Strafrecht

charakterliche Nichteignung für den Polizeivollzugsdienst bei beharrlicher Nachstellung der ehemaligen Lebensgefährtin

Aktenzeichen  B 5 S 20.1488

Datum:
3.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4298
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 37

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 3.806,97 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis.
1. Der Antragsteller steht seit dem 1. März 2018 als Polizeimeisteranwärter (PMA) im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Dienste der Antragsgegnerin.
In der Zeit zwischen dem 6. Januar 2020 und dem 8. März 2020 kam es nach den Feststellungen des Amtsgerichts … in seinem auf Antrag der Staatsanwaltschaft … erlassenen Strafbefehl vom 21. Juli 2020 (…) zu folgenden Vorfällen:
„Im Zeitraum vom 06.01.2020 bis 08.03.2020 stellten Sie Ihrer ehemaligen Lebensgefährtin …R … wiederholt und beharrlich nach, indem Sie mittels diverser Nachrichten über die Nachrichtendienste „Whatsapp“ und „Snapchat“, zum Teil mehrfacher täglicher Anrufe sowie persönlich den Kontakt zur Geschädigten suchten, obwohl Sie erkennen konnten und mussten, dass dies nicht deren Willen entspricht. Diesen entgegenstehenden Willen teilte die Geschädigte Ihnen mehrfach ausdrücklich mit. Ferner suchten Sie den Kontakt zur Geschädigten R…, indem Sie im Tatzeitraum mehrfach mittels des Nachrichtendienstes „Snapchat“ Kontakt zu dem neuen Lebensgefährten der Geschädigten, …N… suchten, um deren neue Beziehung zu torpedieren.
Am 11.02.2020 kontaktieren Sie … N… mittels Snapchat und baten jenem die Übersendung von Bildern sowie Videoaufnahmen der Geschädigten mit sexuellem Hintergrund an. Ferner schickten Sie diesem am 04.03.2020 ein intimes Foto zu, welches ein Pärchen abbildet und suggerierten, dass es sich hierbei um eine Abbildung der Geschädigten und Ihnen selbst handelte. Zudem kontaktierten Sie … N… ein weiteres Mal und schickten diesem ein Bild welches ein Unterwäschestück der Geschädigten auf einem Bett abbildet.
Am 25.01.2020, 26.01.2020, 29.01.2020, 30.01.2020, 31.01.2020, 01.02.2020, 02.02.2020, 10.02.2020 und 11.02.2020 suchten Sie den Kontakt zur Geschädigten mittels mehrerer Telefonate und Whatsapp-Nachrichten. In einer dieser Sprachnachrichten vom 11.02.2020 bezeichneten Sie die Geschädigte als „Fotze“, um Ihre Missachtung dieser gegenüber auszudrücken. Am 04.03.2020 suchten Sie im Flur des Lehrsaalgebäudes LSG1 der Bundespolizei … in …, mehrfach den persönlichen Kontakt zur Geschädigten, indem Sie sie mehrfach ansprachen und zu einem gemeinsamen Gespräch aufforderten, obwohl die Geschädigte dies ablehnte. Ferner kontaktierten Sie die Geschädigte am 07.03.2020 und am 08.03.2020 per Snapchat.
Hierbei handelten Sie, in der Absicht die Geschädigte fertig zu machen und sie zu verarschen.
Dabei war Ihnen bewusst, dass dieses Verhalten geeignet war, die Lebensgestaltung der Geschädigten schwerwiegend zu beeinträchtigen.“
Aufgrund dieser Vorfälle verhängte das Amtsgericht … gegen den Antragsteller wegen Nachstellung in Tateinheit mit Beleidung gemäß § 238 Abs. 1 Nr. 2, § 185, § 194, § 52 des Strafgesetzbuchs (StGB) eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen und setzte den Tagessatz auf 33 Euro fest. Nach Einspruch des Antragstellers stellte das Amtsgericht … mit Beschluss vom 23. November 2020 das Verfahren mit Zustimmung des Antragstellers und der Staatsanwaltschaft gemäß § 153a Abs. 2 StPO vorläufig ein und machte dem Antragsteller zur Auflage, eine Geldauflage von 1.200 Euro an das Frauenhaus … zu zahlen.
Für den Zeitraum vom 10. März 2020 bis zum 24. März 2020 verhängte die Polizeiinspektion … gegen den Antragsteller einen Platzverweis und ein Verbot der Kontaktaufnahme zu PMAin R* … Aus dem am 11. März 2020 bei den Ausbildern des Antragstellers erhobenen Persönlichkeits- und Leistungsbild ergibt sich, dass dieser ein sehr höflicher, teilweise unauffälliger Mitarbeiter sei, dessen dienstliches Verhalten vorbildlich gewesen sei. Das Leistungsbild sei durchwachsen, die bisherige Ausbildung sei ihm nicht leicht gefallen. Er sei ehrgeizig und arbeite stets an sich. Auf eine ausgesprochene missbilligende Äußerung habe er einsichtig reagiert und habe sich seitdem innerdienstlich vorbildlich verhalten. Daher sei er bislang charakterlich für den Polizeiberuf gut geeignet erschienen.
