Strafrecht

Gesamtfreiheitsstrafe, Schuldspruch, Berufung, Angeklagter, Strafzumessung, Staatsanwaltschaft, Rechtsfolgenausspruch, Generalstaatsanwaltschaft, Angeklagte, Angeklagten, Kennzeichnung, Beschaffenheit, Rechtsmittel, Strafausspruch, abstrakte Gefahr, keinen Rechtsfehler, Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten

Aktenzeichen  206 StRR 193/21

Datum:
21.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31630
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Legt das Berufungsgericht auf die Berufung des Angeklagten seiner Strafbemessung abweichend vom ersten Urteil einen nach §§ 46a, 49 Abs. 1 Nrn. 2, 3 StGB geminderten Strafrahmen zugrunde, und geht es vom Vorliegen weiterer erheblicher, im ersten Urteil noch nicht berücksichtigter Milderungsgründe aus, so hat es, wenn es gleichwohl auf die Berufung der Staatsanwaltschaft sowohl die vom Erstgericht verhängten Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe erhöht, dies eingehend zu begründen. Zwar hat das das Berufungsgericht über die Strafbemessung ohne Bindung an die Bewertung der Tat durch das Erstgericht zu entscheiden. Die Pflicht zu einer auch für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Begründung ergibt sich aber aus einem Anspruch des Angeklagten zu erfahren, warum trotz der erheblichen Milderungsgründe eine höhere Strafe verhängt wird. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Ns 440 Js 36025/19 jug 2021-01-26 Urt LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

I. Auf die Revision der Angeklagten V. B. und M. D. wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 26. Januar 2021 hinsichtlich beider Angeklagter im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben. Die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
II. Der Tenor des Urteils wird dahin berichtigt,
dass im Schuldspruch bei den Fällen des Diebstahls mit Waffen der jeweilige Zusatz „gemeinschaftlichen“ entfällt, sowie,
dass die im Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 6. April 2020 angeordnete Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 6.767,69 Euro aufgehoben wird.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Traunstein zurückverwiesen.

Gründe

I.
Mit Urteil des Amtsgerichts – Jugendschöffengericht – Rosenheim vom 6. April 2020 wurden die Angeklagten wegen 4 tatmehrheitlicher Fälle des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit versuchtem Diebstahl mit Waffen in 2 tatmehrheitlichen Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Das sichergestellte Brecheisen wurde eingezogen. Es wurde die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 6767,69 € bei gesamtschuldnerischer Haftung der Angeklagten angeordnet.
Gegen dieses Urteil wandten sich die Angeklagten mit der Berufung. Die Staatsanwaltschaft legte ebenfalls Berufung ein, jeweils auf das Strafmaß beschränkt. Mit Urteil vom 26. Januar 2021 änderte das Landgericht Traunstein – Jugendkammer – das Urteil im Schuldspruch insoweit, als es in den Schuldsprüchen jeweils den Zusatz „gemeinschaftlich“ hinzufügte sowie auch hinsichtlich der zweiten versuchten Tat auf eine tateinheitlich begangene Sachbeschädigung erkannte. Die festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen wurden mit einer Ausnahme erhöht. Der Angeklagten V. wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 8 Monaten, der Angeklagte M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 11 Monaten verurteilt, die Einziehung des sichergestellten Brecheisens wurde angeordnet. Im Übrigen wurden die Berufungen verworfen.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten, jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt in ihrem Vorlageschreiben vom 22. April 2021, die Rechtsmittel jeweils als unbegründet zu verwerfen.
II.
1. Die Revisionen beider Angeklagter sind offensichtlich unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richten. Insoweit hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch war lediglich wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich zu berichtigen.
a) Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch.
Zur Begründung wird auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Antragsschrift vom 22. April 2021 Bezug genommen, die auch durch die Stellungnahme der Verteidigerin des Angeklagten V. vom 12. Mai 2021 nicht entkräftet wird.
