Strafrecht

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln – Konkurrenzen

Aktenzeichen  31 KLs 2106 Js 18293/20

Datum:
30.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 38650
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 52

 

Leitsatz

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führen Überschneidungen der Ausführungshandlungen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur gleichartigen Idealkonkurrenz. (Rn. 96) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen davon in einem Fall in Tateinheit mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
2. Er wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
3. Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
4. Von der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe ist ein Teil von 2 Jahren und 3 Monaten (einschließlich der anzurechnenden Untersuchungshaft) vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt vorweg zu vollziehen.
5. Gegen den Angeklagten wird die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 33.040,00 EUR angeordnet.
6. Der Angeklagte trägt als Verurteilter die Kosten des Verfahrens.
Angewandte Vorschriften:
§ 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage I und II zum BtMG §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 52, 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S. 2 u. S. 3, Abs. 2, 64, 67 Abs. 2 S. 1, 2 u. 3, 73 Abs. 1, 73c S. 1, 73d StGB.

Gründe

A. Vorspann
Das Verfahren ist zum einen Ausfluss eines größeren Betäubungsmittelkomplexes um den gesondert Verfolgten Betäubungsmittel- und Waffenhändler …. Dem Angeklagten lag insbesondere aufgrund der Angaben des zur Last selbst in einem erheblichen Umfang mit Methamphetamin aus Lieferungen des D. D. Handel getrieben zu haben.
Zum anderen lag dem Angeklagten aufgrund einer belastenden Aussage des gesondert Verfolgten M. Sch. der Handel mit insgesamt 989 Ecstasy-Tabletten zur Last.
Hinsichtlich der durch T. D. D. gelieferten Betäubungsmittel hat sich der angeklagte Sachverhalt durch die weitgehend geständige Einlassung des Angeklagten dem Grunde nach bestätigt, wobei die Kammer nach den im Rahmen der Hauptverhandlung getroffenen Feststellungen zu der Überzeugung kam, dass die Menge der von dem Angeklagten umgesetzten Betäubungsmittel höher liegt, als von diesem selbst eingeräumt wurde.
Nach umfassender Würdigung des Beweisergebnisses der Hauptverhandlung ist die Kammer zudem der Auffassung, dass der von dem Angeklagten bestrittene Handel mit 989 EcstasyTabletten, so wie von dem Zeugen S1. geschildert, stattgefunden hat.
Zu ändern war indes die rechtliche Würdigung der Anklageschrift hinsichtlich der mit T. D. D. vollzogenen Handelsgeschäfte. Zum einen bestätigte sich für die Kammer die Einlassung des Angeklagten, wonach dieser einen nicht unerheblichen Teil der umgesetzten Betäubungsmittel selbst konsumierte. Zum anderen wurden aufgrund der festgestellten überlappenden Bezahlung der Betäubungsmittelgeschäfte die einzelnen Bewertungseinheiten separater Handelsgeschäfte durch deren sich überschneidenden Ausführungshandlungen zur einheitlichen Begehungsweise verknüpft.
Aufgrund einer festgestellten Abhängigkeit des Angeklagten von Stimulanzien (ICD-10 F15.21) und des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB war weiter dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
B. Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten
I. Zum Lebenslauf des Angeklagten
Der Angeklagte wurde am 10.03.1973 als zweites von insgesamt sechs Geschwistern in D. in der Türkei geboren. Im Alter von einem Jahr übersiedelte der Angeklagte mit seinen beiden Eltern nach Deutschland in den Raum Pegnitz.
Die Familienverhältnisse des Angeklagten waren geordnet. Im Alter von 14 Jahren verlor der Angeklagte seinen Vater, der als Fabrikarbeiter in einer Gießerei tätig war. Seine Mutter, Hausfrau, verstarb im Mai 2021 während der Zeit der Inhaftierung des Angeklagten in hiesiger Untersuchungshaft. Nach einem Schlaganfall hatte sich der Angeklagte bis zu seiner Inhaftierung einen Großteil seiner Zeit – einer geregelten Arbeit ging er zuletzt nicht mehr nach – um diese intensiv gekümmert.
Zu seinen Geschwistern, einer älteren Schwester, einem jüngeren Bruder und drei jüngeren Schwestern hat der Angeklagte teilweise Kontakt.
Im Alter von 6 Jahren wurde der Angeklagte nach dem Besuch des Kindergartens regulär in die Grundschule P. eingeschult. Nach vier Jahren Grundschulzeit wechselte der Angeklagte auf die Hauptschule in P., welche er nach dem neunten Jahrgang beendete. Seinen qualifizierten Hauptschulabschluss holte der Angeklagte nach. Im fünften und sechsten Schuljahr besuchte er zudem auf Geheiß des Vaters die türkische Schule in Bayreuth, da der Vater wollte, dass seine Kinder auch die türkische Sprache erlernen.
Während mehrerer abgebrochener Ausbildungen, unter anderem als Augenoptiker und Bauzeichner jobbte der Angeklagte immer wieder als Kellner beziehungsweise in einer Pizzeria.
Ab 1998/1999 betätigte sich der Angeklagte ausschließlich in dem Bereich Gastronomie.
Nach einer mehrmonatigen Inhaftierung im Jahre 2007 zog der Angeklagte zu einer seiner Schwestern nach Erlangen und arbeitete dort bis zum Jahre 2010 in einer Cocktailbar. Eine zum Jahreswechsel 2010/2011 mit seinem Schwager gegründete Pizzeria führte der Angeklagte bis zu deren Schließung 2014.
Nach einer erneuten Inhaftierung 2014 verzog der Angeklagte schlussendlich nach Bamberg zu seiner Mutter. Bis zu einer weiteren Inhaftierung 2017 blieb der Angeklagte ohne regelmäßige Arbeit.
Eine für das Jahr 2020 nach seiner Entlassung aus der stationären Therapie geplante Arbeit bei der Firma Michelin konnte der Angeklagte durch den Ausbruch der Corona-Pandemie nicht antreten.
Zuletzt bezog der Angeklagte staatliche Hilfeleistungen in Höhe von insgesamt 700-800 EUR monatlich, sowie kleinere Zuwendungen der Mutter. Das Pflegegeld für diese war bereits beantragt, zu Zahlungen kam es jedoch nicht.
Der Angeklagte ist geschieden. Einer Heirat im Jahre 1999 entsprang eine mittlerweile 23-jährige Tochter. Zu dieser, sie lebt in den Vereinigten Staaten bei ihrer vom Angeklagten seit 2005 geschiedenen Mutter, pflegt der Angeklagte Kontakt via Skype oder Telefon.
Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von 10.000 – 12.000 EUR, die u.a. aus früheren Gerichtsverfahren stammen.
Eine Fahrerlaubnis besitzt er nicht.
II. Zum Suchtmittelkonsum des Angeklagten
Der Angeklagte begann im Alter von 32 Jahren – etwa 2005 -, nach seiner Scheidung, mit dem Konsum von Betäubungsmitteln in Form von Crystal. Bis zum Jahre 2007 konsumierte der Angeklagte dies gelegentlich. Danach begann der Angeklagte erst wieder im Jahre 2014, nach einer gescheiterten mehrjährigen Beziehung, mit dem regelmäßigen Konsum von Methamphetamin beziehungsweise, wenn dies nicht zur Verfügung stand Amphetamin. Bis zu seiner Inhaftierung 2017 steigerte der Angeklagte seinen Konsum auf 0,6 Gramm bis 0,7 Gramm täglich.
Nach Entlassung aus einer stationären Therapie Ende Februar 2020 wurde der Angeklagte wiederum rückfällig. Auch um die körperlichen Strapazen der mütterlichen Pflege zu bewältigen konsumierte er zuletzt bis zu 1,5 Gramm Methamphetamin täglich.
Bei dem Angeklagten besteht eine Abhängigkeitserkrankung von Stimulanzien, ICD-10 F15.21. Der Angeklagte ist gegenwärtig abstinent, allerdings unter beschützenden Bedingungen.
Weitere Betäubungsmittel konsumiert der Angeklagte ebenso wenig wie Alkohol.
