Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis, Einnahme von Betäubungsmitteln, harte Drogen, feststehende Nichteignung, Beweisverwertungsverbot, willentliche Einnahme

Aktenzeichen  B 7 S 21.1102

Datum:
8.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44332
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 46 Abs. 1
StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
FeV § 47 Abs. 1
VwZVG Art. 37 Abs. 4 Satz 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
Der Antragsteller wurde am 14. Mai 2021 durch die Polizei einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen.
Der Aktenvermerk der Polizei hält hierzu unter anderem fest (Bl. 101 d. Behördenakte), dass drogentypische Auffälligkeiten (blasse Gesichtsfarbe, glasige Augen, Mundtrockenheit) beim Antragsteller festgestellt worden seien und er sichtlich nervös gewesen sei. Auf Nachfrage habe er angegeben, etwa zwei Stunden vor der Kontrolle zwei Bier getrunken zu haben. Ein freiwilliger Atemalkoholtest habe einen Wert von 0,00 mg/l ergeben. Im weiteren Verlauf sei ein Rombergtest durchgeführt worden, während dem starkes Augenlidflattern und Schwanken festgestellt werden habe können. Es habe daher der Verdacht eines Einflusses von Betäubungsmitteln bestanden. Es sei ihm ein Drogenvortest mittels Urin angeboten worden, aber er habe keinen Urin abgeben können. Er sei mit einer freiwilligen Blutentnahme sofort einverstanden gewesen. Nach Verbringen in das Klinikum sei durch Dr. … um 19:18 Uhr die Blutentnahme durchgeführt worden.
Hierüber findet sich eine Anordnung in der Akte (Bl. 108, 109 der Behördenakte), wonach die Blutentnahme zur Feststellung von Drogeneinfluss erfolgt.
Das forensisch-toxikologische Gutachten vom 28. Mai 2021 lieferte Messwerte von 6,3 µg/l Methamphetamin, 17 µg/l Amphetamin, 18 µg/l THC, 13 µg/l 11 Hydroxy-THC und 174 µg/l THC-Carbonsäure.
Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Vergehens nach § 29 BtMG (* …*) wurde durch die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 27. Juli 2021 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt Zentrale Bußgeldstelle erließ am 10. August 2021 gegen den Antragsteller einen Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen § 24a StVG (Führen eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung eines berauschenden Mittels) und verhängte ein Fahrverbot von drei Monaten.
Mit Schreiben vom 5. August 2021 hörte das Landratsamt … (im Folgenden Landratsamt) den Antragsteller zur Entziehung der Fahrerlaubnis an.
Das Landratsamt entzog dem Landratsamt am 24. August 2021, zugestellt am 4. September 2021, die Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S. Der Führerschein sei umgehend abzuliefern (Ziffer 1). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 werde angeordnet (Ziffer 2). Für den Fall, dass der Antragsteller seinen Führerschein nicht innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung abliefere, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro angedroht. Sollte die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, so werde die Frist bis zum Ablauf von einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft verlängert (Ziffer 3).
Durch die chemisch-toxikologische Untersuchung sei belegt, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Blutentnahme und während der Fahrt unter dem Einfluss der nachgewiesenen berauschenden Mittel gestanden habe. Es stehe der Behörde kein Ermessensspielraum zur Abklärung der Fahreignung zu, wenn nachweislich Betäubungsmittel (außer Cannabis) eingenommen würden (Anlage 4 Nr. 9.1). Das Ergebnis der Blutuntersuchung belege Konsum von Methamphetamin und Amphetamin. Die Ungeeignetheit stehe fest, § 11 Abs. 7 FeV. Auf die Häufigkeit des Gebrauchs oder das Führen eines Kraftfahrzeugs unter dem Betäubungsmitteleinfluss komme es nicht an. Nachvollziehbare Umstände i.S.d. Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV seien nicht geltend gemacht. Eine einjährige Abstinenz sei nicht nachgewiesen.
Die begleitenden Verfügungen wurden näher begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse geboten, weil die Verkehrssicherheit verlange, dass ungeeignete Verkehrsteilnehmer von der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr ausgeschlossen werden, auch wenn das bisherige Fahrverhalten nicht zu Unfällen geführt habe. Daher könne eine weitere Teilnahme bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Entziehung nicht zugelassen werden. Solange das Führerscheindokument noch nicht bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben worden sei, bestehe die Möglichkeit des Missbrauchs, dem durch die unverzügliche Abgabe entgegengewirkt werden solle.
Gegen den Bescheid wurde unter dem 6. September 2021 Widerspruch eingelegt.
