Strafrecht

Gelegentlicher Konsum von Cannabis und Fahrerlaubnisentzug

Aktenzeichen  W 6 S 17.325

Datum:
24.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
StVG StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV FeV § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 46 Abs. 1
FeV Anlage 4 Nr. 9.2.1, Nr. 9.2.2, Nr. 9.5
VwZVG VwZVG Art. 21a

 

Leitsatz

1 Die Kombination von einmaligem Cannabiskonsum, anschließend zeitnaher Verkehrsteilnahme des Erstkonsumenten unter Einwirkung dessen einmalig konsumierten Stoffes und schließlich der Feststellung dieses Umstandes bei einer Verkehrskontrolle unter Berücksichtigung der relativ geringen polizeilichen Kontrolldichte spricht insgesamt deutlich für einen sehr selten anzunehmenden Fall. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer ausdrücklichen Behauptung mit substanziierten Darlegungen dazu, dass es sich bei der festgestellten Einnahme von Drogen tatsächlich um einen ersten bzw. einmaligen oder Probierkonsum gehandelt hat. Erst wenn auch solche substanziierten Darlegungen erfolgen, ist ihre Glaubhaftigkeit unter Würdigung sämtlicher Fallumstände zu überprüfen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Zumindest im Eilverfahren kann bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss und gelegentlichem Cannabiskonsum von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden (Abweichung BayVGH BeckRS 2016, 52318). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1. Der am … geborene Antragsteller ist im Besitz der Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L. Er wendet sich gegen den sofortigen Vollzug des Bescheids über den Entzug seiner Fahrerlaubnis.
Der Fahrerlaubnisbehörde beim Landratsamt Schweinfurt wurde durch polizeiliche Mitteilung vom 22. Februar 2017 bekannt, dass der Antragsteller am 5. Februar 2017 gegen 16:50 Uhr ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hat, obwohl er zuvor Cannabis konsumiert hatte (laut Antragsteller am 3.2.2017). Die toxikologische Untersuchung der dem Antragsteller am 5. Februar 2017 gegen 17:05 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine THC-Konzentration von 3,4 ng/ml, eine Konzentration von 1,0 ng/ml 11-OH-THC (THC-Metabolit) sowie von 39,8 ng/ml THC-COOH (THC-Carbonsäure).
Nach Anhörung entzog das Landratsamt Schweinfurt dem Antragsteller mit Bescheid vom 15. März 2017 die Fahrerlaubnis (Nr. 1). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, den am 13. Juni 2014 unter Listen-Nr. … ausgehändigten Führerschein spätestens sieben Tage nach Zustellung des Bescheides beim Landratsamt Schweinfurt abzuliefern (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall der Nichtbeachtung der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR angedroht (Nr. 4). Der Antragsteller wurde zur Tragung der Verfahrenskosten verpflichtet (Nr. 5). Für den Bescheid wurde eine Gebühr von 205,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betragen 5,11 EUR (Nr. 6).
In den Gründen des Bescheides ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Entzug der Fahrerlaubnis stütze sich auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV. Der Antragsteller habe sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Er konsumiere zumindest gelegentlich Cannabis und könne nicht zwischen dem Konsum und dem Führen von Fahrzeugen trennen (vgl. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV). Dies ergebe sich unter anderem aus der Cannabis-Fahrt am 5. Februar 2017 mit einer THC-Konzentration von 3,4 ng/ml und einer Konzentration von THC-COOH von 39,8 ng/ml sowie aus der Abbaugeschwindigkeit von THC. Der Antragsteller habe zudem gegenüber der Polizei angegeben, gelegentlich auf Feiern Betäubungsmittel zu konsumieren. Laut dem toxikologischen Gutachten habe sich der nachgewiesene Konsum auf die Fahrtauglichkeit des Antragstellers ausgewirkt. Es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse daran, dass ein ungeeigneter Fahrerlaubnisinhaber nicht durch Ausschöpfung formeller Rechtspositionen bis zum Abschluss eines eventuellen Verwaltungsstreitverfahrens weiter am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen könnte.
Am 24. März 2017 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde ab.
2. Der Antragsteller ließ gegen den streitgegenständlichen Bescheid beim Antragsgegner Widerspruch einlegen und am 28. März 2017 bei Gericht beantragen,
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 27. März 2017 gegen den Bescheid des Landratsamts Schweinfurt vom 15. März 2017 wird wiederhergestellt.
