 Monaten
verurteilt.
3. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen i.H.v. 980,- Euro wird angeordnet.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften:
§§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 1 b, Abs. 3, 73, 73 c StGB

Gründe

Dem Angeklagten wurde zur Last gelegt, am 05.02.2020 gegen 19.41 Uhr die Tankstelle Rottaler Autohof in 8..4332 Hebertsfelden mit einer Scheinpistole überfallen und hierbei 980 Euro erbeutet zu haben.
Diesen Vorwurf räumte der Angeklagte ohne Einschränkungen ein, ergänzte jedoch, durch Schläge des Zeugen R1. A1. und Drohungen desselben wie auch vor allem des Zeugen S1. F. dazu gezwungen worden zu sein.
Trotz erheblicher Zweifel an den Ausführungen des Angeklagten zur Schilderung über den Hergang seiner erlittenen Verletzungen und auch zur Bedrohungssituation konnte die Kammer letztendlich nicht ausschließen, dass der Angeklagte unter dem Eindruck der von ihm geschilderten Zwangslage die genannte Tankstelle ausraubte, wobei sich die Kammer jedoch davon überzeugte, dass sich der Angeklagte der Zwangslage hätte entziehen und somit den Überfall auch ohne Weiteres für ihn zumutbar hätte unterlassen können, beispielsweise dadurch, dass er rechtzeitig Kontakt mit der Polizei aufgenommen hätte.
A.
Es erfolgte mit dem Angeklagten keine Verständigung gem. § 257 c StPO.
B.
Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten
Der Angeklagte wurde am 17.07.1997 in Berlin-Neukölln geboren. Die frühkindliche Entwicklung verlief unauffällig und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie waren und sind geordnet. Der Vater des Angeklagten ist als Fliesenleger beschäftigt, seine Mutter ist Hausfrau. Der Angeklagte hat noch drei jüngere Brüder und eine jüngere Schwester.
Im Alter von vier Jahren besuchte der Angeklagte den Kindergarten und wurde mit sechs Jahren eingeschult. Hier durchlief er die Grund- und Hauptschule, welche er im Jahre 2012 mit einem einfachen Abschluss beendete. Anschließend begann er eine Ausbildung zum Fliesenleger, welche er jedoch nicht zu Ende brachte, da er zwar die praktische Prüfung bestand, jedoch nicht die theoretische. Daher arbeitete er in der Folge als Fliesenlegerhelfer, zuletzt nach einer Haftentlassung in anderer Sache bei der Firma Leitner in dem Zeitraum von Herbst 2018 bis Frühjahr 2019. Aufgrund erheblicher Fehlzeiten wurde er nicht länger beschäftigt.
Anschließend war der Angeklagte bis zu seiner Inhaftierung am 06.02.2020 arbeitslos und erhielt zunächst Arbeitslosengeld in Höhe von 600 Euro bis 700 Euro monatlich. Etwa vier Monate vor seiner Inhaftierung in der hier vorliegenden Sache wurden die Zahlungen durch das Arbeitsamt jedoch eingestellt, da sich der Angeklagte in eine Drogenentzugstherapie im Rahmen des § 35 BtMG begab. Diese Therapie brach der Angeklagte aus freien Stücken am Vormittag des 05.02.2020 ab.
Der Angeklagte wohnte vor seiner Therapie bzw. Inhaftierung bei seinen Eltern, welche ihn auch finanziell unterstützen. Kost und Logis waren für ihn frei.
Der Angeklagte hat keine Kinder und keine Unterhaltsverpflichtungen.
Schulden werden von ihm verneint, auch gegenüber dem Zeugen P1. H2.. Hierauf wird im Rahmen der Beweiswürdigung noch eingegangen.
Der Angeklagte erlitt keine schweren Erkrankungen oder Unfälle, welche zur Tatzeit oder darüber hinaus Einfluss gehabt haben könnten. Auch ist der Angeklagte psychisch gesund.
Ein Alkoholproblem besteht nicht.
Wenngleich der Angeklagte Erfahrungen mit Drogen hat, spielten diese zur Tatzeit keine Rolle.
Im Bundeszentralregisterauszug vom 12.08.2020 finden sich bei dem Angeklagten 7 Eintragungen. Diese lauten folgendermaßen:
1.11.11.2011 StA Landshut (D2400S) – 23 Js 24941/11 –
1.Tatbezeichnung: Diebstahl
1.Datum der (letzten) Tat: 29.08.2011
1.Angewendete Vorschriften: StGB § 242, JGG § 1, § 3
1.Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 2 JGG.
2.10.01.2013 AG Eggenfelden (D2402) – 12 Ds 23 Js 19418/12 –
2.Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
2.Datum der (letzten) Tat: 10.06.2012
2.Angewendete Vorschriften: StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, JGG § 15
2.Verfahren eingestellt nach § 47 JGG.
2.Erbringung von Arbeitsleistungen.
3.30.10.2013 AG Eggenfelden (D2402) – 12 Ds 23 Js 22292/13 –
3.Rechtskräftig seit 07.11.2013
3.Tatbezeichnung: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tatmehrheit mit
3.Beleidigung in 2 Tateinh. Fällen
3.Datum der (letzten) Tat: 07.06.2013
3.Angewendete Vorschriften: StGB § 113 Abs. 1, § 53, § 185, § 194 Abs. 1, § 194
3.Abs. 3, § 52, JGG § 1, § 3, § 16 Abs. 2
3.1 Freizeit Jugendarrest.
4.30.04.2014 AG Eggenfelden (02402) – 12 Ds 405 Js 7127/14 –
4.Rechtskräftig seit 08.05.2014
4.Tatbezeichnung: Sachbeschädigung
4.Datum der (letzten) Tat: 29.11.2013
4.Angewendete Vorschriften: StGB § 303, § 303 c, JGG § 1, § 3, § 15 Abs. 1 Nr. 3
4.Erbringung von Arbeitsleistungen.
5.03.06.2015 AG Eggenfelden (D2402) – 12 Ds 405 Js 6424/15 –
5.Rechtskräftig seit 22.02.2016
5.Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung in 2 tatmehrheitl. Fällen
5.Datum der (letzten) Tat: 08.01.2015
5.Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1, § 53, JGG § 16 Abs. 2
5.2 Freizeiten Jugendarrest.
6.30.11.2016 AG Eggenfelden (D2402) – 12 Ds 405 Js 20933/16 –
6.Rechtskräftig seit 28.12.2016
6.Tatbezeichnung: Hehlerei
6.Datum der (letzten) Tat: 15.02.2016
6.Angewendete Vorschriften: StGB § 259 Abs. 1, JGG § 1, § 105, § 17, § 21
6.7 Monat(e) Jugendstrafe.
6.Bewährungszeit 2 Jahr(e).
6.Bewährungshelfer bestellt.
7.24.07.2018 AG Landshut (D2404) – 13 Ls 405 Js 35795/17 jug –
7.Rechtskräftig seit 01.08.2018
7.Tatbezeichnung: Raub in Mittäterschaft in Tateinheit mit gefährl. Körperverletzung
7.in Tatmehrheit mit versuchter Erpressung
7.Datum der (letzten) Tat: 26.11.2017
7.Angewendete Vorschriften: StGB § 249 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 53, § 52, § 73 c,
7.§ 224 Abs. 1 Nr. 2, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 223 Abs. 1, § 253 Abs. 1, § 253 Abs. 2,
7.§ 253 Abs. 3, § 22, § 23, JGG § 1, § 105, § 31 Abs. 2, § 21
7.2 Jahr(e) Jugendstrafe.
7.Bewährungszeit 2 Jahr(e).
7.Verfall oder Einziehung von Taterträgen.
7.Bewährungshelfer bestellt bis: 31.07.2019. Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung 
Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 30.11.2016+12 Ds 405 Js 20933/16+D2402+AG Eggenfelden.
Strafaussetzung widerrufen.
Vollstreckung der Jugendstrafe zurückgestellt bis 10.11.2021.
Zurückgestellt durch Entscheidung vom 11.11.2019+12 VRJs 122/19 jug+D2402+AG Eggenfelden.
Der Verurteilung vom 30.11.2016 durch das Amtsgericht Eggenfelden (Nr. 6 BZR-Auszug) lag folgender Sachverhalt zugrunde:
„Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt am 11.02.2016 zwischen 07.00 Uhr und 15.30 Uhr entwendete ein unbekannter Täter im Krankenhaus Eggenfelden in 8..4307 Eggenfelden, Simonseder Allee 20, das Mobiltelefon des Geschädigten Hüttinger der Marke iPhone 5S, IMEI …., um dieses ohne Berechtigung für sich zu behalten.
Anschließend kaufte der Angeklagte zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt zwischen dem 11.02.2016 zwischen 07.00 Uhr bis 15.30 Uhr und dem 15.02.2016 im Stadtpark in Eggenfelden das entwendete Mobiltelefon des Geschädigten Hüttinger von dem unbekannten Täter für 100,- EUR, obwohl er wusste, dass das Mobiltelefon zuvor entwendet worden war. Am 15.02.2016 verkaufte der Angeklagte in Kenntnis des Diebstahls das Mobiltelefon des Geschädigten Hüttinger der Marke Apple iPhone 5S, IMEI …. im Wert von ca. 500,- EUR wieder über ebay-Kleinanzeigen vermutlich von seiner Wohnadresse in der Reichenbacher Straße 50 in 8..4140 Gangkofen für 210,- EUR an die Zeugin W., da er den zur Entsperrung des Mobiltelefons erforderlichen Code nicht rausbekam und deshalb das Mobiltelefon nicht verwenden konnte.“
Der Verurteilung durch das Amtsgericht Landshut vom 24.07.2018 (Nr. 7 BZR-Auszug) lag folgender Sachverhalt zugrunde, wobei in diesem Strafverfahren auch Ts M P angeklagt war:
„1.
Am 26.11.2017 gegen 01.39 Uhr sprachen die beiden Angeklagten den Geschädigten S3. vor dem Lokal „Nachtschicht“, Am Berg 4, 8..4364 Bad Bimbach, auf vermeintliche Drogengeschäfte des kleinen Bruders des Geschädigten an.
Als der Geschädigte S3. beiden zu verstehen gab, dass er damit nichts zu tun haben wolle, packte der Angeklagte P2. den Geschädigten und nahm diesen in den Schwitzkasten, woraufhin die beiden im Gerangel die Treppe hinunterstürzten. Sodann zogen die Angeklagten dem am Boden liegenden Geschädigten S3. entsprechend ihres gemeinsamen Tatplans seine Geldbörse aus dessen hinterer Gesäßtasche. In dieser befanden sich 400,00 €, gestückelt in acht 50,00 €-Scheinen, der Personalausweis des Geschädigten sowie dessen Bank- und Versichertenkarte. Die Angeklagten handelten hierbei, um diese Gegenstände ohne Berechtigung für sich zu behalten.
Als der Geschädigte versuchte, wieder aufzustehen, schlugen und traten die Angeklagten in bewussten und gewollten Zusammenwirken aufgrund eines gemeinsamen Tatplans mit Fäusten und mit den beschuhten Füßen auf den Kopf und Oberkörper des Geschädigten S3. ein.
Der Geschädigte S3. verlor durch die Schläge und Tritte der Angeklagte, wie von diesen vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen, einen Schneidezahn. Drei weitere Zähne wurden gelockert. Ferner erlitt der Geschädigte eine Thoraxprellung, eine Prellung des linken Ellbogens sowie eine Prellung der Ober- und Unterlippe, starke Schwellungen im Bereich der Ober- und Unterlippe mit Schürfwunden auf den Lippen sowie Hautverletzungen im Bereich der rechten Backe. Den Angeklagten war bewusst, dass das gemeinsame Einwirken auf den Geschädigten sowie die Tritte mit den beschuhten Füßen geeignet waren, beim Geschädigten erhebliche Verletzungen hervorzurufen.
Anschließend flüchteten die beiden Angeklagten.
2.
