Strafrecht

Schriftliche Abiturprüfung, Unterschleif, Mobiltelefon, Vortrag des Vergessens der Abgabe

Aktenzeichen  M 3 E 21.3300

Datum:
29.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19878
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GSO § 57 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Mit dem Antrag begehrt der Antragsteller die Teilnahme am Termin zur Nachholung der schriftlichen Abiturprüfung im Abiturprüfungsfach 3 (Wirtschaft und Recht) und die Erteilung eines vorläufigen Abiturzeugnisses unter Berücksichtigung dieser Prüfung.
Der Antragsteller besucht im Schuljahr 2020/2021 das staatliche Gymnasium K. (im Folgenden: die Schule) und legte dort die Abiturprüfung 2021 ab.
Am 21. Mai 2021 nahm der Antragsteller an der schriftlichen Prüfung im Abiturprüfungsfach 3 im Fach Wirtschaft und Recht teil.
Vor Prüfungsbeginn (9.00 Uhr) verließ der Antragsteller kurz den Prüfungsraum. Während seiner Abwesenheit wurde den übrigen Prüfungsteilnehmern eine Kiste zur Abgabe ihrer Mobiltelefone und Digitaluhren hingehalten. Die Prüfungsaufsicht stellte die Kiste mit den eingesammelten Geräten im Prüfungsraum ab. Eine Aufforderung eigens an den Antragsteller zur Abgabe seines Mobiltelefons nach seiner Rückkehr in den Prüfungsraum fand nicht statt.
Laut Vermerk der Prüfungsaufsicht auf der Prüfungsarbeit suchte der Antragsteller von 9.28 bis 9.30 Uhr die Toilette auf. Laut Vermerk im „Aufsichtsplan: Gang N-Trakt“ bemerkte die dortige Aufsicht einen Gegenstand in der rechten Hosentasche des Antragstellers und wies die Aufsicht im Prüfungsraum darauf hin. Laut Vermerk im „Aufsichtsplan: N107“ wurde dem Antragsteller um ca. 9.35 Uhr sein in der Hosentasche befindliches Mobiltelefon abgenommen.
Um 11 Uhr wurde die Prüfung des Antragstellers abgebrochen und seine Prüfungsunterlagen eingesammelt.
Mit Schreiben vom 25. Mai 2021 teilte die Schule dem Antragsteller und seinen Eltern mit, dass aufgrund der Entscheidung des Abiturprüfungsausschusses die Prüfungsleistung im Abiturprüfungsfach 3 Wirtschaft und Recht wegen Unterschleifs nach § 57 Abs. 1 GSO mit null Punkten bewertet werde. Der Fall werde nicht als schwerer Fall gemäß § 57 Abs. 2 GSO eingestuft.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2021 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers hiergegen Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2021 teilte die Schule dem Antragsteller mit, der Widerspruch gegen eine Einzelnote der Abiturprüfung sei unzulässig und werde als Aufsichtsbeschwerde behandelt, der nicht stattgegeben werde. Der Antragsteller sei in der Vollversammlung vom 21. April 2021, im Schülermerkblatt und durch die Hinweise der Aufsicht zu Beginn jeder schriftlichen Abiturprüfung darauf hingewiesen worden, dass bereits das Mitführen eines ausgeschalteten Mobiltelefons den Tatbestand des versuchten Unterschleifs erfülle. Eine Belehrung sei nicht ständig zu wiederholen. Der Antragsteller habe nach dem Vorfall selbst eingeräumt, dass ihm das „Handyverbot“ bekannt gewesen sei. Die Nichtablieferung des eingeschalteten Mobiltelefons sei ihm selbst zuzurechnen.
Mit Schreiben vom 17. Juni 2021 wies der Ministerialbeauftragte für die Gymnasien für Oberbayern – Ost die Aufsichtsbeschwerde des Antragstellers zurück.
Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2021, bei Gericht eingegangen am selben Tag, beantragt der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig am nächstmöglichen Termin zur Nachholung der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Wirtschaft und Recht teilnehmen zu lassen sowie anschließend ein vorläufiges Abiturzeugnis unter Berücksichtigung der sich hieraus ergebenden Note im Fach Wirtschaft und Recht auszustellen.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antragsteller habe am Prüfungstag vor Prüfungsbeginn den Prüfungsraum zu einem Toilettenbesuch verlassen und die Prüfungsaufsicht hierüber informiert; er sei daher bei der Belehrung zu verbotenen Hilfsmitteln und dem Einsammeln der Mobiltelefone nicht zugegen gewesen. Hierfür werden vier Mitschüler als Zeugen benannt und dementsprechende eidesstattliche Versicherungen vorgelegt. Die Kiste mit den eingesammelten Mobiltelefonen habe sich nicht im Blickfeld des Antragstellers befunden. Bei seiner Rückkehr in den Prüfungsraum habe die Prüfung begonnen, ohne dass für ihn die Belehrung wiederholt worden sei. Aufgrund der Prüfungsanspannung und der nicht erfolgten Belehrung habe er bei Rückkehr in den Prüfungsraum vergessen, dass er das Mobiltelefon noch bei sich gehabt habe. Der Antragsteller habe im Abiturprüfungsfach 3 sehr gute Vorleistungen erbracht. Es sei damit zu rechnen, dass er nun trotz Teilnahme an der mündlichen Zusatzprüfung im Fach Wirtschaft und Recht in der Abiturprüfung eine um etwa 0,2 Punkte schlechtere Durchschnittsnote erhalten werde. Hierdurch seien Nachteile bei der Bewerbung um einen Studienplatz und um Praktika zu befürchten, umso mehr, als er einen Studienplatz in diesem Bereich und eine spätere Tätigkeit als Unternehmensberater anstrebe. Der Nachtermin für das Abiturprüfungsfach 3 in Wirtschaft und Recht sei am 2. Juli 2021. Ein vorwerfbarer Täuschungsversuch liege nicht vor. Der Abbruch der schriftlichen Abiturprüfung im Abiturprüfungsfach 3 und die Bewertung mit null Punkten sei rechtswidrig. In § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO werde das Bereithalten nicht zugelassener Hilfsmittel nach Beginn der Prüfung einer aktiven Täuschungshandlung in Gestalt des Sichbedienens eines unzulässigen Hilfsmittels gleichgesetzt. Bei § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO lasse bereits das Bereithalten generell eine Erfüllung des Tatbestands vermuten. Jedoch könne das durch das Bereithalten indizierte Vorliegen der Erfüllung des subjektiven Tatbestands von Seiten des Prüflings widerlegt werden. Für das Vorliegen eines Täuschungsversuchs sei der bedingte Vorsatz eines Prüflings notwendig, unter Verwendung eines unzulässigen Hilfsmittels eine Verfälschung seiner wahren Leistungsfähigkeit vorzunehmen. Vorliegend komme es gerade darauf an, ob ein Prüfling überhaupt wisse, dass er ein solches Hilfsmittel mit sich führe. Hier werde jedoch der durch das Mitführen dieses Hilfsmittels gesetzte erste Anschein einer vorsätzlichen Täuschungshandlung aufgrund des dargestellten atypischen Geschehensablaufs widerlegt. Der Antragsteller habe ersichtlich sein Mobiltelefon nicht bewusst behalten, sondern allein aufgrund des Fehlens der bei vorherigen Abiturprüfungen erfolgten ständigen Übung des anfänglichen Hinweises und Einsammelns der Mobiltelefone vergessen, dieses abzugeben. Hierfür spreche auch, dass er sein Mobiltelefon nicht versteckt, sondern sehr gut sichtbar in seiner Hosentasche bei sich getragen habe. Damit liege nicht einmal das Tatbestandsmerkmal des Bereithaltens im Sinne eines bewussten Mitsichführens eines unzulässigen Hilfsmittels vor, sondern lediglich ein unverschuldetes Mitführen des Mobiltelefons ohne jeglichen Täuschungsvorsatz. Es sei daher von einem atypischen Geschehensablauf auszugehen. Zudem wäre die Wertung des Sachverhalts als Täuschungsversuch unverhältnismäßig und würde gegen das Grundrecht auf Chancengleichheit verstoßen. Das Prüfungsverfahren müsse für alle Prüflinge durch Schaffung gleicher äußerer Prüfungsbedingungen gleichförmig durchgeführt werden, insbesondere auch dadurch, dass der Prüfling vor der Prüfung auf das Verbot des bloßen Mitführens eines Mobiltelefons hingewiesen werden müsse. Dies gelte hier in besonderem mit Blick auf die gravierenden Konsequenzen des § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO. Bei einem Mobiltelefon handele es sich in Schülerkreisen um einen vielfältig genutzten Alltagsgegenstand, der mehr oder weniger ständig mitgeführt werde. Schüler seien daher explizit darauf hinzuweisen, dass es sich um ein unzulässiges Hilfsmittel handele. Durch den gegenüber dem Antragsteller, entgegen der üblichen Praxis, fehlenden Hinweis bei Prüfungsbeginn sei der Antragsteller in seinem Anspruch auf Gleichbehandlung verletzt. Die Mobiltelefone seien nicht bei Betreten des Prüfungsraums in einer dafür bereit gestellten Kiste abzugeben gewesen. Dieser Fehler im ordnungsgemäßen Prüfungsablauf habe sich zulasten des Antragstellers manifestiert, der die Abgabe des Mobiltelefons vergessen habe. Da der Korb mit den Mobiltelefonen für ihn nicht ersichtlich aufgestellt gewesen sei, habe auch kein „optischer Anreiz“ bestanden, selbst an die Abgabe zu denken. Erteile die Schule regelmäßig konkrete Belehrungen und führe regelmäßig ein Einsammeln durch, müsse diese Verfahrensweise als Richtschnur für die den Schülern abverlangten Verhaltensweisen einheitlich durchgeführt werden und frei von Widersprüchen sein. Die Schule dürfe nicht einfach davon abweichen. Eine frühere Belehrung reiche bei Abweichung von einer regelmäßigen Belehrungs- und Einsammelroutine nicht aus. Insoweit könne dem Antragsteller das hierdurch angelegte Vergessen der Abgabe des Mobiltelefons nicht als Unterschleif vorgeworfen werden. Die Bewertung mit null Punkten sei daher aufzuheben. Weiter habe der Antragsteller aufgrund des rechtswidrigen Abbruchs der Prüfung die schriftliche Abiturprüfung im Abiturprüfungsfach 3 durch einen von ihm nicht zu vertretenden Grund versäumt. Er habe daher Anspruch auf Einräumung eines baldigen Nachtermins.
Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2021 legt der Antragsgegner die „Mitteilung über die Abiturprüfung“ des Antragstellers, einen Auszug aus der fortlaufenden Niederschrift des Prüfungsausschusses, den „Aufsichtsplan: N107“, den „Aufsichtsplan: Gang“, das Merkblatt zur Abiturprüfung sowie die Präsentation für die Vollversammlung der Q12 am 21. April 2021 vor.
Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2021 wiederholt und vertieft der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten seine bisherigen Ausführungen und verweist ergänzend darauf, entgegen dem von ihm glaubhaft gemachten Ablauf (Belehrung über unzulässige Hilfsmittel, Einsammeln der Mobiltelefone durch Herumgehen mit einem Sammelkorb) sehe das Merkblatt zur Abiturprüfung unter 4.2 vor, dass ausgeschaltete Mobiltelefone bei Betreten des Prüfungsraums in eine dafür vorgesehene Kiste bei der Aufsicht abgelegt werden sollten. Gemäß der Präsentation auf der Vollversammlung seien dagegen ausgeschaltete digitale Speichermedien bei der Gangaufsicht abzugeben. Somit habe der Antragsgegner zwei widersprüchliche Verfahren der Abgabe des Mobiltelefons angekündigt und ein drittes Verfahren tatsächlich durchgeführt. Dieses dritte Verfahren sei durch die beiden vorangegangenen schriftlichen Abiturprüfungen als üblicher Prüfungsablauf etabliert. Aufgrund der fehlenden Nachholung dieses Verfahrens beim Antragsteller habe dieser nicht gewusst, dass er das Mobiltelefon noch bei sich geführt habe. Für reines Vergessen spreche auch, dass er das Mobiltelefon offen getragen habe. Der Prüfungsablauf sei für den Antragsteller nachteilig gegenüber seinen Mitprüflingen und abweichend von den vorherigen Prüfungen gestaltet gewesen, indem die Erinnerungsfunktion der nochmaligen Belehrung und des Herumgehens mit Sammelkiste vor Prüfungsbeginn entfallen sei.
Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2021 teilt der Antragsgegner mit, einer Maßnahme zur Sicherung des Wissens werde nicht zugestimmt. Die Information über die zugelassenen Hilfsmittel seien in der Vollversammlung am 21. April 2021 mündlich und durch Präsentation sowie durch die über „Mebis“ bereitgestellte Präsentation (am 21. April 2021) und das dort am 26. April 2021 ebenfalls bereit gestellte Merkblatt erfolgt. Die Prüfungsaufsicht könne nicht bestätigen, dass der Antragsteller sich vor Prüfungsbeginn zum Toilettengang entschuldigt habe. Allerdings habe die Prüfungsaufsicht bei dem Toilettengang während der Prüfung nachgefragt, ob dies zu einem so frühen Zeitpunkt erforderlich sei. Während der vorgetragenen Abwesenheit des Antragstellers vor Prüfungsbeginn sei nach Auskunft der Prüfungsaufsicht lediglich die transparente Kiste mit der Aufschrift (Schriftgröße ca. 80 pt.) „Handy/Digitale Uhren aus! Hier abgaben!“ von einem einzigen Standpunkt aus den Prüfungsteilnehmern zur Abgabe hingehalten worden. Die Schüler, die die eidesstattliche Versicherung abgegeben hätten, seien in unmittelbarer Nähe dieses Geschehens gesessen. Die Prüfungsaufsicht habe sinngemäß darauf hingewiesen, die Geräte unter Beachtung des Corona-Abstands in der Kiste abzulegen. Eine weitere Belehrung über unerlaubte Hilfsmittel habe nicht erneut stattgefunden. Aufgrund der Pandemiesituation komme es immer wieder zu Anpassungen des Rahmenhygieneplans für Schulen. Die Schüler seien in der Vollversammlung darauf hingewiesen worden, dass es zu Veränderungen kommen könne. Das Verfahren der Abgabe der Geräte sei in den vorangegangenen schriftlichen Prüfungen bereits bekannt gewesen. Warum der Antragsteller bei Betreten des Prüfungsraums zwar seine Tasche im hinteren Bereich abgestellt, Verpflegung und sonstige Utensilien am Arbeitsplatz deponiert, aber nicht sein Smartphone abgegeben habe, könne nicht beurteilt werden. Im persönlichen Kontakt vor der Prüfung habe keine über mäßige Aufregung bemerkt werden können. Die transparente Kiste mit der Beschriftung und den eingesammelten Geräten sei zunächst auf dem Pult, ab Prüfungsbeginn neben der Tafel auf einem separaten gut einsehbaren Tisch gestanden. Der Antragsteller sei in der ersten Reihe gesessen. Das Mobiltelefon des Antragstellers sei im eingeschalteten Zustand in der Tasche der Jogginghose des Schülers gewesen. Das Vorhandensein sei von der Gangaufsicht bemerkt und der Aufsicht im Prüfungsraum mitgeteilt worden. Diese habe den Antragsteller angesprochen. Von einem völlig offen getragenen Mobiltelefon in der Hosentasche könne nicht die Rede sein. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des VG München vom 22. Februar 2008 (M 4 K 07.5074) wird geltend gemacht, ein Täuschungsvorsatz brauche nicht vorhanden sein, allein das Mitführen erfülle den Tatbestand des Täuschungsversuchs. Der Schüler habe sich mittlerweile der mündlichen Zusatzprüfung am 23. Juni 2021 unterzogen und das Abitur mit einem Gesamtdurchschnitt von 1,5 bestanden. Ein Nachteil im Bewerbungsverfahren oder im beruflichen Umfeld sei nicht zu erkennen. Ein vorläufiges Abiturzeugnis könne nicht erstellt werden.