Ergänzend bemerkt der Senat:
aa) Soweit sich die ausgeführte Sachrüge des Angeklagten V. dagegen richtet, dass das Berufungsgericht das vom Angeklagten M. bei den Taten jeweils mitgeführte und zum Aufbrechen der Türen eingesetzte Brecheisen, dem Angeklagten V. über § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen, als gefährliches Werkzeug gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB angesehen und deswegen die Angeklagten wegen teilweise vollendeten bzw. versuchten Diebstahls mit Waffen verurteilt hat, bleibt sie ohne Erfolg.
Wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausführt, bestimmt sich nach gefestigter Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofs der Begriff des gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB nach objektiven Kriterien (BGH, Beschluss vom 3. Juni 2008, 3 StR 246/07, BGHSt 52, 257 = NJW 2008, 2861 [Taschenmesser]; zuletzt BGH, Beschluss vom 12. Januar 2021, 1 StR 347/20, NStZ-RR 2021, 107 [Zimmermannshammer]; vgl. auch BayObLG, Urteil v. 12. April 2000, 5 StRR 206/99, NStZ-RR 2001, 202 [Taschenmesser]). Ein gefährliches Werkzeug liegt bei dieser Betrachtungsweise, der sich der Senat anschließt, bei jedem Gegenstand vor, der nach seiner objektiven Beschaffenheit die Eigenschaft aufweist, als Mittel zur Gewaltanwendung oder -drohung eingesetzt werden zu können. Auf eingrenzende subjektive Kriterien, wie eine Absicht, den Gegenstand als Nötigungsmittel einzusetzen, kommt es nicht an.
Zwar lassen die Urteilsfeststellungen eine Beschreibung des verwendeten Brecheisens vermissen; weder Größe noch Material noch sonstige Beschaffenheit werden mitgeteilt. Dennoch vermag der Senat der festgestellten Verwendung des Gegenstandes zum Aufbrechen bzw. Aufhebeln von Türen unter Berücksichtigung des alltäglichen Sprachgebrauchs noch zu entnehmen, dass es sich dabei um einen robusten Gegenstand aus Stahl oder Eisen handelte, wenigstens ca. 20 cm lang, mit mindestens einer abgeflachten Spitze, die sich zum Zweck des Aufhebelns in einen Tür-, Fenster- oder Mauerschlitz einführen lässt. Die von einem solchen Gegenstand ausgehende hohe abstrakte Gefahr im vorstehend beschriebenen Sinn ist evident. Entgegen der Auffassung der Verteidigung des Angeklagten V. kommt es, wie ausgeführt, für die Erfüllung des Tatbestandes auf den Eintritt einer konkreten Bedrohungssituation nicht an.
bb) Die Feststellungen tragen entgegen der von der Verteidigung des Angeklagten V. vorgebrachten Rechtsmittelbegründung auch die Annahme, dass im Fall C. 5) der Urteilsgründe (Tat vom 8./9.10.2019, UA S. 11) kein freiwilliger Rücktritt vom Versuch vorliegt. Unter Zugrundelegung der Urteilsfeststellungen war der Versuch des Diebstahls mit Waffen vielmehr fehlgeschlagen, was einen strafbefreienden Rücktritt ausschließt.
cc) Der Senat hatte jedoch den Schuldspruch zu berichtigen, soweit dort abweichend vom Tenor im Urteil des Amtsgerichts eine „gemeinschaftliche“ Begehungsweise hinsichtlich der Taten ausgesprochen wurden. Die rechtliche Bezeichnung einer Tat in der Urteilsformel soll in knapper, verständlicher Sprache abgefasst und von allem freigehalten werden, was nicht unmittelbar der Erfüllung seiner Aufgabe dient. Daher erübrigt sich auch die Kennzeichnung einer Tat als gemeinschaftlich (s. nur Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 260 Rn. 24 m.w.N.). Die gemeinschaftliche Begehungsweise kommt dadurch hinreichend zum Ausdruck, dass § 25 Abs. 2 StGB in der Liste der angewendeten Strafvorschriften genannt wird.
b) Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung weist keinen Rechtsfehler auf. Auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft im Schreiben vom 22. April 2021 wird Bezug genommen.