Am 26.11.2017 gegen 03:11 Uhr verfasste der Angeklagte Ö. vermutlich von seiner Wohnadresse im Ursula-Lautner-Weg 3, 8..4140 Gangkofen, aus eine Whatsapp-Nachricht mit folgenden Inhalt an den Geschädigten S3.: „Komm ran. Du bist ein scheiß Opfer, ok? Was willst du? Es ist Zahltag. Bring Geld oder leide. Mein Rücken wirst Du nie haben. Du Opfer. Und mess Dich alleine mit mir. ich zeig Dir, wer Power hat. Bastard. Treib das scheiß Geld auf oder es wird nicht schön. Warte du doch. Nerv jetzt nicht ich finde Dich. Wie heute.“ Mit dieser Nachricht wollte der Angeklagte Ö. den Geschädigten zur Zahlung eines Geldbetrages in nicht näher bekannter Höhe veranlassen und das Geld ohne Berechtigung für sich behalten. Der Geschädigte kam der Zahlungsaufforderung jedoch nicht nach.“
In der hier vorliegenden Sache wurde der Angeklagte vorläufig festgenommen am 06.02.2020 und befand sich in der Zeit vom 06.02.2020 bis 12.05.2020 in Untersuchungshaft aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Landshut vom 06.02.2020, Gz. Gs 528/20 jug. Seit dem 13.05.2020 ist die genannte Untersuchungshaft als Überhaft vorgemerkt, da sich der Angeklagte sei dieser Zeit in Strafhaft aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Landshut vom 24.07.2018, Az.: 13 Ls 405 Js 35795/17 jug., befindet, derzeit in der JVA Ebrach.
C.
Der festgestellte Sachverhalt:
Vorgeschichte:
(der hier geschilderte versuchte Tankstellenüberfall in Eggenfelden wurde in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt)
Der Zeuge P1. H2. erhielt im Jahre 2018 eine Erbschaft von mehr als 100.000 Euro, von welcher er dem damals befreundeten Angeklagten mindestens zweimal Beträge in der Größenordnung von 8.000 Euro und 2.000 Euro überließ. Während der Angeklagte die Auffassung vertritt, dass ihm das Geld geschenkt worden sei, ist der Zeuge H2. der Meinung, dass von Anfang an klargestellt worden sei, dass die Beträge zu gegebener Zeit zurückzuzahlen seien.
Am 05.02.2020 gegen 18:00 Uhr oder einige Minuten später trafen sich die Zeugen P1. H2., F S und A R einerseits und der Angeklagte andererseits gemäß vorheriger Absprach auf dem Sportplatz in Gangkofen, wobei dieses Treffen dazu dienen sollte, den Angeklagten Ö. zu einer Rückzahlung der von dem Zeugen H2. erhaltenen Beträge zu veranlassen. Diese Absicht war zwar H, S und R bekannt, nicht jedoch dem Angeklagten, welcher an diesem Tag seine Drogentherapie im Therapiezentrum Aiglsdorf bei Freising aus freien Stücken abgebrochen hatte und sich somit das erste Mal seit etwa vier Monaten wieder zuhause aufhielt.
Um den Angeklagten zur Zahlung zu motivieren, versetzte der Zeuge R1. dem Angeklagten ohne eine vorausgegangene Diskussion sogleich einen bis drei Faustschläge auf die linke Gesichtshälfte, drohten ferner die Zeugen R1. und S dem Angeklagten, dass er weiter geschlagen werde, darüber hinaus auch sein Bruder, und seiner Familie etwas angetan, sogar jemand umgebracht werde, wenn er nicht entsprechend kooperativ sei, während sich der Zeuge H2. passiv verhielt.
Anschließend wurde der Angeklagte in den Kofferraum des von dem Zeugen S1. gefahrenen PKW Seat Leon verbracht. S fuhr anschließend mit den Zeugen H2. und R im Fahrgast- und dem Angeklagten im Kofferraum nach Eggenfelden und stellte den Pkw, möglicherweise nach einer kurzen Unterbrechung von höchstens einigen Minuten, etwa zwei Minuten Fußweg von der Tankstelle Rottaler Autohof in Eggenfelden, Lauterbacher straße 51, entfernt ab, wobei vom Auto aus keine freie Sicht auf die Tankstelle war.
Nachdem auch der Angeklagte aus dem Kofferraum gestiegen war, erhielt er nochmals von dem Zeugen R1. einen oder mehrere Schläge auf die linke Gesichtshälfte, nicht ausschließbar auch durch ein etwa dreißig cm langes Holzscheit, und wurde von den Zeugen R1. und S aufgefordert die nahegelegene Tankstelle zu überfallen, wobei ihm der Zeuge S1. eine mit Schlitzen versehene Sturmmaske und seinen schwarzen Hoody mit einer am Rücken aufgedrückten Krone und dem Schriftzug „Brother“ übergab. Außerdem überreichte ihm der Zeuge R1. eine Spielzeugmaschinenpistole, welcher einer echten täuschend ähnlich sah. Da der Angeklagte zunächst nicht bereit war dem Ansinnen nachzukommen, wurde er nicht ausschließbar nochmals durch einen oder mehrere Schläge mit der Faust, möglicherweise auch mit dem genannten Holzscheit, wiederum auf die linke Gesichtshälfte durch den Zeugen R1. bearbeitet und gefügig gemacht, darüber hinaus auch durch vergleichbare Drohungen wie bereits zu Beginn.
Schließlich beugte sich der Angeklagte dem Verlangen, begab sich zur Tankstelle, ohne von den Zeugen H2., S oder R verfolgt zu werden, und forderte bekleidet mit dem oben beschriebenen Hoody und der Sturmmaske, während die Maschinenpistole im Hosenbund steckte und durch den Pullover bedeckt und somit nicht sichtbar war, von dem Tankstellenangestellten, dem Zeugen G3., gegen 19:25 im Außenbereich der Tankstelle Rottaler Autohof in das Gebäude an die Kasse zu gehen. Dabei packte er diesen an der Oberbekleidung im Schulterbereich. Der Zeuge G3. erkannte, dass der Angeklagte beabsichtigte die Tankstelle zu überfallen, kam dem Ansinnen des Angeklagten jedoch zunächst nicht nach und weigerte sich, in das Gebäude zu gehen.
Da sich der Angeklagte letztendlich nicht sicher war, ob er überhaupt noch die Tankstelle überfallen wollte, ließ er bei dieser Situation von seinem weiteren Vorhaben ab, verließ das Tankstellengelände und begab sich zum Pkw zurück, der unverändert mit den drei Zeugen H2., S und R an seinem geparkten Platz stand.
Der eigentliche Sachverhalt:
Da der Angeklagte ohne Geld erschien, schlug ihm der Zeuge R1. wiederum mit der Faust auf die linke Gesichtshälfte und verfrachtete den Angeklagten erneut in den Kofferraum. Daraufhin wurde er in das nur wenige Kilometer entfernte Hebertsfelden verbracht, um dort die Tankstelle Rottaler Autohof, Hauptstraße 1 b in 8..4332 Hebertsfelden, zu überfallen, während der Zeuge S1. seinen Pkw auf einem Parkplatz des Verkaufshauses Schleudermaxx ca. 100 bis 150 Meter entfernt von der Tankstelle abgestellt hatte. Beide Areale sind durch die dazwischen verlaufende B388 voneinander getrennt.
Unter dem Eindruck der bisherigen Schläge und Drohungen, wobei obige Drohungen auch erneuert wurden, erklärte sich der Angeklagte schließlich bereit nun den Tankstellenüberfall auszuführen.
Gegen 19:41 Uhr betrat er wiederum mit dem genannten Pullover und der Sturmmaske bekleidet das Gebäude der Tankstelle, ging auf die Kassiererin, die Zeugin D., zu, wobei er auch registrierte, dass er diese Zeugin bereits seit mehreren Jahren kannte, da sie mit ihm auf die Schule gegangen und er auch früher mit ihr befreundet war. Er richtete die Waffenattrappe, welche einer echten Maschinenpistole täuschend ähnlich sah und von der Zeugin D. auch nicht sicher lediglich als Spielzeugpistole erkannt wurde, aus einer Entfernung von einem halben Meter bis einem Meter auf den Oberkörper und Kopf der Zeugin D. und forderte mehrfach Geld und die Abschöpfungen, wobei ihm letzteres der Zeuge S1. aufgetragen hatte.
Die Geschädigte D., welche durch die Drohung mit der Waffe völlig eingeschüchtert war, öffnete die Kasse und stellte das Schubfach mit dem Geld auf den Tresen mit dem Hinweis, dass sie keinen Zugriff auf die Abschöpfungen habe, woraufhin der Angeklagte die Geldscheine im Gesamtwert von 980.- Euro entnahm und damit zum abgestellten Pkw flüchtete, bei welchem ihn die Zeugen R1., S und H erwarteten. Das erbeutete Geld übergab er dem Zeugen R1..
Kurz nachdem der Zeuge S1. losgefahren war und der Zeuge H2. auf dem Beifahrersitz, der Angeklagte hinter dem Fahrer und neben ihm der Zeuge R1. Platz genommen hatten, öffnete der Zeuge R1. die hintere Tür auf der Fahrerseite und trat den nicht angeschnallten Angeklagten bei geringer Geschwindigkeit aus dem PKW, wobei dieser sich dadurch mehrere großflächige Schürfungen vor allem im Bereich der rechten Flanke zuzog.
Anschließend fuhr der Angeklagte per Anhalter nach Hause. Gegen 22:00 Uhr benachrichtigte der Vater des Angeklagten die Polizei und zeigte an, dass der Angeklagte verprügelt worden sei. Im Lauf der eingeleiteten Ermittlungen konnte alsbald ein Zusammenhang zwischen den Verletzungen des Angeklagten und dem Tankstellenüberfall in Hebertsfelden hergestellt werden. Bereits bei der polizeilichen Vernehmung am 06.02.2020 gegen 01:30 gestand der Angeklagte den Tankstellenüberfall.
Durch die Schläge des Zeugen R1. erlitt der Angeklagte eine schmerzhafte Schwellung der linken Gesichtspartie mit einer rötlichen und im Bereich des Augenunterlids blaulividen großflächigen Schattierung in der linken Wangen-/Jochbeinregion sowie eine leicht geschwollen imponierende linke Augenbraue mit einer dort befindlichen Hautrötung. Zu schwerwiegenderen Verletzungen im Kopfbereich wie Brüchen oder einer Gehirnerschütterung kam es nicht.
Die Zeugin D. war nach dem Überfall über einige Monate hinweg erheblich beeinträchtigt, ohne sich in ärztliche Behandlung zu begeben oder sich krankschreiben zu lassen. Jedoch litt sie unter Angstzuständen und konnte über einige Monate nicht allein die Schichten an der Tankstelle übernehmen und vor allem auch keine Nachtschichten. In der Hauptverhandlung entschuldigte sich der Angeklagte bei ihr.
Der Angeklagte war bei Tatbegehung in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht erheblich eingeschränkt i.S. des § 21 StGB.
D.
Die Beweiswürdigung:
I.
Feststellung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten:
Der Angeklagte Ö. äußerte sich zu seiner Biografie so, wie es in dem Urteil wiedergegeben wurde.
Anhaltspunkte für psychische oder physische Erkrankungen des Angeklagten, welche zur Tatzeit Einfluss gehabt haben könnten, ergaben sich nicht. Im Übrigen wird dieser Gesichtspunkt im Rahmen der Schuldfähigkeit des Angeklagten noch näher erörtert.
Auch lagen keine Hinweise vor, dass der Angeklagte zur Tatzeit unter dem Einfluss von Drogen gestanden oder die Tat im Zusammenhang mit Drogen begangen haben könnte.
Zwar räumte der Angeklagte ein, dass er in der Vergangenheit durchaus mit Drogen zu tun gehabt habe, ohne dass er bereit war, hierzu nähere Angaben zu machen. Zudem erklärte er, dass er am 05.02.2020 aus freien Stücken eine Drogenentzugstherapie abgebrochen habe, welche zu diesem Zeitpunkt bereits etwa 4 Monate angedauert habe. Er habe diese nicht mehr fortsetzen wollen, da er der Auffassung gewesen sei, dass er diese nicht benötigt habe, da er insoweit keine Probleme gehabt habe.