III. Zum strafrechtlichen Vorleben
Der Angeklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
1. 08.09.1997 AG Wunsiedel, Cs 27 Js 12725/97 Rechtskräftig seit 06.06.1998 Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
50 Tagessätze zu je 50 DM Geldstrafe 3 Monat(e) Fahrverbot
2. 29.06.1988 AG Bayreuth, Zweigstelle Pegnitz, 3 Cs 6 Js 11292/97 Rechtskräftig seit 29.06.1998 Fahrlässiges Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei tatmehrheitlichen Fällen 20 Tagessätze zu je 30,00 DM Geldstrafe
3. 14.04.1999 AG Bayreuth, 1 Ds 6 Js 3299/99 Rechtskräftig seit 22.04.1999 Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
3 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Sperre für die Fahrerlaubnis bis 21.01.2000.
Bewährungszeit bis 21.04.2002.
Strafe erlassen mit Wirkung vom 25.06.2002.
4. 23.06.2004 AG Kulmbach, 1 Cs 230 Js 4493/04 seit 20.01.2005 Tatbezeichnung: Untreue
50 Tagessätze zu je 25,00 EUR Geldstrafe
5. 23.03.2005 AG Bayreuth, 3 Cs 230 Js 8451/04 Rechtskräftig seit 07.05.2005 Verletzung der Unterhaltspflicht
6 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit bis 06.05.2008.
Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am 17.04.2007.
6. 02.05.2005, AG Bayreuth, 3 Cs 113 Js 4864/05 Rechtskräftig seit 02.06.2005 Unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln
15 Tagessätze zu je 20,00 EUR Geldstrafe.
Maßnahme nach: § 33 BTMG.
Dem Strafbefehl lag hierbei folgender Sachverhalt zu Grunde:
7. Am 01.01.2005, gegen 17.00 Uhr, hatten Sie in der G1.straße in B. ein. Tütchen mit 0,3 g Crystal-Speed in Ihrem Besitz, welches Sie kurze Zeit zuvor von einem namentlich nicht bekannten Freund geschenkt bekamen. Für den Erwerb von Crystal-Speed besaßen Sie keine Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Ihnen war bekannt, dass der Erwerb von Crystal-Speed verboten ist. 03.04.2014 AG Erlangen, 7 Cs 902 Js 141626/14 Rechtskräftig seit 23.04.2014 Betrug
30 Tagessätze zu je 35,00 EUR Geldstrafe.
Dem Strafbefehl lag hierbei folgender Sachverhalt zu Grunde:
Am 25.12.2013 mieteten Sie sich unter Vortäuschung Ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit im NH-Hotel in der B1. straße 3 in E., ein.
Aufgrund Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nahmen Sie bei Einmietung zumindest billigend in Kauf, die Vergütung schuldig zu bleiben. Im Vertrauen auf Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit wurden Ihnen die Hotelleistungen bis 08.01.2014 gewährt.
Vorgefasster Absicht entsprechend beglichen Sie jedoch die entstandene Forderung in Höhe von 785 € nicht, so dass Sie Aufwendungen in dieser Höhe ersparten und ein entsprechender Schaden entstand.
8. 20.11.2014 AG Erlangen, 9 Ls 902 Js 143197/14 Rechtskräftig seit 20.11.2014 Räuberischer Diebstahl im minder schweren Fall
1 Jahr(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e) .
Strafaussetzung widerrufen.
Strafvollstreckung erledigt am 21.10.2018.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Angeklagte war längere Zeit mit der Geschädigten S3. eng befreundet. Nach ca. 5 bis 6 Jahren trennte sich Frau S3. vom Angeklagten. Das konnte dieser nicht verstehen. Am 21.05.2014 gegen 17.30 Uhr entwendete der Angeklagte aus dem Friseursalon der Geschädigten S3. in der N. Straße 59 in E. einen Tablet-PC im Wert von ca. 100,- Euro, um diesen für sich zu behalten. Sodann verließ der Angeklagte den Friseursalon und begab sich zum. Lokal „Lunch Box“ in der N. Str. 57 in E. Die Geschädigte S3. verfolgte den Angeklagten dort hin. Auf dem Gehweg vor dem Lokal stieß der Angeklagte die Geschädigte S3. von sich weg, um zu verhindern, dass ihm das Tablet wieder abgenommen würde und entfernte sich zügig vom Tatort.
9. 27.03.2017 AG Bamberg -10 Ds 2101 Js 7667/16 – Rechtskräftig seit 04.04.2017
Vorsätzl. unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 21 Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzl. unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 7 Fällen.
1 Jahr(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
1. -20.
Zu nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum von Anfang Januar 2016 bis zum 12.06.2016 verkaufte und übergab der Angeklagte in Gewinnerzielungsabsicht bei mindestens 20 Gelegenheiten an D. K. an unterschiedlichen Orten in B., u.a. in verschiedenen Spielotheken, in der Nähe der W.kirche oder am M1.platz mindestens einmal 1 Gramm und in mindestens 19 Fällen jeweils mindestens 0,5 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis von 100,- EUR – 120,- EUR. Die letzte Übergabe von einem Gramm fand dabei am 10.06.2016 am M1.platz in B. statt.
21. Weiterhin war zwischen dem Angeklagten und K. bereits ein weiterer Verkauf von 1 Gramm Methamphetamin am 12.06.2016 in B. vereinbart. Hierdurch wollte der Angeklagte Gewinn erzielen.
22.-28.
Im gleichen Zeitraum kaufte und übernahm der Angeklagte in Bamberg seinerseits von K. in wenigstens 7 Fällen jeweils mindestens 1 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis zwischen 100,- EUR – 120,- EUR.
Das Betäubungsmittel hatte jeweils mindestens einen Wirkstoffgehalt von 72% Methamphetamin-Base.
Wie der Angeklagte wusste, besaß er nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
10. 18.01.2018 AG Bamberg -10 Ls 2101 Js 9240/17 – Rechtskräftig seit 26.01.2018
Unerl. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Anlage 1 und 3 zum BtmG) in 7 tatmehrheitlichen Fällen
2 Jahr(e) Freiheitsstrafe.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 27.03.2017, 10 Ds 2101 Js 7667/16 AG Bamberg.
Tat aufgrund Betäubungsmittelabhängigkeit begangen.
Vollstreckung der Freiheitsstrafe zurückgestellt bis 21.10.2020.
Zurückgestellt durch Entscheidung vom 19.09.2018, 2101 VRs 9240/17 StA Bamberg.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 27.08.2023.
Bewährungshelfer bestellt.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
1. – 2.
Im Zeitraum März 2016 bis Ende 2016 bewahrte der Angeklagte in mindestens 2 Fällen in der Wohnung der K. K. in der E.straße 37 in B. jeweils 20 Gramm Methamphetamin zum gewinnbringenden Weiterverkauf auf.
3. – 7.
Im Zeitraum Januar 2017 bis 27.03.2017 bewahrte der Angeklagten in mindestes 5 Fällen in der Wohnung der K. K. in der E.straße 37 in B. jeweils 10 Gramm Methamphetamin zum gewinnbringenden Weiterverkauf auf.
In der Folgezeit verkaufte und übergab der Angeklagte aus den in unter Ziffern 1. – 7. aufgeführten Gesamtmengen jeweils Einzelmengen gewinnbringend unter anderem an die anderweitig Verfolgten R. R., F. C. und P. B..
Das Methamphetamin war von jedenfalls durchschnittlicher Qualität mit einem Methamphetaminbasegehalt von wenigstens 72%.
Der Angeklagte war, wie er wusste, nicht im Besitz der für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderlichen Erlaubnis.
IV. Zur Untersuchungshaft
Der Angeklagte wurde aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Bamberg vom 27.11.2020 in hiesiger Sache am 11.12.2020 festgenommen und befindet sich seit 12.12.2020 in Untersuchungshaft. Durch Beschluss des Landgerichts Bamberg vom 27.05.2021 wurde der Haftbefehl entsprechend des angeklagten Sachverhalts abgeändert und neu gefasst.
C. Zum festgestellten Sachverhalt:
I.
Am 30.09.2020 gegen 15:00 Uhr verkaufte und übergab der Angeklagte an den anderweitig Verfolgten M. Sch. am T.platz im Bereich des Anwesens H. straße 5, 9. B2., 989 Ecstasy-Tabletten mit Hakenkreuz-Emblem (Swastika) zum Preis von 2.000,00 EUR auf Kommission.
Hierdurch wollte der Angeklagte Gewinn erzielen.
