Strafrecht

Nichtannahmebeschluss: Verfristung einer Urteilsverfassungsbeschwerde bei nicht fristgerechter Vorlage der angegriffenen Entscheidungen und unvollständiger inhaltlicher Darstellung – Auferlegung einer Missbrauchsgebühr iHv 500 €

Aktenzeichen  1 BvR 1443/10

Datum:
23.8.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100823.1bvr144310
Normen:
Art 103 Abs 1 GG
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG
§ 34 Abs 2 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
§ 93 Abs 1 BVerfGG
§ 94 UrhG
Spruchkörper:
1. Senat 2. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend OLG Karlsruhe, 9. Februar 2010, Az: 6 W 97/09, Beschluss

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Den Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

I.
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen urheberrechtlichen Rechtsstreit.

2
1. Die Beschwerdeführerin, ein Filmverleih- und Videovertriebsunternehmen, scheiterte vor dem Landgericht mit dem Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Verfügung, der darauf gestützt war, dass die Antragsgegnerin in einer Tauschbörse einen US-amerikanischen
Film zum illegalen Download angeboten haben soll, dessen ausschließliche Rechte die Beschwerdeführerin halte. Der Beschluss
des Landgerichts stützt sich darauf, die Beschwerdeführerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie hinsichtlich des geltend
gemachten Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert sei; außerdem sei kein Verfügungsgrund gegeben.

3
Das Oberlandesgericht wies die sofortige Beschwerde hiergegen zurück. Der Antrag werde “zumindest in erster Linie” auf vom
Filmhersteller abgeleitete Rechte (§ 94 UrhG) gestützt. Da der Film im Ausland hergestellt worden sei und kein entsprechender
bilateraler Staatsvertrag vorliege, greife diese Norm jedoch nicht ein. Weiter heißt es, “auf andere Rechte als die des Filmherstellers
hat sich die Antragstellerin, wie das Landgericht zutreffend ausführt, nicht mit hinreichender Substanz berufen”.

4
Die Gehörsrüge wies das Oberlandesgericht mit dem angegriffenen Beschluss zurück. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, sie
habe sich neben dem Recht des § 94 UrhG auch auf andere Urheberrechte berufen, treffe nicht zu. Der Beschluss, der hierzu
weitere Ausführungen macht, wurde der Beschwerdeführerin am 17. Februar 2010 zugestellt.

5
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör. Darin stellt
die Beschwerdeführerin die ergangenen Entscheidungen wie folgt dar:

6

“Das Landgericht Mannheim wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 24. November 2009 mangels
Aktivlegitimation ab.”

7

“Das OLG Karlsruhe hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. … Allerdings setzt sich das OLG Karlsruhe nicht damit auseinander,
ob eine Berechtigung der Beschwerdeführerin nach Urheberrecht gegeben ist. Vielmehr meint das Gericht in Ziffer 3 des Beschlusses
pauschal in einem Satz, die Beschwerdeführerin habe sich nicht auf ihre urheberrechtliche Berechtigung berufen.”

8

“Die Gehörsrüge wurde ebenfalls aus unerfindlichen Gründen zurückgewiesen. Das Gericht bemühte sich zu begründen, dass eine
Prüfung der urheberrechtlichen Berechtigung nicht angezeigt war, da sich die Beschwerdeführerin hierauf nicht in ausreichendem
Maße berufen hatte.”

9
Die Verfassungsbeschwerde ging vorab per Telefax ohne Anlagen am 16. März 2010, sodann im Original mit Anlagen am 19. März
2010 beim Bundesverfassungsgericht ein.

II.
10
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie ist unzulässig.

11
Die Beschwerdeführerin hat die Einlegungsfrist des § 93 Abs. 1 BVerfGG versäumt, binnen derer die Verfassungsbeschwerde nach
Maßgabe der §§ 23, 92 BVerfGG auch substantiiert zu begründen ist (vgl. BVerfGE 81, 208 ; 93, 266 ; stRspr). Dazu
gehört in aller Regel die Vorlage der angegriffenen Entscheidung(en) und sonstiger Schriftstücke, ohne deren genaue Kenntnis
das Bundesverfassungsgericht die Berechtigung der Grundrechtsrügen nicht überprüfen kann. Die Teilwiedergabe der Entscheidungen
in der Beschwerdebegründung erlaubt im Streitfall nicht die Beurteilung, ob der angegriffene Beschluss mit dem Grundgesetz
in Einklang steht oder nicht (vgl. BVerfGE 93, 266 ).

12
Dies zeigt sich hier schon darin, dass das Oberlandesgericht in seinem Beschluss, mit dem es die sofortige Beschwerde gegen
den Beschluss des Landgerichts zurückgewiesen hat, entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin nicht etwa erklärt, diese
habe sich nicht auf ihre urheberrechtliche Berechtigung berufen, sondern vielmehr, sie habe sich, wie das Landgericht zutreffend
ausführe, darauf nicht mit hinreichender Substanz berufen. Damit aber werden insoweit die Gründe des landgerichtlichen Beschlusses
– die in der Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht wiedergegeben werden – sowie der rechtliche Maßstab hinreichender Substantiierung
herangezogen. Der Behauptung der Beschwerdeführerin, das Oberlandesgericht habe einen rechtlichen Gesichtspunkt mutwillig
zu prüfen unterlassen, wird damit zugleich der Boden entzogen.

13
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

III.
14
Den Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr in Höhe von 500 € auferlegt, weil die Verfassungsbeschwerde missbräuchlich
im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG erhoben wurde. Trotz des zutreffenden Hinweises des Präsidialrats auf die Verfristung bestanden
die Bevollmächtigten auf einer Behandlung durch die Kammer, wobei sie fälschlicherweise behaupteten, den maßgeblichen Satz
der Entscheidung des Oberlandesgerichts “inhaltlich vollständig wiedergegeben” zu haben. Das Bundesverfassungsgericht muss
es nicht hinnehmen, bei der Erfüllung seiner Aufgaben durch eine sinnentleerte Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität behindert
zu werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. November 1995 – 2 BvR 1806/95 -, NJW 1996, S. 1273
; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2009 – 1 BvR 829/09 -, juris, Rn. 15; stRspr).

15
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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