Strafrecht

Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis wegen strafrechtlicher Verurteilung

Aktenzeichen  M 7 K 19.1993

Datum:
29.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 19506
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 48, Art. 51
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b, § 41, § 45 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Für § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WaffG ist die Verurteilung durch einen Strafbefehl ausreichend. Weiterhin ist es ausreichend, dass das sich das Strafmaß aus einer Gesamtstrafe ergibt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b WaffG in der Person des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis vor, so folgt daraus zwingend, dass diese Person die für eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Behörde darf sich auch auf die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts stützen. Sie darf grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben, dass die Behörde allenfalls in Sonderfällen die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Soweit das Klagebegehren des Klägers darauf gerichtet sein sollte, lediglich eine Verpflichtung des Beklagten zum Erlass eines förmlichen – auch ablehnenden – Bescheids in Bezug auf seinen Antrag vom 19. Februar 2019 auf Rücknahme des Bescheids vom 21. Januar 2019 zu erreichen, was der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, dürfte die Klage bereits mangels erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sein.
Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts, ob durch Klage oder Antrag, ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klagemöglichkeiten brauchen die Gerichte nicht zur Verfügung zu stehen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO 15. Aufl. 2019, Vor §§ 40-53 Rn. 11). Der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb er neben der von dem Landratsamt bereits zuletzt mit Schreiben vom 11. April 2019 erfolgten und auch sachlich begründeten Ablehnung seines Antrags auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids vom 21. Januar 2019 eine nochmalige Ablehnung in Gestalt eines förmlichen Bescheids benötigen sollte. Im Übrigen wäre auch sonst nicht ersichtlich, wie der Kläger seine Rechtsposition durch einen solchen förmlichen Bescheid verbessern könnte.
Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich des bestandskräftigen Widerrufsbescheids vom 21. Januar 2019 auf der Grundlage von Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG. Auch die Ermessensentscheidung des Landratsamts, das Verfahren nicht im Ermessenswege gemäß Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG i.V.m. Art. 48, 49 BayVwVfG wiederaufzugreifen, ist unter Beachtung des nach § 114 VwGO eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsrahmens nicht zu beanstanden.
Eine Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil kein Wiederaufgreifensgrund im Sinne von Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG ersichtlich ist. So hat sich weder die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Klägers geändert noch liegen neue Beweismittel vor, die eine dem Kläger günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Auch Wiederaufnahmegründe für eine Restitutionsklage entsprechend § 580 ZPO sind nicht gegeben. Insbesondere handelt es sich bei dem Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamts vom 4. Juni 2018 um kein neues Beweismittel. Gleiches gilt hinsichtlich der Zeugenaussage des Sohnes des Klägers vom 20. Juli 2017. Beide Beweismittel waren bereits Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens. So war der Sohn des Klägers bereits in dem Übergabebericht der Polizeiinspektion E. vom 21. Juli 2017 als Zeuge benannt (vgl. Akte der Staatsanwaltschaft, Bl. 9) und seine Angaben waren bereits Gegenstand des Strafverfahrens (vgl. dort Bl. 24 f.).
Unabhängig von einer Aufhebung nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG kommt grundsätzlich eine Aufhebung nach Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG i.V.m. Art. 48 und 49 BayVwVfG in Betracht. Die Möglichkeit der Behörde zum Wiederaufgreifen im weiteren Sinne korrespondiert mit einem gerichtlich einklagbaren Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ausübung dieses Ermessens durch die Behörde, insbesondere dann, wenn die Wiederaufgreifensgründe des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG nicht vorliegen.
Allein die von dem Kläger behauptete Rechtswidrigkeit der Ausgangsentscheidung kann jedoch keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen im weiteren Sinne und Aufhebung dieser Entscheidung begründen, da die Rechtswidrigkeit der Ausgangsentscheidung erst die Voraussetzung für die Ermessensausübung ist. Es kann hier demnach offen bleiben, ob der Beklagte sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, da eine Ermessensentscheidung mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG – Vorliegen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts – bereits aus diesem Grund nicht in Betracht kommt (vgl. auch BayVGH, B.v. 15.2.2016 – 3 ZB 14.1329 – juris Rn. 4 f.).
Die Verfügungen in dem Bescheid vom 21. Januar 2019, insbesondere der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse und das Waffenbesitzverbot, sind rechtmäßig.