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 weist der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten die Angaben der Schulleiterin, soweit sie vom Vortrag des Antragstellers abweichen, zurück. Insbesondere verbleibe es bei dem Vortrag, dass die Mobiltelefone durch Herumgehen eingesammelt worden seien. Auch durch eine bloße Aufforderung, digitale Hilfsmittel in die Kiste zu legen, werde die Aufmerksamkeit der Schüler geschärft, so dass ein Vergessen der Abgabe nicht mehr möglich sei. In den vorangegangenen schriftlichen Abiturprüfungen seien die Mobiltelefone unterschiedlich, nämlich einmal durch Herumgehen mit der Kiste, einmal durch Aufforderung zur Abgabe in die Kiste am Tisch der Aufsicht eingesammelt worden. Bei einer anderen dritten schriftlichen Prüfung seien die Mobiltelefone nicht, wie im Prüfungsraum des Antragstellers, durch Herumgehen, sondern durch Aufforderung zum Abgaben eingesammelt worden. Hierfür werden eidesstattliche Versicherungen dreier Prüfungsteilnehmer vorgelegt. Es sei nicht ersichtlich, welche Bedeutung die Angaben hätten, dass Antragsteller seine Tasche im hinteren Bereich abgestellt und seine Utensilien auf dem Arbeitsplatz deponiert habe. Zum Aufenthaltsort der Kiste sei zu sagen, dass diese bei Rückkehr des Antragstellers jedenfalls nicht mehr in seinem Gesichtsfeld gestanden habe. Ob die Gangaufsicht oder die Prüfungsaufsicht das Mobiltelefon bemerkt habe, sei irrelevant, es sei jedenfalls leicht bemerkbar und offen in der Hosentasche getragen worden. Wie aus dem Mantelbogen ersichtlich, sei der Antragsteller während der Prüfungszeit nur ganz kurz zur Toilette gegangen. Der Antragsteller nehme an der nicht mehr stornierbaren Abiturfahrt vom 29. Juni bis 6. Juli teil, so dass der Nachholtermin nach dem 6. Juli anzuberaumen sei. In rechtlicher Hinsicht möge sich die Frage stellen, ob § 57 Abs. 1 GSO überhaupt verfassungsgemäß sei, wenn die Vorschrift – anders als § 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO – keine ausdrückliche Möglichkeit der Widerlegung des Anscheinsbeweises vorsehe. Vorliegend sei jedenfalls der Anscheinsbeweis widerlegt. Im Übrigen sei auch die Prüfungsaufsicht im Gespräch gegenüber dem Antragsteller von einem reinen Versehen des Antragstellers ausgegangen. Hier sei das Vergessen des Mobiltelefons in der Hosentasche allein durch die Abweichung im konkreten Prüfungsverfahren gegenüber dem Antragsteller möglich geworden. Im zitierten Fall des Gerichts (M 4 K 07.5074) seien, anders als hier, die Prüfungsbedingungen im Hinblick auf die Belehrung über das Mitführen unzulässiger Hilfsmittel und die Aufforderung der Abgabe für alle Prüflinge gleich gewesen. Demgegenüber könne vorliegend dem Antragsteller kein Vorwurf des fahrlässigen Vergessens gemacht werden; seine objektive Chancengleichheit sei durch den unterschiedlichen Prüfungsablauf verletzt. Zur Frage des Nachteils wird darauf verwiesen, dass bei universitätsinternen Auswahlverfahren die Abiturdurchschnittsnote und auch die Note in dem zum Studienfach passenden Fächern in der ersten Stufe des Auswahlverfahrens berücksichtigt werde. Angesichts der guten Vornoten sei durchaus plausibel, dass der Antragsteller bei einer regelrecht durchgeführten Prüfung im Abiturprüfungsfach 3 14 Punkte und einen Notendurchschnitt von 1,3 hätte erreichen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
a) Der Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist zulässig. Insbesondere ist das Rechtsschutzziel des Antragstellers nicht durch Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses vom 21. Mai 2021 erreichbar, da diese nicht als Verwaltungsakt, der durch Widerspruch oder Anfechtungsklage angefochten werden könnte, ergangen ist. Die Bewertung einzelner schriftlicher Prüfungsarbeiten hat im allgemeinen keine selbständige rechtliche Bedeutung, sondern erst der abschließende Bescheid der Prüfungsbehörde mit der darin enthaltenen Feststellung des Prüfungsergebnisses. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Grunde – etwa wegen schlechter Leistungen oder wegen eines Täuschungsversuchs – die einzelne Prüfungsaufgabe mit null Punkten bewertet worden ist (BVerwG, B.v. 1.8.1994 – 6 B 64/93 – juris Rn. 7). Für eine Ausnahme von dieser Regel liegen keine Anhaltspunkte vor.