Aus der Mitteilung des Universitätsklinikums Bonn vom 12.02.2020 zu den immunologischen Vortestbefunden läßt sich zudem entnehmen, dass bei dem Angeklagten am 06.02.2020 gegen 08.18 Uhr eine Blutprobe entnommen wurde, welche hinsichtlich der immunologischen Vortestungen auf Amphetamine, Metamphetamine, Kokain, Opiate, Cannabinoide, Methadon, Benzodiazepine und trizyklische Antedepressiva bis auf Cannabinoide ein negatives Ergebnis erbrachte. Aus dem ergänzenden rechtsmedizinischen Gutachten wiederum der Universitätsklinik Bonn vom 13. März 2020 ergibt sich hierzu, dass durch die vorgenommenen chemisch toxikologischen Untersuchungen nachgewiesen wurde, dass der Angeklagte Cannabisprodukte konsumierte. Die in der Serum-/Plasmaprobe festgestellten Konzentrationen an Cannabinoieden sprachen jedoch nach den Ausführungen des Gutachtens für einen geringen bzw. zurückliegenden Konsum und dafür, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Blutentnahme nicht unter einer deutlichen Wirkung von Cannabisprodukten stand.
Die Kammer hatte letztendlich auch keinerlei Anhaltspunkte, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt, also mehrere Stunden vor der Blutentnahme, unter der toxikologischen Wirkung von Cannabisprodukten stand. Auffälligkeiten in dieser Hinsicht konnten von keinem der vernommenen Zeugen – soweit sie hierzu überhaupt Angaben machen konnten – bestätigt werden und wurden auch von dem Angeklagten selbst nicht vorgebracht.
Nicht geklärt werden konnte jedoch, ob der Angeklagte dem Zeugen P1. H2. gegenüber Schulden hat. Sowohl der Zeuge H2. wie auch der Angeklagte bestätigten, dass der Angeklagte Geld im Bereich eines fünfstelligen Betrages von H erhalten habe, wobei der Zeuge H2. hierzu ausführte, dass er damals mit dem Angeklagten befreundet gewesen sei, er das Geld aus einer Erbschaft von mehr als 100.000 Euro zur Verfügung gehabt und der Angeklagte Geld benötigt habe. Daher habe er ihm das Geld übergeben. Schriftliche Aufzeichnungen darüber gebe es nicht. Während der Zeuge H2. ausführte, dass jedoch von Anfang an vereinbart gewesen sei, dass ihm der Angeklagte zu gegebener Zeit das Geld zurückzahlen müsse, erklärte der Angeklagte, dass es eine solche Vereinbarung nicht gebe, ihm vielmehr das Geld geschenkt worden sei.
Die festgestellten Vorstrafen ergaben sich aus der Verlesung des Bundeszentralregisterauszuges und die angeführten Sachverhalte zu den Verurteilungen durch das AG Eggenfelden vom 30.11.2016 und das Amtsgericht Landshut vom 24.07.2018 durch deren Verlesung.
II.
Die Feststellungen zum Sachverhalt:
Der Angeklagte bestätigte, dass er zunächst die Tankstelle Rottaler Autohof in Eggenfelden habe überfallen wollen, sein Vorhaben jedoch mangels ausreichender Entschlossenheit abgebrochen habe, als der Kassierer, der Zeuge G3., nicht sofort bereit gewesen sei in das Tankstellengebäude an die Kasse zu gehen. Auch räumte er ein, dass er wenige Minuten darauf die Tankstelle Rottaler Autohof in Hebertsfelden überfallen und die in der Kasse befindlichen Geldscheine erbeutet habe.
Er sei jedoch mit Schlägen und durch Drohungen dazu gezwungen worden, wobei ihm auch die Gesichtsmaske und eine Spielzeugpistole zur Verfügung gestellt worden seien. Hierbei sei gefordert worden, dass er – jedoch aus seiner Sicht nicht bestehende – Schulden bei dem Zeugen H2. begleiche.
Während der objektive Ablauf des versuchten Überfalls der Tankstelle in Eggenfelden und des vollendeten der Tankstelle in Hebertsfelden durch die Beweisaufnahme ohne Zweifel geklärt werden konnte und mit der Einlassung des Angeklagten ohne wesentliche Einschränkungen in Einklang zu bringen war, hatte die Kammer durchaus verschiedene Möglichkeiten zu bedenken, warum der Angeklagte sich zu dem Überfall entschlossen haben könnte. Hierbei war zu hinterfragen, ob der Angeklagte zu den Überfällen durch Schläge und Drohungen veranlasst worden war oder ob sich der Angeklagte für diese Überfälle – möglicherweise auch kurzfristig – selbst entschloss oder diese Überfälle gar einvernehmlich mit den Zeugen H2., S und R plante und durchführte. Dabei hatte die Kammer auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte nachgewiesenermaßen wenige Stunden nach dem Überfall verletzt vorgefunden wurde, wobei es der Kammer auch nicht abwegig erschien, dass diese Verletzungen erst zu einem späteren Zeitpunkt, beispielsweise bei Verteilen der Tatbeute und sich einem daraus ergebenden Streit, entstanden sein könnten.
Letztendlich legte die Kammer jedoch im Wesentlichen die Version zugrunde, welche der Angeklagte schilderte, da diese – in dubio pro reo – für den Angeklagten am günstigsten erschien, wobei sich die Kammer jedoch nicht von der Heftigkeit der Schläge überzeugen konnte, wie sie der Angeklagte beschrieb, da diese mit dem objektiven Verletzungsbild nicht in Einklang zu bringen war.
1. Einlassung des Angeklagten:
a) Angaben in der Hauptverhandlung
Der Angeklagte führte aus, dass er zuletzt wegen Raubes und anderem zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei, wobei die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zunächst zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Strafaussetzung sei ihm jedoch widerrufen worden, da er keinen Kontakt zum Bewährungshelfer hergestellt habe. In der Folge sei es ihm gelungen, eine Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG zu erhalten. In diesem Rahmen habe er sich einer Drogenentzugstherapie im Therapiezentrum Aiglsdorf bei Freising gestellt. Nach etwa 4 Monaten, nämlich am 05.02.2020, habe er aus freien Stücken diese Therapie am Vormittag abgebrochen, da er darin keinen Sinn mehr gesehen und die Therapie seiner Meinung nach auch gar nicht benötigt habe.
Schließlich habe er die Einrichtung etwa gegen Mittag verlassen und habe sich zum Bahnhof nach Freising begeben. Hier habe er längere Zeit auf den Zug warten müssen und auch ein paar dosen Whiskey-Cola getrunken. In Landshut angekommen habe er von sich und dem Bahnhof ein Foto gemacht und dieses seinen Freunden übersandt, so dass diese auch gewusst hätten, dass er wieder zu Hause sei.
Er selbst sei dann nach Hause zu seinen Eltern und dort eine Zeit lang geblieben. Sein früherer Freund, der Zeuge F. S1., habe ihm im Laufe des Tages eine Nachricht übersandt, dass er ihn sehen wolle. Ein Treffpunkt sei daraufhin gegen Abend um 18.30 Uhr am Sportplatz in Gangkofen vereinbart worden, zu welchem er zu Fuß erschienen sei.
Zu diesem Treffen sei der Zeuge S1. mit seinem Pkw Seat Leon gekommen, jedoch nicht alleine, vielmehr mit den weiteren Zeugen P1. H2. und A R, was für ihn überraschend gewesen sei, da S dies zuvor nicht erwähnt gehabt habe.
Der Zeuge R1. sei sodann aus dem Auto des S ausgestiegen, auf ihn zugegangen und habe ihm ohne Ankündigung mit der Faust sogleich bis zu dreimal auf die linke Gesichtshälfte geschlagen, so dass er dadurch zu Boden gegangen, jedoch auch sofort wieder aufgestanden sei.
Es habe sich herausgestellt, dass die drei von ihm Geld gewollt hätten, womit er bei diesem Treffen jedoch nicht gerechnet habe. Hintergrund sei wohl gewesen, dass ihm der Zeuge H2. vor ein, zwei Jahren aus einer Erbschaft, welche dieser erhalten habe, einmal 8.000 Euro und ein weiteres Mal 2.000 Euro geschenkt habe, einfach so, weil er mit ihm befreundet gewesen sei. H sei jedoch dann von den anderen, S und R, offensichtlich angestachelt worden, das Geld zurückzufordern. Diskussionen darüber habe es auch schon vor diesem Treffen gegeben.
Zugeschlagen habe nur der Zeuge R1.. Der Zeuge S1. habe ihm jedoch seine Jacke entrissen und auch sein Handy abgenommen. Ferner hätten ihn die Zeugen R1. und S mit weiteren Schlägen bedroht, schließlich auch seinen Bruder und angekündigt, dass seiner Familie etwas angetan, sogar jemand umgebracht werde, wenn er sich nicht entsprechend verhalte. Der Zeuge H2. sei hierbei im Hintergrund geblieben und habe sich passiv verhalten.
Anschließend sei er in den Kofferraum des Pkws des S verbracht worden.
Daraufhin seien sie alle vier nach Eggenfelden gefahren, wobei es wohl eine kurzzeitige Unterbrechung von einer Minute oder etwas länger gegeben habe. Er könne das alles nicht genau wiedergeben, da er sich im Kofferraum befunden habe und nicht nach draußen habe sehen können.
Schließlich sei der Pkw gestanden und er auch wieder aus dem Kofferraum ausgestiegen. Darauf hin habe ihm der Zeuge R1. noch ein paar Schläge auf seine linke Gesichtshälfte gegeben, wobei er auch ein etwa 30 cm langes Holzscheit verwendet habe. R habe dabei schon sehr stark zugeschlagen. Er habe versucht die Schläge mit seinem Arm abzuwehren, sei aber trotzdem auch mehrmals im Gesicht getroffen worden.
Die Zeugen R1. und S hätten ihn daraufhin aufgefordert die nahegelegene Tankstelle zu überfallen, wobei ihm der Zeuge S1. eine Sturmmaske, welche mit Schlitzen versehen gewesen sei, und seinen schwarzen Hoody mit einer am Rücken aufgedrückten Krone und dem Schriftzug „Brother“ übergeben habe. Diesen habe er dann angezogen, da ihm vorher ja seine Jacke schon entrissen worden sei und er lediglich noch ein T-Shirt angehabt habe. Der Zeuge R1. habe ihm eine Spielzeugmaschinenpistole in die Hand gedrückt.
Da er es jedoch zunächst abgelehnt habe die Tankstelle zu überfallen, sei er wiederum von R auf die linke Gesichtsseite geschlagen worden, in erster Linie mit der Faust, wie auch bereits vorher, und auch mit dem Holzscheit. Auch seien nochmals Drohungen ausgesprochen worden vergleichbar denen auf dem Sportplatz in Gangkofen.
Er sei jedoch nach wie vor unsicher gewesen, ob er die Tankstelle tatsächlich überfallen sollte, habe sich jedoch die Sturmmaske über das Gesicht gezogen und sei etwa zwei Minuten von dem Standort des Pkws zur Tankstelle Rottaler Autohof gegangen. Wo das Auto gestanden sei, habe man keine freie Sicht auf die Tankstelle gehabt.
Vor dem Tankstellengebäude habe er einen jungen Mann angesprochen, den er für einen Mitarbeiter der Tankstelle gehalten habe. Hierbei habe er die Pistole nicht offen getragen. Vielmehr sei diese im Hosenbund gesteckt und durch den Pullover bedeckt gewesen, somit nicht sichtbar. Den Mann habe er im Schulterbereich angetippt und ihn aufgefordert zur Kasse zu gehen, was dieser jedoch abgelehnt habe. Auf die Frage, ob er denn hier nicht arbeite, habe dieser das ebenfalls verneint. Er sei aber schon davon ausgegangen, dass der junge Mann in der Tankstelle kassiere.