Der in Nr. I. des Bescheids angeordnete Widerruf der Waffenbesitzkarten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG ist rechtmäßig. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarte, nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG Personen nicht, die rechtskräftig verurteilt worden sind wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Dabei ist die Verurteilung durch einen Strafbefehl ausreichend (vgl. OVG NW, B.v. 6.4.2005 – 20 B 155/05 – juris; VG Bayreuth, U.v. 27.9.2007 – B 1 K 07.464 – juris Rn. 18 VG Saarlouis, U.v. 15.12.2009 – 1 K 50/09 – juris Rn. 56 m.w.N.). Weiterhin ist es ausreichend, dass das sich das Strafmaß aus einer Gesamtstrafe ergibt (vgl. VG Bayreuth, U.v. 27.9.2007 – B 1 K 07,464 – juris Rn. 18; VG Saarlouis, U.v. 15.12.2009 – 1 K 50/09 – juris Rn. 57 m.w.N.). Liegen – wie hier – die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG in der Person des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis vor, so folgt daraus zwingend, dass diese Person die für eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 21 ZB 15.1908 – juris Rn. 11).
In Bezug auf die in der Regel anzunehmende Unzuverlässigkeit (vgl. die Tatbestände unter § 5 Abs. 2 WaffG) ist anerkannt, dass das Gesetz auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen bestimmter Straftaten abstellt. Die Anwendung dieser gesetzlichen Tatbestände erfordert daher keine Prüfung der Behörde, ob der Betroffene tatsächlich eine Straftat begangen hat. Indem es eine rechtskräftige Verurteilung voraussetzt, will das Gesetz sichern, dass die behördliche Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auf tragfähiger Grundlage erfolgt. Das gerichtliche Strafverfahren, in dem der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und im Zweifel zugunsten des Betroffenen zu entscheiden ist, bietet dafür eine besondere Gewähr. Daraus folgt, dass sich die Behörde auch auf die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts stützen darf. Sie darf grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben danach, dass die Behörde allenfalls in Sonderfällen die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (st. Rspr. BVerwG, vgl. B.v. 22.4.1992 – 1 B 61/92 – juris Rn. 6; B.v. 21.7.2008 – B 12/08 – juris Rn. 5; vgl. auch st. Rspr. BayVGH, z.B. B.v. 5.7.2017 – 21 CS 17.856 – juris Rn. 10). Diese Grundsätze gelten auch im Fall eines Strafbefehlsverfahrens (st. Rspr. BVerwG, vgl. U.v. 13.12.1994 – 1 C 31/92 – juris Rn. 30; U.v. 16.10.1995 – 1 C 32/94 – juris Rn. 13; vgl. auch st. Rspr. BayVGH, z.B. B.v. 31.10.2012 – 21 ZB 12.1340 – juris Rn. 8).
Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Grundsätze gleichermaßen auch auf die Tatbestände der zwingenden Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 WaffG anzuwenden sind (offen gelassen in BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 21 ZB 15.1908 – juris Rn. 12). Jedenfalls bestehen vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verurteilung des Klägers auf einem Irrtum beruhen könnte oder dass die Waffenbehörde ausnahmsweise in der Lage wäre, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären.
