Aktenzeichen AN 10 S 18.01985
BayVwVfG Art. 49
Leitsatz
1. Zuverlässig iSd § 7 LuftSiG ist nur, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu tun. Der Betreffende muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen, selbst beim Inaussichtstellen von Vorteilen oder bei Androhung von Nachteilen die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs zu wahren und die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffen jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die durch die Begehung von Straftaten indizierte luftverkehrsrechtliche Unzuverlässigkeit einer Person kann nur durch Tatsachen widerlegt werden, die aufgrund einer Gesamtwürdigung von Verhalten und Persönlichkeit des Betroffenen die Straftat derart in den Hintergrund treten lassen, dass im Hinblick auf diese allein Zweifel an der Zuverlässigkeit nicht aufkommen können. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Verwirklichung des Regeltatbestandes nach § 7 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 LuftSiG genügt bereits ein einmaliges einschlägiges strafrechtlich sanktioniertes Fehlverhalten. Die Vermutung kann daher grundsätzlich nicht schon dann entkräftet sein, wenn der Betroffene strafrechtlich ansonsten nicht aufgefallen ist. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Klage gegen den Widerruf der Feststellung seiner Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG.
Der Antragsteller betreibt ein Transportunternehmen, welches ausschließlich Eiltransporte abwickelt. Dabei bedarf es zum Teil der Zuhilfenahme von Flugdienstleistungen, weshalb es im Rahmen einer raschen Abwicklung notwendig ist, das Flugvorfeld zu befahren.
Der Antragsteller erhielt am 16. Juli 2014 die Feststellung der Zuverlässigkeit des Luftamtes … und damit verbunden die Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich des Verkehrsflughafens … Mit Schreiben vom 5. Juli 2017 setzte das Bayerische Landeskriminalamt im Rahmen eines Nachberichts das Luftamt über vom Antragsteller begangene Straftaten in Kenntnis. Dieses leitete daraufhin eine erneute Zuverlässigkeitsüberprüfung gemäß § 7 LuftSiG ein. Den bekannt gegebenen Straftaten lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Antragsteller fuhr am 19. Februar 2017 dem Geschädigten unter mehrfacher Betätigung der Lichthupe über eine nicht unerhebliche Strecke von mindestens 4 Kilometern immer wieder so dicht auf, dass dieser im Rückspiegel das Kennzeichen des Fahrzeuges des Antragstellers nicht mehr lesen konnte. Der Antragsteller fuhr dabei Geschwindigkeiten zwischen 160 km/h und 200 km/h. Der Antragsteller handelte in der rechtswidrigen Absicht, den Geschädigten dazu zu bewegen, die Fahrspur zu wechseln oder zumindest schneller zu fahren. Nachdem der Geschädigte weder die Fahrspur wechselte noch schneller fuhr, fuhr der Antragsteller auf die Mittelspur neben das Fahrzeug des Geschädigten und zeigte dem Geschädigten und dessen Frau den Vogel. Der Antragsteller wurde deshalb wegen Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 120,00 EUR verurteilt (Urteil des Amtsgerichts … vom 25. Oktober 2017, Az. …, rechtskräftig seit 29. Juni 2018, nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts … vom 21. Juni 2018, Az. … Daraufhin wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Juli 2018 zu den bestehenden Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit angehört. Der Bevollmächtigte des Antragstellers erwiderte mit Schreiben vom 27. Juli und 27. August 2018, dass die Verurteilung nicht geeignet sei, an der Zuverlässigkeit des Antragstellers zu zweifeln. Der Antragssteller habe im Verlauf der Berufungsverhandlung dokumentiert, dass er für sein Fehlverhalten einstehen will, was gerade nicht auf eine Unzuverlässigkeit hindeute. In einer Gesamtschau aller privaten und beruflichen Lebensumstände sei eine Unzuverlässigkeit nicht angezeigt. Der Antragsteller habe bei dem Befahren von Flughafengeländen stets die erforderliche Sorgfalt und Achtsamkeit beachtet. Es sei nie zu Beeinträchtigungen gekommen. Ihm sei die Sensibilität betreffend die Sicherheit und Ordnung auf einem Flughafengelände bewusst und er wisse den Dienstleistungsvorsprung gegenüber anderen Spediteuren im Rahmen der Ausübung seiner selbstständigen gewerblichen Tätigkeit zu schätzen. Der Antragsteller habe seit Jahren beanstandungsfrei eine Kilometerleistung im sechsstelligen Bereich pro Jahr absolviert, ohne im Straßenverkehr auffällig gewesen zu sein. Eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit sei dem Antragsteller nie unterstellt worden. Er lebe in geordneten Verhältnissen und komme sämtlichen Verpflichtungen, etwa gegenüber dem Finanzamt oder seinen Unterhaltsverpflichtungen gewissenhaft und beanstandungsfrei nach. Der Vorfall basiere auf einem Augenblicksversagen während einer privaten Urlaubsfahrt, den er bedauere.
