Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsums

Aktenzeichen  B 1 S 18.169

Datum:
15.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24009
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1
Anlage 4 zur FeV Nr. 9.1

 

Leitsatz

Die Behauptung, sog. harte Drogen, deren bereits einmaliger (willentlicher) Konsum die Fahreignung ausschließt, durch Dritte unwissentlich verabreicht bekommen zu haben, ist nur dann beachtlich, wenn ein derartiger Geschehensablauf detailliert, in sich schlüssig und auch im Übrigen glaubhaft vorgetragen wird und deshalb als ernsthaft möglich erscheint (ebenso BayVGH BeckRS 2016, 41334 Rn. 11 u. 12). (Rn. 26 und 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … geborene Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L durch das Landratsamt L … sowie gegen begleitende Anordnungen.
Der Antragsteller verzichtete am 16. Juni 2000 auf seine Fahrerlaubnis, da er am angeordneten Aufbauseminar wegen Verstößen in der Probezeit nicht teilgenommen hatte. In der Folgezeit gingen beim Landratsamt G … Anzeigen ein, die den Antragsteller als Heroinkonsumenten belasteten. Ein im Rahmen der Antragstellung auf eine Fahrerlaubnis eingeholtes medizinisch-psychologisches Gutachten fiel negativ aus und wies regelmäßigen Drogenkonsum (Heroin) nach (Blatt 127 der Behördenakte; Stand 8. März 2004). Die Fahrerlaubnis wurde dem Antragsteller am 6. Juni 2007 wieder erteilt. Am 29. August 2008 wurden beim Antragsteller während einer Verkehrskontrolle drogentypische Auffälligkeiten festgestellt und eine Blutentnahme ergab den Nachweis von Morphin, Codein, Gesamtmorphin und Gesamtcodein. Der Antragsteller verzichtete mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 auf seinen Führerschein (Blatt 238 der Behördenakte). Der Antragsteller wurde am 21. September 2011 vom Amtsgericht L … unter anderem wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt. Ihm durfte vor Ablauf von 2 Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden. Am 18. Juni 2015 beantragte der Antragsteller die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Das eingeholte medizinisch-psychologische Gutachten der Begutachtungsstelle für Fahreignung C … kam am 20. August 2015 zu dem Ergebnis, dass weiterhin von einer Drogenabhängigkeit des Antragstellers auszugehen sei. Am 21. März 2016 kam die Begutachtungsstelle für Fahreignung C … zu dem Ergebnis, dass bei dem Antragsteller körperliche oder geistige Beeinträchtigungen, die mit der Einnahme von Betäubungsmitteln in Zusammenhang gebracht werden könnten, nicht vorlägen. Trotz aktenkundiger Straftaten in Zusammenhang mit dem Straßenverkehr sei nicht zu erwarten, dass der Antragsteller künftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen würde. Die Fahrerlaubnis wurde dem Antragsteller daher am 23. März 2016 neu erteilt.
Am 10. Oktober 2017 ging beim Landratsamt L … eine Anzeige der Polizeiinspektion N … ein. Der Antragsteller wurde am 15. September 2017 um 21.30 Uhr einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen. Der durchgeführte Drogenschnelltest reagierte positiv auf Amphetamin. Im Polizeibericht wurde ausgeführt, dass bei der allgemeinen Verkehrskontrolle drogentypische Merkmale beim Antragsteller festgestellt worden seien. Die Augen seien glasig gewesen und hätten geglänzt. Der Antragsteller habe einen nervösen Eindruck gemacht. Der Antragsteller habe geäußert, keine Betäubungsmittel vor Fahrantritt oder in jüngster Zeit konsumiert zu haben. Bei der Durchsuchung der Person und des Fahrzeugs hätten keine Betäubungsmittel aufgefunden werden können. Daraufhin wurde eine Blutentnahme im Klinikum N …um 22.03 Uhr durchgeführt. Laut Gutachten der Rechtsmedizin B … vom 4. Oktober 2017 konnten im Blut 12,5 ng/ml (ca. 6,1 ng/ml Amphetamin und 139 ng/ml Methamphetamin nachgewiesen werden.