2. Bereits am 10. März 2020 hatte der Leiter des Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrums … (BPOLAFZ **) dem Antragsteller mündlich die Ausübung der Dienstgeschäfte untersagt und ein Betretungsverbot für das BPOLAFZ … ausgesprochen. Unter dem 16. April 2020 untersagte der Präsident der Bundespolizeiakademie dem Antragsteller bis auf Weiteres die Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der zugrundeliegende Sachverhalt den Anfangsverdacht dafür begründe, dass sich der Antragsteller mehrerer Straftaten schuldig gemacht habe. Zugleich bestehe der weitere Verdacht, dass der Antragsteller gegen die ihm obliegende Pflicht aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verstoßen habe, innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die der Beruf des Polizeibeamten erfordere. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte diene vordergründig dem Schutz von PMAin R* …, die während der laufenden Ausbildung in ständigem unmittelbaren örtlichen Kontakt zu dem Antragsteller stehe. Des Weiteren sei der Verbleib des Antragstellers im Ausbildungsbetrieb auch aus Gründen der Ansehenswahrung des Beamtentums und der Bundespolizei nicht vertretbar. Von Polizeibeamten werde erwartet, dass sie den persönlichen Lebens- und Geheimbereich achteten. Zudem würden die Bemühungen der Polizei um die Verhütung und Aufklärung von Straftaten an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst Straftaten begingen. Ferner sei sicherzustellen, dass der Dienstbetrieb ordnungsgemäß verlaufe. Der Sachverhalt sei derart gravierend, dass dem Antragsteller nicht mehr ermöglicht werden könne, die Laufbahnprüfung abzulegen, da er offensichtlich nicht geeignet sei, den Polizeiberuf angemessen auszuüben.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 13. Mai 2020 hat der Antragsteller gegen das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte Widerspruch erhoben, der mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 05. Juni 2020 begründet wurde.
Auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 14. Juli 2020 hin, verpflichtete das Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin mit rechtskräftigem Beschluss vom 3. August 2020, dem Antragsteller einstweilen die Ausübung des Dienstes als Polizeimeisteranwärter im Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei beim Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum … zu ermöglichen (Az. …*).
3. Bereits mit Schreiben vom 28. Mai 2020 hatte die Antragsgegnerin den Antragsteller vorsorglich darüber informiert, dass zwar grundsätzlich nach der erfolgreichen Ableistung des Vorbereitungsdienstes das Beamtenverhältnis auf Widerruf ende und eine Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe anstehe. In Fällen, in denen Zweifel an der charakterlichen Eignung des Anwärters bestünden, z.B. aufgrund eines vorangegangenen Disziplinar- oder Strafverfahrens sei es möglich, dass eine Übernahme nicht erfolge. Dies entscheide jedoch die Zieldirektion als jeweilige Einstellungsbehörde.
Mit Schreiben vom 8. Juli 2020 hatte die Antragsgegnerin ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen die Wohlverhaltenspflicht aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG und gegen die Verschwiegenheitspflicht aus § 67 BBG eingeleitet. Letzteres stütze sich auf die Aussage des PMA Y* …, der am 22. Juni 2020 die Stabstelle Ermittlungen eigenmächtig aufgesucht und angegeben habe, dass der Antragsteller ihn in der Zeit vom 8. bis 14. Juni 2020 per E-Mail, Instagram und Mobiltelefon kontaktiert und ihm über diese Medien Auszüge aus der gegen ihn geführten Disziplinarakte übersandt habe. Insbesondere habe der Antragsteller auch die Zeugenvernehmungen der PMAin R* … und PMAin Y* … übersandt. Es bestehe daher der Verdacht, dass er die dienstlich getätigten Aussagen einem Unberechtigten zur Verfügung gestellt habe. Im weiteren Verlauf setzte die Antragsgegnerin das Disziplinarverfahren wegen des obengenannten Strafverfahrens aus.
Mit Schreiben vom 28. August 2020 enthob der Präsident der Bundespolizeiakademie den Antragsteller gemäß § 38 BDG vorläufig des Dienstes. Der hiergegen beim Bayer. Verwaltungsgericht Ansbach erhobene Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung blieb ohne Erfolg (VG Ansbach, Beschluss vom 18.12.2020, Az. …*).
4. Mit Schreiben vom 2. September 2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass man beabsichtige, ihn aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf wegen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung gemäß § 37 BBG zu entlassen, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie machte ihn weiterhin auf das Mitwirkungsrecht der Personalvertretung gem. § 78 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) aufmerksam.
Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2020 ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, dass er mit PMAin R* … eine problematische Beziehung geführt habe, dies jedoch auf Gegenseitigkeit beruht habe und dass die Vorfälle sich nicht so ereignet hätten, wie PMAin R* …sie geschildert habe.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2020 widerrief die Antragsgegnerin das mit dem Antragsteller begründete Beamtenverhältnis auf Widerruf wegen mangelnder persönlicher (charakterlicher) Eignung und entließ ihn aus der Bundespolizei. Die Entlassung werde mit Zustellung dieser Verfügung wirksam. Die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung werde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet.
Den Gründen ist zu entnehmen, dass nach § 37 Abs. 1 BBG ein Beamter auf Widerruf jederzeit entlassen werden könne. Hierfür genüge grundsätzlich jeder sachliche Grund. Ein sachlicher Grund könne die mangelnde charakterliche Eignung eines Widerrufsbeamten sein. Die charakterliche Eignung bilde einen Teilaspekt der persönlichen Eignung. Die persönliche Eignung, insbesondere die charakterliche Eignung, sei auch an den Anforderungen der angestrebten Laufbahn zu messen. Ein Fehlverhalten, das auf nicht unerhebliche Charaktermängel schließen lasse, die einer späteren Verwendung im Beamtenverhältnis entgegenstünden, bildeten einen sachlichen Grund, auch für die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst, weil ein solcher Beamter im Falle einer erfolgreichen Prüfungsablegung für eine spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht in Betracht komme. Die mangelnde Eignung liege nicht erst dann vor, wenn sie erwiesen sei, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestünden, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich und fachlich gewachsen sein werde. Dabei handele es sich um eine Prognoseentscheidung. Charakterliche Mängel äußerten sich zwar häufig in Dienstpflichtverletzungen oder in Straftaten, sie könnten aber unabhängig von der strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Behandlung als Eignungsmängel gewertet werden. Eine Entlassung wegen fehlender charakterlichen Eignung hänge nicht vom Nachweis eines konkreten Dienstvergehens ab. Für die Entlassung eines Beamten sei dem Dienstherrn kein besonderes Verfahren zur Erkenntnisgewinnung vorgeschrieben. Es griffen daher die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts des Bundes. Es gelte der Untersuchungsgrundsatz mit der Amtsermittlung als Basis.