Dem Landratsamt Schweinfurt wird aufgegeben, den vom Antragsteller am 24. März 2017 abgegebenen Führerschein unverzüglich wieder an den Antragsteller herauszugeben.
Zur Antragsbegründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen vorbringen: Der den Antragsteller anhaltende Polizeibeamte habe ausdrücklich bestätigt, dass der Antragsteller keineswegs fahrauffällig gewesen sei oder sein Fahrverhalten Grund zur Verkehrskontrolle gegeben habe. Tatsächlich habe der Antragsteller am Freitag, den 3. Februar 2017, anlässlich einer Feier Cannabis konsumiert, jedoch zwei Tage später, bevor er die Fahrt mit dem Pkw angetreten habe, irgendwelche Nachwirkungen verspürt. Der Antragsteller habe keineswegs unter der Wirkung berauschender Mittel gestanden. Dem Antragsteller sei zugute zu halten, dass er erstmalig in Berührung mit dem berauschenden Mittel gekommen sei und somit keinerlei Erfahrungswerte gehabt habe. Bei Cannabis-Produkten gebe es keine verlässlichen Hinweise, in welcher Zeit und welcher Höhe ein stündlicher Abbau nach Konsum vonstattengehe. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe vom Antragsteller keinerlei Gefahr mehr aus.
Das Landratsamt Schweinfurt beantragte für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 4. April 2017:
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Antragsbegründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus: Eine weitere Aufklärung zur Ermittlung der Häufigkeit des Konsums sei nur geboten, wenn ausdrücklich behauptet und substanziiert dargelegt werde, er habe erstmals Cannabis eingenommen und sei somit weder ein gelegentlicher noch ein regelmäßiger Konsument. Die Kombination von erstmaligem Cannabiskonsum, anschließender Verkehrsteilnahme unter Einwirkung des erstmaligen konsumierten Stoffes und schließlich der Feststellung dieses Umstandes bei einer Verkehrskontrolle unter Berücksichtigung der relativ geringen polizeilichen Kontrolldichte spreche insgesamt deutlich für einen sehr selten anzunehmenden Fall. Der Antragsteller habe gegenüber der Polizei bereits einen gelegentlichen Cannabiskonsum eingeräumt. Nach den vorliegenden Studien müsse zusätzlich zu dem eingeräumten Cannabiskonsum am 3. Februar 2017 noch ein weiterer Konsum hinzugetreten sein. Auch die gemessene THC-Carbonsäure von über 30 ng/ml spreche für einen gelegentlichen Konsum. Im polizeilichen Bericht seien deutliche Zeichen eines Drogenkonsums festgestellt worden. Im vorliegenden Fall kämen demnach sehr viele Faktoren zusammen, die in ihrer Gesamtheit die Glaubwürdigkeit des aktuellen Vorbringens des Antragstellers schmälerten. Dies seien insbesondere die sich widersprechenden Aussagen des Antragstellers zu seinem Konsumverhalten sowie die Messwerte. Von einer Wiederherstellung der Kraftfahreignung könne schließlich in der Regel erst ausgegangen werden, wenn er eine einjährige Abstinenzzeit nachgewiesen und auf Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt worden sei. Die fehlende Fahreignung des Antragstellers stehe fest, sodass die allgemeine Verkehrssicherheit bei einer weiteren Teilnahme bis zum Abschluss des Klageverfahrens gefährdet wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist teilweise unzulässig. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet.
Soweit sich der Antrag gegen die in Nr. 4 des Bescheides vom 15. März 2017 verfügte Zwangsgeldandrohung gerichtet ist, ist er unzulässig. Dieser kraft Gesetzes sofort vollziehbare Ausspruch (Art. 21a VwZVG) hat sich durch die Abgabe des Führerscheins erledigt. Nach der Abgabe des Führerscheins kann das angedrohte Zwangsgeld nach Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG nicht mehr beigetrieben werden. Der Antragsgegner hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass er das angedrohte Zwangsgeld gleichwohl vollstrecken wolle. Aus der Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheides ergibt sich für den Antragsteller keine Beschwer mehr (vgl. BayVGH, B.v. 7.1.2014 – 11 CS 13.2427, 11 C 13.2428 – juris; B.v. 29.10.2009 – 11 CS 09.1968 – juris; B.v. 12.3.2007 – 11 CS 06.2028 – juris). Der Antrag ist weiter unzulässig, soweit er sich auf die Kostenentscheidung beziehen sollte, weil der Antragsteller noch keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde gestellt hat (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO).