Mit Bescheid vom 11. September 2018, zugestellt am 13. September 2018, widerrief das Luftamt die am 16. Juli 2014 getroffene Feststellung der Zuverlässigkeit des Antragstellers (Ziffer 1) und entzog dem Antragsteller die Zutrittsberechtigung zu dem Sicherheitsbereich des Verkehrsflughafens … (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 wurde angeordnet (Ziffer 3). Dies wurde im Wesentlichen mit der zur Kenntnis gelangten Verurteilung wegen Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 120,00 EUR begründet. Es fehle in der Regel an der erforderlichen Zuverlässigkeit, wenn der Betroffene wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt worden ist. Umstände für eine Abweichung von der Regelvermutung des § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG seien nicht ersichtlich. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Tat mit einer hohen abstrakten Gefährlichkeit handele und der Antragsteller auf besonders leichtfertige Art und Weise gegen die ihm als Kraftfahrer obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme verstoßen habe, wodurch sich ein hohes Maß an Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit im Umgang mit Rechtsvorschriften, Verhaltenspflichten und Rechtsgütern Dritter zeige. Solche Verhaltensweisen könnten auch zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs mit weitreichenden Folgen führen. Aufgrund der nachträglich eingetretenen Tatsachen habe die Feststellung der Zuverlässigkeit nach Maßgabe des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG widerrufen werden können.
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2018 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid und beantragte zugleich:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid und die im Bescheid angeordnete sofortige Vollziehung wird angeordnet und wiederhergestellt.
Zur Begründung wurden im Wesentlichen die bereits im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Erwägungen wiederholt.
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 beantragte der Antragsgegner, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antragsteller begehrt nach Auslegung des gestellten Antrags (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf der Feststellung der Unzuverlässigkeit. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keine Aussicht auf Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Im vorliegenden Fall eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO stellt das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise dann wieder her, wenn das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erhebliche Bedeutung. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug regelmäßig überwiegt.
Nach der in diesem Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage liegen die Voraussetzungen des Widerrufs der Feststellung der Zuverlässigkeit nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG vor, so dass der Bescheid des Antragsgegners vom 11. September 2018 zu Recht ergangen ist.
Nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bei der Feststellung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers vom 16. Juli 2014 handelt es sich um einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt. Das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts … … vom 25. Oktober 2017, rechtskräftig seit 29. Juni 2018, nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts … vom 21. Juni 2018, durch das der Antragsteller wegen Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 120,00 EUR verurteilt wurde, stellt eine nachträgliche Tatsache dar, aufgrund derer der Antragsgegner berechtigt gewesen wäre, die Zuverlässigkeitsfeststellung nicht zu erlassen. Der Antragsteller genügt nicht den Anforderungen, die § 7 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs an Personen stellt, denen zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes eines Verkehrsflughafens gewährt werden soll.
Nach § 7 Abs. 1a Satz 1 LuftSiG ist die erforderliche Zuverlässigkeit aufgrund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles zu beurteilen. Zuverlässig im Sinne des § 7 LuftSiG ist nur, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutze der Sicherheit des Luftverkehrs zu tun. Der Betreffende muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen, selbst bei dem Inaussichtstellen von Vorteilen oder bei der Androhung von Nachteilen die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs zu wahren und die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffen, insbesondere vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten, jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Entsprechend den allgemeinen Regeln des Rechts der Gefahrenabwehr können umso strengere Anforderungen an die Zuverlässigkeit gestellt werden, je schutzwürdiger die Rechtsgüter sind, die gefährdet werden können, und je höher der mögliche Schaden ist. Wenn, wie bei Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, hochrangige Güter wie das Leben und die Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet werden, kann bereits die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadens ausreichen (BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 8 ZB 15.470, juris). Daher ist mit Blick auf die in Rede stehenden Rechtsgüter im Rahmen der Prüfung nach § 7 Abs. 1 LuftSiG ein strenger Maßstab anzulegen. Aus § 7 Abs. 6 LuftSiG ergibt sich, dass von der luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit nur ausgegangen werden kann, soweit keine Zweifel bleiben. Die Zuverlässigkeit ist also schon bei geringen Zweifeln zu verneinen, ohne dass sich hieraus Bedenken im Hinblick auf das Recht der Betroffenen aus Art. 12 GG ergeben (OVG NRW, B.v. 1.3.2018 – 20 B 1340/17, juris; BVerwG, U.v. 15.7.2004 – 3 C 33/03, juris noch zur Vorgängervorschrift des § 29d LuftVG).