Jedoch sei er noch relativ unentschlossen gewesen, ob er den Überfall überhaupt durchziehen sollte und habe es dann einfach bleiben lassen. Schließlich sei er zum Pkw zurückgegangen, welcher unverändert dort gestanden sei mit den drei Zeugen, H, S und R.
Da er nun ohne Geld erschienen sei, habe ihm der Zeuge R1. wiederum mit der Faust auf die linke Gesichtshälfte geschlagen und ihn erneut in den Kofferraum verfrachtet. Dann seien sie alle in das nur wenige Kilometer entfernte Hebertsfelden gefahren.
Nachdem er wieder aus dem Kofferraum ausgestiegen sei, sei ihm aufgetragen worden hier die Tankstelle Rottaler Autohof zu überfallen. Das Auto habe der S auf einem Parkplatz des Verkaufshauses SchleuderMaxx geparkt, etwa 100 bis 150 Meter von der Tankstelle entfernt. Es sei zutreffend, dass der Parkplatz und das Gelände der Tankstelle durch die dazwischen verlaufende Bundesstraße B388 getrennt seien.
Wiederum sei ihm die Spielzeugpistole übergeben worden und er auch in vergleichbarer Weise wie schon vorher bedroht worden.
Daher habe er sich auch gedacht, dass er jetzt zur Tankstelle gehe und das durchziehe, da er damit gerechnet habe, dass „die“ sonst wiederkämen und die Drohungen auch wahrmachen könnten.
Er habe also wiederum den Pullover angehabt, welchen ihm der Zeuge S1. gegeben habe. Des Weiteren habe er sich die Sturmmaske über das Gesicht gezogen und sei an die Verkaufstheke des Kassenbereichs der Tankstelle gegangen. Dieses Mal habe er die Spielzeugpistole im Anschlag gehalten und damit die Kassiererin bedroht. Dabei habe er auch registriert, dass er diese gekannt habe, nämlich die Zeugin D., da sie mit ihm auf die Schule gegangen und auch früher mit ihm näher befreundet gewesen sei. Er habe Geld und auch die Abschöpfungen verlangt, da ihm der Zeuge S1. eigens aufgetragen habe auch nach den Abschöpfungen zu fragen. Daraufhin hab ihm die Zeugin D. sichtlich beeindruckt den Kassenschub mit dem Geld auf die Theke gelegt, wobei er die Scheine an sich genommen habe.
Dann sei er geflüchtet und wiederum zum abgestellten Pkw gegangen, bei welchem ihn die Zeugen R1., S und H schon erwartet hätten. Das erbeutete Geld habe er dem Zeugen R1. übergeben.
Anschließend seien sie alle vier in den Pkw eingestiegen, wobei wiederum der Zeuge S1. gefahren sei und der Zeuge H2. auf dem Beifahrersitz Platz genommen habe, während er hinter dem Fahrer gesessen sei und neben ihm der Zeuge R1.. Letztgenannter sei jedoch erbost gewesen, da die Tatbeute so gering gewesen sei, und alsbald, nachdem S mit dem Pkw losgefahren sei, bei einer Geschwindigkeit von etwa 30 bis 40 km/h, habe der Zeuge R1. sich zu ihm herüber gebeugt, die hintere Tür auf der Fahrerseite geöffnet und ihn aus dem Pkw getreten, wobei er selbst nicht angeschnallt gewesen sei. Er sei also herausgefallen und habe sich dadurch auch erhebliche Abschürfungen und Prellungen zugezogen.
Per Anhalter sei er dann nach Hause gefahren.
Den Eltern, welche bei seinem Anblick sofort die Polizei verständigen wollten, habe er erzählt, dass er geschlagen worden sei. Obwohl er davon abgeraten und geäußert habe, dass ihn die anderen bei Einschalten der Polizei dann umbringen würden, habe sein Vater gemeint, dass „wir ja nicht in Amerika seien“ und habe die Polizei benachrichtigt.
Auf Vorhalt erklärte der Angeklagte, dass es zutreffend sei, dass er der Polizei zunächst nichts von den Raubüberfällen erzählt habe, auch nicht davon, dass er aus dem Pkw gestoßen worden sei, da er zunächst halt einfach eine verkürzte Version wiedergegeben habe. Bei der ausführlichen Vernehmung bei der KPI Passau am 06.02.2020 habe er jedoch die Vorfälle im Wesentlichen so geschildert wie auch hier in der Hauptverhandlung. Insbesondere habe er auch die Überfälle zugegeben und auch erwähnt, dass er aus dem Pkw getreten worden sei.
Zutreffend sei auch, dass er nach dem letzten Überfall in der Nähe des Tatortes die Sturmmaske und den Hoody ins Gebüsch geworfen habe. Die verwendete Spielzeugwaffe habe er jedoch im Auto gelassen. Was die anderen damit gemacht hätten, wisse er nicht.
Zu seinen Verletzungen könne er sagen, dass ihn nur der Zeuge R1. geschlagen habe. Dieser habe ihm immer auf seine linke Gesichtshälfte geschlagen, zumeist mit der Faust, ein paar Mal auch mit dem Holzscheit. Er habe jeweils sehr kräftig zugeschlagen, auch mit dem Holzscheit. Die Schläge seien schmerzhaft gewesen und er habe sie auch längere Zeit gespürt. Die Blessuren im Gesicht seien sichtbar gewesen, jedoch habe er keine Brüche oder sonstige schwerere Verletzungen davongetragen.
b) Angaben im Ermittlungsverfahren
Der Zeuge POM Federholzner führte aus, dass der Vater des Angeklagten der Einsatzzentrale am 05.02.2020 gegen 22.00 Uhr telefonisch mitgeteilt habe, dass sein Sohn vor mehreren Stunden von drei Personen geschlagen worden und dieser somit verletzt sei, jedoch ein Rettungswagen nicht benötigt werde.
Daraufhin seien etwa eine Stunde später Polizeibeamte, zu welchen auch er gehört habe, in der Wohnung des Angeklagten und dessen Eltern erschienen. Hierbei sei der Angeklagte zur Sache, insbesondere zu seinen Verletzungen befragt worden, wobei sich der Angeklagte im Wesentlichen folgendermaßen geäußert habe:
Am Abend desselben Tages gegen 18.00 Uhr habe er sich mit A R, P H und F S am Sportplatz getroffen. Sodann sei er geschlagen worden, wobei auch ein Holzstock im Spiele gewesen sei. Ferner sei ihm das Handy abgenommen worden. Auch sei er gezwungen worden in den Kofferraum zu steigen.
Der Zeuge POM Federholzner bestätigte, dass der Angeklagte irgendwelche Überfälle auf eine Tankstelle nicht erwähnt habe, auch letztendlich keinen Grund angegeben habe, weshalb er geschlagen worden sei.
Der Zeuge KHK Wohlstreicher, der Ermittlungsführer der KPI Passau des hier zugrundeliegenden Sachverhalts, führte aus, dass alsbald nach dem versuchten Tankstellenüberfall des Rottaler Autohofes in Eggenfelden und des wenige Minuten später gelungenen Tankstellenüberfalls in Hebertsfelden der Verdacht aufgekommen sei, dass der Angeklagte damit zu tun haben könnte. Einen entsprechenden Verdacht habe u.a. auch die Kassiererin der Tankstelle in Hebertsfelden geäußert, die Zeugin D..
Bei seiner Beschuldigtenvernehmung durch die KPI Passau am 06.02.20 gegen 01.30 Uhr sei der Angeklagte auch mit diesen Tankstellenüberfällen konfrontiert worden. Hierbei habe der Angeklagte sowohl den versuchten Überfall auf die Tankstelle in Eggenfelden wie auch den vollendeten Überfall auf die Tankstelle in Hebertsfelden eingeräumt und auch seine Verletzungen damit in Zusammenhang gebracht, nämlich geäußert, dass er geschlagen und bedroht worden sei, um diese Überfälle zu begehen, wobei insbesondere der Zeuge R1. Hand angelegt habe. Überwiegend sei er im Kofferraum transportiert worden.
c) Bewertung der Einlassungen
Auffallend war im Wesentlichen, dass der Angeklagte zunächst bei Eintreffen der Polizei, nachdem der Vater des Angeklagten diese verständigt hatte, isoliert davon sprach, von den Zeugen H2., S und R bei dem Treffen geschlagen worden zu sein, ohne den Grund dafür zu erwähnen.
Andererseits erscheinen diese Auslassungen des Angeklagten zunächst nicht unplausibel, da der Angeklagte in der Hauptverhandlung erklärte, dass er ganz grundsätzlich gegen die Verständigung der Polizei gewesen sei, sein Vater jedoch diese Entscheidung getroffen habe. Die Kammer hält es somit für nachvollziehbar, dass der Angeklagte von den Überfällen nichts erwähnte, um sich eben nicht selbst zu belasten.
Bemerkenswert ist jedoch, dass der Angeklagte bei seiner Beschuldigtenvernehmung nur wenige Stunden nach den Überfällen diese unumwunden einräumte. Zusammengefasst schilderte er auch bei dieser Vernehmung bereits, dass er mit Schlägen und Drohungen zu den Überfällen veranlasst, im Kofferraum transportiert und letztendlich auch aus dem Auto getreten worden sei.
Letztendlich konnte sich die Kammer davon überzeugen, dass der Angeklagte sehr zeitnah die Überfälle einräumte und die Zwangssituation aufgrund der Schläge und Drohungen so schilderte wie in der Hauptverhandlung.
Daher hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass die im Wesentlichen konstanten Angaben des Angeklagten auch für die Richtigkeit derselben sprachen.
2. Der objektive Ablauf der Überfälle:
Das Geständnis des Angeklagten zum objektiven Ablauf der Überfälle konnte zweifelsfrei durch die Beweisaufnahme als richtig bestätigt werden.
a) Vorfall Tankstelle Rottaler Autohof in Eggenfelden
Den eigentlichen Tatablauf schilderte der Zeuge G3. in gleicher Weise wie der Angeklagte selbst. Er führte hierzu aus, dass er im Außenbereich der Tankstelle tätig gewesen und plötzlich eine Person auf ihn zugekommen sei, welche eine Sturmmaske übergezogen gehabt habe. Diese Person habe ihn aufgefordert in die Tankstelle zu gehen, wobei er sich zunächst geweigert und erwidert habe, warum er das tun solle. Auch sei er gefragt worden, ob er hier arbeite. Der Mann habe ihn dabei nicht nur an der Schulter angetippt, sondern schon richtig an der Oberbekleidung gepackt.
Außer der – vernachlässigbaren – Diskrepanz in der Schilderung des Angeklagten und des Zeugen G3., ob der Zeuge G3. nun an der Oberbekleidung gepackt oder dort lediglich angetippt worden sei, waren die Angaben des Zeugen und des Angeklagten identisch. In selber Weise erklärten beide nämlich auch, dass der Täter bzw. der Angeklagte auch sofort wieder das Tankstellengelände verlassen habe, nachdem der Zeuge G3. nicht weiter auf ihn eingegangen sei.
Erwähnenswert ist noch, dass der Zeuge G3. erklärte, dass dieser Vorfall keine belastenden Eindrücke bei ihm hinterlassen und er auch danach unter keinen psychischen Problemen oder dergleichen gelitten habe.
Im Übrigen konnte auch anhand der Lichtbildaufnahmen der Überwachungskamera der Tankstelle, welche in Augenschein genommen wurden, das Aufeinandertreffen zwischen dem Täter, nämlich dem Angeklagten, und dem Zeugen G3. im Außenbereich der Tankstelle so festgestellt werden, wie es von beiden geschildert wurde. Hierbei ist zu erkennen, dass der Täter einen Hoody trug, auf dessen Rückseite eine Krone und der Namenszug „Brother“ aufgedruckt ist, wobei auch der Angeklagte angab, dass er einen solchen Hoody bei dem Überfall getragen habe. Wenngleich der Täter anhand der Lichtbilder nicht genau identifiziert werden konnte, so ergibt sich insbesondere aus der Statur (schlank) und Größe im Vergleich auch zu dem in der Hauptverhandlung anwesenden Zeugen G3., dass der Angeklagte ohne Weiteres als Täter in Betracht kommt.