2. Der Rechtsfolgenausspruch hält jedoch bezüglich beider Angeklagter rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
a) Die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht für den Angeklagten V. ist rechtsfehlerfrei begründet und begegnet, wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend darlegt, keinen Bedenken.
b) Die Begründung, mit der die Kammer jeweils die Annahme minder schwerer Fälle im Sinne des § 244 Abs. 3 StGB verneint hat, genügt noch den Anforderungen des § 267 Abs. 3 Satz 2 StPO. Wenn es sich bei dem Gegenstand, der als „anderes gefährliches Werkzeug“ im Sinn des Qualifikationstatbestandes des § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB einzuordnen ist, um ein Einbruchswerkzeug handelt, das nur eingesetzt wurde, um den Gewahrsam des Berechtigten zu brechen, so muss dies in die Abwägung, ob ein minderschwerer Fall vorliegt, eingestellt werden (BGH NStZ-RR 2021, 107). Dies hat die Berufungskammer bedacht und bei der Abwägung ausdrücklich berücksichtigt (UA S. 19, 21).
c) Hinsichtlich des Angeklagten V. sind die konkreten Strafzumessungserwägungen indessen insoweit lückenhaft, als es an der hier erforderlichen eingehenden Begründung dafür fehlt, aus welchen Gründen die Berufungskammer trotz erheblicher Milderungsgründe, die es in Abweichung vom Urteil des Amtsgerichts zugunsten des Angeklagten angenommen hat, gegen diesen sowohl höhere Einzelstrafen als auch eine höhere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hat.
aa) Die Rechtsfolgenbemessung ist ureigene Aufgabe des Tatrichters und unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Die tatrichterlichen Erwägungen hat das Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen, solange und soweit der Rechtsfolgenausspruch einen angemessenen Schuldausgleich darstellt. Das Revisionsgericht hat nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers einzugreifen. In rechtlicher Hinsicht ist es zwar weder erforderlich noch möglich, alle in Betracht kommenden Strafzumessungsgründe im Urteil erschöpfend anzugeben (BGH, Urteil v. 31. Juli 2014, 4 StR 216/14, juris Rn. 5). Das Gericht ist jedoch verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen, § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (BGH, Urteil v. 2. August 2012, 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337).
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine besondere Begründung insbesondere dann erforderlich ist, wenn das Berufungsgericht trotz neuer Feststellungen, die die Tat in einem wesentlich milderen Licht erscheinen lassen, auf dieselbe Strafe erkennt wie der Richter in erster Instanz (BayObLG, Beschluss vom 3. Juli 2003, 5 StRR 174/2003, NStZ-RR 2003, 326; OLG Bamberg, Beschluss vom 2. November 2011, 3 Ss 104/11, NStZ-RR 2012, 138, 139; Meyer-Goßner/Schmitt, § 267 Rn. 18 m.w.N. auch für den Fall der Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht; dazu vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2012, 3 StR 439/12, NStZ-RR 2013, 113).
bb) Das Berufungsgericht hat für den Angeklagten V. im Vergleich mit der Strafbemessung durch das Amtsgericht die Einzelfreiheitsstrafe für den Fall C. 1) um 5 Monate von 7 Monaten auf ein Jahr erhöht; für den Fall C. 2) um 3 Monate auf 1 Jahr 3 Monate, für den Fall C. 3) um 3 Monate auf ein Jahr, für den Fall C. 4) um 6 Monate auf 1 Jahr, für den Fall C. 6 um 2 Monate auf 7 Monate; die Einzelfreiheitsstrafe für den Fall 5) ist mit 6 Monaten unverändert geblieben (jeweils UA S. 22). Die Gesamtfreiheitsstrafe wurde um 2 Monate auf 2 Jahre 8 Monate erhöht.