Sowohl die Aussage des Sohnes des Klägers als auch das Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamts vom 4. Juni 2018 waren bereits Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens. Aus dem Gutachten folgt auch nicht, dass der Kläger die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hätte, da darin ausdrücklich festgestellt wurde, dass ein Ausschluss der Waffe als Verfeuerungswaffe keinesfalls möglich sei. Der Kläger bzw. seine Bevollmächtigten haben den Einspruch im Folgenden noch vor Durchführung des weiteren, bereits für den 29. September 2018 geladenen Hauptverhandlungstermins zurückgenommen. Allein daher kam es auch zu keiner weitergehenden strafgerichtlichen Würdigung seiner Einwände hinsichtlich einer Notwehr- bzw. Nothilfesituation in einer Hauptverhandlung bzw. in einem Urteil. Es ist jedoch Sache eines jeden Angeklagten bzw. Beschuldigten, entlastende Umstände im Strafverfahren vollständig vorzutragen bzw. auch auf der Vernehmung von Zeugen zu bestehen. So hätte auch mittels eines Beweisantrags versucht werden können, eine (erneute) Ladung der vom Kläger benannten Zeugin zu erreichen. Hierzu lässt sich auch der Strafakte entnehmen, dass bereits vor dem ersten Hauptverhandlungstermin am 1. Februar 2018 ein entsprechender Beweisantrag (vgl. dort Bl. 130) gestellt und die Zeugin daraufhin zu diesem Termin geladen wurde (vgl. dort Bl. 132). Was der Kläger seinem Vortrag zufolge offenbar im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erreichen möchte, würde auf ein „Wiederaufrollen des Strafprozesses“ hinauslaufen. Dies widerspräche aber ersichtlich dem Zweck des Gesetzes, das – wegen der Gefährlichkeit von Waffen und damit aus Sicherheitsgründen – gerade nicht darauf abstellt, weshalb ein Strafausspruch in bestimmter Höhe verhängt wurde und wie die Verurteilung zustande kam. Allenfalls offensichtliche Fehlurteile kann und darf die waffen- bzw. jagdrechtlich zuständige Behörde selbst abweichend würdigen, sie muss nur in Ausnahmefällen weitere eigene Ermittlungen zu den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts anstellen (vgl. VG Würzburg, U.v. 31.7.2015 – W 5 K 14.755 – juris Rn. 45 m.w.N.) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor. Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, bezüglich des Strafverfahrens eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu betreiben. Auch sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Waffenbehörde ausnahmsweise in der Lage gewesen wäre, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären. Dass eine weitere Aufklärung im hierfür vorgesehenen strafgerichtlichen Verfahren, welche bereits mit der erfolgten weiteren Terminierung unmittelbar anstand, nicht mehr erfolgt ist, ist allein auf das Verhalten des Klägers bzw. das ihm zuzurechnende Verhalten seiner Bevollmächtigten zurückzuführen. Weitere eigene Ermittlungen oder Prüfungen bezüglich des der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalts durch die Waffenbehörde waren daher nicht veranlasst und können vom Kläger auch nicht eingefordert werden.
Da in der Person des Klägers somit unzweifelhaft der Unzuverlässigkeitstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG erfüllt ist, kann dahinstehen, ob er darüber hinaus auch die Tatbestände des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b WaffG erfüllt und ob außerdem ein Fall der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG gegeben ist.
Auch gegen das verfügte Waffenbesitzverbot in Nr. II des Bescheids bestehen zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt keine rechtlichen Bedenken.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da es sich um ein dauerhaftes Verbot (Dauerverwaltungsakt) handelt.
So ist das angeordnete Verbot bzgl. Besitz und Erwerb erlaubnisfreier Waffen und Munition gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG ist rechtmäßig.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition u.a. dann untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.
Mit dieser allgemeinen Bezugnahme auf die Zuverlässigkeit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass alle in § 5 WaffG genannten Fälle herangezogen werden können, ohne weitere Differenzierungen oder Einschränkungen machen zu müssen, um ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG aussprechen zu können. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/7758, S. 76) lässt wohl keine andere Interpretation zu. Diese Begründung zu § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG lautet: „Nummer 2 stellt nicht primär auf die Gefahrenlage ab. Hier geht es vielmehr darum, dass es einzelne Personen gibt, die durch ihr konkretes Verhalten ex negativo bewiesen haben, dass sie das Vertrauen, das der Gesetzgeber in den durchschnittlichen Volljährigen setzt, bei dem er hinsichtlich der erlaubnisfreien Waffen auf die Überprüfung bestimmter persönlicher Voraussetzungen (hier: persönliche Eignung und Zuverlässigkeit) verzichtet, nicht verdienen. In diesen Fällen ist ein Waffenverbot für den Einzelfall zulässig, wenn eine auf Tatsachen gestützte Annahme fehlender Eignung oder Zuverlässigkeit besteht (…).“ Mit der Neufassung dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber keine zusätzliche Prüfung verlangen, die zur Annahme einer missbräuchlichen Waffenverwendung berechtigt, wie dies in § 40 WaffG a.F. noch gefordert worden war (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2006 – 21 ZB 06.428 – juris Rn. 5 ff.). Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, bei nicht erlaubnispflichtigen Waffen einen weniger strengen Maßstab hinsichtlich der erforderlichen Zuverlässigkeit anzulegen als bei erlaubnispflichtigen Waffen (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2007 – 21 CS 07.1446 – juris Rn. 10; vgl. auch B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 7 ff.).
Der Kläger verfügt – wie ausgeführt – nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG.