Das Verhalten des Antragstellers begründe erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für die Laufbahn eines Polizeivollzugsbeamten.
Insbesondere durch die Feststellungen und Ermittlungsergebnisse in dem gegen den Antragsteller geführten Strafverfahren sei deutlich aufgezeigt worden, dass dem Antragsteller Selbstbeherrschung und Zurückhaltung fehlten und dass der Antragsteller Konflikte durch psychische Gewaltanwendung zu lösen versuche. Solche Eigenschaften und Vorgehensweisen seien mit dem Polizeiberuf unvereinbar. Denn zu den wesentlichen Anforderungen an einen Polizeibeamten gehöre es, dass im Polizeivollzugsdienst absolut korrektes Verhalten gegenüber der Rechtsordnung an den Tag gelegt werde. Durch sein Verhalten und das gegen ihn geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren sei offenkundig geworden, dass ihm die zu fordernde Dienstauffassung fehle.
Darüber hinaus ließen die vom Antragsteller bisher gezeigten Verhaltensweisen daran zweifeln, dass er seine Emotionen im Griff habe und in schwierigen Situationen besonnen, ruhig und deeskalierend agieren würde. Für die Ausübung des Polizeiberufes sei jedoch gerade die Fähigkeit zu einem deeskalierenden Vorgehen und einer gewaltfreien Konfliktlösung erforderlich. Für den Antragsteller scheine eher ein angsteinflößendes Auftreten gepaart mit beleidigenden Worten das Mittel zur Konfliktlösung zu sein. Eine solche Vorgehensweise widerspreche der polizeilichen Arbeit vollkommen, denn in seiner Funktion als Polizeivollzugsbeamter solle er beschützend agieren und keine Angst und Schrecken verbreiten. Das habe er gegenüber PMAin R* … getan, die bis heute seine Begegnung fürchte. Es stehe deshalb zu befürchten, dass sein beharrliches und nachstellendes Verhalten in seiner Persönlichkeit verankert sei, weshalb nicht ausgeschlossen werden könne, dass er dieses Verhalten wiederholen werde.
Schließlich beeinträchtige es das Ansehen der Polizei in besonderer Weise, wenn ein Polizeivollzugsbeamter ein von Unbeherrschtheit und Aggressivität sowohl gegen Sachen als auch gegenüber Menschen gekennzeichnetes Verhalten an den Tag lege. Das habe er mehrfach getan. Vor allem sein Verhalten bei seiner polizeilichen Vernehmung durch die Kriminalpolizeiinspektion sowie die eindeutigen Formulierungen in den Entscheidungsgründen des Strafbefehls seien dazu geeignet, das Ansehen der Bundespolizei zu beeinträchtigen bzw. hätten diese schon geschädigt. Weitere Ansehensschädigungen durch sein Verhalten seien daher zu vermeiden und von Vornherein zu unterbinden.
An diesen vorbestehenden Zweifeln änderten auch seine Einlassungen aus dem Schreiben vom 21. Oktober 2020 nichts. Zum einen sei das genaue Verhältnis zu PMAin R* … irrelevant, da sein gezeigtes und durch strafrechtliche Ermittlungen sowie Zeugenaussagen bestätigtes Verhalten insgesamt nicht hinnehmbar sei. Zum anderen überschreite sein bekanntgewordenes Verhalten die Grenze des noch Tolerierbaren und entspreche nicht dem, was von einem angehenden Polizeivollzugsbeamten erwartet werde. Zudem sei nicht ersichtlich, warum PMA Y* … falsche Äußerungen tätige und ihn zu Unrecht belasten sollte.
Aus den dargelegten Gründen scheine er nicht die geforderten Eigenschaften und Anforderungen an einen Polizeivollzugsbeamten aufzuweisen.
