Strafrecht

Freispruch – Zeitpunkt der Glaubhaftmachung für die Befreiung von der Maskenpflicht

Aktenzeichen  201 ObOWi 907/21

Datum:
23.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25493
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 267 Abs. 5 S. 1
OWiG § 71 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Betroffene zum Tatzeitpunkt gegen die Maskenpflicht auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen nach § 27 Nr. 18 i.V.m. § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV v. 30.10.2020 (BayMBl. 2020 Nr. 616) verstoßen hat, kommt es ausschließlich darauf an, ob der Betroffene aus der Sicht des Tatrichters zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle an Ort und Stelle Umstände glaubhaft gemacht hat, die eine Befreiung von der Maskenpflicht nach § 2 Nr. 2 der 8. BayIfSMV begründeten. (Rn. 9)
2. Soweit und solange der Verordnungsgeber keine konkreten Vorgaben zum Inhalt und zu den Mitteln der Glaubhaftmachung normiert hat, gehört die Frage, ob das Amtsgericht im konkreten Fall zu Recht von einer hinreichenden Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Maskenpflicht ausgegangen ist, zum Kern tatrichterlicher Beweiswürdigung. Die Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht beschränkt sich deshalb darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, was nur dann angenommen werden kann, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. (Rn. 15)
Spricht das Gericht den Betroffenen aus Rechtsgründen frei, muss es Feststellungen zur Sache treffen, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet wurde (Bestätigung von BGH BeckRS 2018, 7999). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts vom 08.04.2021 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.
Die Stadt X verhängte gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 26.11.2020 wegen einer am 05.11.2020 um 12:46 Uhr in X begangenen vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit des Verstoßes gegen die Maskenpflicht auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen (§§ 27 Nr. 18, 24 Abs. 1 Nr. 1, 2 Nr. 2 der am 02.11.2020 in Kraft und am 30.11.2020 außer Kraft getretenen 8. BayIfSMV vom 30.10.2020 [BayMBl. 2020 Nr. 616] i.V.m. Nr. 1 der Allgemeinverfügung der Stadt X vom 24.10.2020 eine Geldbuße in Höhe von 250 Euro. Nach form- und fristgerechter Einlegung des Einspruchs hat das Amtsgericht den Betroffenen aufgrund der Hauptverhandlung vom 08.04.2021 aus rechtlichen Gründen freigesprochen, weil er jedenfalls in der Hauptverhandlung hinreichend glaubhaft gemacht habe, dass er zum Tatzeitpunkt von der Maskenpflicht befreit gewesen sei. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, den sie wie auch die damit vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde (§ 80 Abs. 3 Satz 2 OWiG) mit der Verletzung materiellen Rechts begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft vertritt die Rechtsbeschwerde und hat mit Stellungnahme vom 09.07.2021 beantragt, auf den Antrag der Staatsanwaltschaft die Rechtsbeschwerde zuzulassen, auf die Rechtsbeschwerde das Urteil des Amtsgerichts vom 08.04.2021 aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Die Einzelrichterin hat mit Beschluss vom 16.08.2021 die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG dem Senat zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
II.
Die nach Zulassung gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft erweist sich als erfolgreich und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mitsamt den zugehörigen Feststellungen.
1. Die angefochtene Entscheidung zwingt den Senat schon deshalb zur Aufhebung, weil die Darstellung der Gründe nicht den Anforderungen (§ 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO) an ein freisprechendes Urteil genügt.
a) Das Urteil des Amtsgerichts enthält keine hinreichenden Feststellungen, welche die Beurteilung zuließen, ob der Freispruch zu Recht erfolgt ist. Auch wenn ein Gericht den Betroffenen aus Rechtsgründen freispricht, muss es Feststellungen zur Sache treffen, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet wurde (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 22.03.2018 – 5 StR 566/17 = BGHSt 63, 107 = NJW 2018, 1767).