Mit Schreiben vom 10. November 2017 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, dass er aufgrund des mitgeteilten Sachverhaltes nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei, da die Einnahme von Betäubungsmitteln (außer Cannabis) vorliege. Die Fahrerlaubnis müsse deswegen entzogen werden. Es genüge der einmalige Konsum auch ohne Bezug zum Straßenverkehr. Eine Anordnung zur Beibringung eines weiteren Gutachtens entfalle. Dem Antragsteller werde bis zum 24. November 2017 die Gelegenheit gegeben, sich hierzu zu äußern.
Mit Schreiben vom 28. November 2017 äußerte die Bevollmächtigte des Antragstellers, dass dieser zwar amtsbekannt Drogen konsumiert habe. Der Antragsteller habe aber in den letzten Jahren hart an sich gearbeitet und sei jetzt „clean“. Es hätte ihn ein Vermögen gekostet, die Fahrerlaubnis wieder zu erhalten. Er sei gerade im Begriff, eine selbständige Tätigkeit als Raumausstatter aufzubauen. Diese selbständige Tätigkeit übe er seit … aus. Am Tag der Verkehrskontrolle habe er sich in der Diskothek „C …“ in F … aufgehalten. Er habe Urlaub gehabt und 1 Radler und 2 Cola getrunken. Die Getränke seien für jedermann zugänglich auf dem Tisch gestanden. Er sei mit einer alleinerziehenden, geschiedenen Frau ins Gespräch gekommen. Im Nachhinein habe der Antragsteller aufgrund des aufdringlichen Verhaltens der Frau den Eindruck gewonnen, sie sei auf ihn angesetzt worden und habe ihm die Drogen – aufgelöst – in eines der konsumierten Getränke in der Absicht gegeben, ihn als „Neukunden“ zu gewinnen. Der Antragsteller habe an diesem Abend weder wissentlich noch willentlich Drogen konsumiert. Da die festgestellte Wirkstoffkonzentration relativ gering gewesen sei, habe er die Drogen weder geschnupft noch gespritzt. Diese seien ihm oral über die konsumierten Getränke verabreicht worden. Der Antragsteller sei schon wiederholt ohne Auffälligkeiten kontrolliert worden. Der Antragsteller sei bereit, sich regelmäßig jeder Art von Drogenscreening zu unterziehen. Mit weiterem Schreiben vom 30. November 2017 ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte mitteilen, dass Herr … B … bezeugen könne, dass der Antragsteller keine Drogen konsumiert habe, an diesem Abend nur ein Radler und zwei Cola konsumiert habe und sich eine schwarzhaarige Frau an den Antragsteller aufdringlich herangemacht habe.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 wies das Landratsamt darauf hin, dass die Blutentnahme am 15. September 2017 um 22.03 Uhr stattgefunden habe. Es sei unwahrscheinlich, dass die Drogen über einen so langen Zeitraum noch im Blut nachweisbar wären, weshalb von einem Konsum relativ zeitnah zur Kontrolle ausgegangen werden müsse. Der Antragsteller habe bei der polizeilichen Vernehmung keine Angaben zum möglichen Verdacht der Drogenbeimischung gemacht. Um zeitliche Eingrenzung des Geschehens wurde gebeten, damit ein Gutachten in Auftrag gegeben werden könne.