b) Der Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder wenn andere Gründe vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Vorliegend hat der Antragsteller im Hinblick auf die von ihm beabsichtigte fristgebundene Bewerbung für ein Studium und für Praktika einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (vgl. zu vorläufigen Abiturzeugnis BayVGH, B.v. 19.8.2004 – 7 CE 04.2058 – juris Rn. 15).
Vorliegend fehlt es jedoch an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat voraussichtlich keinen Anspruch, an einem Termin zur Nachholung der schriftlichen Prüfung im Abiturprüfungsfach 3 teilzunehmen und unter Berücksichtigung der dort erbrachten Leistung ein vorläufiges Abiturzeugnis zu erhalten.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Nachholung der schriftlichen Prüfung ist § 43 Abs. 2 Satz 1 Gymnasialschulordnung (GSO) vom 23. Januar 2007 (GVBl. S. 68, BayRS 2235-1-1-1-K), zuletzt geändert durch § 6 der Verordnung vom 22. Juni 2020 (GVBl. S. 335, 406). Danach können Schülerinnen und Schüler, die an der Abiturprüfung in allen oder einzelnen Fächern infolge eines nicht von ihnen zu vertretenden Grundes nicht teilnehmen konnten, die Abiturprüfung oder die nicht abgelegten Teile der Prüfung mit Genehmigung der oder des Ministerialbeauftragten nachholen. Ein vorzeitiger Abbruch eines Teils der Abiturprüfung ist zwar in § 43 Abs. 2 Satz 1 GSO nicht ausdrücklich genannt; angesichts der Vergleichbarkeit des Sachverhalts ist § 43 Abs. 2 Satz 1 GSO auf diesen Fall aber zumindest entsprechend anzuwenden.
Die Voraussetzungen für eine Nachholung nach § 43 Abs. 2 Satz 1 GSO liegen nicht vor.
Von einem nicht zu vertretenden Grund für den Abbruch der schriftlichen Prüfung im Abiturprüfungsfach 3 wäre hier dann auszugehen, wenn die Schule zu Unrecht die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO angenommen und die Prüfung des Antragstellers abgebrochen hätte. Das Vorgehen der Schule ist jedoch voraussichtlich nicht zu beanstanden.
aa) In formeller Hinsicht bestehen gegen die Entscheidung keine Bedenken, da der nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 GSO zuständige Prüfungsausschuss über die Sanktion des § 57 Abs. 1 Satz 1 GSO entschieden hat.
bb) Die materiellen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO liegen hier vor.
(1) Bedient sich eine Schülerin oder ein Schüler unerlaubter Hilfe oder macht den Versuch dazu (Unterschleif), so wird die Arbeit mit 0 Punkten bewertet (§ 57 Abs. 1 Satz 1 GSO). Nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO gilt als Versuch auch das Bereithalten nicht zugelassener Hilfsmittel nach Beginn der Prüfung.
Für das nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO dem Versuch gleichgestellte Bereithalten ist nicht erforderlich, dass der Prüfling überhaupt Anstalten gemacht oder Gelegenheit haben muss, dieses Hilfsmittel zu nutzen (Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 229; BayVGH, B.v. 11.3.2008 – 7 B 07.612 – juris Rn. 10 zu Spickzettel in verschlossenem Federmäppchen; VG Schwerin, U.v. 8.2.2019 – 4 A 3452/17 SN – juris Rn. 31 ff. zum Besitz eines Mobiltelefons vor Beginn der Bearbeitungszeit, aber nach der letzten Aufforderung, dieses abzugeben).