Schließlich ergibt sich auch aus den Lichtbildern, bei welchen die Uhrzeit der Kameraaufnahme eingeblendet ist, dass sich der Vorfall gegen 19.25 Uhr ereignete.
b) Überfall Tankstelle Rottaler Autohof in Hebertsfelden
Den eigentlichen Überfall schilderte die Zeugin D. ohne wesentliche Diskrepanzen zu den Angaben des Angeklagten, wobei die Ausführungen der Zeugin D. in vollem Umfange auch von dem Zeugen K. E3. bestätigt wurden.
Die Zeugin D. erklärte, dass wenige Minuten nach 19.30 Uhr der maskierte Täter beim Verkaufstresen aufgetaucht sei und eine Waffe auf sie gerichtet habe, welche nur einen halben Meter oder etwas mehr von ihr entfernt gewesen sei. Sie habe sogar in den Lauf der Waffe sehen können. Letztendlich seien ihr zwar gewisse Zweifel gekommen, jedoch habe sie die Waffe für echt gehalten.
Der Täter habe Geld gefordert und auch nach der Abschöpfung gefragt. Unter dem Eindruck der Bedrohung habe sie das Schubfach mit dem Geld aus der Kasse genommen und auf den Tresen gestellt, worauf der Täter die Scheine an sich genommen habe und dann geflüchtet sei. Zu den Abschöpfungen habe sie geantwortet, dass sie an solche nicht rankomme.
Denselben Ablauf bestätigte der Zeuge K. E3.. Dieser gab an, dass er auf Geringverdiener-Basis ebenfalls bei dieser Tankstelle beschäftigt gewesen und bei der Tat fast in unmittelbarer Nähe des Täters gestanden sei. Er habe auch die Waffe gesehen, wobei er schon auch den Eindruck gehabt habe, dass diese Waffe möglicherweise nicht echt sei. Sicher sei er sich jedoch nicht gewesen.
Seine Kollegin, die Zeugin D., sei bei dem Überfall äußerst nervös gewesen und habe letztendlich auf Aufforderung des Täters die Schublade mit dem Geld auf die Theke gelegt. Sodann habe der Täter die Geldscheine an sich genommen und sei geflüchtet.
Die Zeugin A2. E3. führte aus, dass sie für die Kassenabrechnung verantwortlich sei und im Nachhinein festgestellt habe, dass der Täter 980 Euro erbeutet habe.
Wiederum ist zu erwähnen, dass entsprechende Bildpassagen der Überwachungskamera in der Tankstelle, welche den Überfall aufzeichnete, in Augenschein genommen wurden. Auch insoweit ergibt sich daraus, dass der Täter den bereits beschriebenen Hoody mit der Krone und der Aufschrift „Brother“ trug, die Statur und Größe des Angeklagten mit dem Täter ohne Weiteres in Einklang zu bringen ist und gemäß den Lichtbildern der Überfall gegen 19.36 Uhr stattfand.
Hierzu erklärte jedoch der Zeuge KHK Wohlstreicher, dass die Uhr der Videoüberwachungsanlage überprüft worden sei und eine gewisse Diskrepanz zur Echtzeit aufgewiesen habe. Die Zeiten seien dann jedoch im Ermittlungsbericht und in den Unterlagen entsprechend korrigiert worden, so dass davon auszugehen sei, dass der Überfall tatsächlich gegen 19.41 Uhr stattgefunden habe.
Hervorzuheben ist, dass der Angeklagte auch bei seiner Vernehmung angab, dass er bei diesem Überfall nach den Abschöpfungen gefragt habe, da ihm dies der Zeuge S1. so aufgetragen habe. Auch die Zeugin D. sprach davon, dass der Angeklagte nicht nur das Geld, sondern auch die Abschöpfungen verlangte.
Schließlich ist auch noch hervorzuheben, dass die Zeugin D. erwähnte, dass sie den Angeklagten von früher, insbesondere auch von der Schule her, gekannt habe. Als sich der Täter mit der Beute entfernt habe, sei sie der Auffassung gewesen, dass der Angeklagte der Täter sein könnte, da sie ihn möglicherweise am Gang erkannt habe.
Abschließend ist auch noch zu erwähnen, dass die Zeugin D. ausführte, dass sie der Überfall zunächst psychisch erheblich mitgenommen habe. In ärztliche Behandlung habe sie sich jedoch nicht begeben müssen. Auch sei sie nicht krankgeschrieben worden. Jedoch habe sie unter Angstzuständen gelitten und über einige Monate nicht allein die Schichten an der Tankstelle übernommen und vor allem auch keine Nachtschichten. Auch der Zeuge K. E3. bestätigte, dass die Zeugin D. nach dem Überfall sehr aufgelöst gewesen sei und auch über mehrere Monate hinweg durchaus Probleme gehabt habe. Ihn selbst habe der Überfall zwar zunächst auch durchaus „geschockt“, Folgewirkungen habe dieser für ihn jedoch nicht gehabt.
3. Schläge und Drohungen, damit der Angeklagte die Tankstelle überfällt
Der Zeuge P1. H2. führte hierzu aus, dass er den Angeklagten schon seit vielen Jahren kenne und mit diesem eigentlich befreundet gewesen sei. Deswegen habe er ihm ja Geld geliehen, damit dieser offene Rechnungen und dergleichen bezahle. Auch schon vor der Drogenentzugstherapie des Angeklagten habe er ihn aufgefordert, von dem geliehenen Geld, seiner Meinung nach seien es zwischen 25.000 bis 30.000 Euro gewesen, zumindest einen Teilbetrag von 2.000 bis 3.000 Euro zurückzuzahlen.
Es sei dann zu dem Treffen am Sportplatz in Gangkofen gekommen, wobei er vorher von dem Zeugen S1. abgeholt worden sei, welcher zusammen mit dem Zeugen R1. erschienen sei. Er habe eigentlich erst zu diesem Zeitpunkt erfahren, dass es bei dem Treffen um die Rückzahlung seines Geldes gehe.
Am Sportplatz sei der Zeuge R1. ausgestiegen, habe vielleicht ganz kurz mit dem Angeklagten geredet, ihm jedoch anschließend sofort zwei oder drei Fäuste ins Gesicht gegeben.
Es sei schon zutreffend, dass der R mitgefahren sei, da er und S ein wenig Angst vor dem Ö gehabt hätten.
Da der Angeklagte kein Geld dabei gehabt habe, sei der Zeuge R1. sauer gewesen. Der Angeklagte habe jedoch angeboten, nach Eggenfelden zu fahren, da er dort bei einem Kumpel Geld abholen könnte. Er sei dann dort ausgestiegen und nach einigen Minuten ohne Geld zurück gekommen.
Dann habe der Angeklagte das Fahrzeug, in welchem nach wie vor sie drei, nämlich H, S und R, und zusätzlich der Angeklagte gesessen seien, zum Schleuder-Maxx nach Hebertsfelden dirigiert, wiederum mit der Ankündigung, dass er dort von einem Kumpel Geld bekomme.
Der Angeklagte habe sich entfernt und sei dann tatsächlich wenige Minuten später mit Geld erschienen, wobei er jedoch nur etwa 400 Euro dabei gehabt habe, welches er zunächst dem R übergeben habe.
Auf keinen Fall sei es zutreffend, dass der Angeklagte zu irgendeiner Zeit im Kofferraum gewesen oder aufgefordert worden sei in diesen zu steigen.
Auf Nachfrage äußerte der Zeuge H2., dass er nichts dazu sagen werde, ob der Angeklagte auch bedroht worden sei. Nach eindringlicher Ermahnung erklärte er, dass so etwas schon passiert sei, er aber nicht genau wisse auf welche Weise. Irgendwie hätten sich die Bedrohungen wohl gegen den Angeklagten gerichtet.
Auf die Nachfrage, ob der Zeuge H2. etwas von den Überfällen mitbekommen habe, erklärte er, dass dies nicht der Fall sei. Auch eine Pistole oder dergleichen habe er nicht wahrgenommen. Darüber hinaus könne er auch nicht sagen, in welche Richtung der Angeklagte jeweils gegangen sei, als er in Eggenfelden und später dann in Hebertsfelden den Pkw verlassen habe. Seine Unwissenheit erklärte der Zeuge damit, dass ihn die Situation am Sportplatz in Gangkofen schon belastet habe, da der Zeuge R1. sogleich zugeschlagen habe. Er habe dann nur noch in einer Art Tunnelblick in eine Richtung geschaut und nicht mehr mitbekommen, was im Einzelnen abgelaufen sei.
Ähnlich vage äußerte sich auch der Zeuge S1.. Dieser bestätigte zunächst, dass er mit dem Angeklagten Ö Nachrichten per Handy ausgetauscht und mit diesem somit das Treffen auf dem Sportplatz in Gangkofen vereinbart habe. Er habe auch den Zeugen R1. mitgenommen, weil er sich dadurch sicherer gefühlt habe.
Auf konkrete Nachfrage erklärte der Zeuge S1., dass er nicht davon ausgehe, dass der Angeklagte gewusst habe, dass bei dem Treffen Geld gefordert werde.
In Gangkofen sei der Zeuge R1. ausgestiegen und habe dem Angeklagten gleich einmal die Faust gegeben. Er habe ihn ins Gesicht geschlagen.
Mit einem Holzstück sei der Angeklagte jedoch zu keinem Zeitpunkt geschlagen worden. Von Drohungen wisse er eigentlich nichts.
Durch das Eingreifen des Zeugen R1. sei der Angeklagte jedoch schon beeindruckt gewesen und habe sich auch bereit erklärt Geld aufzutreiben.
Dann sei man nach Eggenfelden zum Schellenbruckplatz gefahren. Der Angeklagte sei ausgestiegen und habe auch sein Handy und seine Geldbörse dabei gehabt. Es sei ihm nicht aufgefallen, dass er weitere Gegenstände wie beispielsweise eine Sturmmaske oder eine Spielzeugpistole dabei gehabt habe. Einige Minuten später sei er wieder erschienen und habe erklärt, dass er kein Geld habe auftreiben können.
Er habe sich jedoch in Hebertsfelden mit einem Kumpel treffen wollen, so dass sie alle vier auch dorthin gefahren seien. Der Angeklagte habe sich dann auf dem Parkplatz des Schleuder-Maxx vom Auto entfernt und sei nach wenigen Minuten wieder zurückgekommen und habe auch Geld abgeliefert.
Mehr wisse er nicht.
Im Nachhinein habe er erfahren, dass der Angeklagte von seinem Vater geschlagen worden sei. Davon könnten auch die Verletzungen stammen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Zeugen H2. und S übereinstimmend angaben, von einem geplanten oder erfolgten Überfall auf eine Tankstelle nichts gewusst oder mitbekommen zu haben. Auch hätten sie keinerlei Gegenstände, welche darauf hindeuten könnten, wahrgenommen, weder eine Sturmmaske noch eine Pistole oder dergleichen.
Ebenso übereinstimmend gaben sie an, dass der Zeuge R1. dem Angeklagten ins Gesicht geschlagen habe, um letztendlich seiner Forderung nach Geld Nachdruck zu verleihen. Weitergehende, insbesondere verbale Drohungen, bestätigte jedoch nur der Zeuge H2., nicht jedoch der Zeuge S1., wobei jedoch der Zeuge H2. zu dem Inhalt der Drohungen keine Angaben machte.
Demgegenüber stehen die Schilderungen des Angeklagten, welcher ausführte, dass er nicht nur am Sportplatz in Gangkofen geschlagen und bedroht worden sei, sondern auch in Eggenfelden und in Hebertsfelden, wobei sich bei den verbalen Bedrohungen auch der Zeuge S1. hervorgetan habe.
Letztendlich ergab sich für die Kammer bei einer Gesamtbetrachtung folgende Einschätzung:
Das Treffen der drei Zeugen S1., H und R mit dem Angeklagten sollte dazu dienen diesen unter Druck zu setzen, letztendlich, damit er vermeintliche Schulden zurückzahlte. Wie der Zeuge S1. jedoch einräumte, war der Zweck dieses Treffens dem Angeklagten nicht vorher bekannt, was dieser auch so bestätigte.