Darauf erwiderte die Bevollmächtigte, dass der Antragsteller davon ausgehe, dass ihm die Drogen über ein Getränk in den frühen Morgenstunden des 15. September 2017 zwischen 0.00 Uhr und 3.00 Uhr verabreicht worden seien.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2017 wies das Landratsamt den Antragsteller darauf hin, dass an der Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis festgehalten werde. Zwar sei die unwissentliche Beimischung von Drogen nicht widerlegbar. Der Antragsteller hätte dann aber eine deutlichere Wirkung der Drogen verspüren müssen, die auch während des Tages der Kontrolle angehalten hätte. Bei der Polizei habe der Antragsteller diesbezüglich keine Angaben gemacht. Im Hinblick auf seine zurückliegende Drogenproblematik könne dem Antragsteller eine gewisse Erfahrung unterstellt werden. Es sei nach Würdigung der Gesamtumstände wahrscheinlicher, dass in den Stunden vor der Verkehrskontrolle ein zeitnaher Drogenkonsum stattgefunden habe und es sich bei den Angaben des Antragstellers nur um eine Schutzbehauptung handele. Bei harten Drogen führe schon eine einmalige Einnahme zur Ungeeignetheit.
Im Ermittlungsverfahren des Amtsgerichts C … ( …) wurde ein ergänzendes rechtsmedizinisches Gutachten in Auftrag gegeben. Das Universitätsklinikum B … kommt in seinem Gutachten vom 5. Februar 218 zu folgenden Schlussfolgerungen:
„In der Literatur sind nach oraler Aufnahme einer üblichen Konsumdosis von 20 mg S-Methamphetamin Hydrochlorid maximale Plasma-Konzentrationen von 32,4 7,7ng/ml (7,5 3,4h nach der Aufnahme) … und 32,4 3,5 ng/ml (7,5 1,5 h nach der Aufnahme) … beschrieben. In einer weiteren Studie von … konnte nach oraler Aufnahme einer Dosis von 0,25 mg/kg S-Methamphetamin Hydrochlorid … nach 2,6-3,6 Stunden eine mittlere Peak-Plasmakonzentration von 39 ng/ml ermittelt werden. Der Einordnung der detektierten Methamphetamin-Konzentration von 139 ng/ml als „niedrige Wirkstoffkonzentration“ kann somit nicht gefolgt werden.“
Eine Beurteilung in Bezug auf orale oder intranasale Aufnahme könne nicht getroffen werden. Eine unwissentliche Aufnahme durch ein Getränk könne nicht ausgeschlossen werden. Der leicht bittere Geschmack könne durch die Art des Getränks überdeckt werden. Nach den Angaben des Antragstellers wäre aber die unwissentliche Aufnahme 20-24 Stunden vor der Blutentnahme erfolgt. Die Methamphetamin-Aufnahme müsste zu diesem Zeitpunkt deutlich über dem hier ermitteltem Wert gelegen haben und die Wirkungen wären, insbesondere wenn es sich um einen Erstkonsum handeln sollte, deutlich bemerkbar gewesen. In der Regel schließe sich in solchen Fällen eine behandlungsbedürftige Intoxikation an. Aus forensisch-toxikologischer Sicht wäre ein derartiger Geschehensablauf nicht sicher auszuschließen, könne aber einer allgemeinen Plausibilitätsprüfung nicht standhalten.
Mit Bescheid vom 17. Januar 2018 (zugestellt mittels Empfangsbekenntnis am 18. Januar 2018) wurde dem Antragsteller die erteilte Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L entzogen (Nr. 1). Der Führerschein werde eingezogen und sei beim Landratsamt L … – Führerscheinstelle abzugeben (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall, dass der Antragsteller seiner Pflicht zur Abgabe des Führerscheins bis zum 26. Januar 2018 nicht nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro zur Zahlung fällig (Nr. 4). Der Antragsteller habe die Kosten des Verfahrens zu tragen (Nr. 5). Die Gebühr für den Bescheid werde auf 150,- Euro festgesetzt (Nr. 6).