Der Antragsteller erklärte am 9. September 2021 an Eides statt, dass er seinen Führerschein Listennummer … verloren habe.
Mit am 12. Oktober 2021 eingegangenen Schriftsatz seiner Bevollmächtigten ließ der Antragsteller beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 6. September 2021 gegen den Bescheid vom 24. August 2021 wiederherzustellen.
Zur Begründung lässt er ausführen, dass er sich nicht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Der Antragsteller räume gelegentlichen Konsum von Cannabis ein, bestreite aber den (bewussten) Konsum von Methamphetamin und Amphetamin. Wie diese Substanzen in seinen Körper gelangen hätten können, könne er sich nicht erklären. Die Amphetamin-Differenzierung im Serum/Plasma habe einen Wert von 17 Mikrogramm pro Liter Blut ergeben, wobei die Bestimmungsgrenze bei 5 Mikrogramm und die des § 24a StVG bei 25 Einheiten liegen würde. Die Methamphetamin-Auswertung habe eine Konzentration von 6,3 Mikrogramm pro Liter Blut ergeben, was nur knapp oberhalb der Bestimmungsgrenze von 5 und weit unterhalb des Grenzwertes des § 24a StVG liege. Es könne daher nicht einmal ein ordnungswidriges Verhalten des Antragstellers angenommen werden, zumal Ausfallerscheinungen beim Führen des Fahrzeugs ausgeblieben seien. Auch der Umstand, dass der Antragsteller keine Substanzen bei der Kontrolle bei sich geführt habe, würde dazu führen, dass ihm seine Eignung nicht abgesprochen werden könne.
Es sei fraglich, ob die Veranlassung des Drogenscreenings aufgrund angeblich festgestellter „drogentypischer Auffälligkeiten“ durchgeführt werden hätte dürfen. Eine blasse Gesichtsfarbe, glasige Augen, Nervosität und Mundtrockenheit würden nicht ausreichen. Diese Anhaltspunkte rechtfertigten nicht die polizeiliche Maßnahme, sodass bereits der zugrundeliegende Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei und dies auf die Entziehung der Fahrerlaubnis durchschlage. Verwunderlich sei, dass eine Blutentnahme zwar zwangsläufig zur Durchführung der forensisch-toxikologischen Untersuchung stattgefunden haben müsse, dies aber nicht in der polizeilichen Ermittlungsakte dokumentiert worden sei. Insofern würden Zweifel hinsichtlich der Verwertbarkeit des Gutachtens bestehen. Lücken in der Ermittlungsakte würden auch bestehen, soweit der Antragsteller angegeben habe vor Fahrtantritt drei Bier getrunken zu haben, der Alko-Test aber null Promille ausgewiesen habe und dies sich nicht in der Akte befinde. Dies lasse an einem ordnungsgemäßen Verfahren zweifeln.
Das Landratsamt beantragte,
den Antrag abzuweisen.
Die Behauptung des Antragstellers sei eine reine Schutzbehauptung. Es würden schon glaubwürdige und nachvollziehbare Angaben fehlen, wie die Aufnahme denn anders als bewusst erfolgt sein solle. Ob der Grenzwert des § 24a StVG überschritten worden sei oder nicht, sei nicht ausschlaggebend, ebenso wenig wie das Vorliegen oder Fehlen von Ausfallerscheinungen oder ob die angeführten Anhaltspunkte für eine Drogenaufnahme die polizeiliche Kontrolle rechtfertigten oder nicht. Im Recht der Gefahrenabwehr gebe es die „fruit oft the poisonous tree“- Regel nicht. Es gehe um Drogen, nicht um Alkohol. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Vertreterin des Antragstellers an einem ordnungsgemäßen Verfahren zweifele.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
1. Das Gericht legt den Antrag so aus (§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO), dass der Antragsteller lediglich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ziffer 1 des Bescheids vom 24. August 2021 begehrt. Der Antrag gegen Ziffer 3 (Androhung eines Zwangsgeldes) wäre unzulässig, auch wenn der Antragsteller der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins nicht innerhalb der Frist nachgekommen ist, da er stattdessen innerhalb der Frist eine eidesstattliche Erklärung über den Verlust abgegeben hat. Die Abgabepflicht wurde dadurch wirksam durchgesetzt, denn der Verstoß gegen die Wahrheitspflicht ist strafbewehrt, § 156 StGB (vgl. Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 12.12.2016, § 5 StVG, Rn. 5). Die Beitreibung des fällig gestellten Zwangsgeldes ist deshalb einzustellen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Fahrerlaubnisbehörde das in Ziffer 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) gleichwohl noch beitreiben wird, die Zwangsgeldandrohung hat sich erledigt (VG Würzburg, U.v. 24.2.2021 – W 6 K 20.1735 – BeckRS 2021, 6971 Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – BeckRS 2015, 53539 Rn. 12; VG München, B.v. 27.4.2017 – 6 S 16.5923 – BeckRS 2017, 128048 Rn. 22).