(1) Zwar hat im gegenständlichen Fall nicht nur der Angeklagte, sondern auch die Staatsanwaltschaft, auf das Strafmaß beschränkt, Berufung eingelegt, weshalb in der Erhöhung der Strafe kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot des § 331 StPO liegt. Für die Begründung der Strafbestimmung können jedoch auch in diesem Fall keine geringeren Anforderungen gelten. Zwar sind die ursprüngliche Bewertung der Tat und die Strafzumessung der aufgehobenen Entscheidung kein Maßstab für die neue Strafzumessung (BGH NStZ-RR 2013, 113). Die aufgezeigte besondere Begründungspflicht rechtfertigt sich aber daraus, dass der Angerklagte einen Anspruch darauf hat zu erfahren, warum er, trotz erheblicher Milderungsgründe (dazu BGH a.a.O.; OLG Bamberg NStZ-RR 2012, 138, 139) oder, wie hier, trotz eines geminderten Strafrahmens (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. Juni 2000, 2 Ss 289/2000, NStZ-RR 2001, 16), gleich hoch bzw. wie im gegenständlichen Fall, noch höher bestraft wird. Dieses Recht auf eine nachvollziehbare Begründung wird nicht dadurch geschmälert, dass neben dem Angeklagten selbst auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt hat und der Angeklagte grundsätzlich mit einer Verschlechterung des Strafmaßes rechnen muss.
(2) In den Strafzumessungserwägungen hat die Berufungskammer zugunsten des Angeklagten V., mit insoweit rechtsfehlerfreier Begründung, für jede einzelne Tat den Strafrahmen nach §§ 46a, 49 Abs. 1 Nrn. 2, 3 StGB infolge der geleisteten Schadenswiedergutmachung gemindert. Zwar hat es demgegenüber die vom Amtsgericht angewandte Minderung nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nrn. 2, 3 StGB, für den Fall C. 5) versagt und kommt insoweit zum selben Strafrahmen wie das Amtsgericht, dies wirkt sich jedoch auf die anderen Fälle nicht aus. Als weiteren, vom Amtsgericht noch nicht berücksichtigten und auch nicht berücksichtigungsfähigen Milderungsgrund hat die Berufungskammer ferner angeführt, dass sich zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung der „vergleichsweise junge Angeklagte fast ein Jahr in Untersuchungshaft befunden“ habe. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht hatte die Haft erst rund 6 Monate angedauert. Zwar ist erlittene Untersuchungshaft regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 2018, 4 StR 312/18, NStZ 2019, 81, Rn. 5). Eine mildernde Berücksichtigung ist jedoch dann nicht zu beanstanden, wenn besondere Umstände hinzutreten (BGH, Urt. v. 2. Februar 2017, 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106). Wenn die Berufungskammer hier mit besonderem Bezug auf das „junge Alter“ die Dauer der Haft berücksichtigt hat, so liegt dies noch innerhalb des vom Revisionsgericht hinzunehmenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraums. Da sich dieser von der Berufungskammer angeführte Milderungsgrund auf alle Einzeltaten bezieht, erfasst er auch die Versuchstat C. 5), für die kein milderer Strafrahmen angenommen wurde.
Demgegenüber hat das Berufungsgericht keine Strafschärfungsgründe angeführt, die nicht auch das Amtsgericht bereits berücksichtigt hat, insbesondere die professionelle und arbeitsteilige Tatbegehung, die hohen Sachschäden und die mehrfache Verwirklichung von Regelbeispielen gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB. Die Urteilsgründe lassen auch nicht erkennen, dass, in welchem Umfang und aus welchen Gründen die Kammer den strafschärfenden Umständen ein erheblich größeres Gewicht beigemessen hat als das Amtsgericht. Für das Revisionsgericht ist damit die teilweise erhebliche Erhöhung der Einzelstrafen, namentlich in den Fällen C. 1) und 4) der Urteilsgründe, nicht nachzuvollziehen.