Die vorgenannten Ecstasy-Tabletten konnten bei einer am 01.10.2020 erfolgten Festnahme des M. Sch. vollständig polizeilich sichergestellt werden.
Das Betäubungsmittel hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt von 35,7% MDMA-Base und wies damit eine Mindestmenge von 129,8 Gramm MDMA-Base auf.
II.
Der anderweitig Verfolgte T. D. agierte seit einem unbekannten Zeitpunkt 2017 als Rauschgift- und Waffenhändler, indem er in der Tschechischen Republik Methamphetamin in nicht geringen Mengen und Waffen einkaufte, diese nach Deutschland – meist B. und teilweise mit Kurieren wie der anderweitig Verfolgten D. L. – verbrachte und hier gewinnbringend verkaufte.
Nach einem Urlaub in Italien im Sommer 2020 bezog der anderweitig Verfolgte D. D. das für den anschließenden gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte Methamphetamin ausschließlich über eine Lieferungsschiene des gesondert Verfolgten Ch. S. aus D.. In B. fungierte der anderweitig Verfolgte B. B. unter anderem als Bunkerhalter, Vermittler und zumindest teilweise gleichberechtigter Verkäufer sowie – auch ohne vorherige Einfuhr – wiederum D. L. als Kurierin.
D. agierte bei seinen Betäubungsmittelgeschäften äußerst professionell. So stattete er Mittäter oder Gehilfen teilweise mit eigenen, wechselnden Mobiltelefonen und SIM-Karten mit tschechischer Nummer aus, um eine effiziente Überwachung zu erschweren, vermied bei Übergaben gleichzeitig Rauschmittel oder Kaufpreis bei sich zu führen und nutzte Bunker und Verstecke um auch bei Übergaben die jeweiligen Betäubungsmittel nicht direkt „am Mann“ zu führen.
Der Angeklagte war seit mindestens September 2020 bis zu seiner Festnahme am 11.12.2020 einer der Hauptabnehmer der vorgenannten Gruppierung um T. D. D..
Bei insgesamt mindestens 12, im Einzelnen zeitlich nicht näher bestimmbaren Gelegenheiten zwischen dem 01.09.2020 und jedenfalls vor dem 11.12.2020 kaufte und übernahm der Angeklagte von dem anderweitig Verfolgten T. D. D. in mindestens 11 Fällen je 50 Gramm Methamphetamin und in einem Fall 75 Gramm Methamphetamin zum Grammpreis zwischen 58,00 EUR und 55,00 EUR.
Die Übergabe des Rauschmittels erfolgte dabei zwei Mal in 9. P. in der Nähe des Parkplatzes des SC P. bei der Gaststätte „La P.“, sechs Mal, davon in einem Fall über die Menge von 75 Gramm, am Grundstück des gesondert Verfolgten B., Am S. 17 in 9. B2., sowie drei Mal über eine Kurierfahrt der gesondert Verfolgten L. am T.platz in 9. B2. Ein weiteres Mal klemmte der anderweitig Verfolgte D. D., da der schlafende Angeklagte ihm nicht öffnete, das zu übergebende Methamphetamin unter die Regenrinne am Anwesen der gesondert Verfolgten D. L., wo der Angeklagte dieses zu einem späteren Zeitpunkt abholte.
Die Bezahlung des Rauschmittels erfolgte teilweise bei im Einzelnen nicht mehr nachvollziehbaren Geschäften bereits mit Übergabe der Betäubungsmittel, wobei nicht auszuschließen ist, dass eine sofortige Bezahlung lediglich bei weiteren Rauschgiftgeschäften des Angeklagten mit D. D. außerhalb des angeklagten Tatzeitraums erfolgte. Regelmäßig erfolgte der Großteil der Bezahlung jedoch erst im Nachgang. Teilweise im Rahmen der nächsten Betäubungsmittelübergabe, teilweise als Anzahlung bei Betäubungsmittelübergabe und Restzahlung zu nicht näher bestimmbaren späteren Zeitpunkten. In der Mehrzahl der ebenfalls nicht mehr näher bestimmbaren Fällen erfolgte die (Rest-)Bezahlung bereits erhaltener Betäubungsmittel zugleich mit der Anzahlung der nächsten Erwerbsmengen an Methamphetamin.
Der Angeklagte plante bei jedem der Ankäufe einen Teil der Menge, im Tatzeitraum durchgängig bis zu 1,5 Gramm täglich, selbst zu konsumieren und den Rest gewinnbringend, auch zur Finanzierung des eigenen Konsums, weiter zu verkaufen.
Insgesamt erlangte der Angeklagte im vorgenannten Tatzeitraum mindestens 625 Gramm Methamphetamin von dem gesondert Verfolgten D. D., wobei er insgesamt höchstens 153 Gramm selbst konsumierte und mindestens 472 Gramm zu einem Grammpreis von 70,00 EUR gewinnbringend zu nicht näher bekannten Zeitpunkten an nicht näher bekannte Abnehmer weiter vertrieb.
Der Angeklagte erzielte insgesamt aus dem Weiterverkauf der von D. D. im Tatzeitraum erworbenen Methamphetaminmengen einen Verkaufserlös von mindestens 33.040,00 EUR.
III.
Am 11.12.2020 oder wenige Tage zuvor, jedenfalls nach vollständigem Abschluss der unter Ziff. II genannten Rauschgiftgeschäfte, vereinbarten der Angeklagte und T .D. D. den Ankauf und die Übernahme von weiteren 100 Gramm Methamphetamin zu einem Preis von 50,00 EUR je Gramm, wobei der Angeklagte bereits eine Anzahlung von 2.000,00 EUR leistete. Die Übergabe des Betäubungsmittels sollte am 11.12.2020 im Bereich S. in B. stattfinden. Zur tatsächlichen Übergabe des Rauschgiftes kam es letztlich in Folge der Festnahme der anderweitig Verfolgten D. D. und B. am 11.12.2020 nicht mehr, wobei die zur Übergabe angedachten 100 Gramm Methamphetamin (Trockengewicht 97,8 Gramm) neben weiteren Betäubungsmitteln bei der Durchsuchung des Anwesens des anderweitig Verfolgten B., Am S. 17 in 9. B2., am selben Tag aufgefunden und polizeilich sichergestellt werden konnten.
Mit der vorgenannten Menge von 100 Gramm Methamphetamin plante der Angeklagte durch den anschließenden Weiterverkauf einen Gewinn zu erzielen.
In den unter Ziff. II. und III. aufgeführten Fällen hatte das umgesetzte Betäubungsmittel einen Mindestwirkstoffgehalt von 79,9% Methamphetaminbase. In dem unter Ziff. III aufgeführten Fall enthielt das Betäubungsmittel eine Mindestmenge von 78,1 Gramm Methamphetaminbase. Bei den unter Ziff. II aufgeführten Betäubungsmittelgeschäften enthielt das umgesetzte Betäubungsmittel (bei einem maximalen Trocknungsverlust von 2,5%) insgesamt 486,89 Gramm Methamphetaminbase, wobei nicht ausschließbar 119,19 Gramm Methamphetaminbase auf den Eigenkonsumanteil und 367,70 Gramm Methamphetaminbase auf den Handelsanteils des angekauften Methamphetamins entfielen.
Wie der Angeklagte in allen Fällen wusste, waren weder er noch einer der weiteren Beteiligten im Besitz einer für den Umgang mit Betäubungsmittel erforderlichen Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war zu keinem Zeitpunkt erheblich beeinträchtigt oder gar aufgehoben.
Beim Angeklagten besteht der Hang, Stimulanzien, insbesondere in Form von Methamphetamin, im Übermaß zu konsumieren. Aufgrund dieses Hangs besteht die Gefahr, dass der Angeklagte weitere erhebliche Straftaten, insbesondere aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität begehen wird.
Der gewinnbringende Weiterverkauf der Betäubungsmittel diente insbesondere auch der Finanzierung des Eigenkonsums des Angeklagten.
D. Zur Beweiswürdigung
In der Hauptverhandlung hat keine Verständigung der Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 257 c StPO stattgefunden. Die getroffenen Feststellungen der Kammer beruhen auf dem Beweisergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung.
I. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten
Die Feststellungen zum Lebenslauf sowie zum Suchtmittelkonsum und zur Abhängigkeit des Angeklagten beruhen maßgeblich auf seinen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung sowie den diesbezüglichen Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr. W., dem gegenüber der Angeklagte im Rahmen der Begutachtung ebenfalls umfangreiche Angaben zu seinem Lebenslauf tätigte.
Die Feststellung, dass bei dem Angeklagten eine Abhängigkeitserkrankung von Stimulanzien, ICD-10 F15.21.,vorliegt, beruht ebenfalls auf der nachvollziehbaren und schlüssigen Einschätzung des gerichtsbekannt sehr erfahrenen und sorgfältig arbeitenden Sachverständigen Dr. W., gegen dessen Sachkunde auch seitens der übrigen Verfahrensbeteiligten nichts vorgebracht wurde und dessen in der Herleitung wie auch in der Darstellung überzeugenden Ausführungen sich die Kammer anschließt und nach kritischer Prüfung insgesamt zu eigen macht. Der Sachverständige führte aus, dass beim Angeklagten insbesondere folgende Kriterien erfüllt sind:
– Dessen starker Wunsch bzw. eine Art von Zwang Methamphetamin zu konsumieren.
– Eine verminderte Kontrollfähigkeit von Beginn und Beendigung seine Konsums.
– Eine zunehmende Konsummenge im Sinne einer Toleranzentwicklung.
Weiter beruhen die Feststellungen zu den Vorstrafen der Angeklagten auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 22.06.2021 sowie der auszugsweisen Verlesung folgender Urteile und Strafbefehle:
– Strafbefehl des Amtsgerichts Bayreuth vom 02.05.2005, Az. 3 Cs 113 Js 4864/05 im Sachverhalt, rechtlicher Würdigung und den Rechtsfolgen (BZR Ziffer 6)
– Strafbefehl des Amtsgerichts Erlangen vom 03.04.2014, Az. 7 Cs 902 Js 141626/14 im Sachverhalt, rechtlicher Würdigung und den Rechtsfolgen (BZR Ziffer 7)
– Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 20.11.2014, Az. 9 Ls 902 Js 143197/14, im Tenor sowie dem Sachverhalt und der rechtlichen Würdigung (BZR Ziffer 8)
– Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 27.03.2017, Az. 10 Ds 2101 Js 7667/16, im Tenor sowie den Gründen II, III. 3. Abs (BZR Ziffer 9).
– Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 18.01.2018, Az. 10 Ls 2101 Js 9240/17, im Tenor sowie den Gründen II, III. 3. Abs (BZR Ziffer 10).
Die Haftdaten wurden dem Akteninhalt entnommen und von dem Angeklagten als zutreffend anerkannt.
II. Feststellungen zum Sachverhalt
Die Feststellungen zu den von dem Angeklagten begangenen Taten beruhen hinsichtlich dem unter Ziff. II. dargestellten Sachverhalt maßgeblich auf der Einlassung des Angeklagten, gestützt durch die weiteren im Rahmen der Hauptverhandlung eingeführten Beweismittel, insbesondere den Angaben der Zeugen D. D. und B..
Der unter Ziff. I. und III. festgestellte Sachverhalt beruht maßgeblich auf den in der Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln, insbesondere den Angaben der Zeugen S1. (zu Ziff. I.), D. D. und B. (beide zu Ziff. III.).
1. Einlassung des Angeklagten
Zur Tatziffer I. ließ sich der Angeklagte dahingehend ein, er kenne den ihn belastenden Zeugen M2. S1. nicht, beziehungsweise. sei ihm dieser lediglich einmal durch seine Ex-Freundin vorgestellt worden. Er habe aber nie zu Sch. Kontakt haben wollen. Auch eine Telefonnummer von ihm besitze er nicht. Über Drogen habe man sich nie unterhalten, geschweige denn Geschäfte gemacht. Auch mit Ecstasy habe er nie zu tun gehabt.
Er habe auch gehört, dass das bei Sch. sichergestellte Betäubungsmittel einem anderen gestohlen worden sei.
Warum Sch. ihn belasten könne, wisse er selbst nicht, er habe nie mit ihm Stress gehabt.
Hinsichtlich Tatziffer II. räumte der Angeklagte grundsätzlich ein, im angeklagten Tatzeitraum, etwa ab September 2020, von D. D. mit Methamphetamin versorgt worden zu sein. Allenfalls habe er von D. D. jedoch zu etwa 15 Gelegenheiten insgesamt lediglich höchstens 250,00 Gramm Methamphetamin auf Kommissionsbasis erhalten. Von den erhaltenen Betäubungsmitteln habe er weit mehr als die Hälfte selbst verkonsumiert, den Rest an 5-6 kleinere Abnehmer, die er nicht nennen wolle, zu einem Grammpreis von 70,00 EUR verkauft. Insgesamt habe er bis zu 1,5 Gramm Methamphetamin täglich konsumiert.
Kennen gelernt habe er D. D. etwa im Juli/August 2020 und habe von diesem zu Beginn immer wieder kleinere Mengen zum Eigenkonsum zugesteckt bekommen.
Anfang bis Mitte September habe ihm D. D. dann die erste größere Menge an Methamphetamin, etwa 15 Gramm, zu einem Grammpreis von 60,00 EUR zugesteckt. D. D. habe ihm mitgeteilt, er könne sich, da der Angeklagte seine Mutter pflege, Zeit lassen so lange er möchte. Von dieser ersten Menge habe er fast alles selbst konsumiert.
Zu den übergebenen Mengen führte der Angeklagte aus, diese seien immer verschieden gewesen, etwa 6-7 Mal habe er eine Menge zwischen 10-15 Gramm bekommen, einmal circa 40-50 Gramm. Auch habe er einmal lediglich 7 Gramm zur Probe bekommen, anschließend habe er diese bezahlen sollen. 2-3 Mal wären es 20 Gramm gewesen. Die Kaufpreiszahlung sei hierbei nicht immer bei der Übergabe erfolgt, vielmehr seien viele der im Rahmen der Telefonüberwachung festgestellten Treffen nur zur An- oder Restzahlung genutzt worden.
Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung habe er bei D. D. einen Rückstand von circa 2.000,00 – 3.000,00 EUR gehabt.
Im Hinblick auf den unter Tatziffer III. dargestellten Tatvorwurf führte der Angeklagte aus, dieser stimme nicht. Auch die polizeiliche Aussage des D. D., wonach er bereits einen Betrag von 2.000,00 EUR als Anzahlung auf die angeführte Erwerbsmenge gezahlt habe, treffe nicht zu.
2. Weitere Beweismittel und Beweiswürdigung im engeren Sinn
a.) Tatziffer I.
Die Feststellungen zur Tat Ziff. I. des dargestellten Sachverhalts beruhen maßgeblich auf den Angaben des Zeugen M2. S1. Der Zeuge war in der Lage detailliert, konsistent zu seinen polizeilichen Vernehmungen und ohne Belastungseifer glaubhaft auszusagen. Sch. führte strukturiert und nachvollziehbar aus, wie er den Angeklagten über ein zufälliges Treffen mit Bekannten kennengelernt habe und beide durch ihren – ebenfalls konsumierenden – Bekanntenkreis um ihren jeweiligen Konsum von Betäubungsmitteln wussten. Auch ohne dass es zielgerichteter Fragen der Kammer bedurfte schilderte der Zeuge zudem auch insoweit nachvollziehbar, wie er den Angeklagten zufällig etwa zwei Tage vor der Übergabe der Betäubungsmittel am T.platz getroffen habe, wo dieser ihm eröffnet habe, er habe Schwierigkeiten bei dem Absatz von Ecstasy-Tabletten, da diese das „Hakenkreuz“- Symbol trügen. Man habe deshalb dann einen weiteren Termin zur potenziellen Abwicklung eines Geschäftes – einen Tag vor der Festnahme des Zeugen S1. am 01.10.2021 – ausgemacht, bei dem es dann zur Übergabe der Tabletten zu einem Preis von 2.000,00 EUR auf Kommissionsbasis gekommen sei. Er selbst habe das Ecstasy am Tag seiner Festnahme in Nürnberg verkaufen wollen. Einen Verkauf habe er dabei noch nicht fest ausgemacht, hätte aber aufgrund seiner Kenntnisse der Szene schon gewusst, wohin er hätte fahren müssen.