2. Der in obiger Weise auszulegende Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.
Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da der Widerspruch des Antragstellers nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.
a. Rechtsgrundlage der in Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i.V.m. § 46 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV).
Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Der Fahrerlaubnisinhaber erweist sich als ungeeignet zum Führen von Kfz, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist, § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV.
Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV bestehen Bedenken insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die vorherige Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens.
Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV entfällt bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis), hier Amphetamin und Methamphetamin (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage II, III), die Fahreignung. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2021 – 11 CS 21.390 – juris Rn. 15; B.v. 13.3.2020 – 11 ZB 20.1 – juris Rn. 11; B.v. 4.6.2019 – 11 CS 19.669 – juris Rn. 11; B.v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069 – juris Rn. 10 jeweils m.w.N.). Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder, wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2021 a.a.O. Rn. 15 f.; B.v. 13.3.2020 a.a.O. Rn. 11 ff. jeweils m.w.N.; B.v. 3.5.2021 – 11 CS 21.701 – BeckRS 2021, 10959 Rn. 17 f.).
Beim Antragsteller wurden bei einer Verkehrskontrolle am 14. Mai 2021 in der Blutprobe 6,3 µg/l Methamphetamin, 17 µg/l Amphetamin, 18 µg/l THC, 13 µg/l 11 Hydroxy-THC und 174 µg/l THC-Carbonsäure festgestellt. Die Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, fehlende Ausfallerscheinungen, ob Substanzen bei der Kontrolle bei sich geführt wurden und ob die Grenzwerte einer Ordnungswidrigkeit erreicht wurden, hat keine Relevanz.
Worauf die Bevollmächtigte des Antragstellers hinaus will, wenn sie vorträgt, dass der Antragsteller einer freiwilligen Blutentnahme zugestimmt habe und diese „vermeintlich um 19:18 Uhr im Klinikum …“ durchgeführt worden sei, erschließt sich dem Gericht nicht zur Gänze. Dies trifft auch auf die weiteren Ausführungen zu, wonach verwunderlich sei, dass eine Blutentnahme zwar zwangsläufig zur Durchführung einer forensisch-toxikologischen Untersuchung stattgefunden haben müsse, aber dies nicht in der polizeilichen Ermittlungsakte dokumentiert sei. Dass der Antragsteller bestreiten will, dass eine Blutentnahme stattgefunden hat oder dass es sich beim getesteten Blut nicht um das seine gehandelt hat, kann daraus nicht geschlossen werden. Im Übrigen findet sich die Anordnung auf Bl. 108, 109 der Behördenakte, wonach die Blutentnahme zur Feststellung von Drogeneinfluss erfolgt.
Auch angebliche Lücken in der Ermittlungsakte hinsichtlich der Angaben über den vorangegangenen Alkoholgenuss, die das Gericht nicht finden kann, führen nicht dazu, dass Zweifel an der korrekten Blutentnahme entstehen würden. Im Übrigen wird im Aktenvermerk auf Bl. 101 der Behördenakte (sowie auf Bl. 108) die Aussage des Klägers und das Ergebnis des Atemtests zum vorangegangenen Alkoholgenuss behandelt.
Die Einnahme harter Drogen steht damit fest. Dass sich diese Stoffe aufgrund anderer Ursachen als durch die Einnahme von Betäubungsmitteln im Blut befinden können, wurde nicht vorgetragen.
Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln setzt nach der obergerichtlichen Rechtsprechung zwar einen willentlichen Konsum voraus. Die unbewusste Einnahme stellt nach allgemeiner Lebenserfahrung aber eine seltene Ausnahme dar (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 13 m.w.N.). Angesichts des hohen Ranges der mit dem Bescheid geschützten Rechtsgüter müssen an die Überzeugungsgewissheit hinsichtlich von Einlassungen zu atypischen Umständen grundsätzlich hohe Ansprüche gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn letztlich nur eigene Erklärungen des Betroffenen vorliegen, da bei diesen die Möglichkeit einer erheblichen Zielgerichtetheit in Rechnung zu stellen ist (VG Ansbach, B.v. 23.3.2011 – AN 10 S 11.00473 – BeckRS 2011, 31021).