b) Diesen Anforderungen wird das amtsgerichtliche Urteil nicht gerecht. Denn es wird schon nicht ausreichend mitgeteilt, welche Feststellungen zum maßgeblichen Tatgeschehen getroffen wurden. Das Urteil beschränkt sich im Wesentlichen auf die Mitteilung, dass der Betroffene in der Hauptverhandlung ein auf den 14.09.2020 datiertes Attest seines Hausarztes vorgelegt habe, in dem ihm bescheinigt werde, dass er „zur Verhinderung relevanter gesundheitlicher Folgen“ von der Maskenpflicht im privaten und beruflichen Umfeld sowie im öffentlichen Raum befreit sei. Darüber hinaus habe der Betroffene in der Hauptverhandlung angegeben, an einer chronischen Lungenerkrankung und beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an akuter Luftnot und hierdurch bedingtem Schwindel zu leiden. Während dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend zu entnehmen ist, dass sich der Betroffene zum Tatzeitpunkt am angegeben Ort aufgehalten hat, ohne eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen aber schon nicht, worauf es jedoch entscheidend ankommt, ob und gegebenenfalls mit welchen Mitteln der Betroffene an Ort und Stelle Umstände, die eine Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen könnten, überhaupt glaubhaft gemacht hat. Auf diese Feststellungen verzichtete das Amtsgericht ersichtlich, weil es rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, dass eine Glaubhaftmachung hinsichtlich der Befreiung von der Maskenpflicht nicht nur an Ort und Stelle, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt und sogar noch in der nach Einspruch gegen einen entsprechenden Bußgeldbescheid bestimmten Hauptverhandlung erfolgen kann. Wegen des aus den nachfolgenden Gründen unzutreffenden Ausgangspunktes des Amtsgerichts kann das angefochtene Urteil schon wegen des Mangels an hinreichenden Feststellungen zur relevanten Frage des Zeitpunkts der Glaubhaftmachung keinen Bestand haben.
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Betroffene zum Tatzeitpunkt gegen die Maskenpflicht nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 8. BayIfSMV verstoßen hat, kann entgegen den Überlegungen des Amtsgerichts nicht offen bleiben, ob der Betroffene bereits an Ort und Stelle im Rahmen der behördlichen Kontrolle glaubhaft gemacht hatte, dass ihm das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist.
a) Nach den Regelungen des § 24 Satz 2 Nr. 1 7. BayIfSMV v. 01.10.2020 [BayMBl. 2020 Nr. 562] sowie des § 24 Abs. 1 Nr. 1 8. BayIfSMV v. 30.10.2020 [BayMBl. 2020 Nr. 616], an deren Verfassungsmäßigkeit der Senat insbesondere auch mit Blick auf die in Härtefällen bestehenden Befreiungsmöglichkeiten von der Maskenpflicht keine Zweifel hegt (vgl. etwa auch BayObLG, Beschluss vom 28.06.2021 – 202 ObOWi 704/21 bei juris [zur Maskenpflicht nach § 22 Nr. 4 i.V.m.§ 13 Abs. 4 Satz 2 der 6. BayIfSMV]), konnte die Kreisverwaltungsbehörde Maskenpflicht auf von ihr festzulegenden stark frequentierten öffentlichen Plätzen anordnen, während der Geltung der 7. BayIfSMV unter der Voraussetzung, dass die sog. Sieben-Tage-Inzidenz höher als 35 lag. Die Stadt X hatte auf der Grundlage der 7. BayIfSMV mit Allgemeinverfügung vom 24.10.2020, die bis einschließlich 08.11.2020 Geltung hatte, festgelegt, dass die L-Straße in X zu den Plätzen gehört, an denen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen ist. Nach § 2 Nr. 2 der 8. BayIfSMV waren Personen, die glaubhaft machen konnten, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, von der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit.
b) Für die insoweit in § 2 Nr. 2 der 8. BayIfSMV geforderte Glaubhaftmachung genügte es allerdings nicht, wenn diese – wie das Amtsgericht meint – jedenfalls in der nach Einspruch gegen einen entsprechenden Bußgeldbescheid anberaumten Hauptverhandlung erfolgt ist. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob der Betroffene aus der Sicht des Tatrichters zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle an Ort und Stelle Umstände glaubhaft gemacht hatte, die eine Befreiung von der Maskenpflicht begründeten. Der Zeitpunkt der Hauptverhandlung war insoweit nicht maßgeblich. Die Auslegung der Vorschrift gebietet es, insoweit auf den Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle abzustellen.
