Strafrecht

Rechtmäßige Anordnung eines Fahrverbots

Aktenzeichen  1 OWi 16 Js 7019/17 jug

Datum:
23.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 55935
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Schweinfurt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 226 Abs. 2
OWiG § 46 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine Überschreitung der Fahrtgeschwindigkeit um 30 km/h kann zu einem Fahrverbot führen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 OWi 16 Js 7019/17 jug 2017-07-20 Bes AGSCHWEINFURT AG Schweinfurt

Tenor

1. Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit innerorts um 31 km/h zu einer Geldbuße von 160 Euro verurteilt.
2. Dem Betroffenen wird auf die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Entscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils.
3. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, 49 StVO, § 24, 25 StVG, § 4 Abs. 1 BKatV, Nr. 11.3.6 BKat

Gründe

I.
Der am … in … geborene Betroffene ist deutscher Staatsangehöriger und derzeit wohnhaft in … Der Betroffene ist Auszubildender.
Mangels näherer Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen geht das Gericht davon aus, dass diese geordnet sind.
Der Betroffene ist verkehrsrechtlich bislang wie folgt in Erscheinung getreten:
BG-Beh. ZBS Viechtach
Entscheidung vom 16.11.2015
Rechtskräftig seit 04.12.2015
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h. Zulässige Geschwindigkeit: 050 km/h. Festgestelle Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug): 74 km/h.
Datum der Tat: 20.10.2015
80,00 Euro Geldbuße
II.
Die Hauptverhandlung hat folgenden Sachverhalt ergeben:
Der Betroffene fuhr am 15.03.2017 um 17:07 Uhr mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen …, in … auf der … in Fahrtrichtung stadteinwärts. Dabei überschritt der Betroffene die dort durch Verkehrszeichen 274 angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h infolge mangelnder Aufmerksamkeit um 31 km/h.
Die Messung wurde durch den Polizeibeamten … mit dem Geschwindigkeitsmessgerät PoliScanSpeed mit der Gerätenummer 642558, Softwareversion 3.2.4 durchgeführt. Das Messgerät war zum Messzeitpunkt bis Ende des Jahres 2017 geeicht. Der Betrieb des Messgerätes erfolgte gemäß der Gebrauchsanweisung des Zulassungsinhabers, den Vorgaben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt sowie nach der Richtlinie für die polizeiliche Verkehrsüberwachung. Der Zeuge … war für Messungen mit dem vorliegend verwendeten Messgerät geschult. Die Verkehrszeichen, die eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h ausweisen, befinden sich vor der Messstelle gut sichtbar aufgestellt am Fahrbahnrand.
Bei einiger Aufmerksamkeit hätte der Betroffene den Geschwindigkeitsverstoß vermeiden können und müssen.
III.
Vorgenannter Sachverhalt steht fest als Ergebnis der Beweisaufnahme. Er beruht auf den Angaben des Zeugen … sowie der Verlesung des Messprotokolls (Bl. 8/8R d.A.), des Eichscheins (Bl. 9 d.A.). Darüber hinaus wurde das Messfoto (Bl. 10, 11 d.A.) in Augenschein genommen, auf welche gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG verwiesen wird.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Verteidigers, der Akte und der Verlesung einer Auskunft aus dem Fahreignungsregister vom 03.07.2017.
Das Gericht ist von einer ordnungsgemäßen Messung überzeugt.
Der Betroffene hat die Fahrereigenschaft bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung eingeräumt.
Der Zeuge … hat dem Gericht den Sachverhalt wie vorliegend unter II. geschildert, glaubhaft und anschaulich dargelegt. Das Gericht hat keinerlei Zweifel an der Verwertbarkeit des Messergebnisses im vorliegenden standardisierten Messverfahren. Der Betroffene wurde vom Zeugen … mit einer Geschwindigkeit von 64 km/h gemessen. Abzüglich eines Toleranzwertes von 3 km/h ergibt sich somit eine festgestellte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h. Die Verkehrszeichen mit der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h waren nach Aussage des Zeugen gut sichtbar und hätten daher vom Betroffenen wahrgenommen und beachtet werden können und müssen.