Die Kammer hat die Angaben des Zeugen insbesondere im Hinblick darauf, dass er den Angeklagten nicht näher kannte und dem Umstand, dass dieser ihm Betäubungsmittel im Wert von mehreren tausend Euro zum Weiterverkauf auf Kommission überließ, geprüft und für glaubhaft befunden. Der Angeklagte führte selbst im Rahmen seiner Einlassung zur Tat Ziff. II aus, dass er damals auf den Weiterverkauf von Betäubungsmitteln zur Finanzierung seines Eigenkonsums angewiesen sei und zudem über keine reguläre Einnahmequelle neben zeitweiligen Zuwendungen der Mutter verfügte. Insofern ist die Kammer überzeugt, dass der Angeklagte das Risiko des Verlustes der Betäubungsmittel durch den Zeugen bewusst gegen das Risiko aufgewogen hat, letztendlich keinen Abnehmer für die mit einer Swastika versehenen Tabletten zu finden. Wobei dieses Risiko zum einen dadurch geschmälert wurde, dass der Zeuge S1. nach seinen glaubhaften Ausführungen mit dem Angeklagten zumindest über Facebook-Messenger befreundet und damit für diesen erreichbar und durch den gemeinsamen Bekanntenkreis in Bamberg auch der Wohnort des Zeugen unschwer herauszufinden gewesen wäre und zum anderen die Risikobereitschaft des Angeklagten zur Überzeugung der Kammer auch dadurch gesteigert wurde, dass diesem durch Sch. die gleichzeitige Abnahme der gesamten Menge an vorher nicht absatzfähigen Ecstasy-Tabletten ermöglicht wurde. Vom Aussehen der gegenständlichen Ecstasy-Tabletten hat sich die Kammer durch Inaugenscheinnahme der von diesen gefertigten Lichtbildern überzeugt.
Auch ein Motiv zur falschen Belastung des Angeklagten war für die Kammer – wie auch für den Angeklagten selbst – nicht zu erkennen.
Die Kammer ist schlussendlich auch deshalb von der Richtigkeit der Angaben des Zeugen S1. überzeugt, da dieser, auch aufgrund seiner eigenen Einlassung, in dem aufgrund des vorgenannten Sachverhalts gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bereits rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe 2 Jahren und 6 Monaten, ohne Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, verurteilt wurde.
Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der unter Tatziffer I. gehandelten Betäubungsmittel beruhen auf dem verlesenen Wirkstoffgutachten der sämtlich sichergestellten EcstasyTabletten des Bayerischen Landeskriminalamtes, SG 201 Chemie, des sachverständigen vom 22.12.2020.
Chemiedirektors Dr. S4.
b.) Tatziffer II.
Die Feststellungen zur Tatziffer II. beruhen, soweit den Angaben des Angeklagten nicht gefolgt werden konnte, maßgeblich auf den Angaben der Zeugen D. D. und B..
Insbesondere wertet die Kammer die Angaben des Angeklagten, wonach er vom Zeugen D. D. im angeklagten Tatzeitraum September 2020 bis zur Festnahme am 11.12.2020 insgesamt lediglich eine Gesamtmenge von allenfalls 250,00 Gramm erhalten habe als Schutzbehauptung.
Bereits die eigene Einlassung des Angeklagten weist eine Differenz zwischen der angegebenen Maximalmenge und der (Maximal-)Summe der angegebenen Einzelkäufe auf.
Demgegenüber war der Zeuge D. D. in der Lage, neben den einzelnen Übergabemengen auch die Übergabeorte überaus detailliert und in Übereinstimmung mit der durch ihn vorab angegebenen Gesamtbezugsmenge zu nennen („mindestens 650 Gramm erhalten, da tue ich keinem Unrecht“). Die angegebenen Übergabeorte konnten für die Kammer zusätzlich mit den Ergebnissen der Telefonüberwachung zwischen dem Angeklagten und D. D., eingeführt durch das Zeugnis der sachbearbeitenden Polizeibeamtin KHKin F. der Kriminalpolizeiinspektion B., abgeglichen und bestätigt werden. Die Zeugin L., die ausführte den Angeklagten nicht persönlich zu kennen, schilderte aber ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Zeugen D. D. die Vornahme von drei Kurierfahrten durch sie an den T.platz in B.
Auch die sowohl mit der Zeugin K. F2., als auch dem Zeugen D. D. in Augenschein und erörterten handschriftlichen Notizen aus der Wohnung des D. D. belegen ausweislich der dort angegeben Geldmengen umfangreiche Betäubungsmittelgeschäfte zwischen den Beteiligten. Insgesamt war der Angeklagte, unter seinen Spitznahmen „Mimi“ und „Mimimi“, wie D. D. auf Vorhalt ausführte, mit Beträgen von 3.000,00 EUR, 2.800,00 EUR und 950,00 EUR vermerkt, was im Falle der 3.000,00 EUR und 2.800,00 EUR bei Grammpreisen zwischen 55,00 EUR und 58,00 EUR – so der Zeuge D. D. – oder selbst von 60,00 EUR – so der Angeklagte selbst – auf Warenumsätze im Bereich von etwa 50-54 Gramm, bzw. 46-50 Gramm hindeutet und letztlich auch indiziell die Angaben von D. D. stützt, dass es regelmäßig Geschäfte im Bereich von 50 Gramm waren.
D. bestätigte die Einlassung des Angeklagten allerdings dahingehend, dass die Bezahlung der erworbenen Betäubungsmittel nicht immer vollständig bei Übergabe, sondern oftmals lediglich in Form von Anzahlungen und Restzahlung bei nächster Übergabe oder nach wenigen Tagen isoliert erfolgte. Regelmäßig sei es so abgelaufen, dass eine Übergabe mit der Restzahlung der alten Lieferung, teilweise auch bereits zusätzlich mit einer Anzahlung für die neue Menge verbunden war.
Im Gegenzug zur Eigendarstellung des Angeklagten beschrieb D. D. diesen jedoch als sehr zuverlässigen Handelspartner, bei dem es nie Probleme mit Geldzahlungen gegeben hätte.
Von der Richtigkeit dieser Schilderung insgesamt ist die Kammer schon für sich genommen überzeugt. Es wäre schon nicht nachvollziehbar gewesen, dass der einen höchst professionellen und florierenden Betäubungsmittel- und Waffenhandel führende Zeuge D. D. mit dem Angeklagten – insoweit übereinstimmend angegeben – 15 Betäubungsmittelgeschäfte ohne entsprechende Zahlungsmoral des Angeklagten durchgeführt hätte.
Gestützt wird diese Ausführung zudem durch die Aussage des Zeugen B3. Dieser gab an, er habe den Angeklagten nie kennengelernt, wisse um ihn aber durch die Erzählungen des Zeugen D. D. und von einigen Telefonaten anlässlich von Treffen von D. D. und dem Angeklagten am T.platz. Der Zeuge B3. führte weiter aus, D. D. habe den Angeklagten durchwegs als seinen „besten Mann“ und „besten Abnehmer“ bezeichnet. Auch der Spitzname „Mimimi“ sei ihm bezüglich des Angeklagten durch die Erzählungen von D. D. geläufig. Wenn er Betäubungsmittel abgewogen habe, habe D. D. manchmal gesagt, dass diese für den Angeklagten bestimmt gewesen seien. Erinnerlich seien dies meistens Mengen zu 50,00 Gramm gewesen.
Zu dieser Bezeichnung „bester Mann“ würde im Übrigen angesichts der von D. D. nach seinen Angaben insgesamt umgesetzten Betäubungsmittelmenge von mehreren Kilogramm Methamphetamin nicht eine Abgabe von lediglich maximal 250,00 Gramm Methamphetamin passen.
Ausgehend von dieser Einstufung als – zeitweiligem – und zuverlässigem Hauptabnehmer des Zeugen D. D. wertet die Kammer auch die Angaben des Angeklagten, wonach er weit über die Hälfte des erhaltenen Rauschmittels zu seinem Eigenkonsum erworben habe als Schutzbehauptung. Dem Angeklagten war es auch nach mehrmaligen Erörterungsversuchen nicht möglich, widerspruchsfrei darzulegen, wie er ohne regelmäßiges Einkommen und nur mittels Zuwendungen seitens seiner Mutter und des Verkaufs maximal der Hälfte der insgesamt erworbenen Betäubungsmittel die Erwerbsschulden bei D. D. bedient hätte. Letztendlich äußerte der Angeklagte hierzu, er habe dann eben einen noch größeren Teil der eigentlichen Verkaufsmenge wieder an D. D. zurückgegeben und nur den Eigenkonsumanteil behalten. Auf den anschließenden Vorhalt des Gerichts und der Verteidigung, dass hierdurch ja die durch den Eigenkonsumanteil entstehende Schuldenlast noch weniger hätte bedient werden können gab der Angeklagte an, dies könne er jetzt nicht mehr sagen.