cc) Das Fehlen der unter gegebenen Umständen des Einzelfalls erforderlichen eingehenden Begründung der Straferhöhung stellt einen sachlichrechtlichen Fehler dar, den das Revisionsgericht auf die erhobene Sachrüge zu berücksichtigen hat. Dies hat zur Folge, dass die Bestimmung der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitstrafe aufzuheben ist, § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO. Die zugehörigen Feststellungen werden vom Begründungsmangel nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
d) Von dem dargelegten Begründungsmangel wird im Ergebnis auch der Strafausspruch bezüglich des Angeklagten M. erfasst. Für diesen Angeklagten hat das Berufungsgericht die Einzelfreiheitsstrafen teilweise erheblich erhöht, und zwar für den Fall C. 1) um 8 Monate von 7 Monaten auf 1 Jahr 3 Monate; für den Fall C. 2) um 6 Monate auf 1 Jahr 6 Monate, für den Fall C. 3) um 3 Monate auf ein Jahr 3 Monate, für den Fall C. 4) um 9 Monate auf 1 Jahr 3 Monate, für den Fall C. 6) um 3 Monate auf 10 Monate; die Einzelfreiheitsstrafe für den Fall 5) ist mit um einen Monat auf 7 Monate erhöht worden (jeweils UA S. 22). Die Gesamtfreiheitsstrafe fiel mit 2 Jahren 11 Monaten um 5 Monate höher aus.
Zwar ist hinsichtlich des Angeklagten M. bereits im Urteil des Amtsgerichts wegen erfolgter teilweiser Schadenswiedergutmachung der Strafrahmen des § 244 Abs. 1 StGB gemäß §§ 46a, 49 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 StGB gemildert worden, so dass insoweit das Berufungsurteil keinen neuen Milderungsgrund angewandt hat; wegen Nichtgewährung einer Milderung gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 StGB im Fall der Urteilsgründe C. 5) hat sich der Strafrahmen für diese Einzeltat gegenüber dem Urteil des Amtsgerichts vielmehr erhöht. Zugunsten des Angeklagten M. hat die Kammer jedoch die, auch nach der Hauptverhandlung in erster Instanz noch andauernde, lange Dauer der Untersuchungshaft bei dem noch jungen Alter des Angeklagten für sich gesehen rechtsfehlerfrei strafmildernd berücksichtigt und damit einen gegenüber dem Urteil des Amtsgerichts neuen Milderungsgrund angewandt. Zusätzliche erschwerende Umstände hat die Kammer hingegen nicht angeführt, und da sich auch keine Argumente für deren abweichende Gewichtung finden, leidet das Urteil auch insoweit unter dem beschriebenen Begründungsdefizit.
Die Bestimmung der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe muss deshalb auch im Hinblick auf den Angeklagten M. aufgehoben werden, § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO, während die zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten bleiben können. Der neue Tatrichter wird auch hinsichtlich des Angeklagten M. ergänzende Feststellungen treffen können, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
e) Der Urteilsausspruch war zudem dahingehend zu berichtigen, dass die vom Amtsgericht ausgesprochene „Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 6.767,69 €“, bei gesamtschuldnerischer Haftung der Angeklagten, aufgehoben wird.
Es handelt sich insoweit um ein offensichtliches Versehen des Landgerichts, das vom Revisionsgericht berichtigt werden kann. Aus den Urteilsgründen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Kammer wegen umfassender Schadenswiedergutmachung von der Einziehung absehen wollte (UA S. 23). Im Urteilstenor ist demgegenüber nur über die Freiheitsstrafen und die Einziehung des Tatwerkzeugs neu entschieden worden und der entsprechende Aufhebungsausspruch versehentlich unterblieben. Die Angeklagten sind durch die vorgenommene Berichtigung nicht beschwert. III.
Auf die Revision der Angeklagten hin ist daher das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben, §§ 349 Abs. 4, 353 Abs. 1 StPO aufzuheben. Die Feststellungen werden vom Rechtsfehler in der Urteilsbegründung nicht berührt und bleiben aufrechterhalten. Ergänzende, den bisherigen Feststellungen nicht widersprechende Feststellungen, bleiben möglich.


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