Auch bezüglich des Verbots des Besitzes von Waffen und Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf gemäß § 41 Abs. 2 WaffG, liegen die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen vor.
Nach § 41 Abs. 2 WaffG kann die zuständige Behörde den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist. § 41 Abs. 2 WaffG erlaubt unter den in der Vorschrift bezeichneten Voraussetzungen die Verhängung eines Besitzverbots auch zu einem Zeitpunkt, in dem der Verbotsadressat erlaubnispflichtige Waffen bzw. Munition nicht in Besitz hat, d.h. nicht die tatsächliche Gewalt über sie ausübt (vgl. Nr. 2, Abschnitt 2 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG). Verboten werden darf wie bei § 41 Abs. 1 WaffG auch der künftige Besitz (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 18). Ein Verbot des Besitzes erlaubnispflichtiger Waffen nach § 41 Abs. 2 WaffG ist zulässig, wenn damit ein künftiger Erwerb verhindert werden soll (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 a.a.O. Rn. 28).
Das Besitzverbot ist zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit geboten. Anknüpfungspunkt für die Regelung in § 41 Abs. 2 WaffG ist eine Gefährlichkeit des Waffenbesitzers. Das Besitzverbot ist dann geboten, wenn der fortdauernde Waffenbesitz des Verbotsadressaten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt (vgl. Gade/Stoppa, Waffengesetz, 2. Aufl. 2018, § 41 Rn. 10). Das gleiche gilt – für den Fall, dass der Betreffende noch nicht im Besitz einer Waffe ist – für den künftigen Besitz (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 31). Im Rahmen dieser auf Tatsachen gestützten Gefahrenprognose ist derselbe Maßstab anzulegen, der auch im Zuge eines Erwerbs- und Besitzverbotes nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG zur Anwendung kommt (vgl. Gade/Stoppa a.a.O. Rn. 10). Der Begriff „zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit“ ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers am Rechtsgüterschutz orientiert und hat die Verhütung von Gefahren zum Gegenstand. Dabei handelt es sich um den aus dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht stammenden Begriff der öffentlichen Sicherheit (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 a.a.O. Rn. 31). Nach § 41 Abs. 2 WaffG wird die Möglichkeit eines waffenrechtlichen Verbotes nicht einfach eingeräumt, „soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit“ in Betracht kommt, sondern soweit es „geboten“ ist. Darin drückt sich eine gesteigerte Anforderung im Sinne einer „Erforderlichkeit“ aus (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 a.a.O. Rn. 33). Diese Anforderung begrenzt den im Verbot liegenden Eingriff, indem nicht jede Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Voraussetzungen erfüllt, sondern nur eine mit höherer Dringlichkeit. Ein Verbot ist dann geboten, wenn der Waffenbesitzer bzw. der Erwerbswillige in der Vergangenheit ein Verhalten oder eine seiner Person anhaftende Eigenschaft zutage gelegt hat, welche den auf Tatsachen beruhenden Verdacht begründet, dass durch einen Umgang mit der Waffe Gefahren für die öffentliche Sicherheit verursacht werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 a.a.O. Rn. 33). Nach § 41 Abs. 2 WaffG kann jemandem der Besitz nur untersagt werden, wenn durch den fortdauernden Besitz eine nicht hinnehmbare Gefahrensituation entstehen würde (vgl. Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 15. Aufl. 2015, § 41 Rn. 9). Anknüpfungspunkt beim Verbot zum Besitz erlaubnispflichtiger Waffen nach § 41 Abs. 2 WaffG ist ebenso wie bei demjenigen nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG eine Gefährlichkeit des Waffenbesitzers (Gade/Stoppa a.a.O. Rn. 10).
Danach bietet der Kläger keine ausreichende Gewähr dafür, dass er mit Waffen in einer Weise umgeht, die Dritte in ihren Rechten nicht gefährdet, da er mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Ingolstadt vom 5. Dezember 2017 wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit Bedrohung in Tatmehrheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Dabei ist nicht auszuschließen, dass der Kläger in ähnlichen Situationen auch eine Waffe einsetzen würde, sollte er eine solche zur Verfügung haben. Das Waffenverbot aus § 41 Abs. 2 WaffG dient jedoch gerade auch der Verhütung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und soll insbesondere Schaden von den Rechtsgütern Einzelner abwenden (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 31). Gerade auch im Hinblick auf den Zweck des Waffengesetzes, den Umgang mit Schusswaffen und Munition zu begrenzen und den zuverlässigen und sachkundigen Umgang mit Waffen zu gewährleisten, um die naturgemäß aus dem Besitz und Gebrauch von Waffen resultierenden erheblichen Gefahren einzugrenzen und überwachen zu können (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 14), erscheint die Verhängung des Verbots vorliegend als geboten, um die andernfalls von einem im Besitz von Waffen befindlichen Kläger drohende Gefahr für die Sicherheit abzuwenden.