Seiner Entlassung stehe auch nicht § 37 Abs. 2 Satz 1 BBG entgegen. Trotz dieser Regelung könne eine Entlassung gerechtfertigt sein, wenn der Beamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes, nämlich den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Laufbahn, aufgrund nachhaltig unzureichender Leistungen auch bei wohlwollender Betrachtung aller Voraussicht nach nicht erreichen werde und die Fortsetzung der Ausbildung damit sinnlos sei, oder wenn absehbar sei, dass der Beamte die persönlichen Eignungsanforderungen für die angestrebte Beamtenlaufbahn nicht erfüllen werde. Letztes sei hier der Fall, weil er aufgrund des dargelegten Sachverhalts für die Laufbahn eines Polizeivollzugsbeamten als charakterlich ungeeignet erscheine. An dieser Einschätzung ändere auch das positive Persönlichkeitsbild vom 1. März 2020 nichts. Zum einen habe er das vorbildliche Verhalten erst nach einem in Form des Ausspruchs einer missbilligenden Äußerung geahndeten Fehlverhalten gezeigt. Zum anderen lasse sein Verhalten, welches zu dem Strafbefehl geführt habe, den Schluss zu, dass er die Grenzen einer beendeten Beziehung und insbesondere einer Ablehnung nicht erkenne und einhalte. Er schrecke nicht davor zurück, Personen psychisch zu beeinflussen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stütze sich auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Sein weiterer Verbleib in der Ausbildung zum mittleren Polizeivollzugsdienst bis zum rechtskräftigen Abschluss des Entlassungsverfahrens sei nicht zu rechtfertigen, weil aufgrund seines bisher gezeigten außerdienstlichen Verhaltens gegenüber Kolleginnen und Kollegen eine Störung des weiteren Ausbildungsbetriebs zu befürchten sei und ein ordnungsgemäßer Ablauf der Ausbildung nicht möglich erscheine. Ferner seien weitere Ansehensschädigungen der Bundespolizei aber auch des Beamtentums zu unterbinden. Zudem führten die aufgezeigten Persönlichkeitsmängel dazu, dass er charakterlich nicht geeignet erscheine, den Beruf eines Polizeivollzugsbeamten bei der Bundespolizei auszuüben. Die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung sei weiterhin erforderlich, weil bereits jetzt feststehe, dass seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe oder gar auf Lebenszeit ausgeschlossen sei. Denn er weise die persönliche Eignung für den Polizeiberuf nicht auf und eine Übernahme in den Polizeivollzugsdienst komme bei der Bundespolizei nicht in Betracht. Es sei der Bundespolizei nicht zuzumuten, ihn bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung der Entlassungsverfügung weiterhin zu beschäftigen und zum Polizeivollzugsbeamten auszubilden. Auch in seinem eigenen Interesse sei die sofortige Vollziehbarkeit dieser Entlassungsverfügung anzuordnen, damit er über die Entlassung nicht im Unklaren gelassen werde und sich schnellstmöglich neu orientieren könne. Zudem müsse er im Falle eines Unterliegens mit einer Rückforderung der überbezahlten Bezüge rechnen, die unter Umständen sein finanzielles Leistungsvermögen übersteigen könnten. Unter diesen Umständen sei der Dienstherr letztlich auch aus beamtenrechtlicher Fürsorgepflicht ihm gegenüber gehalten, den Antragsteller unter Fortfall seiner Bezüge umgehend aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen.
Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2020 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen die Entlassungsverfügung vom 15. Dezember 2020 und beantragte zudem, die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung aufzuheben, mit der Folge, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch gesetzesgemäß zu alimentieren. Der Antragsteller sei völlig versorgungslos gestellt. Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 habe er nicht und Anspruch auf Arbeitslosengeld 2 solle er nach Mitteilung der Agentur für Arbeit, die er gestern erhalten habe, ebenfalls nicht haben.
Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2020 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ab. Dem Antragsteller sei spätestens seit der Anhörung zur beabsichtigten Entlassung vom 2. September 2020 bekannt gewesen, dass eine solche Entlassung vorgenommen würde. Die Entlassung sei für ihn nicht unerwartet erfolgt. Bis zur Zustellung der Entlassungsverfügung, mithin bis zum 18. Dezember 2020 habe der Antragsteller anteilig seine Dienstbezüge des Monats Dezember 2020 erhalten, sodass er kurz vor Weihnachten nicht mittellos dastehen dürfte.
5. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 23. Dezember 2020, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, beantragte der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22. Dezember 2020 gegen den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 15. Dezember 2020 wiederherzustellen.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antrag sei zulässig und habe auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig. Entgegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO habe die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung nicht besonders begründet; der Bescheid enthalte lediglich formelhafte, austauschbare Ausführungen.
Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten. Wegen der überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache könne kein öffentliches Interesse an der Vollziehung dieses Verwaltungsaktes bestehen. Im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung bestünden an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes jedenfalls ernstliche Zweifel, wobei die Vollziehung für den Antragsteller unbillige Härten zufolge habe. Der Antragsteller werde falsch verdächtigt; man habe ausschließlich zu seinen Lasten ermittelt. Das zu Unrecht gegen ihn eingeleitete Strafverfahren sei nach § 153 a StPO eingestellt worden. Die Vollziehung des Bescheids bewirke zu Lasten des Antragstellers schwerwiegende, gegebenenfalls irreparable Folgen, weil er von heute auf morgen völlig bezügelos gestellt sei, über kein Einkommen und auch kein Ersatzeinkommen verfüge und nicht einmal krankenversichert sei.
Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2020 trug die Antragsgegnerin vor, aus dem noch nicht rechtskräftigen Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. Dezember 2020 ergebe sich der hinreichende Verdacht, dass der Antragsteller ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen habe. Somit bestehe ein sachlicher Grund für seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Der Antragsteller habe mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses rechnen müssen. Es habe daher in seiner Verantwortung gelegen, sich mit dem Sozialversicherungsträger ins Benehmen zu setzen, zumal Beamte auf Widerruf nur einen sehr eingeschränkten Bestandsschutz genössen. Die Behauptung des Antragstellers, dass er keinen Anspruch auf ALG II habe, entspreche nicht der Wahrheit, weil es sich hierbei um eine Leistung zur Grundsicherung für Arbeitssuchende handele. Auch die Behauptung des Antragstellers, dass er nicht krankenversichert sei, gehe ins Leere. Denn möglicherweise greife eine Familienversicherung oder es könne die private Krankenversicherung weitergeführt bzw. eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden.
Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen, und führte zur Begründung aus, dass der Antragsteller charakterlich nicht für den Polizeivollzugsdienst geeignet sei. Er habe sich am 13. September 2018 unerlaubt und entgegen eindeutiger Anweisungen seines Lehrpersonals gegen 14:45 Uhr vom Gelände des BPOLAFZ … entfernt, obwohl erst gegen 16:30 Uhr Dienstschluss gewesen sei. Aufgrund dessen habe man gegen ihn eine missbilligende Äußerung ausgesprochen.