§ 7 Abs. 1a Satz 2 LuftSiG enthält Regeltatbestände, bei deren Vorliegen die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Gemäß § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG fehlt es in der Regel an der Zuverlässigkeit, wenn der Betroffene wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt worden ist und seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind.
Das Regelbeispiel dokumentiert typischerweise begründete Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit und stellt mit der strafrechtlichen (Erst-)Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen auf einen geeigneten und angemessenen Anknüpfungspunkt ab. Denn die vorsätzliche Begehung einer Straftat erfordert einen bewussten und gewollten Rechtsverstoß und belegt damit die mangelhafte Einstellung des Täters gegenüber der Rechtsordnung. Zudem ist es bei einer wegen einer Straftat verhängten Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen mit Rücksicht auf die nach dem Strafgesetzbuch eröffneten Möglichkeiten, bestimmte Straftaten auch mit deutlich geringeren bzw. milderen Sanktionen strafrechtlich zu ahnden, für gewöhnlich ausgeschlossen, dass es sich bei einer entsprechend sanktionierten Straftat um ein bloßes Bagatelldelikt handelt (vgl. OVG NRW, B.v. 1.3.2018, a.a.O.).
Aufgrund seiner Verurteilung erfüllt der Antragsteller diesen Regeltatbestand luftverkehrsrechtlicher Unzuverlässigkeit. Seit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung am 29. Juni 2018 sind noch keine fünf Jahre verstrichen. Die Verurteilung wegen Nötigung und Beleidigung zu 80 Tagessätzen bietet genügend Anlass, an der charakterlichen Festigkeit des Antragstellers zu zweifeln und die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers in Frage zu stellen.
Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Verfehlung einen speziellen luftverkehrsrechtlichen Bezug hat (BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 8 ZB 15.470, juris). Das Gesetz fordert insoweit nur die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat und stellt im Übrigen nur auf das Strafmaß ab.
§ 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG erfordert im Übrigen auch die Berücksichtigung einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls, jedenfalls insoweit, dass besondere Umstände ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen. Die durch die Begehung von Straftaten indizierte luftverkehrsrechtliche Unzuverlässigkeit einer Person kann jedoch nur durch Tatsachen widerlegt werden, die aufgrund einer Gesamtwürdigung von Verhalten und Persönlichkeit des Betroffenen die Straftat derart in den Hintergrund treten lassen, dass im Hinblick auf diese allein Zweifel an der Zuverlässigkeit nicht aufkommen können (BayVGH, B.v. 12.7.2005 – 20 CS 05.1674, juris). Allerdings sind solche Zweifel regelmäßig nicht ausgeräumt, wenn die Schwere der Straftat mit der darin zum Ausdruck kommenden kriminellen Energie oder aber die in der Begehung einer Straftat gegebenenfalls zum Ausdruck kommende Steuerungsunfähigkeit in Stresssituationen eine weitere Würdigung von Verhalten und Persönlichkeit des Täters schlechterdings in den Hintergrund verdrängt (BayVGH, B.v. 12.7.2005, a.a.O.).
Solche Umstände legt der Antragsteller mit seinem Vortrag indes nicht dar.
Zum Vortrag, der Antragsteller habe zur Vermeidung einer sehr umfassenden weiteren Beweisaufnahme vor dem Landgericht … darauf verzichtet, den Sachverhalt weiter ausermitteln zu lassen und damit dokumentiert, für sein Fehlverhalten einstehen zu wollen, ist zunächst klarzustellen, dass der Sachverhalt, der in einem rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteil festgestellt wurde, der Entscheidung der Kammer ohne weitere Ermittlungen zugrunde zu legen ist, da keine gewichtigen Anhaltspunkte für dessen Unrichtigkeit sprechen (BVerwG, B.v. 28.9.1982 – 7 B 188.81, juris; BayVGH, B.v. 26.1.2016, a.a.O.). Es ist nicht Aufgabe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, den Strafprozess neu aufzurollen. Darüber hinaus kann allein aufgrund des Einstehens für ein Fehlverhalten nicht auf die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit geschlossen werden.