Zur Begründung dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) von der Ungeeignetheit des Konsumenten zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen und zwar auch dann, wenn keine Abhängigkeit bestehe. Der Konsument sei nach der klaren gesetzlichen Regelung nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden. Eine wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Fahreignung könne in der Regel erst nach einjährig nachgewiesener Abstinenz wieder erlangt werden. Bei dem im Blut des Antragstellers nachgewiesenen Amphetamin handele es sich um ein Stoffwechselprodukt von Methamphetamin, es handele sich hierbei um Drogen im Sinne der Anlage 3 zu § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Zwar sei nicht widerlegbar, dass ihm die Drogen unwissentlich beigemischt worden seien. Allerdings hätte der Antragsteller, wenn dem so gewesen wäre, eine deutlichere Wirkung der Drogen spüren müssen, die auch während des Tages der Kontrolle angehalten hätte. Im Polizeibericht seien keinerlei Angaben hierzu erwähnt worden. Auch den Polizeibeamten gegenüber sei kein Verdacht einer Drogenbeimischung geäußert worden. Dem Antragsteller könne aufgrund seiner zurückliegenden Drogenproblematik eine gewisse Erfahrung unterstellt werden. Er hätte bei dem aufdringlichen Verhalten der Frau misstrauisch und vorsichtig werden müssen. Es sei nach Würdigung der Gesamtumstände deutlich wahrscheinlicher, dass ein zeitnaher Drogenkonsum in den Stunden vor der Verkehrskontrolle stattgefunden habe bzw. dass der Antragsteller die Drogen selbst konsumiert habe und es sich bei seinen Angaben nur um eine Schutzbehauptung handele. Es sei vom Vorliegen eines Regelfalls im Sinne der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zu FeV auszugehen. Es liege eine Mangel vor, der den Kläger ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen mache (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Anlage 4 Ziffer 9.1 zur FeV). Es sei bereits nach einmaligem Konsum von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei wegen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig (wird ausgeführt).
Am 30. Januar 2018 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Führerscheinstelle des Landratsamts L … ab.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 19. Februar 2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid erheben (B 1 K 18.170) und im Wege des einstweiligen Rechtsschutz beantragen,
Die sofortige Vollziehung des Bescheids des Beklagten vom 17.01.2018, zugestellt am 18.01.2018, wird ausgesetzt und die aufschiebende Wirkung der Klage wird kostenpflichtig wieder hergestellt.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die am 30.01.2018 bei dem Beklagten abgelieferte Fahrerlaubnis kostenpflichtig wieder an den Kläger herauszugeben und ihm für den Fall der bereits erfolgten Unbrauchbarmachung eine neue Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L auszustellen.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass bei der Kontrolle gegen 21.20 Uhr durch die Polizeibeamten keine Betäubungsmittel im Auto vorgefunden worden seien. Der Antragsteller gehe davon aus, dass eine S … ihm in der Nacht vom 14. September auf den 15. September 2018 die Drogen in die konsumierten Getränke gegeben habe, um ihn als Neukunden zu gewinnen. Der Antragsteller habe weder wissentlich noch willentlich Drogen konsumiert. Da die festgestellte Wirkstoffkonzentration gering gewesen sei, sei von einer oralen Einnahme auszugehen. Der Zeuge B …könne bezeugen, dass der Antragsteller nun „clean“ sei. Der Antragsteller habe zwar am besagten Abend in der Diskothek ein Unwohlsein festgestellt, habe dies aber auf Krankheitssymptome zurückgeführt und geglaubt, etwas auszubrüten. Gegen den Bußgeldbescheid des Amtsgerichts C … habe der Kläger Einspruch eingelegt ( …). Das Amtsgericht C … habe das rechtsmedizinische Gutachten vom 5. Februar 2018 in Auftrag gegeben. Der Gutachter gelange zu dem Ergebnis, dass eine unwissentliche orale Aufnahme nicht ausgeschlossen werden könne. Die Einlassung des Klägers halte einer Plausibilitätsprüfung stand, da er davon ausgegangen sei, die verspürten Symptome müssten auf eine Krankheit zurückgeführt werden.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 legte das Landratsamt …den Verwaltungsvorgang vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Behauptung des Antragstellers, ihm seien die Betäubungsmittel in das Getränk gemischt worden, als Schutzbehauptung gewertet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage sowie auf Herausgabe des Führerscheins bleibt ohne Erfolg.