Darüber hinaus ist das Verbot für erlaubnispflichtige Waffen nach § 41 Abs. 2 WaffG auch deshalb geboten, weil der Kläger bereits nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erfüllt (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 35). Der Kläger verfügt entsprechend den obigen Ausführungen nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b WaffG. Es fehlt ihm somit die Voraussetzung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis. Dem steht nicht entgegen, dass auf Umstände abgestellt wird, die in der Person des Klägers liegen. Denn zwar knüpft § 41 Abs. 2 WaffG nicht an die personenbezogene Unzuverlässigkeit des Klägers, sondern daran an, dass das Waffenbesitzverbot zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist, jedoch betrifft auch § 41 Abs. 2 WaffG nicht nur objektbezogene Gründe, sondern generell die Verhütung von Gefahren für Rechtsgüter, die für diese durch den nicht ordnungsgemäßen Umgang von Waffenbesitzern mit Waffen und Munition entstehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30/11 – juris Rn. 36). Vielmehr ist im Fall des Fehlens der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit im Sinn des § 5 WaffG bei der Anordnung von Waffenbesitzverboten nach § 41 Abs. 1 und 2 WaffG anders als nach § 40 WaffG a.F. keine zusätzliche Prüfung, etwa objektbezogener Art, erforderlich, welche die Annahme einer missbräuchlichen Waffenverwendung rechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v. 18.8.2008 – 21 BV 06.3271 – juris Rn. 27 m.w.N.).
Die Ermessensausübung bzgl. des Waffenbesitz-/erwerbsverbots durch den Beklagten ist im Rahmen des gerichtlichen Prüfungsumfangs (§ 114 Satz 1 VwGO) eben-falls nicht zu beanstanden. Das Landratsamt hat – wie sich aus den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids ergibt – das sein bei der Entscheidung nach § 41 Abs. 1 und 2 WaffG auf Rechtsfolgenseite eingeräumte Ermessen („kann“) jeweils erkannt und zweckgerecht sowie im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG), nämlich die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Waffen und Munition aller Art untersagt, um den Gefahren vorzubeugen, welche bereits beim Besitz erlaubnisfreier Schusswaffen durch unzuverlässige Personen zu befürchten sind. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Besitzverbot mit dem sich aus der fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ergebenden Sicherheitsrisiko begründet worden ist, im Besonderen mit der erfolgten missbräuchlichen Verwendung einer Schusswaffe. Im Hinblick auf den Zweck des Waffengesetzes, den Umgang mit Schusswaffen und Munition zu begrenzen und den zuverlässigen und sachkundigen Umgang mit Waffen zu gewährleisten, um die naturgemäß aus dem Besitz und Gebrauch von Waffen resultierenden erheblichen Gefahren einzugrenzen und überwachen zu können (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 14), ist das strafbewehrte Besitz- und Erwerbsverbot (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 8 WaffG) ein geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr. Ein milderes Mittel, das gleichermaßen geeignet wäre, Gefahren zu begegnen, die auch von erlaubnisfreien Waffen und Munition im Besitz des nicht zuverlässigen Klägers ausgehen, ist nicht ersichtlich. Das Waffenbesitzverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. Ein besonderes Bedürfnis für den Waffenbesitz hat der Kläger nicht geltend gemacht. Auch der Umstand, dass es sich bei dem Verbot um einen Dauerverwaltungsakt handelt, dessen unbefristete Anordnung die Eintragung in das Bundeszentralregister sowie die Unterrichtung der örtlichen Polizeidienststelle zwecks künftiger Überwachung des Verbots nach sich zieht, führt nicht zu dessen Unverhältnismäßigkeit, da dies aus der Eigenart der Maßnahme selbst folgt. Der Kläger hat zudem die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt einen Antrag auf Aufhebung des Verbots zu stellen.
Schließlich sind auch gegen weiteren Verfügungen des Bescheids rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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