Daher muss, wer sich auf eine ausnahmsweise unbewusste Aufnahme eines Betäubungsmittels beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der damit auch zumindest teilweise der Nachprüfung zugänglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 13; B.v. 13.2.2019 – 11 ZB 18.2577 – juris Rn. 18 m.w.N.). Auch sind nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs derartige Behauptungen nur dann beachtlich, wenn überzeugend aufgezeigt werden konnte, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk zugänglich zu machen, ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und dessen Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 13; B.v. 13.2.2019 – 11 ZB 18.2577 – juris Rn. 18; B.v. 31.5.2012 – 11 CS 12.807 – juris Rn. 12).
Im vorliegenden Fall ist ein solcher die Eignung nicht ausschließender Ausnahmefall hingegen nach summarischer Prüfung nicht detailliert, in sich schlüssig und auch nicht im Übrigen glaubhaft vorgetragen. Der Antragsteller ließ letztlich lediglich vortragen, dass er den gelegentlichen Konsum von Cannabis einräume, den (bewussten) Konsum von Amphetamin/Methamphetamin aber bestreite. Wie diese Substanzen in seinen Körper gelangen haben können, könne er sich nicht erklären. Dieser Vortrag genügt daher nicht den hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine unbewusste Einnahme von harten Drogen stellt.
b. Soweit die Bevollmächtigte in den Raum stellt, ob die zugrundeliegende polizeiliche Maßnahme aufgrund der angeblichen drogentypischen Auffälligkeiten hätte durchgeführt werden dürfen, führt dies nicht zu einem Verwertungsverbot.
Im polizeilichen Bericht vom 14. Mai 2021 wurde von den Polizisten zwar kein Kreuz gesetzt unter dem Punkt „Der/die Probandin steht unter dem Verdacht, unter dem Einfluss berauschender Mittel ein Fahrzeug geführt zu haben. Er/Sie wurde über die Freiwilligkeit der Mitwirkung bei den durchgeführten Tests belehrt“. Im Anschluss wurden dann die festgestellten drogentypischen Auffälligkeiten angekreuzt. Darin kann die Kammer keinen Verstoß erkennen, der zu einem Verwertungsverbot führen würde.
Das Gesetz sieht keine explizite Belehrungspflicht über die Freiwilligkeit solcher Tests vor. Gemäß §§ 163a Abs. 4 Sätze 1 und 2, 136 Abs. 1 Satz 2 Strafprozessordnung – StPO, welche über §§ 46 Abs. 1, 55 Abs. 2 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten – OwiG auch im Verfahren der Ordnungswidrigkeiten gelten, ist dem Beschuldigten bei Beginn der Vernehmung durch Beamte des Polizeidienstes zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen.
In der Durchführung der Tests war nach Auffassung der Kammer keine Vernehmung zu sehen und der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt noch kein Beschuldigter bzw. Betroffener im straf- / ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sinne. Der Anfangsverdacht entstand erst durch die durchgeführten Tests. Der Antragsteller wurde daher ausweislich des Aktenvermerks vor der Blutentnahme, mit welcher er ohnehin einverstanden war, wegen des Verdachts der Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a StVG über seine Rechte und Pflichten belehrt (Bl. 101 d. Behördenakte). Dies hat er im gerichtlichen Verfahren auch nicht bestritten.
Wollte man jedenfalls die Rüge des Antragstellers so verstehen, dass er über die Freiwilligkeit nicht belehrt worden sei, ergibt sich gleichwohl nach Auffassung der Kammer kein Verwertungsverbot.
