Strafrecht

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 13 Abs 1 GG durch Wohnungsdurchsuchung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen eines waffenrechtlichen Delikts – unzureichende Darlegungen zum subjektiven Tatbestand – Aufhebung des Nichtannahmebeschlusses in vorliegendem Verfahren vom 07.04.2011 aufgrund erfolgreicher Gegenvorstellung

Aktenzeichen  2 BvR 2674/10

Datum:
25.10.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Stattgebender Kammerbeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20111025.2bvr267410
Normen:
Art 13 Abs 1 GG
§ 93 Abs 2 BVerfGG
§ 93c Abs 1 S 1 BVerfGG
§ 102 StPO
§ 105 StPO
§ 80 Abs 5 VwGO
§ 52 Abs 1 Nr 2 Buchst b WaffG 2002
§ 52 Abs 1 Nr 2 Buchst c WaffG 2002
§ 52 Abs 3 Nr 2 Buchst a WaffG 2002
Spruchkörper:
2. Senat 3. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend LG Darmstadt, 14. Oktober 2010, Az: 3 Qs 629/10, Beschlussvorgehend AG Darmstadt, 27. Oktober 2009, Az: 25 Gs – 121 Js 48519/09, Beschlussvorgehend BVerfG, 7. April 2011, Az: 2 BvR 2674/10, Kammerbeschluss ohne Begründung

Tenor

Der Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2011 wird aufgehoben.
Der Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 14. Oktober 2010 – 3 Qs 629/10 – und der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 27. Oktober 2009 – 25 Gs – 121 Js 48519/09 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Darmstadt zurückverwiesen.

Gründe

A.
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine strafprozessuale Durchsuchungsanordnung für die Wohnräume des Beschwerdeführers.

I.
2
1. Der Beschwerdeführer ist Waffensammler. Mit Bescheid vom 23. März 2009 widerrief die zuständige Waffenbehörde die waffenrechtliche
Erlaubnis des Beschwerdeführers wegen fehlender Zuverlässigkeit. Dem Beschwerdeführer wurde aufgegeben, die Erlaubnisurkunden
unverzüglich, spätestens am 31. August 2009, zurückzugeben und die eingetragenen Waffen der Waffenbehörde zu übergeben oder
nachweislich unbrauchbar zu machen. Anderenfalls erfolge eine Einziehung und Verwertung der Waffen und der Munition. Der Beschwerdeführer
legte am 26. April 2009 Widerspruch ein und erhob sodann Anfechtungsklage. Darüber hinaus stellte er gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs. Für den Zeitraum bis zur Entscheidung über den Antrag
im vorläufigen Rechtsschutzverfahren sah die Behörde von der Vollziehung des Widerrufsbescheids ab.

3
2. In der Zeit vom 31. März 2009 bis zum 18. August 2009 erwarb der Beschwerdeführer unter Verwendung der ihm belassenen Sammler-Waffen-besitzkarten
zehn und veräußerte vier Schusswaffen. Er zeigte den jeweiligen Erwerb beziehungsweise Verkauf der Behörde an. Die Waffenbehörde
trug jeweils den gemeldeten Waffenerwerb beziehungsweise -verkauf in die Sammler-Waffenbesitzkarte ein. Am 29. September 2009
erstattete die Waffenbehörde Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und fügte die
jeweiligen Erwerbs- und Verkaufsanzeigen des Beschwerdeführers bei. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2009 beantragte die Staatsanwaltschaft
die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers.

4
3. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. Oktober 2009 ordnete das Amtsgericht die Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers
wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz (§ 52 Abs. 1 Nr. 2b und c, Abs. 3 Nr. 2a WaffG) an. Es sei zu erwarten,
dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde, nämlich erlaubnispflichtigen Waffen, Munition beziehungsweise
Sprengstoffen, die der Beschwerdeführer mutmaßlich in Besitz habe. Des Weiteren diene die Durchsuchung der Sicherstellung
von Kaufunterlagen über den mutmaßlichen Erwerb beziehungsweise Verkauf von Waffen in der Zeit nach dem Widerruf.