Auch hatte die Kammer keinerlei Zweifel, dass auf den Angeklagten mit Schlägen und Drohungen eingewirkt wurde.
Deutlich schwieriger war jedoch die Frage zu beantworten, ob die Schilderungen des Angeklagten auch dahingehend plausibel waren, dass er aufgefordert wurde eine Tankstelle zu überfallen.
Wie bereits ausgeführt, bestritten dies die Zeugen H2. und S.
Andererseits hinterließen diese Zeugen vor Gericht einen äußerst schlechten Eindruck.
Der Zeuge H2. fiel dadurch auf, dass er außer dem ersten Angriff auf den Angeklagten am Sportplatz in Gangkofen kaum etwas mitbekommen haben will. Er sei in einem Tunnelblick gewesen und habe dazu auch kaum etwas davon gehört, was gesprochen worden sei. Nochmals ist daran zu erinnern, dass er sich zunächst auch weigerte die Frage zu beantworten, ob der Angeklagte von dem Zeugen R1. verbal bedroht worden sei. Nachdem er dies nach nochmaliger intensiver Belehrung jedoch bejahte, äußerte er sich dahingehend, dass er sich an den Inhalt der Drohung nicht mehr erinnern könne.
Ähnlich verhielt es sich bei dem Zeugen S1., welcher jedoch von vornherein keine Bedrohungen mitbekommen haben will. Hierbei ist jedoch auch zu bedenken, dass der Zeuge S1. von dem Angeklagten als derjenige bezeichnet wird, welcher neben dem Zeugen R1. auch vehement durch verbale Drohungen aufgefallen sei.
Somit bleibt festzuhalten, dass die Angaben der Zeugen S1. und H für sich betrachtet bereits aus den genannten Umständen nicht sehr glaubhaft waren und die Zeugen nicht sehr glaubwürdig erschienen.
Hinzu kam, dass Teile eines Spielzeugsets, welchem augenscheinlich auch die beim Überfall verwendete Maschinenpistole angehörte, nach den Angaben des Zeugen KHK Wohlstreicher bei der Durchsuchung des Fahrzeugs des S am Tag nach dem Überfall aufgefunden worden seien. Hierbei handelte es sich zum einen um ein olivfarbenes Plastikfernglas und eine olivfarbene Trinkflasche nebst Kabelbindern, wie sie bei der Verpackung solcher Gegenstände in einem größeren Set zu erwarten sind. Von diesen Gegenständen konnte sich die Kammer bei der Inaugenscheinnahme entsprechender Lichtbilder vom Inneren des Pkws ein Bild machen. Die Kammer hatte sich somit damit auseinanderzusetzen, dass diese genannten Gegenstände darauf hindeuten könnten, dass die Zeugen S1., H und R oder einer dieser Zeugen im Vorfeld auch die Spielzeugpistole kauften, mit welcher der Angeklagte letztendlich den Überfall beging. Dieser Umstand könnte somit die Version des Angeklagten bestätigen und gegen die Einlassung der Zeugen H2. und S sprechen.
Des Weiteren war auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte zu dem Treffen in Ganghofen auf dem Sportplatz zu Fuß erschien und nach seinen und den Angaben des S nichts davon gewusst habe, dass er dort mit einer Geldforderung konfrontiert werde. Es wäre äußerst befremdlich, dass der Angeklagte zu diesem Treffen schon diese Maske, wie sie für einen Überfall benötigt wird, mitgeführt hätte. Auch dieser Gesichtspunkt spricht somit eher für die Einlassung des Angeklagten, dass ihm die Gesichtsmaske vor Ort für einen Überfall übergeben worden sei, wobei der Angeklagte erwähnte, dass ihm der Zeuge S1. die Maske gegeben habe.
Letztendlich hatte die Kammer somit auch zu bedenken, dass die Zeugen H2., S und R durchaus, entgegen den Angaben der Zeugen H2. und S, in den Plan des Angeklagten, die Tankstellen zu überfallen, eingeweiht gewesen sein könnten. Nicht ausschließbar ist auch, dass sie von vornherein insoweit gemeinsame Sache machten und vereinbart war, dass eben u.a. der Zeuge S1. das Fluchtauto fährt und der Angeklagte die Tankstelle überfällt.
Letztendlich konnte die Kammer jedoch auch nicht widerlegen, dass sich der Vorfall im Wesentlichen so ereignete, wie ihn der Angeklagte schilderte, nämlich, dass er bei dem Treffen in Gangkofen unvermutet mit der Geldforderung konfrontiert wurde wie auch anschließend mit den Aufforderungen in Eggenfelden und Hebertsfelden, jeweils die Tankstelle zu überfallen.
Da unter Berücksichtigung aller hier in Betracht kommenden Möglichkeiten diese Version für den Angeklagten am günstigsten erscheint, da sie von seiner Seite keine Planung voraussetzte und er hierbei unter massivem Druck diese Überfälle begangen hätte, legte die Kammer diese Version nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ der Sachverhaltsschilderung zugrunde.
4. Bewertung des Bedrohungspotentials und Einschätzung der Nötigungslage
a) Anmerkungen zu den erhaltenen Schlägen und Verletzungen
Die Kammer konnte sich im Ergebnis, bei einer Gesamtbetrachtung aller wesentlichen Gesichtspunkte, nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte von dem Zeugen R1. jeweils mit sehr großer Kraft ins Gesicht geschlagen wurde entsprechend seiner Schilderung in der Hauptverhandlung. Das Treten aus dem fahrenden Auto mit anschließendem Sturz erschien der Kammer aufgrund der Verletzungen zwar plausibel, aber nicht die dabei von dem Angeklagten angegebene Geschwindigkeit des Pkws.
Ausgangspunkt für diese Einschätzungen waren zunächst die objektiven Verletzungen des Angeklagten.
Der Zeuge KHK Pongratz erklärte hierzu, dass er am 05.02.2020 nach Beendigung der Tatortarbeit an der Tankstelle in Hebertsfelden gegen 23.00 Uhr nach Gangkofen gefahren und wenige Minuten später dort eingetroffen sei. Hierbei sei der Angeklagte auch befragt worden und er habe diesen gesehen. Der Angeklagte sei im Gesichtsbereich sichtbar verletzt gewesen, vor allem auf der Seite, wo er fotografiert worden sei, also auf der linken.
Auf konkrete Nachfrage erklärte der Zeuge P4., dass er sich nach dem ihm gebotenen Verletzungsbild nicht vorstellen könne, dass der Angeklagte mehrmals mit einem 30 cm langen Holzstock oder Holzscheit massiv ins Gesicht geschlagen worden sei. Dann hätte es seiner Meinung nach ein deutlich schwereres Verletzungsbild geben müssen.
Ferner berücksichtigte die Kammer bei der Beurteilung der Verletzungen des Angeklagten die Ausführungen der Rechtsmedizin München in dem Gutachten vom 15.07.2020, GA-Nr.: 20-24-0057-02.
In diesem Gutachten ist ausgeführt, dass bei der Beurteilung 22 polizeiliche Lichtbilder des Angeklagten zur Verfügung gestanden seien, welche jeweils am 05.02.2020 gegen 19.45 Uhr bzw. gegen 23.50 Uhr aufgenommen worden seien. Hierbei beschreibt das Gutachten im Wesentlichen Schürfungen (auch großflächigere) und dergleichen und Verletzungen im Gesichts-/Kopfbereich mit folgenden erkennbaren Befunden:
-„an der rechten Flanke ein großflächiges, insgesamt bis ca. 10 cm breites und 12 cm hohes Areal mit zum Teil flächenhaften, teils kleinfleckigen und vielfach miteinander in Verbindung stehenden Hautrötungen bzw. rötlichen Hautverfärbungen sowie oberflächlichen Hautläsionen im Sinne einer Schürfung; in der oberen Hälfte des Areals der Hautdefekte mit wohl noch stellenweisen nässenden Wundgrund. Im Bereich der oberen Begrenzung sind auch beginnende braun-rote, offenbar trockene Blut- und/oder Wundsekretauflagerungen erkennbar. Die Verletzung weist nahezu über die gesamte Höhe parallel zueinander steil von hinten nach unten vorne verlaufende, streifige Anteile auf, die sich augenscheinlich bogenförmig mit der Konvexität nach vorne ziehen und im Bereich der eher flächenhaften Hautläsion feinlineare, unterschiedlich lange Auszieher bilden; eine Schubrichtung nicht sicher erruierbar. Im vorderen Bereich des Areals erscheinen zwei sich teilweise mit dem großflächigen Areal überlagernde Befunde – eine grob rundlich konfigurierte, etwa 4 cm im Durchmesser einnehmende Stelle mit scheinbar akzentuierter oberflächlicher Schürfung und eine fraglich lineare, oberflächliche, eher kratzerartige, nahezu horizontal verlaufende Hautläsion.
–über den Grundgelenken der Finger III bis V der rechten Hand streckseitig mehrere unregelmäßig geformte, kleinflächige, umschriebene Oberhautläsionen zwischen je etwa Reiskorn- und Linsengröße; eine weitere derartige Läsion über dem körperfernen Fingergelenk des Zeigefingers; an der Fingerkuppe, direkt unterhalb des Nagelrandes, eine aufgrund der Bildperspektive nicht näher beurteilbare Verletzung, wohl mit Ausbildung eines Oberhautläppchens.
-eine offenbar annähernd gleichartige, etwa reiskorngroße, wohl oberflächliche Hautläsion an der zum Daumen hin gewandten Seite des Grundgelenks des linken Zeigefingers; die Grundgelenke der linken Hand (insbesondere Finger II und III) streckseitig diffus gerötet imponierend.
-an der Streckaussenseite des linken Unterschenkels ein ca. 2 cm breites und 5 cm hohes Areal mit einer Hautrötung und insgesamt wohl etwa drei Dutzend glasstecknadelkopfgroßen, offenbar beginnend verschorften Hautdefekten; in einer gedachten Senkrechten durch diese Verletzung, jedoch mit lichtem Abstand von etwa 5 cm weiter distal, ein annähernd gleichartiger, etwa 1 cm breiter und 0,5 cm hoher Befund wenige Zentimeter oberhalb des linken Außenknöchels.
-eine rötliche und im Bereich des Augenunterlids fragliche blaulivide großflächige Schattierung in der linken Wangen-/Jochbeinregion, eine leicht geschwollen imponierende linke Augenbraue in ihrer äußeren Hälfte; oberhalb des äußeren Anteils der linken Augenbraue ein Areal von ca. 2 cm Durchmesser mit Hautrötungen.
-über dem rechten Ellenbogen eine auf die Streckseite des Unterarms übergehende Hautrötung in Form eines etwa 2 cm breiten und insgesamt ca. 8 cm langen Streifens mit zentraler Unterbrechung.
-am Übergang von der rechten Halsseite zur Brustkorbvorderseite, über dem inneren Anteil des rechten Schlüsselbeins, ein Areal mit unregelmäßig konfigurierter, abschnittsweise verhältnismäßig scharf umschriebener Hautrötung, mit einer fraglichen kleinen, oberflächlichen Hautabschürfung; von hier aus schräg nach oben hinten in einer geschwungenen Linie ansteigend unspezifisch geformte, kleinflächige Hautrötungen.“
Zu ergänzen ist, dass sich die Kammer selbst durch Inaugenscheinnahme der von dem Angeklagten gefertigten Lichtbilder wenige Stunden nach der Tatzeit ein Bild von diesen beschriebenen Verletzungen machen konnte.
In dem Gutachten der Rechtsmedizin ist sodann zusammengefasst beschrieben, dass nach der Lichtbilddokumentation frische Verletzungen im Bereich u.a. der linken Gesichtshälfte, der rechten Flanke, des linken Unterschenkels und der Hände vorgelegen hätten, wobei es sich im Wesentlichen um die Folgen stumpfer Gewalteinwirkung handle.