Keinen die Abweichung vom Regeltatbestand rechtfertigenden Umstand bedeutet es, dass strafrechtliche Voreintragungen nicht mehr aktuell bzw. nicht mehr vorhanden sind. Für die Verwirklichung des Regeltatbestandes nach § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG genügt bereits ein einmaliges einschlägiges strafrechtlich sanktioniertes Fehlverhalten. Die Vermutung kann daher grundsätzlich nicht schon dann entkräftet sein, wenn der Betroffene strafrechtlich ansonsten nicht aufgefallen ist. Zuzugeben ist zwar, dass es sich um eine einmalige Verfehlung handelt, dennoch liegt eine deutliche Verfehlung, nicht eine reine Bagatelle vor. Denn das gegen den Antragsteller ausgesprochen Strafmaß einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen liegt deutlich oberhalb der für die Regelvermutung der Zuverlässigkeit nach § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG vorgesehenen Schwelle einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen. Im Übrigen kommt es darauf, dass die abgeurteilte Straftat gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen ist, nicht an. Der Gesetzgeber selbst hat bei (Erst-)Verurteilungen eine Schwelle von 60 Tagessätzen festgelegt.
Dass der Antragsteller bislang ohne jegliche Vorkommnisse am Flughafen tätig war, vermag die bestehenden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers ebenfalls nicht auszuräumen. Denn ein beanstandungsfreies Verhalten am Arbeitsplatz ist nur das, was von jedem Arbeitnehmer oder selbstständig Tätigen als selbstverständlich verlangt wird. Ein besonderer Vertrauenstatbestand lässt sich daraus nicht ableiten (vgl. OVG NRW, B.v. 15.10.2004 – 20 B 1871/04, juris).
Auch die Einlassung des Antragstellers hinsichtlich seiner beruflichen und sozialen Stellung und sein bisheriges beanstandungsfreies Verhalten einschließlich der Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen gegenüber Finanzamt und Sozialversicherungsbehörden sowie seiner Unterhaltsverpflichtungen, kann nicht zu einer Abweichung vom Regeltatbestand führen. Denn die Erfüllung von Verpflichtungen ist nur das, was von jedem Bürger erwartet werden kann.
Im Übrigen greift der Vortrag, dass der Vorfall bereits 1,5 Jahre her ist und sich der Kläger danach beanstandungsfrei geführt hat, nicht durch. Nachdem die Verurteilung erst am 29. Juni 2018 in Rechtskraft erwachsen ist, kann auch der Umstand, dass der Antragsteller nicht mehr auffällig geworden ist, nicht zu einer neuen Beurteilung der angefochtenen Entscheidung führen. Der relativ kurze beanstandungsfreie Zeitraum bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses reicht nicht aus, um die sich aus den Gesamtumständen seiner Verurteilung ergebenden begründeten Zweifel auszuräumen. Zum anderen hat der Gesetzgeber die Zeitspanne, innerhalb der der Antragsteller nicht erneut strafrechtlich in Erscheinung treten darf, mit dem Regeltatbestand auf fünf Jahre festgesetzt.
Hinsichtlich des Vortrags, es handele sich bei dem Vorfall um ein Augenblicksversagen, was er bedauere, ist zu entgegnen, dass Augenblicksversagen eine besondere Art der Fahrlässigkeit, nämlich die nur leichte, nicht weiter vorwerfbare Fahrlässigkeit durch momentane Unaufmerksamkeit beschreibt (vgl. Hentschel/Krumm, Fahrerlaubnis, Alkohol, Drogen, 7. Aufl. 2018, Zweiter Teil, Rn. 588). Unter einem Augenblicksversagen kann daher nur ein sehr kurzfristiges Fehlverhalten verstanden werden. Dies ist hier nicht gegeben. Der Antragsteller wurde zu einer vorsätzlichen Nötigung in Tateinheit mit Beleidigung verurteilt, so dass keinesfalls von einer nur fahrlässigen Begehungsweise auszugehen ist. Der Antragsteller fuhr dem Geschädigten über eine Strecke von mindestens 4 Kilometern sehr dicht auf und überholte dann auf der Mittelspur den Geschädigten. Ein Augenblicksversagen ist bei dem hier vorliegenden Sachverhalt daher unter Berücksichtigung der Definition nicht denkbar. Anhaltspunkte für eine Sondersituation hat der Antragsteller nicht dargelegt.