1. Der Antragsteller begehrt zunächst die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis in Nr. 1 des Bescheids des Landratsamts L … vom 17. Januar 2018.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage des Antragstellers nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
In der Sache selbst folgt das Gericht zunächst der zutreffenden Begründung des angegriffenen Bescheids und sieht insoweit von einer gesonderten Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend hierzu sind zum Antragsvorbringen sowie zur Sache noch die folgenden Ausführungen veranlasst:
a) Die Begründung der sofortigen Vollziehung im angefochtenen Bescheid genügt den formellen Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war und enthält die Erwägungen, die er für die Anordnung des Sofortvollzugs als maßgeblich angesehen hat. Dass in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle betreffend die Ungeeignetheit von Kraftfahrern das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch ist und die fahrerlaubnisrechtliche Anordnung der sofortigen Vollziehung ähnlich begründet wird, ändert an deren Einzelfallbezogenheit nichts (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.11.2016 – 11 CS 16.1957 – juris).
b) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV liegt bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) – mit Ausnahme von Cannabis – keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vor. Hierzu zählt nach Anlage II zu § 1 Abs. 1 BtMG auch das im Blut des Antragstellers gefundene Methamphetamin, dessen Konsum durch das Gutachten nachgewiesen ist. Bereits der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen schließt die Fahreignung aus (stRspr., vgl. z.B. BayVGH, B.v. 03.08.2016 – 11 ZB 16.966 – juris Rn. 11; B.v. 19.01.2016 – 11 CS 15.2403 – juris Rn. 11; B.v. 23.02.2016 – 11 CS 16.38 – juris Rn. 8; OVG NW, B.v. 23.07.2015 – 16 B 656/15 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.).
Der Konsum von Betäubungsmitteln, der die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt, setzt zwar regelmäßig einen willentlichen Konsum voraus. Die vom Betroffenen unbemerkte Verabreichung durch Dritte und daher unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln stellt jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar, zumal derartige Substanzen illegal und zudem nicht billig sind. Wer – wie der Antragsteller – behauptet, die in seinem Blut festgestellten Substanzen unwissentlich eingenommen zu haben, muss deshalb einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt. In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wurden entsprechende Behauptungen allenfalls dann als beachtlich angesehen, wenn der Betroffene überzeugend aufzeigen konnte, dass der Dritte einen Beweggrund hatte, ihm ohne sein Wissen Betäubungsmittel zuzuführen, und dass er selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat (vgl. hierzu im Einzelnen BayVGH, B.v. 19.01.2016 – 11 CS 15.2403 – juris Rn. 12; B.v. 31.05.2012 – 11 CS 12.807 – juris Rn. 12, B.v. 24.07.2012 – 11 ZB 12.1362 – juris Rn. 11 m.w.N.; B.v. 24.03.2011 – 11 CS 11.318 – juris Rn. 9; ebenso OVG NW, B.v. 22.03.2012 – 16 B 231/12 – juris Rn. 6).
Dies zugrunde gelegt, rechtfertigt das Vorbringen des Antragstellers nicht die Annahme, dass bei ihm ein unbewusster, die Fahreignung nicht ausschließender Betäubungsmittelkonsum vorgelegen habe. Zum einen hat der Antragsteller nicht dargelegt, welchen Beweggrund die alleinerziehende S … gehabt haben soll, dem Antragsteller die Drogen unbewusst unterzumischen. Der Antragsteller kennt diese Person nicht. Auch trug er nicht vor, dass er dieser Person seine Personalien gegeben hätte. Es erschließt sich dem Gericht nicht, inwiefern S … den Antragsteller unter diesen Umständen hätte „anfüttern“ können, wenn sie den Antragsteller weder kennt noch weiß, wie sie ihn in Zukunft aufsuchen soll. Auch ansonsten ist kein plausibler Grund ersichtlich, weshalb ihm diese Person heimlich Drogen in seine Getränke hätte untermischen sollen.