Vielmehr ist die Kammer der Überzeugung, dass der Angeklagte, isoliert nach seinen Konsummengen im Tatzeitraum befragt, diese zutreffend mit bis zu 1,5 Gramm pro Tag angab. Dies ist anhand der langjährigen Drogenvergangenheit des Angeklagten verbunden mit der damit üblicherweise einhergehenden Konsummengensteigerung nachvollziehbar und schlüssig. Ausgehend von dieser Einlassung nimmt die Kammer zugunsten des Angeklagten bei einem täglichen Konsum von 1,5 Gramm beginnend ab September 2020 bis zur Festnahme des Angeklagten am 11.12.2020 einen Eigenkonsumanteil der erworbenen Betäubungsmittel von 153,00 Gramm Methamphetamin an.
Die Kammer war dem gegenüber nicht in der Lage, ein Motiv für eine Falschbelastung des Angeklagten durch D. D. oder B. erkennen. Neben den bereits vorab ausgeführten Beschreibungen als zuverlässig und „bester Mann“ gab der Zeuge D. D., wiederum gestützt durch den Zeugen B3., glaubhaft an, für den Angeklagten grundsätzlich Sympathie zu hegen, da ihm imponiert habe wie dieser seine Mutter pflege. Beide Zeugen erweckten in keiner Weise den Eindruck einer Falschbelastung, um selbst ungerechtfertigt Vorteile im Sinne des 31 BtMG zu erlangen.
Der Zeuge D. D. verdeutlichte auch dadurch, dass er keinen Belastungseifer zu Lasten des Angeklagten zeigte, dass er dem angeklagten Sachverhalt, der sich an den im Rahmen der Telefonüberwachung der Beteiligten festgestellten Treffen orientierte entgegentrat, indem er – in Übereinstimmung mit dem Angeklagten – ausführte, dass nicht bei jedem Treffen Rauschmittelübergaben, sondern teilweise lediglich Teilzahlungen stattgefunden hätten, beziehungsweise in manchen Fällen beabsichtigte Übergaben von ihm abgebrochen worden seien, weil er das Gefühl der Überwachung durch die Polizei gehabt hätte.
Zu guter Letzt stärkten die Zeugen D. D. und B. ihre Glaubwürdigkeit auch dadurch, dass sie neben den den Angeklagten betreffenden Taten auch die Darstellungen unter Tatziffer II. zum durch den Zeugen D. D. im Zusammenspiel mit B. aufgezogenen Betäubungsmittel (- und Waffen-) handel insgesamt umfangreich, im Wesentlichen widerspruchsfrei und in erheblichem Maße selbstbelastend und insbesondere der Zeuge D. D. detailliert, etwa in Bezug auf seine Bunkerstandorte und die von ihm aufgezogenen Vorsichtsmaßnahmen, schilderten. Die Zeugin K. F2. bekräftigte, dass insbesondere die Angaben des Zeugin D. D. mit den bisherigen Ermittlungen durchgängig in Einklang zu bringen seien.
c.) Tatziffer III.
Die Feststellungen zur Tat Ziff. III. beruhen wiederum auf den Angaben der Zeugen D. D. und B.. Beide gaben übereinstimmend, konstant zu vorausgegangenen polizeilichen Vernehmungen und für die Kammer glaubhaft an, dass aus der am Festnahmetag auf dem Anwesen des Zeugen B3. polizeilich sichergestellten Rauschgiftmenge ein – bereits abgepacktes – Paket mit 100 Gramm Methamphetamin für den Angeklagten bestimmt gewesen sei, welches dieser am Tag vor der Festnahme, allenfalls wenige Tage vorher bestellt habe. D. D. gab zudem konsistent mit seiner polizeilichen Vernehmung an, für die zu übergebende Menge am Festnahmetag bereits eine Anzahlung in Höhe von 2.000,00 EUR von dem Angeklagten erhalten zu haben. Tatsächlich wurden, insoweit durch KHKin F. bestätigt, bei dem Angeklagten D. D. eine größere Summe Bargeld in Höhe von insgesamt etwa 7.000,00 EUR und auf dem Anwesen des Zeugen B3. mehrere Mengen an Methamphetamin, darunter ein abgepacktes Päckchen mit einer Packungsgröße von etwa 100 Gramm (nach Trocknung 97,8 Gramm) sichergestellt. Demgegenüber wertet die Kammer die Angaben des Angeklagten, der generell den Eindruck vermeiden wollte, größere Mengen von D. D. bezogen zu haben, als Schutzbehauptung. Wiederum für die Kammer glaubhaft bestätigten zudem der Zeuge D. D. direkt von dem Angeklagten, der Zeuge B3. von D. D. vom Hörensagen, vernommen zu haben, die bestellte Menge sei für, einen nicht näher bezeichneten Rocker, angedacht. Dies erachtet die Kammer angesichts des Umstandes, dass es sich bei den bestellten 100 Gramm Methamphetamin um die höchste jemals vom Angeklagten georderte Einzelmenge handelt und er diese zudem sofort mit einem vierstelligen Betrag anzahlte, auch für plausibel. Auch für den Angeklagten muss die bestellte Menge aus seinen übrigen Bestellungen herausgefallen sein: Weder D. D. noch B. konnten Angaben zu weiteren Abnehmern des Angeklagten machen; lediglich hinsichtlich der gegenständlichen Menge habe der Angeklagte gegenüber D. D. von einem Abnehmer, einem Rocker, gesprochen. In der Gesamtschau bestehen daher für die Kammer auch keine Zweifel, dass es sich bei der letzten Bestellung des Angeklagten um eine reine Handelsmenge handelt.
Die Kammer ist schließlich aufgrund der entsprechenden Angabe des Zeugen D. D. davon überzeugt, dass die Bezahlung sämtlicher unter Tatziffer II. dargestellten Rauschgiftgeschäfte bei Absprache des unter Ziffer III. aufgeführten Handels bereits abgeschlossen war. Gestützt wird dies durch die Feststellungen des uneidlich vernommenen Zeugen KHM M. der Kriminalpolizeiinspektion B., welcher die Festnahme des Angeklagten sowie die Durchsuchung von dessen Wohnung mit Kellerabteil am 11.12.2020 – dem Tag der Festnahme auch des D. D. – (mit-) durchführte und berichten konnte, dass neben typischer Konsum- und Verkaufsutensilien wie Feinwaage und Druckverschlusstütchen keine Betäubungsmittel mehr bei dem Angeklagten aufgefunden werden konnten.
d.) Wirkstoffgehalt der unter Tatziffer II. und III. umgesetzten Betäubungsmittel
Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der unter den Tatziffern I. und III. sichergestellten Betäubungsmittel beruhen auf den in den Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 22.12.2020 (Tatziffer I. wie bereits oben unter D. II. 2. a) ausgeführt) und der Forensisch vom analytischen Laboratorien am Institut f. Rechtsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg 23.02.2021 (Tatziffer III.) aufgeführten Wirkstoffmengen. Die Kammer geht im Übrigen davon aus, dass die unter Tatziffer II. umgesetzten Betäubungsmittel nach den glaubhaften und übereinstimmenden Angaben der Zeugen D. D. und B. alle aus derselben Quelle, von dem gesondert Verfolgten S., stammten. Eine erheblich abweichende oder schwankende Qualität wurde weder vom Angeklagten berichtet, noch von einem der einvernommenen Zeugen erwähnt. Im Gegenteil führte der Zeuge D. D. aus, die von S. stammenden Methamphetaminkristalle seien augenscheinlich, im Gegensatz zu manchen Lieferungen aus Tschechien, immer sehr groß und rein gewesen. Auch seine Kunden hätten sich immer sehr positiv über deren Wirkungsweise geäußert. Alle am 11.12.2021 bei dem gesondert Verfolgten B. polizeilich sichergestellten Betäubungsmittel wiesen entsprechend einen überdurchschnittlichen Wirkstoffgehalt in einer Bandbreite von 79,9% bis 82,7% Methamphetaminbasegehalt und damit einer maximalen prozentualen Methamphetaminbaseschwankung von unter 3% auf.