Der Antrag ist ebenfalls unzulässig, soweit der Antragsteller begehrt, dem Antragsgegner aufzugeben, den abgelieferten Führerschein unverzüglich wieder an den Antragsteller herauszugeben. Für diesen Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Denn für den Fall, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich ist, ist nichts dafür vorgetragen und ersichtlich, dass der Antragsgegner nicht von sich aus die Konsequenzen hieraus ziehen und dem Antragsteller seinen Führerschein zurückgeben würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2007 – 11 CS 06.2028 – juris).
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheides vom 15. März 2017 ist zulässig und statthaft, aber unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis (Nr. 1 des Bescheides) sowie gegen die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheides) entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – ZfSch 2015, 714 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung).
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
An der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs bestehen keine vernünftigen Zweifel. Insbesondere hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet.
Eine summarische Prüfung der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich und ausreichend ist, ergibt, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Unabhängig davon besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. Das Gericht folgt den zutreffenden Gründen des Bescheides des Landratsamts Schweinfurt vom 15. März 2017 und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Das Vorbringen des Antragstellerbevollmächtigten führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt. Eine Ausnahme gilt für die Einnahme von Cannabis (Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV). Insoweit führt die regelmäßige Einnahme zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV). Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur dann gegeben, wenn insbesondere Konsum und Fahren getrennt werden können. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung ist die Entscheidung ohne Ermessensspielraum zwingend; einer Gutachtenseinholung bedarf es nicht (§ 11 Abs. 7 FeV).
Die Voraussetzungen, die zur Ungeeignetheit führen, sind beim Antragsteller erfüllt. Der Antragsteller hat Cannabis sowohl gelegentlich konsumiert, als auch den Cannabiskonsum und das Fahren mit einem Kraftfahrzeug nicht trennen können. Der Antragsteller hat des Weiteren seine so verlorengegangene Kraftfahreignung zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bzw. der vorliegenden Entscheidung des Gerichts (wegen des laufenden Widerspruchsverfahrens) nicht wiedererlangt. Im Einzelnen:
Der Antragsteller ist – mindestens – gelegentlicher Konsument von Cannabis. Dafür genügt, dass er mindestens zweimal unabhängig voneinander Cannabis konsumiert hat (BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 11 CS 17.143 – juris; B.v. 27.2.2017 – 11 CS 16.2316 – juris; B.v. 14.9.2016 – 11 CS 16.1467 – juris; B.v. 29.8.2016 – 11 CS 16.1460 – ZfSch 2016, 595; BVerwG, U.v. 20.10.2014 – 3 C 3.13 – Buchholz 442.10, § 3 StVG Nr. 16).
Der gelegentliche, also mehr als einmalige Cannabiskonsum des Antragstellers steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Bonn hat in seinem Gutachten vom 10. Februar 2017 den Cannabiskonsum am 5. Februar 2017 ausweislich der Werte der entnommenen Blutprobe toxikologisch nachgewiesen. Darüber hinaus hat der Antragsteller laut des polizeilichen Berichts vom 5. Februar 2017 zum letzten Betäubungsmittelkonsum selbst angegeben: Gelegentlich auf Feiern. Das Erklärungsverhalten des Fahrerlaubnisinhabers ist von Bedeutung und kann bei der Feststellung eines gelegentlichen Cannabiskonsums mit rechtlicher Relevanz herangezogen werden. Der Antragsteller muss sich als Fahrerlaubnisinhaber an seinen Aussagen festhalten lassen (vgl. BayVGH, B.v. 5.5.2015 – 11 CS 15.334 – juris; OVG RhPf, B.v. 2.3.2011 – 10 B 11400/10 – NJW 2011, 1985).