Nach dem Wortlaut („Bereithalten“) muss diesbezüglich zumindest bedingter Vorsatz des Prüflings vorliegen (vgl. allgemein Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 230). Hierfür spricht auch der systematische Zusammenhang mit § 57 Abs. 1 Satz 1 GSO, der ein „Sichbedienen“ bzw. einen Versuch verlangt, was nach dem Wortlaut zumindest bedingten Vorsatz voraussetzt; es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Fall des § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO, der dem Versuch gleichgestellt wird, anders als dieser keinen Vorsatz voraussetzt. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Vergleich mit § 11 Abs. 1 Satz 3 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) vom 13. Oktober 2003 (GVBl. S. 758, BayRS 2038-3-3-11-J), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. Februar 2021 (GVBl. S. 82), wonach – anders als bei § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO – allein der Besitz nicht zugelassener Hilfsmittel einen Unterschleif darstellt, sofern die betroffenen Prüfungsteilnehmer nicht nachweisen, dass der Besitz „weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit“ beruht; die von den Beteiligten zu den subjektiven Voraussetzungen zitierte Rechtsprechung (VG München, U.v. 22.2.2008 – M 4 K 07.5074; vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2011 – 7 ZB 10.2819 – juris Rn. 13 ff.) betrifft § 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO und lässt sich auf § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO nicht übertragen.
Die Beweislast hierfür liegt bei Schule als Prüfungsbehörde. Der Nachweis sowohl der objektiven als auch der subjektiven Voraussetzungen einer Täuschungshandlung ist über die Regeln des Anscheinsbeweises möglich (OVG NW, B.v. 16.2.2021 – 6 B 1868/20 – juris Rn. 8). Für die Anwendung des Beweises des ersten Anscheins müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss die nachzuweisende Tatsache auf einen typischen Sachverhalt gestützt werden können, der aufgrund allgemeinen Erfahrungswissens zu dem Schluss berechtigt, dass die Tatsache vorliegt. Zum anderen dürfen keine tatsächlichen Umstände gegeben sein, die ein atypisches Geschehen im Einzelfall ernsthaft möglich erscheinen lassen (BVerwG, B.v. 23.1.2018 – 6 B 67/17 – juris Rn. 6 m.w.N.). Hierzu genügt nicht schon der Hinweis auf einen möglichen anderen typischen Geschehensablauf. Vielmehr muss der Prüfungsteilnehmer auch dartun, dass dieser andere Geschehensablauf ernsthaft in Betracht kommt (OVG NW, B.v. 11.10.2011 – 14 A 2726/09 – juris Rn. 5).
(2) Vorliegend ist unstreitig, dass es sich bei dem Mobiltelefon des Antragstellers um ein unerlaubtes Hilfsmittel handelt. Weiter ist unstreitig, dass der Antragsteller dieses nach Beginn der Prüfung bei sich hatte. Dem Antragsteller war auch bekannt, dass ein Mobiltelefon ein nicht zugelassenes Hilfsmittel ist. Er ist hierzu am 21. April 2021 bei der Vollversammlung der Q12 im Wege einer Präsentation dahingehend belehrt worden, dass bereits das Mitführen eines ausgeschalteten Mobiltelefons den Tatbestand des versuchten Unterschleifs erfülle, und dass Handys und digitale Speichermedien zu Hause zu lassen oder bei der Gangaufsicht abzugeben seien. Das verteilte „Merkblatt zur Abiturprüfung“ enthält denselben Hinweis sowie die Aufforderung, ausgeschaltete digitale Speichermedien, Mobiltelefone und Smartuhren bei Betreten des Prüfungsraums in der dafür vorgesehenen Kiste bei der Aufsicht abzugeben (dort S. 4, 4.2, 3. Spiegelstrich). Zusätzlich war er bei den beiden vorangegangenen schriftlichen Prüfungen zur Abgabe des Mobiltelefons vor Prüfungsbeginn aufgefordert worden. Dass ein Mobiltelefon bei schulischen Prüfungen als unerlaubtes Hilfsmittel anzusehen ist, beschränkt sich im Übrigen nicht auf die Abiturprüfung.
(3) Der bedingte Vorsatz des Antragstellers hinsichtlich des Bereithaltens des unzulässigen Hilfsmittels ergibt sich in Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises.
Bereits das Mitführen eines unzulässigen Hilfsmittels an sich stellt eine Tatsache dar, bei deren Feststehen der erste Anschein für den notwendigen Vorsatz bezüglich des Bereithaltens spricht. Jedem Prüfungsteilnehmer ist bekannt, dass das Auffinden eines unzulässigen Hilfsmittels in einer Prüfung zu Sanktionen führen kann. Jeder Prüfling wird daher darauf bedacht sein, unzulässige Hilfsmittel aus seinem direkten Umfeld zu entfernen. Befindet sich dennoch ein unzulässiges Hilfsmittel in seinem Besitz, ist von einem bewussten Mitführen auszugehen (OVG NW, B.v. 16.2.2021 – 6 B 1868/20 – juris Rn.10; VG Düsseldorf, U.v. 30.10.20128 – 2 K 2519/18 – juris Rn. 42, jeweils zu Mobiltelefon; VG Augsburg, U.v. 30.1.2007 – Au 3 K 06.1306 – juris Rn. 23).