Bei der Eröffnung der strafrechtlichen Vorwürfe am 10.03.2020 durch die zuständige Sachbearbeiterin bei der Polizeiinspektion … habe sich der Antragsteller außerdem sehr ungehalten gezeigt und sich gegenüber der Sachbearbeiterin verbal aggressiv verhalten. Dies habe man im benachbarten Büro noch hören können. In diesem Zusammenhang habe der Antragsteller sein Mobiltelefon zum Zwecke der Sicherstellung auf den Tisch legen sollen. Er habe gebeten sich einige Telefonnummern daraus notieren zu dürfen. Hierbei habe er das Mobiltelefon so in die Hand genommen, dass die Sachbearbeiterin nicht habe sehen können, welche Handlungen er am Mobiltelefon vorgenommen habe. Der Aufforderung, das Mobiltelefon zur Verhinderung des Löschens eventueller Beweise unmittelbar auf den Tisch zu legen, sei der Antragsteller erst nach dreimaliger Aufforderung nachgekommen.
Der Antragsteller könne weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch geltend machen. Er sei nicht völlig mittellos gestellt worden, da ihm bis zur Zustellung der Entlassungsverfügung am 18. Dezember 2020 seine Dienstbezüge anteilig gezahlt worden seien. Die durch die Entlassung des Antragstellers eingetretenen Folgen würden auch nicht das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegen, da es nicht hinnehmbar sei, den Antragsteller weiterhin als Polizeivollzugsbeamten auszubilden. Aufgrund seiner gezeigten charakterlichen Schwächen nehme er seit dem 10. März 2020 nicht mehr am Vorbereitungsdienst teil. Dem Antragsteller stehe auch kein Anordnungsanspruch zu. Die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung sei einzelfallbezogen begründet worden. Die Antragsgegnerin habe entgegen der Rüge des Antragstellers die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153 a StPO nicht zu Unrecht nicht berücksichtigt. Abgesehen davon, dass die Einstellung der Antragsgegnerin nicht bekannt gewesen sei, sei bislang auch nur eine vorläufige Einstellung erfolgt. Außerdem sei Voraussetzung einer solchen Einstellung, dass ein hinreichender Tatverdacht vorliege. Man habe daher den Antragsteller nicht zu Unrecht einer Straftat bezichtigt. Im Rahmen der Prüfung der charakterlichen Eignung eines Polizeimeisteranwärters, der sich noch in der Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten befinde und als Beamter auf Widerruf tätig sei, habe die Antragsgegnerin zu beurteilen, inwieweit er den Anforderungen an einen künftigen Polizeivollzugsbeamten genüge. Dabei dürften auch Erkenntnisse aus den polizeilichen Ermittlungsakten und dem Strafverfahren herangezogen werden. Die bisherigen Vorkommnisse und Verhaltensweisen des Antragstellers berechtigten zu Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung für den Beruf eines Polizeivollzugsbeamten, sodass seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf gemäß § 37 BBG rechtmäßig erfolgt sei.
Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2021 ergänzte der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass weiterhin weder nachgewiesen, noch es zutreffend sei, dass der Antragsteller für den Polizeivollzugsdienst charakterlich nicht geeignet sei. Ein Großteil der Vorwürfe gehe auf falsche Verdächtigungen der ehemaligen Freundin des Antragstellers zurück. Lediglich deren Aussagen würde man – anders als denjenigen des Antragstellers – unhinterfragt Glauben schenken. Der Antragsteller bestreite weiterhin alle Vorwürfe. Dass Zeugen diese glaubhaft bestätigt hätten, sei schlichtweg falsch.
6. Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen. Die Gerichtsakten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens …, des am Verwaltungsgericht Ansbach geführten disziplinarrechtlichen Verfahrens … sowie des am Amtsgericht … geführten Strafverfahrens … wurden beigezogen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Bestimmung stellt eine zentrale Norm der Verwaltungsrechtspflege dar, denn der Bürger hat nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) Anspruch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle der Verwaltung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage aber nicht schlechthin. Die Behörde darf sie gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.
In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dann angeordnet bzw. wiederhergestellt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Der Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 15. Dezember 2020 erweist sich bei summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als rechtmäßig.
a) Die Anordnung des Sofortvollzuges erfolgte in formell rechtmäßiger Weise (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Die Begründung der Vollzugsanordnung der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2020 genügt diesem gesetzlichen Erfordernis. Sie ist nicht lediglich formelhaft, sondern lässt erkennen, dass die Behörde eine Einzelfallprüfung vorgenommen und die unterschiedlichen, einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen hat. Insbesondere hat die Behörde nicht nur einseitig auf die Interessenlage der öffentlichen Hand abgestellt, sondern auch die Interessen des Antragstellers berücksichtigt.
b) Über diese Feststellung hinaus bedarf es keiner weiteren Erörterung der von der Behörde genannten Gründe, da das Gericht nicht auf die Überprüfung dieser Gründe beschränkt ist, sondern im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Abwägung der öffentlichen Belange gegen den Rechtsanspruch des Einzelnen selbst zu beurteilen hat, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Soweit dabei die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs oder der Klage bereits absehbar sind, hat das Gericht sie zu berücksichtigen. Ergibt diese im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes notwendigerweise summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf oder die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, so scheidet, sofern ein öffentliches Interesse für den sofortigen Vollzug spricht, ein Vorrang der privaten Interessen von vornherein aus, da an der Aussetzung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts in der Regel kein überwiegendes privates Interesse bestehen kann (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.1982 – 19 AS 82 A.2049 – BayVBl 1983, 23).
