Strafrecht

Fahrlässiges Fahren ohne Fahrerlaubnis bei Umschreibung einer aberkannten tschechischen Fahrerlaubnis in österreichische Fahrerlaubnis

Aktenzeichen  6 Cs 15 Js 10367/19

Datum:
11.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45224
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Passau
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1
FeV § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 7

 

Leitsatz

Weiß der Angeklagte, dass seine frühere tschechische Fahrerlaubnis in Deutschland keine Wirksamkeit hatte und dass die hiergegen umgeschriebene österreichische Fahrerlaubnis allein und ohne weitere Prüfung auf der tschechischen Fahrerlaubnis beruhte, hätte er erkennen können und müssen, dass er nunmehr verpflichtet war, bei der deutschen Führerscheinbehörde nachzufragen, ob die österreichische Fahrerlaubnis auch in Deutschland wirksam ist und macht sich schuldig des fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig eines fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 2 tatmehrheitlichen Fällen.
2. Der Angeklagte wird deshalb zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je EUR 75,- verurteilt.
3. Der Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bay. Polizeiverwaltungsamt vom 18.06.2019, (Az.: D-2090-014364-19/6) wird aufgehoben.
4. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die eigenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 21 I Nr. 1, II Nr. 1 StVG, 28 IV S. 1 Nr. 7 FeV, 53 StGB