Im Übrigen führt auch die Tatsache, dass dem Antragsteller keine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit vorgeworfen wurde, nicht zu einer Abweichung vom Regeltatbestand. Von einer Unzuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinne ist auszugehen, wenn ein Gewerbetreibender nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (vgl. nur BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14, juris). Dies zeigt bereits die unterschiedlichen Richtungen des Begriffs der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit, die streng zu differenzieren sind.
Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner ausführt, dass die Begehung der Straftat daran zweifeln lässt, dass der Antragsteller sich in Zukunft jederzeit rechtstreu verhalten wird und hinreichend Gewähr dafür bietet, die Belange des Luftverkehrs zu bewahren. Denn Straftatbestände kennzeichnen Kernforderungen der Rechtsordnung an die öffentliche Sicherheit. Mit seinem Fehlverhalten hat der Antragsteller dokumentiert, dass er sich auch an die strafbewehrten Regelungen nicht hält, wobei das Strafrecht die zentralen Regelungen für das Zusammenleben in einer Gesellschaft umreißt. Das Fehlverhalten zeigt eine charakterliche Schwäche des Antragstellers, vorliegend wohl von Spontanität, gegebenenfalls verbunden mit einem gewissen Maß an Emotionen im Straßenverkehr, geprägt, zeigt jedoch, dass der Antragsteller nicht in der Lage ist, jederzeit selbstbeherrscht zu agieren. Bei der Tat handelt es sich um eine Tat mit hoher abstrakter Gefährlichkeit, wobei auch ein hohes Maß an Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit des Antragstellers im Umgang mit Rechtsvorschriften, Verhaltenspflichten und Rechtsgütern Dritter zum Ausdruck kommt. Das Verhalten des Antragstellers lässt auf eine fehlende Steuerungsfähigkeit in gewissen Situationen, u.a. im Straßenverkehr, schließen und zeugt von persönlicher und charakterlicher Schwäche und lässt daher befürchten, dass er seine Pflichten im Luftverkehr seinen eigenen Interessen nachordnen könnte.
Nach alledem ist daher nicht davon auszugehen, dass die vom Antragsteller begangene Straftat derart in den Hintergrund tritt, dass im Hinblick darauf Zweifel an der Zuverlässigkeit nicht hätten aufkommen können.
Deshalb ist mit der Regelvermutung des § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG nicht mehr von der Zuverlässigkeit des Antragstellers auszugehen. Die Behörde durfte daher im öffentlichen Interesse die Feststellung der Zuverlässigkeit widerrufen. Ohne den Widerruf wäre das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Luftverkehrs gefährdet. Es folgt aus der Tatsache, dass das Luftsicherheitsgesetz hohe Schutzgüter absichert und die zivile Luftfahrt von einem großen Teil der Allgemeinheit genutzt wird.
Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat die widerstreitenden Interessen im Ergebnis gegeneinander abgewogen und letztendlich zu Recht ausgeführt, dass selbst unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers der Widerruf der Zuverlässigkeit zu erfolgen hat, weil die Interessen an der Sicherheit des Luftverkehrs höher zu gewichten sind als die persönlichen Belange des Antragstellers.
Da auch die Jahresfrist nach Art. 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. mit Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG eingehalten ist, liegen auch die übrigen Voraussetzungen des Widerrufs vor.
Da der Widerruf der Feststellung der Zuverlässigkeit rechtmäßig erfolgte, hat dies zur Folge, dass die Entziehung der Zutrittsberechtigung für den Sicherheitsbereich des Verkehrsflughafens … gemäß §§ 7 Abs. 6, 10 Satz 1 LuftSiG ebenfalls rechtmäßig ist.
Schließlich ist die sofortige Vollziehung auch im öffentlichen Interesse geboten. Angesichts der in Rede stehenden Gefahren, die von unzuverlässigen Personen im sicherheitsempfindlichen Bereich eines Flughafens ausgehen, tritt das private bzw. berufliche Interesse des Antragstellers hinter den öffentlichen Sicherheitsinteressen zurück. Die Begründung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid vom 11. September 2018 genügt insofern den formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Angesichts der überragenden Bedeutung der Luftsicherheit ist ausreichend, die typische Interessenlage dieser Fallgruppe aufzuzeigen und auszuführen, dass Personen, die nicht die gemäß § 7 LuftSiG erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, am Betreten des Sicherheitsbereichs gehindert werden bzw. keine sicherheitssensiblen Tätigkeiten ausführen sollen, da nicht auszuschließen ist, dass von einer unzuverlässigen Person eine Gefahr für den Luftverkehr ausgeht.
Der Antrag war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung basiert auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 26.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung des Jahres 2013.