Die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt im vorliegenden Fall, dass keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der für sofort vollziehbar erklärten Entlassungsverfügung vom 15. Dezember 2020 bestehen.
aa) Die Entlassungsverfügung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Der Antragsteller ist ordnungsgemäß nach § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) angehört worden.
bb) Rechtsgrundlage für die Entlassung des Antragstellers ist § 2 BPolBG i.V.m. § 37 Abs. 1 BBG. Danach können Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden. Der gesetzliche Begriff „jederzeit“ hat nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine sachliche Komponente. Es genügt zur Rechtfertigung der Entlassung jeder sachliche, das heißt nicht willkürliche Grund (BVerwG, U.v. 9.6.1981 – 2 C 48.78 – BVerwGE 62, 267/268).
Das dem Dienstherrn bei einem Beamtenverhältnis auf Widerruf allgemein eingeräumte weite Entlassungsermessen ist durch § 37 Abs. 2 Satz 1 BBG dahin eingeschränkt, dass Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Gelegenheit gegeben werden soll, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen. Diese Vorschrift schränkt die Möglichkeit der Entlassung nicht nur dort ein, wo der Vorbereitungsdienst als allgemeine Ausbildungsstätte im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu qualifizieren ist (etwa OVG RhPf, B.v. 30.7.2004 – 2 B 11152/04 – NVwZ-RR 2005, 253 zur Entlassung eines Studienreferendars aus dem Vorbereitungsdienst), sondern auch dort, wo ein Vorbereitungsdienst – wie hier – für eine Beamtenlaufbahn abgeleistet wird, dessen Abschluss nicht den Zugang zu einer Beschäftigung außerhalb des Beamtenverhältnisses ermöglicht (z.B. OVG NW, B. v. 18.2.2019 – 6 B 1551/18 – juris Rn. 17 m.w.N. zur Entlassung eines Kommissaranwärters). Die Sollvorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 1 BBG erlaubt allerdings Ausnahmen im Einzelfall. Voraussetzung hierfür ist, dass die Entlassungsgründe mit dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Einklang stehen (BVerwG, B.v. 26.1.2010 – 2 B 47.09 – juris Rn. 6).
Die Entlassung ist mit dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes vereinbar, wenn der Beamte aufgrund mangelnder Eignung, Befähigung oder fachlicher Leistung den Anforderungen der Laufbahn – mit Blick auf den Antragsteller also des (mittleren) Polizeivollzugsdienstes – nicht gerecht wird. Insoweit genügen entgegen der Ansicht der Antragstellerseite bereits berechtigte Zweifel der Entlassungsbehörde, ob der Beamte die persönliche oder fachliche Eignung (i.S.v. § 9 Satz 1 BBG) für ein Amt in der angestrebten Laufbahn besitzt (BVerwG, U.v. 9.6.1981 – 2 C 48.78 – BVerwGE 62, 267/268; BayVGH, B.v. 13.11.2014 – 3 CS 14.1864 – juris Rn. 22; OVG Bremen, B.v. 13.7.2018 – 2 B 174/18 – juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 18.2.2019 – 6 B 1551/18 – juris Rn. 20). Die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist daher nicht von dem Nachweis eines Dienstvergehens abhängig (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2019 – 6 CS 19.481 – juris Rn. 14).
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der Dienstherr seine Annahme, es lägen Eignungszweifel vor, auf einen zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt gestützt, er den Rechtsbegriff der Eignung nicht verkannt und bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung allgemeingültige Wertmaßstäbe beachtet und auch sonst keine sachwidrigen Erwägungen angestellt hat (OVG NW, B.v. 27.9.2017 – 6 B 977/17 – juris Rn. 4).
In Anwendung dieser Maßstäbe ist die Entlassung des Antragstellers rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bundespolizeiakademie ist weder von einem unzureichend oder unzutreffend ermittelten Sachverhalt ausgegangen, noch hat sie mit der Annahme von begründeten Zweifeln an der persönlichen Eignung des Antragstellers für ein Amt als Polizeivollzugsbeamter die Grenzen ihres Beurteilungs- und Ermessensspielraums überschritten.
Vorliegend bedurfte es keiner besonderen oder weitergehenden Sachverhaltsaufklärung nach disziplinarrechtlichen Vorschriften. Die Entlassungsvorschrift des § 37 BBG verlangt – anders als § 34 Abs. 4 Satz 2 BBG für die Entlassung von Beamten auf Probe wegen eines Dienstvergehens, das im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte – nicht die entsprechende Anwendung der §§ 21 bis 29 des Bundesdisziplinargesetzes. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Nach Abs. 2 hat die Behörde dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Ergänzend legt § 26 Abs. 1 VwVfG fest, dass sich die Behörde der Beweismittel bedient, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann dafür u.a. Auskünfte jeder Art einholen, Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen.
Dem genügt die Sachverhaltsaufklärung der Bundespolizeiakademie sowohl hinsichtlich der in der Entlassungsverfügung geschilderten Verhaltensweisen des Antragstellers in Bezug auf seine ehemalige Lebensgefährtin PMAin R* …, als auch in Bezug auf sein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst sowie sein Verhalten gegenüber den ihn vernehmenden Beamten der Polizeiinspektion … Für die Bewertung der Auseinandersetzung mit PMAin R* …hat die Antragsgegnerin mehrere Zeugenaussagen, auch die des PMA Y* …, deren Einvernahme der Antragsteller selbst beantragt hatte, zur Beweiswürdigung herangezogen, die sich im Kern alle decken. Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei um Falschaussagen handeln könnte, liegen nach summarischer Prüfung nicht vor.