Des Weiteren spricht die Abbaugeschwindigkeit von Cannabis, ausgehend von der Blutentnahme am Montag, den 5. Februar 2017, um 17:05 Uhr und vom angeblich letzten Konsum am Freitag, den 3. Februar 2017 bei einer Feier sowie vom wissenschaftlich festgestellten hohen THC-Wert von 3,4 ng/ml, von einem zeitnäheren Cannabiskonsum als von über 41 Stunden vor der Blutentnahme. Denn nach Veröffentlichung von Sticht/Käferstein sinkt der THC-Spiegel bereits 12 Stunden nach Rausch-Ende auf Werte, die sich zwischen 0,02 und 0,07 ng/ml bewegen. Eine Studie von Huestis/Henninfield/Cohn gelangt zu dem Ergebnis, dass 12 Stunden nach dem Ende der THC-Aufnahme mit Konzentrationen von 0,9 ng/ml zu rechnen sei. Bei einer an der Universität Maastricht durchgeführten Untersuchung ergab sich, dass der THC-Spiegel bereits nach sechs Stunden bei 19 von 20 Versuchspersonen unter 1 ng/ml abgesunken war. Lediglich ein Proband wies noch eine Konzentration von 1,4 ng/ml auf. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht bei einer THC-Konzentration von 3,4 ng/ml davon überzeugt, dass entweder – zusätzlich – ein sehr zeitnaher Konsum von wenigen Stunden vor der Fahrt gegeben ist oder sonst ein gehäufter Konsum vorliegen muss. Denn nur bei Dauerkonsumenten von Cannabis kann gegebenenfalls selbst 24 bis 48 Stunden nach dem letzten Konsum noch eine positive THC-Konzentration im Serum nachgewiesen werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2017 – 11 CS 16.2403 – juris; B.v. 3.1.2017 – 11 CS 16.2401 – juris; B.v. 23.5.2016 – 11 CS 16.690 – NJW 2016, 2601; B.v. 18.4.2016 – 11 ZB 16.285 – NJW 2016, 1974; B.v. 16.12.2015 – 11 CS 15.2377 – juris m.w.N.). Darüber hinaus spricht der Wert von 39,8 ng/ml THC-Carbonsäure ebenfalls für einen mindestens gelegentlichen Cannabiskonsum des Antragstellers (vgl. etwa auch VG Trier, U.v. 30.1.2017 – 1 K 2124/16 – becklink 2005769).
Entgegen den Ausführungen des Bevollmächtigten des Antragstellers ist weiter darauf hinzuweisen, dass durchgreifende Zweifel daran bestehen, dass der gutachterlich nachgewiesene Cannabiskonsum erst bzw. einmalig erfolgt sein sollte. Denn die Kombination von einmaligem Cannabiskonsum, anschließend zeitnaher Verkehrsteilnahme des Erstkonsumenten unter Einwirkung dessen einmalig konsumierten Stoffes und schließlich der Feststellung dieses Umstandes bei einer Verkehrskontrolle unter Berücksichtigung der relativ geringen polizeilichen Kontrolldichte spricht insgesamt deutlich für einen sehr selten anzunehmenden Fall. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer ausdrücklichen Behauptung mit substanziierten Darlegungen dazu, dass es sich bei der festgestellten Einnahme von Drogen tatsächlich um einen ersten bzw. einmaligen oder Probierkonsum gehandelt hat. Erst wenn auch solche substanziierten Darlegungen erfolgen, ist ihre Glaubhaftigkeit unter Würdigung sämtlicher Fallumstände zu überprüfen (BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 11 CS 17.143 – juris; B.v. 27.2.2017 – 11 CS 16.2316 – juris; B.v. 25.1.2016 – 11 CS 15.2480 – juris; OVG SH, B.v. 23.1.2017 – 4 MB 2/17 – juris). Kommt der Betreffende hingegen den ihm nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG und nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO obliegenden Mitwirkungspflichten bei der Sachaufklärung nicht nach, ist es zulässig, hieraus für ihn nachteilige Schlüsse zu ziehen (vgl. VG Würzburg, B.v. 14.12.2012 – W 6 S. 12.1004 – juris).
Das Vorbringen des Antragstellers lässt indes jegliche Substanziierung vermissen. Jedenfalls ist das Vorbringen – zumindest nach summarischer Prüfung – nicht als glaubhaft, sondern als unglaubhafte Schutzbehauptung zu werten. An einem detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhaltsvortrag fehlt es. So fehlt es schon an einer substanziierten Darlegung, welche Drogen der Antragsteller in welcher Form und welcher Menge vor der Fahrt eingenommen hat. Weiter fehlen nähere Einlassungen, zu welchem Zeitpunkt und über welchen Zeitraum hinweg der Cannabiskonsum zeitnah zur motorisierten Verkehrsteilnahme stattgefunden hat. Erklärungsbedürftig ist des Weiteren auch die Uhrzeit der Fahrt unter Cannabiseinfluss gegen 16:50 Uhr. Nicht plausibel ist weiter das Vorbringen, es sei ein einmaliges Ereignis, da der Antragsteller sich nicht dazu ausgelassen hat, warum und unter welchen Umständen er nur einmalig Cannabis konsumiert haben will, zumal der Antragsteller gegenüber der Polizei selbst gelegentlichen Cannabiskonsum bei Feiern eingeräumt hat. Weiter will der Antragsteller nichts von seiner die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Auswirkungen des Drogenkonsums verspürt haben. Gerade aber bei einem völlig unerfahrenen Erstkonsumenten sind bei einer Konzentration von 3,4 ng/ml THC im Blut auffällige Auswirkungen zu erwarten (vgl. BayVGH, B.v. 5.5.2015 – 11 CS 15.334 – juris; BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – Buchholz 442.10, § 3 StVG Nr. 16). Die spürbaren Beeinträchtigungen hätten einem Erstkonsumenten auffallen müssen. Demgegenüber kommt es bei mehrmaligem Konsum zu einer raschen Toleranzentwicklung. Der Antragsteller hat indes bisher keine Angaben gemacht, dass er sich etwa fahruntüchtig oder sonst beeinträchtig gefühlt habe, sondern vielmehr das Gegenteil behauptet. Hinzu kommt die widersprüchliche Angabe des Antragstellerbevollmächtigten eines einmaligen Konsums im Vergleich zu den Angaben des Antragstellers bei der Polizei, der von einem gelegentlichen Konsum bei Feiern gesprochen hatte.