Die Messung erfolgte nach Angaben des als Zeugen vernommenen Messbeamten entsprechend den Vorgaben der Bedienungsanleitung im Fahrzeugbetrieb. Besondere Vorkommnisse habe es nicht gegeben. Der Zeuge führte weiter glaubhaft aus, dass die erforderlichen Tests vor der Messung beanstandungslos durchgeführt worden seien. Darüber hinaus habe er die Eichsiegel und Eichmarken überprüft und habe hierbei keine Mängel erkennen können. Während der Messung habe er keinerlei Unregelmäßigkeiten feststellen können. Gleichfalls fahre er vor beginn der Messung immer die Beschilderung ab und überprüfe, ob diese ordnungsgemäß und sichtbar ist.
Das Gericht hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen. Dieser hat seine Aussage ruhig und sachlich sowie ohne erkennbare Belastungstendenz getätigt. Darüber hinaus ist er dem Gericht als zuverlässiger Messbeamter bekannt.
Eine Fehlzuordnung kann ausgeschlossen werden. Hierzu wurde das Messfoto in Augenschein genommen und festgestellt, dass sich im Auswerterahmen kein weiteres Fahrzeug befindet.
Das Gericht ist daher vom Vorliegen eines standardisierten Messverfahrens überzeugt. Hierbei stellt die Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ein antizipiertes Sachverständigengutachten dar. Die Hauptverhandlung hat keinerlei konkrete Anhaltspunkte für Messfehler ergeben. Insofern waren auch die bei der Akte befindliche Beweisanträge (Bl. 78 f., 80 f. d.A.) abzulehnen, da die Beweiserhebung nach pflichtgemäßem Ermessen zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich war, § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG.
Diesbezüglich bezieht sich das Gericht auch auf die ständige obergerichtliche Rechtsprechung, insbesondere auf die aktuellen Beschlüsse des OLG Bamberg (Beschluss vom 24.07.2017 – 3 Ss OWi 976/17), sowie des OLG Zweibrücken (Beschluss vom 27.01.2017, Az. 1 OWi 1 Ss Bs 53/16) und OLG Koblenz (Beschluss vom 22.03.2017, Az. 1 OWi 4 SsRs 21/17).
IV.
Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes war der Betroffene daher schuldig zu sprechen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h gem. §§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, 49 StVO.
V.
1. Die Nr. 11.3.6 der Bußgeldkatalogverordnung sieht für die vorliegende Tat eine Regelgeldbuße von 160 Euro vor.
Das Gericht erachtet in Ausübung eigenen Ermessens ein Abweichen von dem Regelbetrag der Geldbuße für nicht geboten und hält bei Abwägung aller für und gegen den Betroffenen sprechenden Umstände eine Geldbuße in Höhe von 160 Euro für geboten.
2. Darüber hinaus war unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gegen den Betroffenen wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG ein Fahrverbot von einem Monat zu verhängen. Es liegt ein Regelfahrverbot nach § 4 Abs. 1 der Bußgeldkatalogverordnung i.V.m. Nr. 11.3.6 des Bußgeldkatalogs vor.
Die Anordnung eines Fahrverbots ist vorliegend erforderlich. Aus den Umständen des Verkehrsverstoßes selbst ergab sich keine Veranlassung für ein Absehen vom Fahrverbot. Die massive Geschwindigkeitsüberschreitung indizierte als grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers i.S.v. § 25 Abs. 1 StVG zunächst die Erforderlichkeit der Verhängung eines Fahrverbots. Mildere Mittel – insbesondere eine maßvolle Erhöhung der Geldbuße – sind wegen der vom Gesetzgeber intendierten Erziehungswirkung des Fahrverbots zur Einwirkung auf den Betroffenen nicht im gleichen Maße geeignet. Auch sonst waren keine Gesichtspunkte ersichtlich, die trotz der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung die Verhängung eines Fahrverbots entbehrlich gemacht hätten.
Gründe, im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip im vorliegenden Fall von der Verhängung eines Fahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße abzusehen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine Existenzgefährdung des Betroffenen bestanden nicht. Der Betroffene befindet sich nach Angaben des Verteidigers in einem geregelten Ausbildungsverhältnis. Nähere Angaben zu den beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, auch zu möglichen beruflichen Konsequenzen der Verhängung des Fahrverbotes wurden nicht gemacht, so dass auch eine weitere Ermittlung durch das Gericht nicht geboten war.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 464, 464 a, 465 StPO.


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