Verkehrsrecht

Aberkennung des Rechts, von einer EU-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen; Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge

Aktenzeichen  11 ZB 16.1359

Datum:
2.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 51746
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1, S. 2
FeV § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 11 Abs. 8, § 13 S. 1 Nr. 2 lit. b, lit. c, § 46 Abs. 1, Abs. 3
StPO § 81a, § 153a

 

Leitsatz

1 Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO verbietet nicht, in Verfahren mit anderer Zielsetzung Feststellungen über Tatsachen, die einen Straftatbestand erfüllen, in dem für die dortige Entscheidung erforderlichen Umfang als Grundlage für die daran anknüpfenden außerstrafrechtlichen Rechtsfolgen zu verwerten. Erkenntnisse über den Blutalkohol, die im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle gewonnen wurden, können daher im Fahrerlaubnisverfahren verwertet werden (Fortführung BayVGH BeckRS 2016, 44097). (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein ärztliches Gutachten ist im Fahrerlaubnisrecht vorrangig vor einem medizinisch-psychologischen Gutachten anzuordnen, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen. Eine BAK von 2,19 ‰ bei Führen eines Fahrrades spricht zwar für eine erhebliche Alkoholgewöhnung, impliziert aber nicht das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit. Dies ist – auch wenn es hier keine starren Grenzwerte gibt – regelmäßig erst ab BAK-Werten von 3,0 ‰ und mehr anzunehmen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 8 K 15.1942 2016-05-31 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 22.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen die Aberkennung des Rechts, von seiner slowakischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen und gegen die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr.
Am 20. Mai 2005 erteilte die slowakische Behörde DI v Trencine dem Kläger eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B (mit Unterklassen) und erweiterte diese am 30. November 2005 um die Klassen C1 und C. Am 19. Dezember 2005 erweiterte die slowakische Behörde die Fahrerlaubnis um die Klassen BE, C1E sowie CE und stellte dem Kläger am selben Tag einen Kartenführerschein mit der Nummer D0303403 aus. Die Stadt Amberg hob ihren Bescheid vom 8. März 2006, mit dem sie dem Kläger das Recht aberkannte, von dieser Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, am 19. Juni 2006 wieder auf.
Das Landgericht Amberg stellte mit Beschluss vom 15. September 2014 ein Strafverfahren gegen den Kläger wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 153a StPO ein. Dem Verfahren lag zugrunde, dass der Kläger am 13. August 2013 mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,19 ‰ mit einem Fahrrad am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen hatte. Aus dem gerichtspsychiatrischen Gutachten des Landgerichtsarztes bei dem Landgericht Amberg Dr. M… vom 11. März 2014 ergibt sich, dass zwar nicht ausgeschlossen werden könne, dass die medizinischen Voraussetzungen des § 21 StGB vorgelegen hätten, der Kläger sei aber zum Tatzeitpunkt trotz seiner Alkoholisierung in der Lage gewesen, eine Einwilligung zur Blutentnahme zu erteilen.
Aus dem am 4. Februar 2014 an die Stadt Amberg übersandten Auszug aus dem damaligen Verkehrszentralregister ergeben sich für den Kläger fünf Eintragungen. U. a. handelt es sich dabei um die Versagung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage eines Eignungsgutachtens durch das Landratsamt Amberg-Sulzbach am 23. Oktober 1996, unanfechtbar seit 26. November 1996, die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis am 19. Oktober 2000 und ein Vergehen der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr (BAK 2,4 ‰) am 2. Mai 2004 als Führer eines Kraftfahrzeugs unter Verursachung eines Unfalls. Dabei entzog ihm das Amtsgericht Amberg mit Urteil vom 9. August 2004, rechtskräftig seit 21. Oktober 2004, die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperre für die Wiedererteilung bis 8. Mai 2005.
Die Stadt Amberg forderte ihn daraufhin mit Schreiben vom 1. Oktober 2014, gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV auf, bis 19. Dezember 2014 ein Fahreignungsgutachten beizubringen. Es sei zu klären, ob zu erwarten ist, dass der Kläger zukünftig ein fahrerlaubnisfreies Kraftfahrzeug oder sonstige Fahrzeuge unter Alkoholeinfluss führen wird und ob als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vorliegen, die das sichere Führen eines fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugs und/oder von sonstigen Fahrzeugen in Frage stellen. Darüber hinaus sei zu klären, ob auch nicht zu erwarten ist, dass das (zukünftige) Führen eines fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugs und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Der Kläger legte kein Gutachten vor.