(a) Mit seinem Vortrag, er habe das Mobiltelefon nicht bewusst bei sich behalten, sondern habe lediglich, weil er den Warnhinweis der Prüfungsaufsicht verpasst und die Kiste mit den eingesammelten Mobiltelefonen der Mitschüler nicht gesehen habe, vergessen, dieses abzugeben, kann der Antragsteller diesen Beweis des ersten Anscheins nicht entkräften. Ein atypischer Geschehensablauf ist damit nicht ernsthaft dargetan.
(aa) Was die Abwesenheit des Antragstellers bei der Aufforderung zur Abgabe von Mobiltelefonen im Prüfungsraum anbelangt, so setzt die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises für die subjektiven Voraussetzungen bezüglich des Bereithaltens keine unmittelbar vor Prüfungsbeginn erfolgende nochmalige Erinnerung, Belehrung oder Aufforderung zur Abgabe dennoch mitgebrachter unerlaubter Hilfsmittel voraus. Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf die einem Prüfling gewohnte ständige Mitnahme eines Mobiltelefons im Hinblick auf dessen vielfältige andere Nutzungsmöglichkeiten. Es besteht keine Notwendigkeit, ein unzulässiges Hilfsmittel wie ein Mobiltelefon überhaupt zur Prüfung mitzubringen, erst recht nicht, dieses mit an den Arbeitsplatz zu nehmen. Die Prüfungsteilnehmer werden im Vorfeld der Abiturprüfung ausführlich über unzulässige Hilfsmittel belehrt; sie haben daher ausreichend Gelegenheit, Überlegungen hinsichtlich der Frage der Mitnahme bzw. rechtzeitigen Abgabe eines Mobiltelefons am Prüfungstag anzustellen. Von einem Abiturienten wie dem Antragsteller ist zu erwarten, dass er in der Lage ist, Vorkehrungen zu treffen, um zu Prüfungsbeginn keine unzulässigen Hilfsmittel bei sich zu haben. Auch bei einem Mobiltelefon stellt daher allein das Mitführen an sich eine Tatsache dar, bei deren Feststehen der erste Anschein für den notwendigen Vorsatz spricht.
(bb) Der Vortrag des Antragstellers, bei der Aufforderung zur Abgabe des Mobiltelefons wegen eines Toilettengangs nicht zugegen gewesen zu sein, ist auch nicht geeignet, einen atypischen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen zu lassen. Wäre der Antragsteller bei der Aufforderung zur Abgabe des Mobiltelefons im Prüfungsraum gewesen, wäre sein Vortrag, die Abgabe lediglich vergessen zu haben, schlichtweg kaum nachvollziehbar. Hieraus folgt allerdings nicht im Umkehrschluss, dass allein die Abwesenheit des Antragstellers bei dieser Aufforderung ein bloßes Vergessen der Abgabe ernsthaft möglich erscheinen lässt. Wie oben ausgeführt, ist bei einem Prüfungsteilnehmer grundsätzlich davon auszugehen, dass er selbst darauf bedacht ist, unzulässige Hilfsmittel aus seinem unmittelbaren Umfeld zu entfernen. Es erscheint angesichts der drastischen Konsequenzen wenig überzeugend, dass ein Abiturient sich bei seinen Vorkehrungen zur Vermeidung des Mitführens unzulässiger Hilfsmittel allein darauf verlässt, in letzter Minute vor Prüfungsbeginn noch einmal an die Abgabe unzulässiger Hilfsmittel erinnert zu werden.
(cc) Vorliegend ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass der Antragsteller im Prüfungsraum durch besondere Umstände gehindert oder abgelenkt gewesen wäre, sein Mobiltelefon vor Beginn der Prüfung abzugeben. Zur Ankunft im Prüfungsraum (vor dem ersten Toilettengang) und zur Einnahme seines Arbeitsplatzes trägt der Antragsteller nichts vor. Allerdings haben sich nach der bei der Vollversammlung gezeigten Präsentation und dem Merkblatt zur Abiturprüfung die Prüfungsteilnehmer spätestens 15 Minuten vor Prüfungsbeginn zum Prüfungsraum zu begeben. Es besteht damit ausreichend Gelegenheit, gedanklich noch einmal durchzugehen, ob alle Vorbereitungen getroffen und etwa noch vorhandene unzulässige Hilfsmittel abgegeben sind.
Weiter erscheint wenig überzeugend, dass der Antragsteller weder bei Ankunft im Prüfungsraum und Vorbereitung seines Arbeitsplatzes in der ersten Reihe die (zu diesem Zeitpunkt nach Angaben der Schule am Pult) bereitstehende, beschriftete Kiste wahrgenommen hat noch beim Setzen im Prüfungsraum und beim (zweimaligen) Gang zur Toilette das unmittelbar in der Hosentasche getragene Mobiltelefon bemerkt hat.