So lässt sich gesamtwürdigend und auch gerade unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers feststellen, dass die vom Antragsteller behauptete erst- bzw. einmalige Einnahme von Cannabis nach Überzeugung des Gerichts nicht glaubhaft ist. Vielmehr spricht alles für eine bewussten und willentlichen zeitnahen, mehr als einmaligen, also zumindest gelegentlichen Konsum von Cannabis. An einem mindestens gelegentlichen Cannabiskonsum bestehen keine vernünftigen Zweifel.
Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis nur gegeben, wenn insbesondere Konsum und Fahren getrennt werden können. Dies ist beim Antragsteller angesichts der Verkehrsauffälligkeit am 5. Februar 2017 nicht der Fall. Vielmehr fehlt dem Antragsteller nach Überzeugung des Gerichts das erforderliche Trennungsvermögen.
Für den Verstoß gegen das Trennungsgebot ist entscheidend, ob ein gelegentlicher Konsument von Cannabis objektiv unter dem Einfluss einer THC-Konzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei dem davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch negative Auswirkung des Konsums auf den Betroffenen signifikant erhöht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – Buchholz 442.10, § 3 StVG Nr. 16) ist bereits – auch schon bei einer einmaligen Teilnahme am Straßenverkehr – bei einem THC-Wert von mindestens 1,0 ng/ml von mangelndem Trennungsvermögen zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Fahren auszugehen, mit der Folge, dass bei gelegentlichem Konsum von Cannabis die Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weiteres zu entziehen ist (a. A. früher BayVGH in st. Rspr., z.B. B.v. 25.1.2006 – 11 CS 05.1711 – DAR 2006, 407: erst ab einem THC-Gehalt von 2,0 ng/ml. Siehe jetzt aber etwa BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 11 CS 17.143 – juris; B.v. 27.2.2017 – 11 CS 16.2316 – juris; B.v. 23.5.2016 – 11 CS 16.690 – NJW 2016, 2601; B.v. 11.3.2015 – 11 CS 14.2200 – juris sowie OVG NRW, B.v. 15.3.2017 – 16 A 432/16 – juris; VGH BW, B.v. 7.3.2017 – 10 S 328/17 – Blutalkohol 54, 142 [2017]; B.v. 22.7.2016 – 10 S 738/16 – VRS 130, Nr. 70 [2016]; OVG SH, B.v. 23.1.2017 – 4 MB 2/17 – juris; NdsOVG, B.v. 28.11.2016 – 12 ME 180/16 – NJW 2017, 1129; OVG Bln-Bg, U.v. 16.6.2016 – 1 B 37.14 – Blutalkohol 53, 393 [2016]; OVG Bremen, B.v. 25.2.2016 – 1 B 9.16 – ZfSch 2016, 598). Die toxikologische Untersuchung der dem Antragsteller am 5. Februar 2014 entnommenen Blutprobe hat einen Wert von 3,4 ng/ml THC ergeben. Damit kann der Antragsteller den Konsum von Cannabis und das Fahren im öffentlichen Straßenverkehr nicht trennen; denn der Wert liegt weit oberhalb der Signifikanzschwelle.