Mit Bescheid vom 26. März 2015 erkannte die Stadt Amberg dem Kläger das Recht ab, von seiner slowakischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen und forderte ihn auf, unverzüglich eine eidesstattliche Versicherung über den Verlust seines slowakischen Führerscheins abzugeben. Zugleich untersagte die Stadt Amberg ihm das Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen (z. B. Mofa) und sonstigen Fahrzeugen (z. B. Fahrrad).
Die Regierung der Oberpfalz hat den dagegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2015 zurückgewiesen.
Die gegen den Bescheid vom 26. März 2015 und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 31. Mai 2016 abgewiesen. Die Gutachtensanordnung sei rechtmäßig gewesen, insbesondere habe die durchgeführte Blutprobenuntersuchung im Fahrerlaubnisverfahren verwertet werden können. Sowohl der Polizeibericht als auch das eingeholte Sachverständigengutachten kämen zu dem Ergebnis, dass der Kläger die notwendige Einsichtsfähigkeit zur Einwilligung in die Blutentnahme gehabt habe. Im Übrigen deute die Fahrradfahrt mit einer BAK von 2,19 ‰ auf eine erhebliche Alkoholgewöhnung hin. Darüber hinaus dürfte auch eine ohne Einwilligung in die Blutentnahme gewonnene Blutanalyse verwertet werden, da auf der Hand liege, dass der Richter einem solchen Eingriff die Genehmigung hätte nicht versagen können. In den Fällen, in denen die Blutentnahme nicht unmittelbar auf Betreiben der Fahrerlaubnisbehörde erfolge und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine gezielte oder systematische Umgehung des Richtervorbehalts zur Fahrerlaubnisentziehung bestünden, sei die Verwertung der Untersuchungsergebnisse zulässig. Es könne daher nach § 11 Abs. 8 FeV sowohl hinsichtlich des Führens von Kraftfahrzeugen als auch von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen von seiner Ungeeignetheit ausgegangen werden.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, die Blutanalyse könne nicht verwertet werden, da er nicht wirksam in die Blutentnahme eingewilligt habe. Das Verwaltungsgericht hätte darlegen und nachweisen müssen, dass die Voraussetzungen des § 81a StPO vorgelegen hätten. Darüber hinaus hätte auch die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens eventuell ausreichen können. Damit setze sich das Verwaltungsgericht nicht auseinander.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGH 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 54), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Wird die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124a Rn. 7). Daran fehlt es hier.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 2015 (BGBl I S. 904), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1674), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 46 Abs. 5 FeV die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).
Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von (fahrerlaubnisfreien) Fahrzeugen, wozu auch Fahrräder zählen (vgl. § 2 Abs. 4 StVO), hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 FeV). Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden (ebenfalls) die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV).
Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV ist ein medizinischpsychologisches Gutachten beizubringen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ist ein medizinischpsychologisches Gutachten beizubringen, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer BAK von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde. Dies gilt auch für das Fahrradfahren im Straßenverkehr mit entsprechenden Werten (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12 – NJW 2013, 2696; BayVGH, B.v. 3.8.2015 – 11 CS 15.1262 – juris; B.v. 22.12.2014 – 11 ZB 14.1516 – juris).
Bringt der Betreffende das Gutachten nicht fristgerecht bei, kann nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78).
Die Fahrerlaubnisbehörde hat hier zu Recht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen und fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen geschlossen, weil er das nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV angeordnete medizinischpsychologische Gutachten nicht beigebracht hat.