5
4. Die Durchsuchung fand am 1. und 2. Dezember 2009 statt.

6
5. Gegen den Durchsuchungsbeschluss legte der Beschwerdeführer am 23. August 2010 Beschwerde ein. Es hätte einer Durchsuchung
nicht bedurft, da die Waffenbehörde rechtswidrig die Eintragung in der Waffenbesitzkarte vorgenommen habe und der Besitz der
Waffen in den Akten der Waffenbehörde eingetragen sei. Die Behörde habe dem Beschwerdeführer rechtswidrig den Waffenerwerb
ermöglicht. Die Behörde habe auch nur die von ihr eingetragenen Waffen auffinden können.

7
6. Das Verwaltungsgericht lehnte am 27. August 2010 den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab und wies auch die
Klage des Beschwerdeführers ab.

8
7. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 14. Oktober 2010, dem Beschwerdeführer zugegangen am 22. Oktober 2010, verwarf das
Landgericht die Beschwerde. Der angefochtene Beschluss genüge den gesetzlichen Anforderungen. Aufgrund der Strafanzeige der
Behörde hätten zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass der Beschwerdeführer sich eines Verstoßes gegen
§ 52 Abs. 1 Nr. 2 b und c, Abs. 3 Nr. 2 a WaffG schuldig gemacht habe. Das Beschwerdevorbringen rechtfertige keine andere
Entscheidung. Die Durchsuchungsmaßnahmen hätten nicht nur dem Auffinden und Sicherstellen von Waffen als Beweismittel, sondern
auch der Sicherstellung der aufgefundenen Waffen zur Einziehung im Strafverfahren gemäß § 54 WaffG sowie der Sicherstellung
von Kaufunterlagen über den Erwerb beziehungsweise Verkauf von Waffen in der Zeit nach Widerruf der Waffenbesitzkarten gedient.

9
8. Am 17. April 2011 erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Beschwerdeführer Anklage beim Schöffengericht wegen mehrerer Verstöße
gegen das Waffengesetz.

II.
10
1. Der Beschwerdeführer rügt mit der Verfassungsbeschwerde die Verletzung von Art. 13 Abs. 1 GG. Er wendet sich gegen die
Annahme eines für die Durchsuchung ausreichenden Verdachtsgrads und macht in diesem Zusammenhang geltend, dass der Widerruf
der waffenrechtlichen Erlaubnis noch nicht bestandskräftig gewesen sei und die Verwaltungsbehörde sich bereit erklärt habe,
mit der Vollziehung bis zu einer Entscheidung im Eilverfahren zuzuwarten. Dies sei Staatsanwaltschaft und Polizei bekannt
gewesen. Der Beschwerdeführer habe im Vertrauen auf den Ausgang des Eilverfahrens beim Verwaltungsgericht noch weiterhin Gebrauch
von seiner Waffenbesitzkarte gemacht.

11
Ferner sei die Durchsuchungsmaßnahme nicht zur Beweiserhebung geeignet gewesen. Die Beweismittel seien der Behörde nicht nur
in der Sache bekannt, sondern von dem Beschwerdeführer bereits selbst zugänglich gemacht worden. Die Durchsuchung habe nichts
Neues zu Tage fördern können, da der Beschwerdeführer jeden Waffenerwerb der zuständigen Behörde vollständig und beweiskräftig
gemeldet habe. Der Durchsuchungsantrag hätte darlegen müssen, dass trotz der freiwilligen Herausgabe gerade der zusätzliche
Grundrechtseingriff in Form der Anordnung einer Durchsuchung geboten und verhältnismäßig ist, um Beweise zu sichern. In dem
vorliegenden Fall sei die Besonderheit zu berücksichtigen, dass aufgrund der § 10 Abs. 1a, § 23, § 34 Abs. 2 WaffG der Waffenverkehr
lückenlos dokumentiert und urkundlich erfasst sei. Der Beschwerdeführer habe die Meldevorschriften genau eingehalten. Ein
Verdacht, er hätte weitere Waffenankäufe unbekannt und ohne Meldung an die Behörde getätigt, habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.