War die Fahreignung wegen Drogenkonsums entfallen, kann in Anlehnung an Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV von einer Wiedererlangung der Fahreignung in der Regel nur dann ausgegangen werden, wenn eine einjährige Drogenabstinenz nachgewiesen ist (bzw. im Falle alleinigen Cannabiskonsums die Rückkehr zu einem fahreignungsverträglichem Konsummuster) sowie ein tiefgreifender und stabiler Einstellungswandel vorliegt. Der Antragsteller hatte die Kraftfahreignung durch die Drogenfahrt am 5. Februar 2017 verloren. Die sogenannte verfahrensrechtliche Jahresfrist war zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bzw. der vorliegenden Entscheidung des Gerichts (wegen des laufenden Widerspruchsverfahrens) – mit knapp drei Monaten – bei Weitem noch nicht abgelaufen.
Darüber hinaus hat der Antragsteller schon gar keine ausdrückliche Abstinenzbehauptung aufgestellt, sondern nur erklärt, am 3. Februar 2017 anlässlich einer Feier erstmalig in Berührung mit dem berauschenden Mittel gekommen zu sein. Der Antragsteller hat bislang keine Nachweise seiner Drogenabstinenz vorgelegt. Vor einer positiv bestätigten Drogenabstinenz von mindestens sechs Monaten ist eine positive Begutachtung zudem ohnehin ausgeschlossen (vgl. nur BayVGH, B.v. 3.1.2017 – 11 CS 16.2401 – Blutalkohol 54, 140 [2017]).
Da auch sonst keine besonderen Umstände im Sinne der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV ersichtlich sind, steht die fehlende Kraftfahreignung des Antragstellers gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, ohne dass es der Einholung eines Gutachtens bedarf.
Das Gericht folgt – zumindest für die vorliegende Fallkonstellation – nicht der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2016 – 11 CS 16.1467 – juris; B.v. 29.8.2016 – 11 CS 16.1460 – ZfSch 2016, 595; anders etwa noch B.v. 18.4.2016 – 11 ZB 16.285 – NJW 2016, 1974), wonach als offen zu bewerten sei, ob bereits bei einer einzelnen Fahrt unter Cannabiseinfluss und gelegentlichem Cannabiskonsum von der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden könne oder ob die Frage des Trennungsvermögens zwischen dem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr nicht zunächst im Wege einer medizinisch-psychologischen Untersuchung aufzuklären sei. Es stelle sich die Frage, ob entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch bei einer ersten Zuwiderhandlung zunächst ein Fahreignungsgutachten im Ermessenswege nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV angeordnet werden könne und erst bei der zweiten Zuwiderhandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend ein Fahreignungsgutachten angeordnet werden müsse. § 13 und § 14 FeV seien ähnlich strukturiert. Darüber hinaus habe der Verordnungsgeber eine Änderung der Vorschriften im Jahr 2008 hinsichtlich Alkohol- und Cannabiskonsums nach der Verordnungsbegründung ausdrücklich angleichen wollen. Auch bliebe für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV kein Anwendungsbereich, wenn der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot bei gelegentlichem Cannabiskonsum zur sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Andererseits werde zu bedenken sein, ob eine Ungleichbehandlung eines fehlenden Trennungsvermögens bei Alkohol- und Cannabiskonsum angesichts der unterschiedlichen Wirkungsweisen der Substanzen gerechtfertigt sei und ob die Möglichkeit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege diesen Unterschieden ausreichend Rechnung trage.