Zudem hat die Antragsgegnerin ein Leistungsbild des Antragstellers eingeholt, das durchaus positiv ausgefallen ist. Schließlich hat sie sich in ihrem Bescheid mit den Einlassungen des Antragstellers auseinandergesetzt. Die Durchführung weiterer Ermittlungen war nicht angezeigt.
Dass das gegen den Antragsteller geführte Strafverfahren wegen Nachstellung in Tateinheit mit Beleidigung gemäß § 238 Abs. 1 Nr. 2, § 185, § 194, § 52 StGB zwischenzeitlich eingestellt worden ist, steht weder der Verwertung der dabei gewonnenen Erkenntnisse noch der Entlassungsentscheidung selbst entgegen. Eine Einstellung erfolgte hier nicht etwa wegen fehlenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO, sondern nach Erfüllung der gegen den Antragsteller verhängten Auflage in Form einer Geldzahlung im immerhin vierstelligen Bereich. Insofern ist es auch unschädlich, dass die Antragsgegnerin die Einstellung bzw. die endgültige Einstellung nach Erfüllung der Geldauflage aufgrund des chronologischen Ablaufs nicht hatte in ihre Beurteilung mit einstellen können. An dem im Rahmen des Strafverfahrens festgestellten Sachverhalt, den die Antragsgegnerin im Zuge des Entlassungsverfahrens zulässigerweise verwertet hat, ändert die endgültige Einstellung des Strafverfahrens nichts.
Die Bundespolizeiakademie durfte aufgrund der tatsächlichen Feststellungen, die sie in nicht zu beanstandender Weise getroffen und in der Entlassungsverfügung aufgeführt hat, davon ausgehen, dass berechtigte Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers für ein Amt des Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei bestehen und damit ein Grund für die sofortige Entlassung vorliegt.
Ein Unterfall der persönlichen Eignung ist die charakterliche Eignung. Hierfür ist die Einschätzung entscheidend, inwieweit der Beamte der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird. Das erfordert eine – dem Dienstherrn vorbehaltene und von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbare – wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Beamten, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen (BVerwG, B.v. 20.7.2016 – 2 B 17.16 – juris Rn. 26; OVG Bremen, B.v. 13.7.2018 – 2 B 174.18 – juris Rn. 10). Die Zweifel können sich sowohl aus dem dienstlichen als auch aus dem außerdienstlichen Verhalten ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2019 – 6 CS 19.481 – juris Rn. 20).
Die Bundespolizeiakademie ist auf der Grundlage der von ihr getroffenen Feststellungen ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass begründete Zweifel an der persönlichen (charakterlichen) Eignung des Antragstellers bestehen. Im Rahmen ihrer Entlassungsverfügung führte die Antragsgegnerin aus, dass der Antragsteller zunächst am 13. September 2018 durch dienstpflichtwidriges Verhalten aufgefallen war, weil er sich unerlaubt und entgegen eindeutiger Anweisungen seines Lehrpersonals gegen 14:45 Uhr vom Gelände des BPOLAFZ … entfernt habe, obwohl erst gegen 16:30 Uhr Dienstschluss gewesen war, weshalb ihm mit Schreiben vom 17. Dezember 2018 eine missbilligende Äußerung ausgesprochen worden war. Dieser in den Akten dokumentierte Vorfall wurde durch die Ausbilder des Antragstellers selbst wahrgenommen, entsprechend dokumentiert und ereignete sich im Vorfeld der Hauptvorwürfe gegen den Antragsteller im Zusammenhang mit der Beendigung seiner Beziehung zu PMAin R* … Ein Belastungseifer der Ausbilder oder ein sonstiger Hinweis darauf, dass der Vorwurf nicht den Tatsachen entsprechen würde, ergibt sich nicht und ist auch sonst nicht dargetan. Darüber hinaus findet sich in den vorgelegten Behördenakten ein Entschuldigungsschreiben des Antragstellers vom 13. September 2018, in dem er das ihm vorgeworfene Verhalten eingesteht.
Dasselbe gilt für das dem streitgegenständlichen Bescheid zuletzt zugrunde gelegte Vorkommnis im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlung gegen den Antragsteller gegenüber der ihn vernehmenden Beamtin S* … Auch hier ergibt sich unzweifelhaft aus den Akten, dass der Antragsteller erst auf mehrfache Aufforderung, sein Handy abzugeben, dem nachgekommen ist und die Zeit bis dahin dazu genutzt hat, heimliche, für die Ermittler nicht sichtbare und im Nachhinein nicht nachvollziehbare Handlungen an seinem Mobiltelefon vorzunehmen. Auch hier räumte der Antragsteller ausweislich des Vernehmungsprotokolls vom 17. März 2020 (Bl. 65 der Strafakte bei der Staatsanwaltschaft …, Az.: …*) der POKin S* … am Folgetag das vorgeworfene Verhalten ein. Er rief bei der Beamtin an und entschuldigte sich mit der Erklärung, er habe sich in einer „Extremsituation“ befunden. Bereits dies sind Verhaltensweisen, die sich ohne jegliche persönliche Beteiligung der weiteren Beteiligten und losgelöst von emotionalen Verwerfungen unstreitig ereignet haben.