Für den Bereich des Fahrerlaubnisrechts ist weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der Fahrerlaubnis-Verordnung ein ausdrückliches Verwertungsverbot geregelt. Das Verkehrsverwaltungsrecht kennt – wie auch das Verwaltungsrecht insgesamt – kein generelles Beweisverwertungsverbot (vgl. Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage 2016, Stand 18.06.2021, § 11 FeV Rn. 37; § 2 StVG Rn. 80 ff.). Ebenso wie im Strafprozessrecht kann daher ein solches Verbot nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der gegenläufigen Interessen angenommen werden, wobei jedoch in Verwaltungsverfahren, die wie das Fahrerlaubnisrecht der Gefahrenabwehr dienen, nicht ohne Weiteres dieselben Maßstäbe wie im repressiven Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts gelten. Zwar hat die Behörde auch im Verwaltungsverfahren im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit die sich aus den Gesetzen, allgemeinen Verfahrensgrundsätzen und Grundrechten ergebenden Grenzen zu beachten. Aus diesen können sich durchaus Verwertungsverbote für das Verwaltungsverfahren ergeben. Hierbei ist jedoch zu prüfen, ob der Schutzzweck der jeweiligen Norm das Verwertungsverbot auch für das Verwaltungsverfahren erfordert (VGH BW, B.v. 21.6.2010 – 10 S 4/10 – juris Rn. 11). Im rein präventiven, auf keine Bestrafung gerichteten Fahrerlaubnisverfahren sind auch Rechtsgüter einer unbestimmten Zahl Dritter, namentlich Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer maßgeblich. Mit dem Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabern wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Fahrerlaubnisbehörden an der Berücksichtigung (eventuell) strafprozessual fehlerhaft gewonnener Erkenntnisse allgemein gehindert wären oder wegen eines außerhalb ihres Verantwortungsbereichs begangenen Verfahrensfehlers sehenden Auges die gravierenden Gefahren hinzunehmen hätten, die mit der Verkehrsteilnahme eines derzeit kraftfahrungeeigneten Fahrerlaubnisinhabers verbunden sind (OVG Münster, B.v. 13.3.2014 – 16 B 228/14 – juris Rn. 2). Die Grenze der Verwertbarkeit verläuft erst bei besonders gravierenden Verstößen oder wenn eine Güterabwägung ausnahmsweise zu einem vorrangigen Schutz der Rechte des Betroffenen führt (vgl. Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage 2016, Stand 18.6.2021, § 2 StVG Rn. 86; VGH BW, B.v. 16.5.2007 – 10 S 608/07 – juris Rn. 3 f.).
Aus den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung der Schwere des Eingriffs in das Recht des Betroffenen einerseits sowie dem Interesse an der Straßenverkehrssicherheit und dem Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Dritter andererseits ergibt sich für das Gericht hier, dass kein Beweisverwertungsverbot besteht. Es handelt sich – wenn überhaupt – um keinen vorsätzlichen Verstoß. Auch wurde ein etwaiger Verstoß nicht von der Fahrerlaubnisbehörde begangen. Das öffentliche Interesse am Ausschluss ungeeigneter Verkehrsteilnehmer ist auch besonders gewichtig.
Da bereits der einmalige Konsum harter Drogen die Fahreignung in der Regel entfallen lässt und der Antragsteller zudem unter Drogeneinfluss – unabhängig davon, ob Ausfallerscheinungen oder Fahruntüchtigkeit gegeben waren – im Straßenverkehr unterwegs war, durfte der Antragsgegner grundsätzlich allein aufgrund dieses Umstands von der Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen, ohne vorher die Ungeeignetheit durch ein positives Gutachten feststellen zu lassen (§ 11 Abs. 7 FeV). Es liegt ein Regelfall im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 zu Anlage 4 zu §§ 11, 13, 14 FeV vor.
c. Gegen die angeordnete Ablieferung des Führerscheins bestehen keine Rechtmäßigkeitsbedenken. Nachdem dem Antragsteller die Fahrerlaubnis nach summarischer Prüfung zu Recht und sofort vollziehbar entzogen worden ist, ist die Abgabeverpflichtung als begleitende Anordnung, die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen.
d. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Maßgeblich ist, dass aus den Gründen des angefochtenen Bescheids (Seite 4) deutlich hervorgeht, aus welchen Gründen der Antragsgegner eine Anordnung des Sofortvollzugs im Fall des Antragstellers für geboten erachtet hat. Die Behörde kann sich bei der Abwägung zwischen den Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2008 – 11 CS 08.1890; B.v. 13.1.2005 – 11 CS 04.2968; B.v. 18.5.2004 – 11 CS 04.819 – juris). Dem werden die Ausführungen in der Begründung des Bescheides gerecht. Das Landratsamt beruft sich auf die Gefahren für die Allgemeinheit, die von ungeeigneten Kraftfahrzeugführern ausgehen und das besondere Interesse diese Personen sofort auszuschließen. Die umgehende Ablieferung des Führerscheins hat der Antragsgegner zur Beseitigung einer Missbrauchsgefahr für notwendig erachtet. Bei dieser häufig wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltung, der eine typische Interessenlage zugrunde liegt, reicht es aus, diese Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass sie nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde auch im konkreten Fall vorliegt. Es ist unschädlich, dass die gegebene Begründung auch in einer Vielzahl anderer Verfahren zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Entziehung der Fahrerlaubnis verwendet werden könnte (BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 11 CS 21.701 – BeckRS 2021, 10959 Rn. 24; VG München, B.v. 8.7.2020 – 6 S 20.2061 – BeckRS 2020, 20547 Rn. 22 f.).
e. Auch eine Interessenabwägung kommt zu keinem anderen Ergebnis.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 46.3, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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