Die im Sachverhalt dargestellten Wirkstoffmengen errechnen sich aus dem im vorgenannten Gutachten der Rechtsmedizin Erlangen aufgeführten maximalen Trocknungsverlust aller sichergestellten Betäubungsmittel (max. 2,5%) und der niedrigsten dort angegebenen Wirkstoffmenge von 79,9% Methamphetaminbase.
III. Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten
Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten haben sich in der Verhandlung nicht ergeben.
Der Sachverständige Dr. W. führte hierzu insbesondere aus, dass bei Zugrundelegung der im Rahmen der Exploration sowie in der Hauptverhandlung erfolgten Konsumangaben des begutachteten Angeklagten zwar eine psychische Abhängigkeit von Stimulantien (ICD 10 F15.21) vorliege, gleichwohl habe sich für ihn kein Hinweis darauf ergeben, dass angesichts des zielgerichteten und planungsvollen Handelns die Steuerungs- und/oder Einsichtsfähigkeit zu irgendeinem relevanten Zeitpunkt beeinträchtigt gewesen sein könnte. Es sei von einer vollen strafrechtlichen Verantwortlichkeit auszugehen. Es seien auch durch den Angeklagten selbst keine psychiatrischen Krankheitsbilder, wie etwa körperlicher Entzugsdruck oder eine Drogenintoxikation für den Tatzeitraum geltend gemacht worden.
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen des gerichtsbekannt sorgfältig und gewissenhaft arbeitenden Sachverständigen, gegen dessen Sachkunde auch die übrigen Verfahrensbeteiligten nichts erinnert haben, an und macht sich diese nach eigener kritischer Prüfung und Würdigung zu eigen. Es ist kein Umstand ersichtlich, der zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte.
E. Rechtliche Würdigung
Der Angeklagte hat sich durch die unter Tatziffer I. aufgeführte Tathandlung des vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht.
Hinsichtlich der unter Tatziffer II. aufgeführten Betäubungsmittelgeschäfte hat sich der Angeklagte des vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage II zum BtMG, §§ 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 3, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 52 StGB schuldig gemacht. Die einzelnen aufgeführten Rauschgiftübergaben bilden dabei eine Tat im Sinne des § 52 StGB. Sie sind durch die Bezahlung des Kaufpreises der vorangegangenen Lieferung bei der nachfolgenden Drogenlieferung oder gar erst nach dieser zur Tateinheit verknüpft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führen Überschneidungen der Ausführungshandlungen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur gleichartigen Idealkonkurrenz (vgl. u.a. Senat, Beschluss vom 7. Mai 2019 – 2 StR 129/19, juris Rn. 3; Urteil vom 21. Februar 2018 – 2 StR 374/17, juris Rn. 10; BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1, 8; Beschluss vom 13. Januar 2016 – 4 StR 322/15, NStZ 2016, 420).
Unter Tatziffer III. verwirklichte der Angeklagte durch die Bestellung und bereits anteilige Bezahlung der bestellten 100,00 Gramm Methamphetamin wiederum den Tatvorwurf des vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage II zum BtMG, §§ 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
Die einzelnen Tatziffern wiederum stehen zueinander in Tatmehrheit gem. § 53 StGB. Sämtliche Ausführungshandlungen der einzelnen Tatziffern waren bei der Vornahme der Tathandlung(en) der jeweils nächsten Tatziffer(n) bereits abgeschlossen. Die Kammer hat lediglich zu Gunsten des Angeklagten – zur Ermittlung der für dessen Eigenkonsum bestimmten Erwerbsmenge – angenommen, dass dieser auch bis zum Tag seiner Festnahme aus der von D. D. zuvor erworbenen Methamphetaminmenge konsumierte. Bei dem Besitz dieser rein für den Eigenkonsum bestimmten Rauschgiftmenge und der sich überschneidenden Bestellung und Anzahlung des Rauschmittels unter Tatziffer III. handelt es sich jedoch um keine Betätigung, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielte. Tatziffer II. und III. bilden daher keine tatbestandliche Bewertungseinheit.
F. Rechtsfolgen
I. Strafausspruch
Gegen den Angeklagten waren hinsichtlich der Fälle Ziffern I., II. und III. jeweils Einzelstrafen zu verhängen, aus denen letztlich eine tat- und schuldangemessene Gesamtstrafe zu bilden war. Im Ergebnis war eine Gesamtstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten als tat- und schuldangemessen zu verhängen; zusätzlich war die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen.
1. Strafrahmenbestimmung
a. Regelstrafrahmen
Allen durch den Angeklagten begangenen Taten liegt grundsätzlich der Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zugrunde, welcher jeweils die Verhängung einer Freiheitsstrafe zwischen 1 Jahr und 15 Jahren vorsieht. Ausgehend von diesem Regelstrafrahmen hat die Kammer jeweils das Vorliegen eines minderschweren Falles sowie vertypter Milderungsgründe geprüft, im Ergebnis jedoch für alle Tatziffern verneint.
b. Strafrahmenverschiebungen
Bei der Strafrahmenwahl sind sämtliche tat- wie täterbezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte gemäß § 46 StGB zu berücksichtigen, darüber hinaus sonstige Zumessungsgesichtspunkte wie etwa möglicherweise zum Tragen kommende vertypte Strafmilderungsgründe.
Zu Gunsten des Angeklagten war zunächst – unabhängig etwaiger vertypter Milderungsgründe – dessen hinsichtlich Tatziffer II. in weiten Teilen geständige Einlassung zu sehen, sowie hinsichtlich Tatziffer I., dass es sich bei dem umgesetzten Betäubungsmittel lediglich um eine Droge mittlerer Gefährlichkeit handelte, die zudem letztendlich vollständig polizeilich sichergestellt und damit aus dem Verkehr gezogen werden konnte. Gleiches gilt für die unter Ziffer III. aufgeführte Tat, bei der es bedingt durch die polizeiliche Sicherstellung des Rauchgiftes ebenfalls schlussendlich für den Angeklagten bei einem Verbalhandel verblieb. Hinsichtlich aller Taten sprach zugunsten des Angeklagten zudem, dass dessen vordringliche Motivation in der Finanzierung seines Eigenkonsums bestand und dass der Angeklagte sich durch die zeitintensive und psychisch aufreibende Pflege seiner Mutter in einer Lage befand, die den regelmäßigen Konsum von Rauschgift zur Überzeugung der Kammer beflügelte. Weiter sprach zu Gunsten des Angeklagten sein vollumfängliches Einverständnis mit der form- und entschädigungslosen Einziehung aller bei ihm sichergestellten Gegenstände und sein Einverständnis den bei ihm sichergestellten Barbetrag in Höhe von 55,00 EUR mit der zu erwartenden Einziehungsentscheidung zu verrechnen.
Betreffend Tatziffer II. bewegt sich allerdings bereits die durch den Angeklagten umgesetzte und in Umlauf gebrachte Menge an Methamphetamin in einem derart erheblichen Bereich, dass eine Strafrahmenverschiebung eingedenk der Gefährlichkeit der in den Verkehr gebrachten Droge für die Kammer bereits fern lag. Zu Lasten des Angeklagten sprach zudem generell und nach Ansicht der Kammer gravierend, dass dieser bereits erheblich und einschlägig vorbelastet war und er insbesondere bei allen Taten unter offener, zudem einschlägiger, Reststrafenbewährung stand. Betreffend der Tatziffer III. wertete die Kammer weiter zu Lasten des Angeklagten, dass dieser alleine durch diese Tat den Erhalt (und anschließenden Vertrieb) einer Menge von Rauschmitteln anstrebte, die für sich genommen bereits den Grenzwert zur nicht geringen Menge um mehr als das 15-fache überstieg Im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung kommt den strafmildernden Aspekten – insbesondere dem teilweisen Geständnis des Angeklagten betreffend Tatziffer II. und der letztlichen Sicherstellung der Betäubungsmittel unter den Tatziffern I. und III. – gegenüber den zu seinen Lasten zu berücksichtigenden Umständen hinsichtlich aller Tatkomplexe kein solch überragendes Gewicht zu, dass die Annahme eines minder schweren Falls ohne Berücksichtigung eines vertypten – hier aber nicht gegebenen – Strafmilderungsgrundes gerechtfertigt ist, so dass es für die genannten Tatkomplexe beim oben festgestellten Strafrahmen von jeweils 1 bis 15 Jahren Freiheitsstrafe bei der Bemessung der Einzelstrafen verbleibt.