Gegen die vorstehend skizzierte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist anzumerken, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorschnell auf eine Interessenabwägung bei offener Erfolgsaussicht ausgewichen werden solle, sondern primär eine Rechtmäßigkeitsprüfung durchzuführen sei (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.2016 – 1 BvR 1335/13 – NVwZ 2017, 149). In der Sache selbst ist darauf hinzuweisen, dass – wie auch schon vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof selbst vermerkt – Alkohol- und Cannabiskonsum nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden können. Denn für die unterschiedliche Regelung des Umgangs mit Cannabis im Vergleich zum Alkohol bestehen wegen der unterschiedlichen Wirkungsweisen, wegen des unterschiedlichen Wissens über die Auswirkungen der Drogen auf die Fahreignung und wegen der Unterschiede der sozialen Kontrolle des Konsums gewichtige sachliche Gründe (vgl. BVerfG, B.v. 9.3.1994 – 2 BvL 43/92 – BVerfGE 90, 145). Auch wenn eine gewisse Angleichung durch den Gesetzgeber in den Vorschriften der §§ 13 und 14 FeV gewollt sein mag, unterscheiden sich diese Regelungen gleichwohl und auch vom Gesetzgeber so gewollt. Des Weiteren können die jeweiligen Wirkungsweisen von Cannabis und Alkohol in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit und auf die Gefahr der Verkehrsteilnahme unter Substanzeinfluss sowie auf das Abbauverhalten nicht gleichgesetzt werden. Vor allem spricht die eindeutige Regelung des Verordnungsgebers in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV gegen die Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass eine Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis nur dann gegeben ist, wenn eine Trennung von Konsum und dem Fahren von Kraftfahrzeugen vorliegt. Am Trennungsvermögen fehlt es gerade aufgrund der feststehenden Drogenfahrt des Antragstellers; eine weitere Aufklärung wäre erst und nur bei einer – hier fehlenden – substanziierten Behauptung eines einmaligen (Probier-)Konsums erforderlich gewesen. Auf die hohe Dunkelziffer von Drogenfahrten wird nur ergänzend hingewiesen. Der Normgeber verfolgt mit der Regelung in Nr. 9.2.2 das Ziel, Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Cannabiskonsumenten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so weit wie möglich auszuschließen (OVG Bremen, B.v. 25.2.2016 – 1 B 9/16 – Blutalkohol 53, 275 [2016]; BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – Buchholz 442.10, § 3 StVG Nr. 16). Auch das Argument, es bliebe sonst kein Anwendungsbereich für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV, verfängt nicht. Außerdem träfe die gleiche systematische Erwägung auf den Konsum von harten Drogen zu. Im Übrigen steht die Regelung in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV systematisch im Zusammenhang mit den weiteren Regelungen unter Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV und nicht mit den Regelungen zum Alkohol unter Nr. 8 der Anlage 4 zur FeV. Stehen die Voraussetzungen einer Fallgestaltung der Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV fest, bedarf es gerade keiner weiteren Aufklärungsmaßnahmen nach § 14 FeV. Diese eindeutige Festlegung des Verordnungsgebers in der Anlage 4 zur FeV verbietet eine erweiternde Auslegung des § 14 FeV, die diesen Zielvorgaben zuwiderliefe. Vielmehr bleibt eine eventuelle weitere fahrerlaubnisrechtliche Angleichung von Alkohol und Cannabis dem Gesetz- und Verordnungsgeber vorbehalten. Insoweit spricht gegen einen etwaigen der herrschenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Vorschrift der Nummer 9.2.2.der Anlage 4 zur FeV entgegengesetzten Willen des Verordnungsgebers auch, dass der Verordnungsgeber nicht eine der in der letzten Zeit erfolgten Änderungen der FeV zum Anlass genommen hat, insoweit korrigierend oder klarstellend tätig zu werden (vgl. VG Regensburg, B.v. 8.3.2017 – RN 8 S. 16.1847 – juris; VGH BW, B.v. 7.3.2017 – 10 S 328/17 – Blutalkohol 54, 142 [2017]; VG Augsburg, B.v 23.1.2017 – Au 7 S. 16.1714 – juris; B.v. 11.1.2017 – Au 7 S. 16.1592 – juris jeweils m.w.N. sowie schon VG Würzburg, B.v. 9.11.2016 – W 6 S. 16.1093 – juris). Jedenfalls bei der vorliegenden Fallkonstellation hat der Antragsgegner nicht ermessensfehlerhaft gehandelt (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV), wenn er – wenn auch unausgesprochen – von der Einholung eines Gutachtens absieht.
Das Gericht hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Weiteren keine Bedenken gegen den fortbestehenden Sofortvollzug der Verpflichtung der Vorlage des Führerscheins nach § 47 Abs. 1 FeV.
Selbst wenn hier von einer Beurteilung der Erfolgsaussichten als offen auszugehen wäre – was nicht der Fall ist -, würde dies nicht ausreichen, um dem streitgegenständlichen Antrag zum Erfolg zu verhelfen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch unabhängig von der Rechtmäßigkeit im überwiegenden öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Denn die Entziehung der Fahrerlaubnis dient dem legitimen Zweck, einen fahrungeeigneten Erlaubnisinhaber davon abzuhalten, aktiv mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen. Hierdurch sollen vom Straßenverkehr ausgehende Gefahren für die Sicherheit desselben und die damit verbundenen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Bürger abgewendet werden. Demgegenüber steht das private Interesse des Betroffenen am Bestand seiner Fahrerlaubnis, welche die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten nachhaltig beeinflusst und nicht selten existenzsichernde Bedeutung hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es jedoch, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Der Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug der Fahrerlaubnis dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert. Das Sicherheitsrisiko muss hierbei deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist (vgl. OVG NRW, B.v. 23.2.2016 – 16 B 45/16 – juris; B.v. 9.7.2015 – 16 B 660/15 – juris; B.v. 13.2.2015 – 16 B 74/15 – juris).