Auch die übrigen (Haupt-)Vorwürfe, die die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller zur Rechtfertigung seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf erhoben hat, tragen nach summarischer Prüfung die streitgegenständliche Entscheidung. So hebt die Antragsgegnerin in dem angefochtenen Entlassungsbescheid hauptsächlich darauf ab, dass der Antragsteller der PMAin R* … nach dem Ende der Beziehung zwischen beiden unaufhörlich nachstellte, sie zu kontrollieren und ihre neue Beziehung zu torpedieren versuchte. Unter anderem warf die Antragsgegnerin dabei dem Antragsteller vor, sich gegen den Willen der PMAin R* … in … unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gegenüber dem Vermieter Einlass in deren Wohnung verschafft zu haben. Der Antragsteller kontaktierte seine ehemalige Freundin darüber hinaus vielfach über die Nachrichtendienste „WhatsApp“ und „Snap-Chat“. Wiederholt hatte der Antragsteller ausweislich der Vorwürfe der Antragsgegnerin außerdem über soziale Netzwerke Kontakt zu dem neuen Freund der PMAin R* … aufgenommen, ihm die Übersendung intimer Fotos und Videos von PMAin R* … angeboten, sie in einer Sprachnachricht als „Fotze“ bezeichnet und gegenüber dem neuen Freund von PMAin R* … geäußert, dass sie „eine für viele“ sei.
Entgegen den Ausführungen der Antragstellerseite ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin in Bezug auf diese letztgenannten Vorkommnisse auf falsche Tatsachen Bezug genommen hätte. Die dem Antragsteller vorgeworfenen Handlungen lassen sich jeweils neben den Äußerungen der PMAin R* … noch durch jeweils mindestens eine weitere Quelle bestätigen. Damit wird nach summarischer Prüfung der Vorwurf der Antragstellerseite, die Antragsgegnerin habe nicht objektiv ermittelt und sei immer lediglich von dem für den Antragsteller ungünstigsten Sachverhalt ausgegangen, nicht bestätigt.
So ergibt sich aus dem Schlussvermerk der Ermittlungen der PI … gegen den Antragsteller, dass dieser am 11. Februar 2020 über Instagram bzw. Snap-Chat dem neuen Freund der PMAin R* … sexuelle Bilder und Videos von dieser angeboten hat. Am 4. März 2020 schickte er diesem ein Foto mit einem Pärchen und dem Untertext „du willst doch bestimmt was wissen“. Eine weitere Nachricht mit einem Foto von einem Bett und einem schwarzen String, der PMAin R* … gehört, schickte er deren neuem Freund am 6. März 2020. Diese Handlungen ergeben sich aus den Auswertungen der Mobilgeräte der PMAin R* … und des Antragstellers. Die Auswertung ergab des Weiteren folgende Äußerungen des Antragstellers: „Ich mach Aktionen ich weiß schon.“ (zu dem übersendeten Foto mit dem String), „die macht alles und ich weiß wie“, „ich habe sie am Telefon beleidigt ohne Ende…“, „ich will sie heftig verarschen“, „heute zerstöre ich ihr Leben“ (Bl. 81 ff. der Strafakte der Staatsanwaltschaft …, Az.: …*).
Darüber hinaus spricht auch die Tatsache, dass die Polizeiinspektion … gegen den Antragsteller einen Platzverweis nach Art. 16 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (BayPAG) verhängt hat, für das Vorliegen von – zumindest – Verdachtsmomenten gegen den Antragsteller, die nicht für einen normalen Umgang mit einer beendeten Beziehung durch diesen sprechen.
Letztlich ist auch für die Einstellung des gegen den Antragsteller geführten Strafverfahrens nach § 153a StPO das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift.
Die Antragsgegnerin durfte aus diesen Gründen ohne Rechtsfehler von begründeten Zweifeln an der persönlichen (charakterlichen) Eignung des Antragstellers für den Polizeivollzugsdienst ausgehen, die seiner Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe oder Lebenszeit entgegenstehen würden. Deshalb war es gerechtfertigt, ihn in Ausnahme zu der Sollvorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 1 BBG aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu entlassen, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen.
c) Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen Entlassungsverfügung überwiegt das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Dies ist seitens der Antragsgegnerin in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet worden. Aufgrund der die fristlose Entlassung rechtfertigenden Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers für die angestrebte Laufbahn wird der Sofortvollzug insbesondere gerechtfertigt durch das öffentliche Interesse an einem ungestörten Dienstbetrieb, der Vermeidung eines Ansehensverlust in der Öffentlichkeit und auch innerhalb der eigenen Reihen sowie durch das fiskalische Interesse, einen wohl ungeeigneten Anwärter nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des voraussichtlich erfolglosen Hauptsacheverfahrens zu alimentieren. In diesem Zusammenhang verwies die Antragsgegnerin zur Begründung des Sofortvollzugs außerdem auf ihre Fürsorgepflicht gegenüber dem Antragsteller, dem sie im Nachhinein entstehende, umfangreiche Rückforderungen von zu Unrecht gewährter Besoldung zu ersparen habe. Daneben verwies sie darauf, dass das streitgegenständliche außerdienstliche Verhalten des Antragstellers gegenüber Kolleginnen und Kollegen eine Störung des weiteren Ausbildungsbetriebs befürchten lasse und sie es sicherzustellen habe, dass sich die Anwärterinnen und Anwärter voll und ganz auf das Ableisten ihres Vorbereitungsdienstes konzentrieren und fokussieren könnten. Mit dieser Begründung genügt der streitgegenständliche Bescheid sowohl formell den Anforderungen an die Begründungspflicht in Bezug auf die Anordnung des Sofortvollzugs, da er auf die besondere Eilbedürftigkeit des Vollzuges im konkreten Fall eingeht, und liefert darüber hinaus inhaltlich eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung, dass das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Anzusetzen war insoweit die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Anwärterbezüge nach §§ 59 ff. des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) i.V.m. Anlage VIII des BBesG (Anwärtergrundbetrag für Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 7 – Polizeimeister – von 1.268,99 Euro); dieser Betrag war für das Verfahren des Eilrechtsschutzes nochmals zu halbieren.


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