aa) Bereits aus dem Wortlaut des § 2 Nr. 2 der 8. BayIfSMV (“Personen, die glaubhaft machen können […], sind von der Trageverpflichtung befreit“) wird hinreichend deutlich, dass die Befreiung von der Maskenpflicht die Glaubhaftmachung entsprechender Umstände zum Zeitpunkt der Kontrolle voraussetzt, so dass eine nachträgliche Glaubhaftmachung schon deshalb ausscheiden muss.
bb) Auch die Stellung der Vorschrift innerhalb der Verordnung legt es nahe, für die Glaubhaftmachung auf den Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle abzustellen. Denn der Befreiungstatbestand ist nicht etwa im Zusammenhang mit der bußgeldbewehrten Maskenpflicht auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 27 Nr. 18 der BayIfSMV geregelt, sondern – als Ausnahmetatbestand – in der im Teil 1 (‚Allgemeine Regelungen‘) verorteten Vorschrift des § 2 zur verwaltungsrechtlichen Verpflichtung zur Mund-Nasen-Bedeckung.
cc) Demgegenüber würde die Auslegung der Vorschrift, wie sie das Amtsgericht zugrunde legt, zu Friktionen bzw. Wertungswidersprüchen mit den zentralen Verfahrensgrundsätzen der in Art. 14 Abs. 3 lit. g) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBR) positiv-rechtlich verankerten Selbstbelastungsfreiheit und der Amtsaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG) führen, welche im gerichtlichen Bußgeldverfahren zu beachten sind. Hiernach unterliegt der Betroffene keinen Mitwirkungspflichten, sondern hat das Recht, zu schweigen und insbesondere nicht aktiv zur Sachaufklärung beizutragen (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt StPO 64. Aufl. Einl. Rn. 29a). Vielmehr ist es Sache des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen und damit grundsätzlich unabhängig vom Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten zu ermitteln (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 244 Rn. 11). Dagegen würde eine nicht auf den Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle abstellende Auslegung der Vorschrift darauf hinauslaufen, dem Betroffenen, der einer Verurteilung entgehen will, im Ergebnis eine dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit widersprechende Darlegungslast zu überbürden. Da aber den genannten Verfahrensprinzipien Gesetzeskraft zukommt, verbietet sich schon aus Gründen der Normenhierarchie eine Auslegung der Rechtsverordnung, die den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderliefe.
dd) Eine auf den Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle abstellende Auslegung von § 2 Nr. 2 8. BayIfSMV gebietet schließlich auch der Sinn und Zweck der Maskenpflicht auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen. Ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dort nach gefestigter wissenschaftlicher Überzeugung und insbesondere nach der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts ein geeignetes Mittel zur Reduzierung des Ansteckungsrisikos und erhöht damit jeder, der solche Orte ungeschützt betritt, das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus für sich und andere Personen (vgl. nur BayVerfGH, Beschl., v. 14.09.2020 – 70-IVA/20 = BeckRS 2020, 22821 [Rn. 20]; BayVGH, Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185 = BeckRS 2020, 28369 [Rn. 19]), so versteht es sich von selbst, dass entsprechende Verpflichtungen nur dann ihre Wirkkraft entfalten, wenn sie – von begründeten Ausnahmefällen, die in § 2 Nr. 2 8. BayIfSMV geregelt sind, abgesehen – von jedermann beachtet und gegebenenfalls von den Sicherheitsbehörden gegenüber Personen, die von der Maskenpflicht nicht befreit sind, durchgesetzt werden. Dies setzt voraus, dass die mit der Kontrolle und Durchsetzung der Maskenpflicht betrauten Behörden in die Lage versetzt werden, zu überprüfen, ob eine an solchen Plätzen ohne Maske aufhältliche Person ausnahmsweise von der Maskenpflicht befreit ist. Fällt diese Prüfung negativ aus, muss es den Sicherheitsbehörden möglich sein, geeignete Maßnahmen zur Abwehr insbesondere von Gesundheitsgefährdungen aller an diesem Platz aufhältlichen Personen zu ergreifen (vgl. Lindner, in Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise 3. Aufl. § 18 Rn. 100 ff.). Polizeibeamte (Art. 2 Abs. 1, 11 Abs. 1 BayPAG) sind bei einem Verstoß gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung etwa befugt, einen Platzverweis anordnen (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayPAG) oder andere geeignete Maßnahmen zu ergreifen (Art. 11 BayPAG). Dementsprechend müssen Polizei und Sicherheitsbehörden (Art. 6, 7 Abs. 1 BayLStVG) an Ort und Stelle entscheiden können, ob die angetroffene Person aus gesundheitlichen Gründen von der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit ist. Dies ist nur dann gewährleistet, wenn die entsprechende Glaubhaftmachung im Rahmen der Kontrolle erfolgt. Für dieses Verständnis spricht im Übrigen auch § 1 Abs. 6 BayIfSMV vom 24.03.2020, der ausdrücklich vorsah, dass Polizeibeamte die Einhaltung der Ausgangsbeschränkung zu kontrollieren haben und im Fall einer Kontrolle die triftigen Gründe für das Verlassen der Wohnung durch den Betroffenen glaubhaft zu machen sind.