Aufgrund dessen kommt im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis in der Regel nur dann in Betracht, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass der Betroffene nicht bzw. nicht mehr fahrungeeignet ist oder sich abschätzen lässt, dass das von ihm ausgehende Gefahrenpotenzial nicht nennenswert über dem des Durchschnitts anderer motorisierter Verkehrsteilnehmer liegt. Solche hinreichend gewichtigen Gründe sind hier gerade aber nicht ersichtlich. Denn es besteht Anlass zu der Annahme, dass eine aktive Teilnahme des Antragstellers am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für die Sicherheit begründet, die deutlich über der allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbundenen Gefahr liegt. Es ist nicht verantwortbar, den Antragsteller – dessen Cannabiskonsum sowie dessen Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr unter relevantem Cannabiseinfluss zweifelsfrei feststehen und der auch keine Cannabisabstinenz behauptet, geschweige denn bislang belegt hat – bis zur eventuellen Bestandskraft der Fahrerlaubnisentziehung unter Belassung eines gültigen Führerscheins am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.
Die privaten und beruflichen Interessen können keine ausschlaggebende Rolle zu Gunsten des Antragstellers spielen. Die mit der Fahrerlaubnisentziehung für den Antragsteller verbundenen Nachteile in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit und seine private Lebensführung müssen von ihm im Hinblick auf den hohen Rang der durch die Verkehrsteilnahme eines ungeeigneten Kraftfahrers gefährdeten Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit sowie im Hinblick auf das überwiegende Interesse der Verkehrssicherheit hingenommen werden (BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 11 CS 16.2316 – juris; VGH BW, B.v. 22.7.2016 – 10 S 738/16 – VRS 130, Nr. 70 [2016]; OVG Bremen, B.v. 25.2.2016 – 1 B 9.16 – ZfSch 2016, 598). Eventuelle persönliche oder berufliche Auswirkungen sind typisch und waren dem Gesetzgeber bei der Schaffung der Vorschrift bekannt.
Die Vorlage von Drogenscreenings oder die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sind allenfalls später für den Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung und die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach einer im Regelfall einjährigen Abstinenz und einer danach erforderlichen positiven medizinisch-psychologischen Begutachtung relevant. Der Antragsteller wird erst nachzuweisen haben, dass er entweder kein Cannabis mehr konsumiert oder dass er zumindest den gelegentlichen Cannabiskonsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann und das sein diesbezüglicher Einstellungswandel motivational gefestigt ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2016 – 11 CS 15.2480 – juris; B.v. 21.4.2015 – 11 ZB 15.181 – juris).
Vor diesem Hintergrund erscheinen auch die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinen Beschlüssen vom 14. September 2016 (11 CS 16.1467 – juris) und vom 29. August 2016 (11 CS 16.1460 – ZfSch 2016, 595) – als eventuelles milderes Mittel – angeordneten Auflagen nicht geeignet und zielführend. Denn die Auflagen, sowohl für die Vergangenheit als auch für die Gegenwart bzw. Zukunft durch Haar- bzw. Urinuntersuchungen eine Drogenfreiheit zu belegen, sind nicht geeignet, weil der Antragsteller schon keine Drogenabstinenz behauptet hat und ein vollständiger Verzicht des gelegentlichen Cannabiskonsums bei gegebenem Trennungsvermögen auch nicht erforderlich ist. Auch die weitere Auflage, innerhalb von acht Wochen ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen (obwohl bislang weniger als drei Monate seit der Drogenfahrt vergangen sind), widerspräche angesichts der Umstände des vorliegenden Falles dem Interesse der Allgemeinheit an der gebotenen Verkehrssicherheit. Denn eine über mehrere Wochen und Monate hinweg weiter zugelassene aktive Teilnahme des Antragstellers am öffentlichen Straßenverkehr bedeutet eine nicht hinnehmbare Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs. Das Sicherheitsrisiko liegt deutlich über dem, was allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96 – NJW 2002, 2378).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für die Höhe des Streitwerts ist hier allein die Klasse B bedeutsam, die die anderen Klassen mitumfasst (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 4 FeV) und die mit dem Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR zu bewerten ist. Der Streitwert ist für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren, so dass 2.500,00 EUR festzusetzen sind.


Ähnliche Artikel


Nach oben