12
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Behörde alle Erwerbsmeldungen und den nachfolgenden Waffenbesitz durch die
Eintragung in der jeweils vorgelegten Sammler-Waffenbesitzkarte legalisiert habe. Zu keinem Zeitpunkt habe sie den Beschwerdeführer
darauf hingewiesen, dass der Erwerb aus ihrer Sicht nicht statthaft sei.

13
Die Sicherstellung zum Zwecke der Einziehung sei keine tragfähige Erwägung, da es keinerlei Hinweise gegeben habe, dass der
Beschwerdeführer in der Vergangenheit versucht habe, Waffen vor Behörden zu verbergen. Zudem habe der Beschwerdeführer keine
Möglichkeit gehabt, die Waffen heimlich wegzuschaffen oder zu veräußern, da der Verkaufsweg durch die Meldepflichten von Käufer
und Verkäufer stets dokumentiert sei. Als milderes Mittel habe der Beschwerdeführer zunächst zur freiwilligen Herausgabe aufgefordert
werden müssen.

14
2. Die Original-Verfassungsbeschwerde ging beim Bundesverfassungsgericht am 23. November 2010 ein. Ein vorangegangener Eingang
der Verfassungsbeschwerde per Telefax – wie in der Verfassungsbeschwerde angegeben – wurde nach Prüfung des Faxbuches nicht
festgestellt. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nahm die Verfassungsbeschwerde mit Beschluss
vom 7. April 2011 nicht zur Entscheidung an, weil diese nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden sei. Der Beschwerdeführer
beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Glaubhaftmachung übersandte der Beschwerdeführer eine Ablichtung
seines Faxausgangsbuches vom 22. Novem-ber 2010. Im Rahmen einer Prüfung des Faxjournals des Bundesverfassungsgerichts wurde
sodann festgestellt, dass von dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 22. November 2010 um 17.36 Uhr ein 33-seitiges
– nicht mehr auffindbares – Telefax bei Gericht eingegangen war.

III.
15
Die Hessische Staatskanzlei hat über die Wiedergabe des Sachverhalts hinaus keine Stellungnahme abgegeben. Dem Bundesverfassungsgericht
haben die Akten 121 Js 48519/09 der Staatsanwaltschaft Darmstadt vorgelegen.

B.
16
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten
Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG
für eine stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 13 Absatz
1 GG hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer
in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG.

I.
17
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers ist als Gegenvorstellung gegen
den Nichtannahmebeschluss vom 7. April 2011 auszulegen (vgl. BVerfGE 19, 88 ), die unter den vorliegenden besonderen Umständen
auch begründet ist. Wenn nämlich die Rechtskraft einer Entscheidung aufgrund eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Einlegungs- und Begründungsfrist durchbrochen werden kann (vgl. § 93 Abs. 2 BVerfGG),
so muss dies erst recht möglich sein, wenn das Gericht seine bisherige Entscheidung in der unzutreffenden Annahme einer Fristversäumung
getroffen hat, die tatsächlich nicht vorliegt, und der Beschwerdeführer aus diesem Grunde eine Überprüfung begehrt.

18
2. Dementsprechend ist der Kammerbeschlusses vom 7. April 2011 aufzuheben.

II.
19
Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Die Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts verletzen den Beschwerdeführer
in seinem Recht aus Art. 13 Abs. 1 GG.

20
1.a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre
in räumlicher Hinsicht. Damit wird dem Einzelnen zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet.
In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden (vgl. BVerfGE 27, 1 ; 51, 97 ). In diese grundrechtlich
geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 96, 27 ; 103, 142 ).