Zu den Verletzungsbildern der linken Wangen- und Augenregion erläuterte das Klinikum, dass hier ein Verletzungsbild vorliege, das gut als Folge von (mindestens) einem Faustschlag interpretiert werden könne, wobei eine Überlagerung von Einzelverletzungen im Sinne mehrerer Schläge nicht ausschließbar sei.
Der Angeklagte selbst bemerkte zu seinen Verletzungen im Gesichtsbereich – wie bereits ausgeführt -, dass die Schläge schmerzhaft gewesen seien und zwar auch über längere Zeit. Auch seien Blessuren im Gesicht deutlich sichtbar gewesen. Jedoch habe er dadurch keine Brüche oder sonstige schwerere Verletzungen davongetragen.
Zusammengefasst und unter Berücksichtigung obiger Gesichtspunkte gelangte die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte – entsprechend seinen Angaben – durchaus mehrere Schläge auf die linke Gesichtshälfte erhielt, wobei auch möglicherweise mit einem Holzscheit zugeschlagen wurde. Hierbei konnte letztendlich nicht ausgeschlossen werden, dass es sich im Wesentlichen um diese Vielzahl von Schlägen handelte, welche der Angeklagte bei seiner Schilderung des Vorfalls erwähnte und welche dem Sachverhalt zugrunde gelegt wurde.
Andererseits musste die Kammer jedoch auch berücksichtigen, dass die Schläge zwar zu deutlich sichtbaren oberflächlichen Blessuren und Verletzungen führten, jedoch keine schwereren Verletzungen hinterließen, so dass diese Schläge nach Überzeugung der Kammer entgegen der Einlassung des Angeklagten bei weitem nicht durchwegs mit sehr großer Kraft ausgeführt wurden, insbesondere soweit auch mit einem Holzscheit zugeschlagen wurde.
Insoweit kam die Kammer zu dem Schluss, dass der Angeklagte insoweit zu Übertreibungen neigt.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang nämlich auch, dass der Angeklagte nach Überzeugung der Kammer die Situation stark übertrieben darstellte, bei welcher er aus dem Auto getreten worden sei (und somit auch deswegen die Vermutung naheliegt, dass er auch bei den Schlägen im Gesicht stark übertrieb). Er erwähnte hierbei, dass der Pkw bei dieser Situation mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h gefahren sei.
Zwar folgte die Kammer tatsächlich der Einlassung des Angeklagten, dass er aus einem fahrenden Fahrzeug getreten worden sei und dadurch erhebliche Schürfverletzungen erlitten habe, wie sie bei der Beschreibung der Verletzungen durch die Rechtsmedizin in dem Gutachten vom 15.07.2020 (s.o.) dargestellt wurden.
Hierbei ist nämlich zu den Schürfungen im Bereich der rechten Flanke erläutert, dass diese als Folge der Einwirkung stumpfer Gewalt mit schürfartiger Komponente angesehen werden könnten, wobei hier aufgrund der Größe des betroffenen Areals eher von einem großflächigen Kontakt auszugehen sein dürfte. Die Verletzung scheine insgesamt durch eine Relativbewegung der rechten Flanke des Angeklagten an einer rauen, flächigen oder eventuell linearkantigen Zieloberfläche verursacht worden zu sein.
Die Schürfungen im Bereich der rechten Flanke, aber auch die weiteren beschriebenen Verletzungen am Unterschenkel, sind nach Überzeugung der Kammer ohne Weiteres mit dem Sturz auf die Straße aus einem fahrenden Fahrzeug in Einklang zu bringen, wie ihn letztlich der Angeklagte schilderte. Auf diese Weise entsteht ja gerade der großflächige Kontakt (mit der Straße), welchen die Rechtsmedizin nach dem Verletzungsbild für plausibel hält.
Andererseits hält es die Kammer hier nicht für realistisch, dass der Pkw bei diesem Sturz tatsächlich eine Geschwindigkeit von 30 km/h oder eine noch höhere gehabt haben könnte. Dann wären auch gravierendere Verletzungen zu erwarten gewesen und nicht lediglich Schürfungen in der festgestellten Art.
b) Qualität der Drohungen
Zu den Drohungen erklärte der Angeklagte, dass ihm weitere Schläge angekündigt worden seien, auch gegenüber seinem Bruder, ferner damit, dass seiner Familie etwas angetan und auch jemand umgebracht würde, wenn sich der Angeklagte nicht erwartungsgemäß verhalte.
Der Angeklagte führte ferner aus, dass er dadurch sehr beeindruckt gewesen sei und auch Angst gehabt habe.
Auf Nachfrage, warum er dem Ansinnen, eine Tankstelle zu überfallen, nachgekommen sei, gab er an, dass „die“ ja sonst immer wieder gekommen wären und auch die Drohungen wahr gemacht hätten.
Hierbei hatte die Kammer jedoch zunächst zu bedenken, dass die Schläge, welche der Angeklagte im Laufe der Auseinandersetzung erhielt, zwar erheblich waren, jedoch nicht durchgehend mit sehr starker Kraft ausgeführt wurden, wie oben bereits erläutert wurde. Ferner war der Angeklagte durch die Schläge, welche er erhielt, keineswegs so beeinträchtigt, dass er die Überfälle nicht hätte durchführen können.
Aufgrund der Qualität der erhaltenen Schläge und der Einlassung des Angeklagten zu seiner Befürchtung, dass die ja sonst immer wieder gekommen wären, erscheint es der Kammer nicht plausibel, dass der Angeklagte zum damaligen Zeitpunkt – bei einer Weigerung, die Tankstelle in Eggenfelden zu überfallen – damit gerechnet habe, unmittelbar bevorstehend deutlich schwerer verletzt oder gar umgebracht zu werden.
Letztendlich waren auch die von den Zeugen S1. und R geäußerten Drohungen gegenüber den Famililenmitgliedern des Angeklagten nicht unmittelbar aktuell, da sich zunächst ja nur der Angeklagte „in der Hand“ der Zeugen S1. und R befand.
Zusammengefasst gelangte die Kammer somit aufgrund dieser Betrachtungen zu der Einschätzung, dass der Angeklagte durchaus von den Schlägen und Drohungen beeindruckt war und auch mit unmittelbar weiteren im Wesentlichen vergleichbaren Schlägen rechnete wie er sie bereits erhalten hatte, wenn er dem Tankstellenüberfall in Eggenfelden nicht nachgekommen wäre, jedoch nicht mit einer konkret bevorstehenden deutlich weitergehenden Gefahr für Leib oder Leben für sich oder andere.
5. Der Angeklagte war voll schuldfähig:
In der Hauptverhandlung ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen der Eingangsmerkmale des § 20 StGB.
Der Angeklagte konnte der Hauptverhandlung offensichtlich sehr gut folgen. Er erfasste die an ihn gestellten Fragen und beantwortete sie für sich gesehen plausibel. Mit eigenen Worten schilderte er aus seiner Sicht den Tatablauf, wobei keinerlei kognitive Einschränkungen erkennbar waren.
Des Weiteren ließ sich die Kammer leiten von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. Hutterer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, welcher bei der Hauptverhandlung anwesend war. Zusammenfassend kam er zu dem Ergebnis, dass keinerlei begründbare Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB vorlägen und somit insbesondere kein Eingangsmerkmal im Sinne des § 20 StGB begründet werden könne. Auch Anhaltspunkte für einen Hang zu berauschenden Mitteln im Sinne des § 64 StGB lägen nicht vor.
Der Sachverständige Dr. Hutterer erwähnte, dass der Angeklagte eine Untersuchung abgelehnt und sich hier in der Hauptverhandlung als völlig gesund und unauffällig dargestellt habe. Auch habe er psychische Erkrankungen oder ein bestehendes Alkohol- oder Drogenproblem verneint.
Es gebe somit wenig Anhaltspunkte um hier Eingangsmerkmale nach § 20 StGB überhaupt diskutieren zu können.
Er habe bei seiner Beurteilung durchaus berücksichtigt, dass der Zeuge S1. den Angeklagten als unbeherrscht und auch krankhaft beschrieben habe, welcher bereits mehrere Psychiatrieaufenthalte hinter sich habe. Möglicherweise könnte dies darauf hindeuten, dass der Angeklagte in der Vergangenheit übermäßig Drogen konsumiert habe, welche zu einer drogeninduzierten Psychose – zumindest zeitweise – geführt habe. Nicht völlig abwegig sei es auch an Persönlichkeitsstörungen zu denken, insbesondere an eine emotional instabile, welche durch Affektstörungen gekennzeichnet sei. Die Vorstrafen könnten auf dissoziale Verhaltensweisen hinweisen.
Letztendlich gebe es jedoch keine wirklich stichhaltigen Anhaltspunkte, welche auf Störungen des Angeklagten zur Tatzeit im Sinne der Eingangsmerkmale des § 20 StGB hinwiesen.
Auch die Kammer hatte letztendlich insoweit keine Anhaltspunkte, folgte schließlich den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Hutterer und überzeugte sich davon, dass der Angeklagte zur Tatzeit in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht wesentlich im Sinne des § 21 StGB beeinträchtigt war.
Zu ergänzen ist noch, dass nach den Angaben des Zeugen POM Federholzner der bei dem Angeklagten am 05.02.2020 gegen 22:58 freiwillig vorgenommene Atemalkoholtest mit einem nicht geeichten Messgerät einen Wert von 0,13 mg/l ergab, die vom Universitätsklinikum Bonn untersuchte Blutprobe, welche am 06.02.2020 gegen 08:18 Uhr entnommen wurde, nach den GC- und ADH-Methoden jeweils einen Wert von unter 0,1 Promille Blutalkohol. Alkoholbedingte Ausfallerscheinungen oder Auffälligkeiten des Angeklagten zur Tatzeit konnten von keinem der Zeugen, soweit sie überhaupt dazu etwas sagten, bestätigt werden. Darüber hinaus steht auch gar nicht fest, ob der Angeklagte nach den Überfällen und noch vor dem Atemalkoholtest Alkohol konsumierte, da sich der Angeklagte hierzu nicht äußerte. Letztendlich könnte auch ein Nachtrunk für den positiven Wert beim Atemalkoholtest verantwortlich sein. Zusammengefasst hatte die Kammer keine Anhaltspunkte, dass der Angeklagte zur Tatzeit wesentlich unter dem Einfluss von Alkohol gestanden sein könnte.
E.
Rechtliche Würdigung:
I.
Schuldspruch:
Der Angeklagte machte sich somit schuldig des schweren Raubes gemäß den §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 1 b, Abs. 3 StGB.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Angeklagte die Spielzeugpistole, welche als solche jedoch nicht ohne Weiteres erkennbar war und die Zeugin D. auch nicht sicher als solche erkannte, auf diese Zeugin richtete, um ihr damit zu drohen, und sie letztendlich damit nötigte, das Schubfach mit dem Geld auf den Tresen zu stellen, von welchem sich der Angeklagte bediente und daraus die Geldscheine entnahm. Bei der Spielzeugwaffe handelte es sich somit um eine „Scheinwaffe“, welche zwar nach ihrer objektiven Beschaffenheit ungefährlich war, womit jedoch bei ihrer Verwendung eine einer echten Waffe vergleichbare Bedrohungswirkung ausging, wie es der Angeklagte sich vorstellte. Damit handelte es sich um ein Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB, welches der Angeklagte bei sich führte, um den Widerstand der Kassiererin durch Drohung mit Gewalt zu verhindern bzw. zu überwinden.
Erwähnenswert ist auch, dass der Angeklagte diese Scheinwaffe nicht nur bei sich führte, sondern auch tatsächlich verwendete, wobei dieser Umstand jedoch nicht dazu führt, dass die Vorschrift des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt sein könnte, da insoweit der Gebrauch einer Scheinwaffe nicht ausreichend ist.
Auf den minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB wird im Rahmen der Strafzumessung eingegangen.
II.
Kein rechtfertigender oder entschuldigender Notstand
Die Annahme eines rechtfertigenden Notstandes im Sinne des § 34 StGB oder eines entschuldigenden Notstandes im Sinne des § 35 StGB erschien fernliegend.