(b) Auch mit dem Hinweis des Antragstellers auf das ohne weiteres sichtbare Tragen des Mobiltelefons in der Hosentasche ist ein atypischer Geschehensablauf nicht ernsthaft dargetan. Das durch die Aufsichtspläne der Schule glaubhaft gemachte Entdecken eines „Gegenstands“ in der Hosentasche des Antragstellers durch die Gangaufsicht lässt bereits nicht den Schluss zu, dass das in der Hosentasche getragene Mobiltelefon für Dritte sehr gut sichtbar war. Aus dem Tragen eines Mobiltelefons in der Hosentasche allein dürfte sich kaum etwas zur Frage des fehlenden Vorsatzes ableiten lassen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 30.10.2018 – 2 K 2519/18 – juris zu Unterschleif bei einem in der Hosentasche mitgeführten Mobiltelefon).
(4) Die Wertung des Sachverhalts als Unterschleif nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO begegnet auch keinen Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Chancengleichheit nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Es verletzt nicht den Grundsatz der Chancengleichheit, dass der Antragsteller nicht nach seiner Rückkehr in den Prüfungsraum vor Prüfungsbeginn eigens zur Abgabe seines Mobiltelefons aufgefordert wurde. Der Antragsteller ist im Wege der Vollversammlung und der über „Mebis“ bereitgestellten Informationen zu den unzulässigen Hilfsmitteln in gleicher Weise wie alle anderen Prüfungsteilnehmer hierzu informiert worden. Ebenso war der Antragsteller auf gleichem Weg informiert worden, dass er sich spätestens 15 Minuten vor Prüfungsbeginn im Prüfungsraum einzufinden habe. Dass der Antragsteller kurz vor Prüfungsbeginn den Prüfungsraum verließ und nicht in dem Moment zugegen war, in dem durch Hinhalten oder Herumreichen der Kiste noch ein letztes Mal an die Abgabe der Mobiltelefone erinnert wurde, ist nicht der Schule zuzurechnen.
Soweit der Antragsteller geltend macht, durch den entgegen der üblichen Praxis zu seinen Ungunsten an ihn nicht erfolgten Hinweis und das ihm gegenüber nicht erfolgte Einsammeln des Mobiltelefons habe er das Abgeben vergessen und sei gegenüber seinen Mitprüflingen in seinem Anspruch auf Gleichbehandlung verletzt, ist dem zu entgegnen, dass vorliegend kein Abweichen der Schule von der üblichen Praxis ersichtlich ist; lediglich der Antragsteller hat bei dieser Prüfung kurz vor Prüfungsbeginn den Prüfungsraum verlassen. Besondere Umstände, die aus Fürsorgegründen ausnahmsweise eine gezielte Ansprache des zurückgekehrten Antragstellers gebieten würden, sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Sanktion nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO ist vorliegend nicht unverhältnismäßig. § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO steht unter dem Vorbehalt, dass die Vorschrift in jedem Einzelfall in einer den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügenden Weise ausgeübt wird. Insbesondere bei nicht als Ermessensnorm gefassten Regelungen zum Unterschleif kommt der Verhältnismäßigkeitsprüfung dabei eine Korrektivfunktion bei der Auslegung des Tatbestands zu (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2012 – 6 C 19/11 – juris Rn. 27).
Vorliegend sind allerdings keine Aspekte ersichtlich, die unter Verhältnismäßigkeitsaspekten ein Abweichen von der vorgesehenen Rechtsfolge der Bewertung mit null Punkten verlangen. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass es sich bei dem Mobiltelefon um einen in Schülerkreisen vielfältig genutzten Alltagsgegenstand handele, ist zu berücksichtigen, dass Mobiltelefone gleichzeitig sehr weitgehende Möglichkeiten des Unterschleifs bieten. Ein Absehen von Sanktionen bei Mitführen eines Mobiltelefons in allen Fällen, in denen der subjektive Tatbestand im Wege des Anscheinsbeweises belegt wird, kommt vor diesem Hintergrund im Hinblick auf den Grundsatz der Chancengleichheit nicht in Betracht.
Die Schule hat dem Umstand, dass Mobiltelefone zu den Alltagsgegenständen zählen, durch ausführliche mündliche und schriftliche Hinweise auf die Folgen eines mitgeführten Mobiltelefons Rechnung getragen. Weitergehende Maßnahmen seitens der Schule zur Verhinderung eines versehentlichen Mitnehmens sind auch unter Verhältnismäßigkeitsaspekten nicht erforderlich.
Die Tatsache, dass die Schule vorliegend unmittelbar vor Prüfungsbeginn durch Hinhalten oder Herumreichen der Kiste noch einmal auf die Abgabe der Mobiltelefone hingewiesen hatte und der Antragsteller dabei nicht zugegen war, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Sanktion des § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO. Denn die Annahme eines Unterschleifs nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO setzt, wie oben ausgeführt, eine derartige Erinnerung kurz vor Prüfungsbeginn nicht voraus.
cc) Da die Bewertung der Prüfungsleistung des Antragstellers mit null Punkten nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GSO voraussichtlich nicht zu beanstanden ist, besteht voraussichtlich auch kein Anspruch auf Nachholung der schriftlichen Prüfung im Abiturprüfungsfach 3 und Berücksichtigung der Nachholprüfung im Abiturzeugnis.
2. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2, Nr. 38.6 des Streitwertkatalogs.


Ähnliche Artikel


Nach oben