Zum anderen müsste nach dem Gutachten des Universitätsklinikums B … vom 5. Februar 2018 die Methamphetamin-Aufnahme deutlich über dem hier ermitteltem Wert gelegen haben und die Wirkungen wären, insbesondere wenn es sich um einen Erstkonsum handeln sollte, deutlich bemerkbar gewesen. In der Regel schließe sich in solchen Fällen eine behandlungsbedürftige Intoxikation an. Der Antragsteller gab erstmals im gerichtlichen Verfahren an, dass er sich unwohl gefühlt habe und dies auf Krankheitssymptome geschoben habe. Gegenüber der Polizei erwähnte er diesbezüglich nichts. Auch das Gericht wertet die Angaben des Antragstellers als Schutzbehauptung, da der Antragsteller auf Grund seiner Vorgeschichte Erfahrung mit Drogen hatte und angenommen werden kann, dass ihm der Unterschied zwischen einer Erkrankung und der Wirkung von Drogen durchaus bekannt sein dürfte.
Zu Recht hat das Landratsamt L …deswegen nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV auf die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen. Ihm war deswegen gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass dem Landratsamt insoweit ein Ermessen zugekommen wäre.
Nach § 11 Abs. 7 FeV unterbleibt die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens, wenn die Nichteignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht. Das Landratsamt hatte deshalb auch keine Veranlassung, dem Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzugeben.
Vor diesem Hintergrund kommt es im vorliegenden Fall auch nicht in Betracht, dem Antragsteller unter Auflagen oder Maßgaben seine Fahrerlaubnis zu belassen. Es liegt hier kein Fall des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV vor, in dem lediglich Tatsachen die Annahme begründen, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes vorliegt (vgl. B.v. 13.12.2005 – 11 CS 05.1350 – juris Rn. 26). Vielmehr steht die Nichteignung des Antragstellers hier positiv fest.
2. Soweit der Antrag darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abgabeverpflichtung des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheids) wiederherzustellen, bleibt dieser ebenfalls ohne Erfolg. Zwar hat sich diese Anordnung nicht durch die zwischenzeitlich erfolgte Ablieferung des Führerscheins erledigt, sondern stellt einen Rechtsgrund für das Einbehalten des Dokuments dar (BayVGH, B.v. 06.10.2017 – 11 CS 17.953 – juris Rn. 9; B.v. 12.02.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22). Jedoch ist sie als begleitende Anordnung, die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen, nachdem dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu Recht und sofort vollziehbar entzogen worden ist.
3. Soweit der Antrag des Antragstellers darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung in Nr. 4 des Bescheids anzuordnen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes – VwZVG), kann der Antrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Denn durch die mittlerweile erfolgte Abgabe des Führerscheins hat sich die hierauf bezogene Zwangsgeldandrohung erledigt. Da die Behörde auch nicht zu erkennen gegeben hat, dass sie beabsichtigt, das Zwangsgeld gleichwohl beizutreiben, besteht insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis (stRspr., vgl. BayVGH, B.v. 06.10.2017 – 11 CS 17.953 – juris Rn. 10; B.v. 26.04.2012 – 11 CS 12.650 – juris Rn. 13 m.w.N.). Auch in der Sache ist bzw. war die auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG basierende Zwangsgeldandrohung außerdem rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Nach den vorstehenden Ausführungen bleibt der Antrag, soweit er darauf gerichtet ist, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller den Führerschein wieder zurückzugeheben, gleichfalls ohne Erfolg. Unabhängig von der Frage, ob für einen solchen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Behörde ihren Pflichten, die sie bei einem erfolgreichen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs treffen, nicht nachkommen werde (vgl. VG Augsburg, B.v.15.02.2017 – Au 7 S 16.1749 – juris Rn. 9 f.; BayVGH, B.v. 12.03.2007 – 11 CS 06.2028 – juris Rn. 16), kann der Annexantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO aber nur dann Erfolg haben, wenn der Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erfolgreich ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
5. Somit ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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