Strafrecht

Zur Beschwer des Angeklagten im Beschwerdeverfahren

Aktenzeichen  1 Ws 1/19

Datum:
23.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12633
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 138 Abs. 2 S. 1, § 304 Abs. 1, § 306 Abs. 1
EuRAG § 2 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Mit dem rechtskräftigen Abschluss des Erkenntnisverfahrens entfällt die Beschwer eines Angeklagten daraus, dass dem von ihm gewählten Verteidiger die Genehmigung nach § 138 Abs. 2 S. 1 StPO nicht erteilt worden ist. Eine rückwirkende Erteilung der Genehmigung kommt nicht in Betracht, weil eine Verteidigung am Ausgang des Verfahrens nichts mehr ändern kann und daher nicht mehr stattfinden kann. (Rn. 8 – 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss der 1. Strafkammer des Landgerichts Bamberg vom 31.08.2018 erledigt ist.

Gründe

I.
Die Angeklagte wurde mit Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 17.01.2018 wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zur Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 35,00 € verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Bamberg Berufung eingelegt.
Mit Schreiben vom 04.07.2018 beantragte Assessor C., der sich als Verteidiger der Angeklagten unter Hinweis auf eine Zulassung bei der Anwaltskammer B./Rumänien angezeigt hatte, die Genehmigung gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 StPO zu erteilen. Er wurde aufgefordert, entweder einen Nachweis gemäß § 2 Abs. 2 EuRAG über seine Eintragung als europäischer Rechtsanwalt durch Vorlage eines entsprechenden Nachweises der Rechtsanwaltskammer B./Rumänien vorzulegen oder zu erklären, dass ein Antrag gemäß § 138 Abs. 2 Satz 2 StPO
Mit Beschluss vom 31.08.2018 hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Bamberg die Genehmigung der Verteidigung der Angeklagten durch Assessor C. abgelehnt. Im Übrigen wird auf den Inhalt des vorgenannten Beschlusses Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss hat Assessor C. mit Schreiben vom 16.11.2018, beim Landgericht Bamberg eingegangen per Telefax am selben Tage, namens der Angeklagten Beschwerde eingelegt.
Zu dem auf den 15.11.2018 bestimmten Termin zur Berufungshauptverhandlung ist die Angeklagte nicht erschienen, weswegen die Berufung der Angeklagten mit Urteil vom selben Tage auf ihre Kosten verworfen worden ist. Das Urteil ist rechtskräftig seit 28.11.2018.
II.
Die Beschwerde ist grundsätzlich statthaft (§ 304 Abs. 1 StPO) und in zulässiger Art und Weise eingelegt (§ 306 Abs. 1 StPO).
Es ist zweifelhaft, ob das gemäß § 306 Abs. 2 StPO vorgeschriebene Abhilfeverfahren durch das Gericht, welches die angefochtene Entscheidung erlassen hat, hier dadurch konkludent stattgefunden hat, indem die Akten mit der Beschwerde an die Staatsanwaltschaft zur Weiterleitung an das Oberlandesgericht Bamberg und Beschwerdeentscheidung übersandt worden sind. Dies macht die Beschwerde jedoch keinesfalls unzulässig. Die Durchführung des Abhilfeverfahrens ist keine Entscheidungsvoraussetzung für die Beschwerdeinstanz. Das Abhilfeverfahren ist auch nicht nachzuholen, da eine Zurückverweisung grundsätzlich ausscheidet, wenn die Nachholung der Abhilfeprüfung das Verfahren nicht beschleunigen würde (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 306, Rn. 10). Dies ist hier der Fall, da eine Beschwerdeentscheidung in der Sache nicht mehr zu treffen ist.
Rechtsmittel der StPO dienen der Beseitigung einer gegenwärtigen, fortdauernden Beschwer. Ihr Ziel ist die Aufhebung einer den Beschwerdeführer beeinträchtigenden Maßnahme. Eine Maßnahme, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ist daher grundsätzlich nicht anfechtbar. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die beschwerende Anordnung zurückgenommen oder die angefochtene Entscheidung aus anderem Anlass oder durch den Fortgang des Verfahrens gegenstandslos geworden, also prozessual überholt ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., vor § 296, Rn. 17 m. w. Nachw.).
So verhält es sich hier: Mit dem rechtskräftigen Abschluss des Erkenntnisverfahrens ist die Beschwer der Angeklagten daraus, dass dem von ihr gewählten Verteidiger die Genehmigung nach § 138 Abs. 2 StPO nicht erteilt worden ist, entfallen. Eine rückwirkende Erteilung der Genehmigung kommt nicht in Betracht, da eine Verteidigung am Ausgang des Verfahrens nichts mehr ändern kann und daher nicht mehr stattfinden kann.
In diesem Falle ist die Beschwerde nicht als unzulässig zu verwerfen, sondern durch Beschluss wegen Gegenstandslosigkeit für erledigt zu erklären. Eine Kostenentscheidung ist dabei nicht zu treffen (Meyer-Goßner, ebd.).
Auf die im Beschwerdeverfahren erfolgten Ausführungen der Verfahrensbeteiligten, der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg in deren Verfügung vom 21.12.2018 und der Angeklagten bzw. ihres Vertreters im Schreiben vom 16.11.2018 sowie im weiteren Schreiben vom 16.01.2019, kommt es dabei nicht mehr an.


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