Gründe

I.
Der am … geborene ledige Angeklagte ist wohnhaft …. Nach seinen eigenen Angaben ist er Angestellter im Betrieb seiner Mutter als Hausmeister mit einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.450,- EUR. Er gibt weiter an, keinerlei Unterhaltsverpflichtungen und keine Schulden zu haben.
Strafrechtlich ist der Angeklagte bisher wie folgt in Erscheinung getreten:
1.27.05.2002 AG PASSAU
1.D2803 7 CS 212 JS 6594/02
1.Rechtskräftig seit 17.12.2002
1.Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren trotz Fahrverbots
1.Datum der (letzten) Tat: 01.05.2002
1.Angewendete Vorschriften: STGB § 44, STVG § 21 ABS. 1 NR. 1
1.25 Tagessätze zu je 50,00 EUR Geldstrafe
1.1 Monat(e) Fahrverbot
2.08.04.2003 AG PASSAU
2.D2803 7 CS 212 JS 2085/03
2.Rechtskräftig seit 21.05.2003
2.Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
2.Datum der (letzten) Tat: 09.01.2003
2.Angewendete Vorschriften: STGB § 44, STVG § 21 ABS. 1 NR. 1
2.40 Tagessätze zu je 165,00 EUR Geldstrafe
2.1 Monat(e) Fahrverbot
3.25.04.2006 AG Passau
3.D2803 7 Cs 312 Js 14774/05
3.Rechtskräftig seit 19.05.2006
3.Tatbezeichnung: Fahrlässige Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen
3.Datum der (letzten) Tat: 09.10.2005
3.Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs. 1, § 229, § 230 Abs. 1, § 44, § 52
3.50 Tagessätze zu je 90,00 EUR Geldstrafe
3.1 Monat(e) Fahrverbot
4.05.07.2007 AG Passau
4.D2803 7 Ds 106 Js 14243/06
4.Rechtskräftig seit 05.07.2007
4.Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
4.Datum der (letzten) Tat: 05.10.2006
4.Angewendete Vorschriften: StGB § 56, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
4.5 Monat(e) Freiheitsstrafe
4.Bewährungszeit bis 04.07.2009
4.Strafe erlassen mit Wirkung vom 28.07.2009
5.11.12.2007 AG Landshut
5.D2404 2 Cs 54 Js 32106/07
5.Rechtskräftig seit 29.12.2007
5.Tatbezeichnung: Steuerhinterziehung in 24 Fällen
5.Datum der (letzten) Tat: 13.07.2005
5.Angewendete Vorschriften: StGB § 53, § 54, § 25 Abs. 1, Abs. 2, § 40, § 46, AO § 369, § 370 Abs. 1 Nr. 2, MinöStG § 19
5.90 Tagessätze zu je 50,00 EUR Geldstrafe
5.Gewerbezusammenhang
6.02.05.2016 AG Passau
6.D2803 10 Cs 17 Js 3419/16
6.Rechtskräftig seit 18.05.2016
6.Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
6.Datum der (letzten) Tat: 13.12.2015
6.Angewendete Vorschriften: StGB § 44, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
6.90 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe
6.3 Monat(e) Fahrverbot
II.
1. Der Angeklagte fuhr am 17.5.2019 gegen 14.35 Uhr mit dem PKW Jaguar, amtliches Kennzeichen …, auf der I. straße in … P., obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte.
Am 19.7.2006 war ihm seine deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden. Mit Bescheid vom 12.1.2012, dem Angeklagten zugestellt am 14.1.2012, war ihm das Recht, von seiner am 8.8.2007 ausgestellten tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, aberkannt worden. Das Verfahren auf Umschreibung der tschechischen in eine deutsche Fahrerlaubnis war mit Bescheid vom 4.10.2017 nach Antragsrücknahme eingestellt worden. Der prüfungsfreie Umtausch dieser tschechischen Fahrerlaubnis bzw. dessen Ersatzdokuments in eine österreichische Fahrerlaubnis vom 11.9.2017 berechtigte den Angeklagten nicht dazu, in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Dies hätte er wissen können und müssen.
2. Der Angeklagte fuhr am 5.6.2019 gegen 14.15 Uhr mit dem PKW Land Rover, amtliches Kennzeichen …, auf der S. Straße, Grenzübergang N. Auch hier war er nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis, was er ebenfalls hätte erkennen können und müssen.
III.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der verlesenen Schriftstücke sowie der glaubhaften Angaben der im Hauptverhandlungstermin uneidlich einvernommenen Zeugin …:
1. Der Angeklagte räumt beide Fahrten ein. Er erklärt jedoch über seinen Verteidiger, dass er seines Erachtens im Besitz einer wirksamen Fahrerlaubnis ist. Ihm ist die österreichische Fahrerlaubnis formgerecht erteilt worden, so dass auch die Bundesrepublik Deutschland diese Fahrerlaubnis anerkennen muss. Insbesondere ist bei einer Umschreibung seiner tschechischen Fahrerlaubnis in eine österreichische Fahrerlaubnis die notwendige Prüfung durch die österreichischen Behörden vorgenommen worden.
2. Demgegenüber gibt die Zeugin … an, dass dem Angeklagten das Recht, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, durch Bescheid, der ihm auch zugestellt wurde, aberkannt worden ist. Weiter gibt die Zeugin H. an, dass zwar der Angeklagte ursprünglich beantragt hatte, dass ihm eine deutsche Fahrerlaubnis durch Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis erteilt wird, der Angeklagte jedoch diesen Antrag zurückgenommen hat. Weiter gibt die Zeugin H. an, dass diese österreichische Fahrerlaubnis, die lediglich auf der Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis, die in Deutschland keine Wirksamkeit hatte, erteilt wurde, in Deutschland ebenfalls keine Wirksamkeit entfaltet, da die erforderliche Geeignetheitsprüfung beim Angeklagten durch die österreichischen Behörden nicht stattgefunden hat.
3. Die Angaben der Zeugin H. werden bestätigt durch die verlesene schriftliche Auskunft der österreichischen Behörden. In dieser Auskunft wird mitgeteilt, dass bei der Umschreibung nur geprüft wurde, ob der Angeklagte eine Hauptwohnsitzmeldung in Österreich vorweisen kann und auch beabsichtigt, mindestens 185 Tage in Österreich zu bleiben. Eine weitere Prüfung wurde jedoch nicht durchgeführt.
Aufgrund dessen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die österreichische Fahrerlaubnis des Angeklagten, die lediglich auf der früheren tschechischen Fahrerlaubnis beruht, in Deutschland keine Wirksamkeit hat. Die österreichische Fahrerlaubnis wurde ohne Geeignetheitsprüfung erteilt. Dies hätte der Angeklagte auch erkennen können und müssen. Der Angeklagte wusste, dass die tschechische Fahrerlaubnis in Deutschland keine Wirksamkeit hatte. Da er zudem wusste, dass die österreichische Fahrerlaubnis allein und ohne weitere Prüfung auf der tschechischen Fahrerlaubnis beruhte, hätte er erkennen können und müssen, dass er nunmehr verpflichtet war, bei der deutschen Führerscheinbehörde nachzufragen, ob die österreichische Fahrerlaubnis auch in Deutschland wirksam ist. Aufgrund dessen war der Angeklagte schuldig zu sprechen eines fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei tatmehrheitlichen Fällen gemäß §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG, 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 7 FeV, 53 StGB.
IV.
Bei der Strafzumessung ist zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er den äußeren Sachverhalt im Wesentlichen einräumt. Zu Lasten des Angeklagten ist jedoch zu berücksichtigen, dass er bereits 6-mal strafrechtlich und davon 4-mal einschlägig in Erscheinung getreten ist. Unter Abwägung der vorgenannten Umstände war somit für jede der beiden Taten die Verhängung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen schuld- und tatangemessen.
Unter nochmaliger Berücksichtigung aller Umstände und insbesondere unter Berücksichtigung des nahen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs war hieraus eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu bilden.
Der einzelne Tagessatz war auf 75,- EUR festzusetzen. Die Angaben des Angeklagten zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sind nicht glaubhaft. Wie dem Gericht persönlich bekannt ist, war bereits vor dem Tod des früheren Firmeninhabers, des Vaters des Angeklagten, der Angeklagte im Betrieb nicht als Hausmeister eingesetzt, sondern für einen wesentlichen Teil der Geschäftsabwicklung der Tankreinigungsfirma verantwortlich. Zudem ist bekannt, dass der Angeklagte früher die Vorgängerfirma allein leitete und dann Insolvenz beantragen musste. Somit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Angeklagte seine tatsächliche Stellung in der Firma bewusst verschleiert, um sein Einkommen gering angeben zu können. Nach Ansicht des Gerichts ist der Angeklagte maßgeblich für die Geschäftsleitung verantwortlich, weswegen ein Einkommen in Höhe von 2.250,- EUR geschätzt wird.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.


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