21
b) Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße
Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderung liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe
für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 44, 353 ; 59, 95 ). Es ist zu verlangen, dass ein
dem Beschuldigten angelastetes Verhalten geschildert wird, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Die wesentlichen
Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden Verhaltens kennzeichnen, müssen berücksichtigt
werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. September 2006 – 2 BvR 1219/05 -, NJW 2007, S. 1443,
und vom 5. Mai 2008 – 2 BvR 1801/06 -, NJW 2008, S. 2422 ).

22
c) Die Durchsuchung bedarf vor allem einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss im Blick auf
den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck erfolgversprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung
und Verfolgung der vorgeworfenen Tat erforderlich sein; das ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel
zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke
des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 96, 44 ).

23
2. Weder die Begründung des Durchsuchungsbeschlusses noch die Beschwerdeentscheidung lassen erkennen, dass die von Verfassungs
wegen zu fordernden Voraussetzungen einer Wohnungsdurchsuchung gegeben waren.

24
Es ist nicht ersichtlich, dass die Fachgerichte in nachvollziehbarer Weise vom Vorliegen des subjektiven Tatbestandes des
Verstoßes gegen das Waffengesetz ausgegangen sind. Zum objektiven Tatbestand gehört unter anderem das Erwerben, Besitzen oder
Führen von Schusswaffen ohne die erforderliche Erlaubnis. Der Vorsatz des Täters muss sich mithin auf das Fehlen der erforderlichen
Erlaubnis erstrecken. Im vorliegenden Fall hätte für Amtsgericht und Landgericht Anlass bestanden, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen.
Die Ordnungsbehörde hat trotz des Entzugs der waffenrechtlichen Erlaubnis Erwerbs- und Veräußerungsanzeigen des Beschwerdeführers
entgegengenommen und eine Vielzahl von neu erworbenen Waffen auf dessen Waffenbesitzkarte eingetragen. Angesichts des Umstandes,
dass der Beschwerdeführer verpflichtet war, diese Waffenbesitzkarten unverzüglich, spätestens bis zum 31. August 2009, zurückzugeben,
erscheint es nicht nachvollziehbar, dass die Behörde den Beschwerdeführer nicht nur nicht darauf hingewiesen hat, dass er
nunmehr keine Waffen mehr erwerben darf, sondern diese auch noch eingetragen hat. Es erscheint daher nicht fernliegend, dass
der Beschwerdeführer bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von einer weiterbestehenden Erlaubnis ausgegangen
sein könnte. Dazu hätten sich die Fachgerichte jedenfalls verhalten müssen.

25
3. Ob das in den angegriffenen Beschlüssen geschilderte Verhalten des Beschwerdeführers einen anderen als den dort angegebenen
Tatbestand erfüllt, braucht nicht näher geprüft zu werden. Durchsuchungsbeschlüsse nach Art. 13 Abs. 2 GG, § 105 StPO müssen
den gesetzlichen Tatbestand, auf dessen Verwirklichung sich der Verdacht richtet, selbst benennen. Nur wenn der zur Kontrolle
des Eingriffs berufene Richter sich den in Frage kommenden Straftatbestand vergegenwärtigt, kann die Verhältnismäßigkeit vollständig
geprüft werden, weil die Zumutbarkeit des Eingriffs auch von der Schwere der vorgeworfenen Tat abhängt, für die die Strafdrohung
von wesentlicher Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. September 2006 – 2 BvR 1219/05
-, NJW 2007, S. 1443-1444). Vorliegend haben die Fachgerichte den Verdacht eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz
für gegebenen erachtet. Soweit – im Hinblick auf Zweifel am subjektiven Tatbestand – auch eine fahrlässige Tatbegehung (§
52 Abs. 4 WaffG) in Betracht käme, würde es jedenfalls an der erforderlichen gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung fehlen.
Denn bei einem vorsätzlichen Verstoß sieht § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis
zu fünf Jahren, bei der fahrlässigen Begehung jedoch lediglich eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe
als Strafdrohung vor.

III.
26
Die Entscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung beruht auf § 95 Abs. 2 BVerfGG.

IV.
27
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.


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