Nach alledem kommt nicht zuletzt auch mit Blick auf die Gewährleistung eines effektiven Gesundheitsschutzes allein eine Auslegung in Betracht, wonach die Glaubhaftmachung im Zeitpunkt der sicherheitsrechtlichen Kontrolle zu erfolgen hat.
III.
Soweit der Zulassungsantrag die Auffassung vertritt, das Rechtsbeschwerdegericht habe zu klären, welche Anforderungen an die Glaubhaftmachung nach § 2 Nr. 2 8. BayIfSMV zu stellen sind, geht dies allerdings fehl, weil diese Frage nach den Ausführungen unter Ziff. II vorliegend nicht entscheidungserheblich ist. Im Übrigen sind die generellen Anforderungen an eine Glaubhaftmachung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Hiernach bedarf es nicht der vollen Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der behaupteten Tatsachen. Vielmehr reicht es aus, dass durch die beigebrachten Beweismittel in einem hinreichenden Maß die Wahrscheinlichkeit ihrer Richtigkeit dargetan ist (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.1990 – 5 StR 447/90 = StV 1991, 50 = NStZ 1991, 144). Nichts anderes gilt im Verwaltungsverfahren. Dort sind Gründe dann glaubhaft gemacht, wenn die geltend gemachten oder sonst erkennbaren Tatsachen und Umstände überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. nur BeckOK VwVfG [51. Ed., Stand: 01.04.2021] § 32 Rn. 27). Bei der Frage der Glaubhaftmachung geht es mithin um die Würdigung der präsentierten Beweismittel im Einzelfall. Jedenfalls soweit und solange der Verordnungsgeber in den entsprechenden Vorschriften keine konkreten Vorgaben zum Inhalt und zu den Mitteln der Glaubhaftmachung normiert hat, gehört die Frage, ob das Amtsgericht im konkreten Fall zu Recht von einer hinreichenden Glaubhaftmachung einer Befreiung von der Maskenpflicht durch den Betroffenen zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle ausgegangen ist, zum Kern tatrichterlicher Beweiswürdigung. Ist das Tatgericht, ausgehend von einer ausreichenden Tatsachengrundlage, zu der nachvollziehbaren und plausiblen Schlussfolgerung gelangt, der Befreiungstatbestand sei zum Tatzeitpunkt gegeben gewesen, hat das Rechtsbeschwerdegericht dies nach der auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren durch §§ 261 und 337 StPO vorgegebenen Aufgabenverteilung zwischen Tat- und Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich hinzunehmen, ohne dass es darauf ankommt, ob das Rechtsbeschwerdegericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Selbst wenn also für das Rechtsbeschwerdegericht eine andere Beurteilung nähergelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre, beschränkt sich die Nachprüfung allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, was nur dann angenommen werden kann, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. zuletzt nur BGH, Urt. v. 23.06.2021 – 2 StR 337/20; BayObLG, Urt. v. 16.07.2021 – 202 StRR 59/21, bei juris jeweils m.w.N.).
IV.
Wegen des unter Ziffer II. aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangels war das angefochtene Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.
Die Entscheidung ergeht nach § 80a Abs. 1, 2. Halbsatz i.V.m. Abs. 3 Satz 1 OWiG durch den Bußgeldsenat mit drei Richtern.


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