2. Strafzumessung
Ausgehend von den insoweit dargestellten Strafrahmen einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 15 Jahren hat die Kammer bei allen Taten bei der Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umständen unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 46 StGB alle relevanten Strafzumessungskriterien herangezogen, geprüft und bewertet. Dabei wurden sämtliche zuvor dargestellten strafzumessungsrelevanten Umstände nochmals berücksichtigt.
a. Tatziffer I.
Zu Gunsten des Angeklagten wurde hinsichtlich Tatziffer I. insbesondere nochmals berücksichtigt, dass sämtliche Betäubungsmittel polizeilich sichergestellt und damit aus dem Verkehr gezogen werden konnten. Auf der anderen Seite wurden zu Lasten des Angeklagten insbesondere dessen strafrechtliches Vorleben, in erheblichem Maße die Tatbegehung unter offener einschlägiger Bewährung, gewertet. Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer für die Tat unter Ziff. I. des Sachverhalts eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren 10 Monaten tat- und schuldangemessen und als Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs (§ 46 Abs. 1 StGB) geboten.
b. Tatziffer II.
Betreffend der unter Ziff. II. des Sachverhalts dargestellten Tat hat die Kammer insbesondere das teilweise und in diesem Maße auch von Reue und Schuldeinsicht getragene Geständnis des Angeklagten gewertet. Zu seinen Lasten sprach die Menge des durch ihn umgesetzten, mit einem erheblichen Suchtpotential ausgestatteten, Betäubungsmittels und wiederum dessen strafrechtliches Vorleben sowie die Tatbegehung unter offener, einschlägiger Reststrafenbewährung. Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer für die Tat aus Ziff. II. des Sachverhalts eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren 8 Monaten tat- und schuldangemessen und als Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs (§ 46 Abs. 1 StGB) geboten.
c. Tatziffer III.
Hinsichtlich der unter Ziff. II. des Sachverhalts dargestellten Tat wertete die Kammer wiederum insbesondere zugunsten des Angeklagten, dass das erworbene Rauschmittel letztendlich nicht in Umlauf geriet. Zu Lasten wertete die Kammer demgegenüber die Überschreitung der nicht-geringen Menge des zum Umsatz bestimmten Betäubungsmittels um mehr als das 15fache sowie wiederum das strafrechtliche Vorleben des Angeklagten, insbesondere die Tatbegehung unter offener einschlägiger Bewährung. Unter Berücksichtigung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sowie sämtlicher weiterer sich aus § 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB ergebenden Strafzumessungsgründe ist nach Überzeugung der Kammer für die Tat aus Ziff. II. des Sachverhalts eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren tat- und schuldangemessen und als Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs (§ 46 Abs. 1 StGB) geboten.
3. Gesamtstrafenbildung
Unter nochmaliger Gesamtabwägung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte gemäß § 54 Abs. 1 S. 2, 3 StGB, wobei zugunsten des Angeklagten insbesondere nochmals sein Teilgeständnis wie auch die unter den Tatziffern I. und III. sichergestellten Betäubungsmittel, die psychische Belastung des Angeklagten im Tatzeitraum durch die Pflege seiner Mutter und die Tatbegehung aller Taten zur Finanzierung des Eigenkonsums berücksichtigt wurden, ist nach Überzeugung der Kammer unter Zugrundelegung der Einsatzstrafe von 6 Jahren und 8 Monate und des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs der Taten unter den Ziff. II. und III. eine Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren 6 Monaten tat- und schuldangemessen und als Mindestmaß schuldgerechten Ausgleichs geboten (§ 46 Abs. 1 StGB).
II. Maßregeln der Besserung und Sicherung – Unterbringung in einer Entziehungsanstalt Hinsichtlich des Angeklagten war die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen.
Der Angeklagte weist einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB auf, Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Der Angeklagte leidet – wie bereits oben dargestellt – unter einer Abhängigkeit von Stimulanzien (ICD-10: F15.21). Die verfahrensgegenständlichen Taten beruhen maßgeblich auf diesem Hang, da sie allesamt der Betäubungsmittelkriminalität entspringen und in erheblichem Umfang auch dem Eigengebrauch der jeweiligen Betäubungsmittel sowie der Finanzierung der eigenen Sucht dienten.
Ausgehend von den Taten im vorliegenden Verfahren und dem bisherigen Lebensweg mit langjährigem Substanzmittelmissbrauch einhergehend mit einschlägiger Vordeliquenz besteht deshalb die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte zukünftig weitere erhebliche rechtswidrige Taten mit Verbrechenscharakter insbesondere im Bereich der Betäubungsmitteldelinquenz begehen wird, wenn seine Sucht nicht wirksam und nachhaltig behandelt wird. Die Kammer folgt auch insoweit nach eigener kritischer Prüfung und Würdigung den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. W.
Beim Angeklagten besteht auch eine ausreichende Therapieerfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB, weil er – wie der Sachverständige ebenfalls schlüssig ausgeführt hat – neben seiner Abhängigkeit an keiner Persönlichkeitsstörung oder sonstigen psychiatrischen Auffälligkeit leidet, die dem Therapieerfolg entgegenstehen könnte, und er zudem krankheitseinsichtig sowie authentisch therapiemotiviert ist. Die Kammer teilt diese Auffassung, auch unter Berücksichtigung des Eindrucks, den sie im Rahmen der Hauptverhandlung vom Angeklagten gewonnen hat und unter Berücksichtigung dessen, dass der Angeklagte bereits in der Lage war eine Therapie nach § 35 BtMG erfolgreich zu absolvieren – wenn auch ein Rückfall in alte Konsummuster erfolgte – und er trotz langjährigem Substanzmissbrauch noch sozial integriert lebt.
III. Anordnung von Vorwegvollzug
Bei einer nach sachverständiger Einschätzung zu erwartenden Therapiedauer von 18 Monaten bedarf es (unter Berücksichtigung der bereits verbüßten Untersuchungshaft) eines Vorwegvollzugs von insgesamt 2 Jahren und 3 Monaten (einschließlich der bereits erlittenen Untersuchungshaft), § 67 Abs. 2 S. 1, 2 und 3 StGB.
G. Einziehung der sichergestellten Gegenstände
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung mit der form- und entschädigungslosen Einziehung insbesondere der sichergestellten Betäubungsmittelutensilien sowie sämtlicher weiterer sichergestellten Gegenstände einverstanden erklärt, so dass es einer förmlichen Einziehungsentscheidung nicht bedurfte.
H. Vermögensabschöpfung
Der Ausspruch zur Einziehung des Wertes des Tatertrages beruht auf §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d StGB.
Der Angeklagte hat durch die unter Tatziffer II. dargestellte Tat einen Betrag in Höhe von (mindestens) 33.040,00 EUR erlangt. Zugrunde gelegt hat die Kammer zur Berechnung des abzuschöpfenden Tatertrags zum einen den vom Angeklagten glaubhaft angegebenen Verkaufspreis von 70,00 EUR je Gramm. Zum anderen legte die Kammer ausgehend von einer insgesamt erhaltenen Menge von 625,00 Gramm Amphetamin und einer zum Eigenkonsum bestimmten und genutzten Höchstmenge von 153,00 Gramm (siehe oben C. II. 2. b.)) eine Mindestverkaufsmenge 472,00 Gramm zu Grunde. Da bei der bei dem Angeklagten am 11.12.2020 vollzogenen Wohnungs- und Kellerdurchsuchung keine weiteren Betäubungsmittel mehr aufgefunden wurden geht die Kammer von einem vollständigen Absatz und Konsum der vorgenannten Mengen aus, woraus sich der angeordnete Einziehungsbetrag ergibt.
I. Kostenausspruch
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Abs. 1, Abs. 2, 465 Abs. 1, 467 Abs. 1 StPO.


Ähnliche Artikel


Nach oben