Der rechtfertigende Notstand des § 34 StGB setzt voraus, dass der Täter bei einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden. Dann würde er nicht rechtswidrig handeln, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegen würde. Die Gefahr dürfte nicht anders abwendbar sein als durch die Begehung der Tat (Thomas Fischer, StGB, § 34, RdNr. 9; BGH 5, 375; 18, 311). Es dürfte kein weniger einschneidendes Anwendungsmittel zur Verfügung stehen (BGH 18, 311).
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Gefahr insbesondere auch dann anders abwendbar ist, wenn rechtzeitige staatliche Hilfe möglich ist (Thomas Fischer, StGB, § 34, RdNr. 9 a).
Bezogen auf den Sachverhalt überzeugte sich die Kammer davon, dass der Angeklagte ohne Weiteres rechtzeitig staatliche Hilfe hätte herbeiholen können.
Der Angeklagte hätte nämlich in der Tankstelle ohne Weiteres der Kassiererin erklären können, dass er zu einem Tankstellenüberfall genötigt werde, und somit auf diese Weise die Polizei einschalten können.
Die Kammer hatte letztendlich keinerlei Anhaltspunkte, dass dem Angeklagten eine solche Vorgehensweise nicht möglich gewesen oder eine solche Vorgehensweise naheliegend zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Insbesondere hatte die Kammer keinerlei Anhaltspunkte, dass der Angeklagte von den Zeugen H2., S oder R auf dem Weg zur Tankstelle verfolgt worden wäre. Vielmehr erläuterte der Angeklagte, dass er das Fahrzeug auf dem Parkplatz des Schleuder-Maxx verlassen und es nach Rückkehr wieder mit den genannten Zeugen am selben Platz vorgefunden habe. Auch gibt es keinerlei Anhaltspunkte, dass die Zeugen H2., S oder R währenddessen irgendwelche Schritte in die Wege geleitet haben könnten, um die Familie des Angeklagten zu bedrohen.
Dieselben Ausführungen gelten im Übrigen auch bereits bei der Nötigung zum Überfall auf die Tankstelle in Eggenfelden. Auch hier hätte sich der Angeklagte ohne Weiteres an den Zeugen G3. wenden und auf diese Weise die Polizei verständigen können. Zudem war bei diesem Vorfall der Pkw mit den Zeugen S1., H und R noch deutlich weiter von der Tankstelle entfernt, ohne dass von diesem aus der Blick auf die Tankstelle möglich gewesen wäre, so dass auch hier keinerlei Anhaltspunkte gefunden werden konnten, dass sich der Angeklagte nicht durch rechtzeitige Kontaktaufnahme mit der Polizei gegen die Gewalt und Nötigung der Zeugen R1., S und H hätte erwehren können.
Die Kammer überzeugte sich auch davon, dass der Angeklagte durchaus erkannte, dass er die Möglichkeit hatte sich der Bedrohungslage durch das rechtzeitige Einschalten der Polizei zu entziehen. Die Einlassung des Angeklagten insoweit, dass er vor den Zeugen H2., S und R so viel Angst gehabt habe und er daher auch dagegen gewesen sei, dass sein Vater, als er zuhause angekommen sei, die Polizei benachrichtigte, hält die Kammer für eine Schutzbehauptung. Der Angeklagte äußerte in diesem Zusammenhang, dass sein Vater die Polizei informiert habe mit der Begründung, dass „wir ja nicht in Amerika seien“. Die Kammer ist davon überzeugt, dass dem Angeklagten durchaus bewusst war, dass ihm die Polizei wirkungsvoll helfen und ihn aus dieser Nötigungssituation befreien konnte, vermutet jedoch, dass der Angeklagte – möglicherweise auch aufgrund seiner Erfahrungen im Zusammenhang mit seinen Vorstrafen – ein Zusammenarbeiten mit der Polizei grundsätzlich vermeiden wollte.
Da nach obigen Ausführungen die Gefahr somit ohne weiteres durch das rechtzeitige Einschalten der Polizei abgewandt werden konnte, lagen auch die Voraussetzungen für einen entschuldigenden Notstand nach § 35 StGB nicht vor.
III.
Rücktritt vom versuchten Raubüberfall auf die Tankstelle Rottaler Autohof in Eggenfelden
Zugunsten des Angeklagten wurde davon ausgegangen, dass der versuchte Überfall des Angeklagten auf die Tankstelle Rottaler Autohof in Eggenfelden gegen 19.25 Uhr nicht fehlgeschlagen war und der Angeklagte aus freien Stücken – obwohl es ihm weiterhin möglich gewesen wäre – davon Abstand nahm den Überfall letztendlich „durchzuziehen“, so dass insoweit ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 Abs. 1 S. 1 StGB angenommen wurde. Für diese Einschätzung spricht nämlich insbesondere der objektive Tatablauf und die Einlassung des Angeklagten hierzu, wobei er angab, dass er bei diesem Überfall noch relativ unentschlossen gewesen sei und es dann einfach habe bleiben lassen.
Nochmals ist darauf hinzuweisen, dass dieser geschilderte versuchte Tankstellenüberfall in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde.
Trotzdem war diese rechtliche Einordnung vorzunehmen, da sich die Kammer letztendlich dadurch außer Stande sah, diesen Vorfall, welcher dem Überfall auf die Tankstelle in Hebertsfelden vorausging, straferschwerend bei der Straffindung zu berücksichtigen.
Bereits an dieser Stelle wird somit auch darauf hingewiesen, dass dieser Vorfall tatsächlich bei der Strafzumessung nicht straferschwerend berücksichtigt wurde. Lediglich war bei der Findung der angemessenen Strafe insoweit zu berücksichtigen, dass es der Angeklagte bereits bei diesem versuchten Überfall in der Hand gehabt hätte, die Polizei einzuschalten und sich auf diese Weise der Zwangslage zu entziehen.
F.
Strafzumesung:
I.
Strafrahmen
Der Strafrahmen des schweren Raubes nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB liegt zwischen 3 Jahren und 15 Jahren.
Bei einer Gesamtbetrachtung ging die Kammer jedoch von einem minder schweren Fall des § 250 Abs. 3 StGB aus, so dass ein Strafrahmen von 1 Jahr bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung stand.
Bei der Prüfung eines minder schweren Falles waren alle Umstände zu berücksichtigen, welche für die Wertung von Tat und Täter in Betracht kamen, gleichgültig, ob sie der Tat inne wohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder folgen (BGH 26, 97 sowie ständige Rechtssprechung; Thomas Fischer, StGB, § 46 RdNr. 85 mit weiteren Nachweisen). Letztlich überzeugte sich die Kammer davon, dass ein beträchtliches Überwiegen der mildernden Faktoren vorliegt und dass letztendlich der vom Gesetzgeber vorgesehene Strafrahmen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB von 3 Jahren bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe als unangemessen hoch erscheint.
Zugunsten des Angeklagten fielen bei dieser Gesamtbetrachtung folgende wesentliche Gesichtspunkte ins Gewicht:
Der Angeklagte war vollumfänglich geständig. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass dieses Geständnis bereits zu einem sehr frühem Zeitpunkt, nur wenige Stunden nach der Tat, abgegeben wurde. Dieses Geständnis hat auch ein erhebliches Gewicht, da es zwar Videoaufnahmen an den Tankstellen gab, auch weitere Gesichtspunkte sehr schnell zu dem Angeklagten als Täter führten (beispielsweise die Verdachtsäußerungen der Zeugin D.), auf der anderen Seite der Angeklagte bei den Videoaufnahmen im Wesentlichen vermummt war und somit nicht ohne weiteres zu erkennen.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte bei der Geschädigten D. in der Hauptverhandlung entschuldigte.
Auch musste gewertet werden, dass der Angeklagte zur Tatzeit noch sehr jung war und mit seinen 22 Jahren noch nicht allzu lang dem Erwachsenenstrafrecht unterliegt.
Schließlich war auch erheblich zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass durch Schläge und Drohungen erheblicher Druck auf ihn ausgeübt wurde diesen Überfall zu begehen, wenngleich hierbei – wie bereits ausgeführt wurde – die Kammer sich auch davon überzeugte, dass der Angeklagte die Bedrohungssituation und vor allem die Heftigkeit der Schläge deutlich übertrieb. Jedoch konnte es auch nicht ganz außer Betracht bleiben, dass es der Angeklagte in der Hand gehabt hätte, sich bereits bei dem versuchten Überfall der Tankstelle in Eggenfelden dieser Zwangslage zu entziehen, dadurch nämlich, dass er die Polizei schon damals hinzugezogen hätte.
Schließlich musste auch gesehen werden, dass die Beute nicht allzu hoch war, mit 980 Euro es sich jedoch auch nicht um einen Bagatellbetrag handelte.
Zu Lasten des Angeklagten mussten vor allem seine Vorstrafen gewertet werden. Hierbei fiel besonders ins Gewicht, dass der Angeklagte bereits am 24.07.2018 vom Amtsgericht Landshut wegen Raubes in Mittäterschaft in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in Tatmehrheit mit versuchter Erpressung, wobei auch die Entscheidung vom 30.11.2016 (Nr. 6 BZR-Auszug) einbezogen wurde, zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde. Diese Bewährung wurde jedoch widerrufen, da der Angeklagte – gemäß seinen eigenen Worten – nicht mit dem Bewährungshelfer zusammenarbeitete. Die Therapie nach § 35 BtMG brach der Angeklagte nach etwa 4 Monaten aus freien Stücken ab, da er für sich keinen Sinn mehr darin sah. Nun genau an dem Tag des Abbruchs der Therapie beging der Angeklagte diesen Überfall. Somit ist die Rückfallgeschwindigkeit enorm.
Nicht außen vor bleiben kann auch, dass die Zeugin D. längere Zeit an dem Überfall litt, zwar keine psychologische Behandlung in Anspruch nahm und auch nicht krank geschrieben war, jedoch aufgrund einer durch den Überfall verursachten Ängstlichkeit längere Zeit keine Nachtschichten übernehmen und auch in der Tagschicht nicht alleine arbeiten konnte.
Darüber hinaus führte der Angeklagte diese Scheinwaffe als Werkzeug bzw. Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB nicht nur bei sich, sondern setzte sie auch gezielt ein und verwendete sie somit, indem er sie auf die Zeugin D. richtete.
Bei einer Gesamtbetrachtung dieser wesentlichen Umstände nahm die Kammer einen minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB an, wobei insbesondere ausschlaggebend war, dass die Bedrohungs- und Zwangslage für den Angeklagten doch ein erhebliches Gewicht hatte und dieser auch nicht nur unerheblich durch die Schläge ins Gesicht verletzt wurde.
II.
Konkrete Strafzumessung und Straffindung
Innerhalb des genannten Strafrahmens waren nochmals die Gesichtspunkte zu berücksichtigen, welche bereits bei der Erörterung des Vorliegens eines minder schweren Falles aufgegriffen wurden. Dabei wertete die Kammer auch ganz wesentlich zu seinen Gunsten, dass der Angeklagte zu dem Überfall genötigt wurde, ferner, dass auch derzeit bereits durch den Vollzug einer längeren Jugendstrafe (Verfahren Nr. 7 BZR – Auszug) auf den Angeklagten eingewirkt wird. Andererseits sprachen ganz wesentlich gegen den Angeklagten seine Vorstrafen und insbesondere der schnelle Rückfall. Am Tag des Abbruchs der Therapie nach § 35 BtMG beging der Angeklagte diesen Raubüberfall.
Letztendlich erschien unter Berücksichtigung aller Umstände für und wider eine
Freiheitsstrafe von 4 Jahren 9 Monaten
tat- und schuldangemessen.
G.
Einziehung:
Die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 980 Euro war nach den §§ 73, 73 c StGB anzuordnen, da der Angeklagte Geldscheine in dieser Höhe erbeutete.
H.
Kosten:
Der Angeklagte hat als Verurteilter die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen nach den §§ 464, 465 StPO zu tragen.

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