Soweit der Kläger geltend macht, die Anordnung eines medizinischpsychologischen Gutachtens sei unzulässig gewesen, da die Blutuntersuchung des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 21. August 2013 nicht verwertet werden könne, weil er nicht wirksam in die Blutentnahme eingewilligt habe und keine richterliche Anordnung nach § 81a Abs. 1 und 2 StPO eingeholt worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO ist nicht ersichtlich. Gemäß dem Polizeibericht vom 10. September 2013 hat der Kläger freiwillig einen Atemalkoholtest durchgeführt. Darüber hinaus konnte er trotz der Alkoholisierung den Ausführungen der Polizeibeamten folgen und hat in die Blutentnahme eingewilligt. Auch der Arzt, der die Blutentnahme durchgeführt hat, stellte einen geordneten Denkablauf und zwar deutlichen, aber weder starken noch sehr starken äußerlichen Anschein des Einflusses von Alkohol fest. Zudem kommt das im Strafverfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Landgerichtsarztes beim Landgericht Amberg zu dem Ergebnis, der Kläger sei trotz der zum Tatzeitpunkt vorliegenden Alkoholisierung in der Lage gewesen, eine Einwilligung zur Blutentnahme zu erteilen. Die Antragsbegründung zeigt nicht substantiiert auf, weshalb diese Erkenntnisse nicht verwertet werden können.
Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, es würde auch bei einem Verstoß gegen den Richtervorbehalt kein Beweisverwertungsverbot bestehen, da auf der Hand liege, dass der Richter einem solchen Eingriff die Genehmigung nicht hätte versagen können und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine gezielte oder systematische Umgehung des Richtervorbehalts zur Fahrerlaubnisentziehung bestehen. Mit dieser Argumentation setzt sich die Antragsbegründung auch nicht ansatzweise auseinander.
Entgegen der Auffassung des Klägers bedeutet die Einstellung eines Strafverfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO auch nicht, dass davon auszugehen ist, dass die Straftat nicht begangen wurde. Zwar trifft es zu, dass die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK bei der Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO nicht widerlegt wird. Auch darf allein aus der Verfahrenseinstellung auf dieser Rechtsgrundlage, die nur mit Zustimmung des Angeklagten möglich ist, nicht auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der angeklagten Straftaten geschlossen werden (vgl. BVerfG, B. v. 16.1.1991 – 1 BvR 1326/90 – NVwZ 1991, 663). Die Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO bringt aber keineswegs zum Ausdruck, dass der Tatverdacht gegen den Betroffenen ausgeräumt wäre. Vielmehr wird darauf abgestellt, ob von der Strafverfolgung unter Auflagen und Weisungen abgesehen werden kann, weil die Schwere der Schuld nicht entgegensteht (§ 153a Abs. 1 Satz 1 StPO). Nach der Kommentarliteratur zu § 153a StPO muss bei Zweifeln, ob überhaupt ein Straftatbestand erfüllt ist, die Rechtsfrage geklärt werden; die Anwendung des § 153a StPO gegenüber einem möglicherweise Unschuldigen ist untersagt (vgl. Meyer-Gossner/Schmitt, StPO, 56. Aufl. 2013, § 153a Rn. 2 m. w. N.). Es muss nach dem Verfahrensstand mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von einer Verurteilung ausgegangen werden können. Denn nur dann kann dem Angeklagten die Übernahme besonderer Pflichten zugemutet werden (vgl. Pfeiffer, StPO, 3. Aufl. 2001, § 153 a Rn. 2).
Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO verbietet nicht, in Verfahren mit anderer Zielsetzung Feststellungen über Tatsachen, die einen Straftatbestand erfüllen, in dem für die dortige Entscheidung erforderlichen Umfang als Grundlage für die daran anknüpfenden außerstrafrechtlichen Rechtsfolgen zu verwerten (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2016 – 11 CS 16.175 – juris Rn. 12 f.; B. v. 5.3.2009 – 11 CS 09.228 – juris). Die Verwaltungsbehörde kann sich dabei auf dieselben Beweismittel stützen wie das Strafgericht und ist an dessen Bewertung nicht gebunden.
Es musste auch nicht vorrangig ein ärztliches Gutachten nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV angeordnet werden. Ein solches Gutachten ist anzuordnen, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen. Zwar scheint bei dem Kläger eine erhebliche Alkoholgewöhnung vorzuliegen, da er in der Lage war, mit einer BAK von 2,19 ‰ ein Fahrrad zu führen. Gleichwohl reichen die Anhaltspunkte nicht aus, um das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit anzunehmen. Es gibt dabei keine feste Grenze, ab wann von einer Toleranzbildung ausgegangen werden muss, die eine Alkoholabhängigkeit nahe legt. In der Literatur wird häufig eine BAK von 2,0 ‰ als Grenze vorgeschlagen, sofern adäquate Trunkenheitssymptome fehlen. Hier zeigte der Kläger aber sowohl bei der Fahrt mit dem Fahrrad nach dem Polizeibericht Unsicherheiten und bei der ärztlichen Blutentnahme Anzeichen von Trunkenheit. Erst BAK-Werte ab 3,0 ‰ sprechen nach medizinischen Erkenntnissen auf jeden Fall für eine Alkoholabhängigkeit (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl., S. 160; Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie [DGVP]/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin [DGVM], 3. Aufl. 2013, Kriterium A 1.2 N D1, S. 123). Ein so hoher Wert wurde bei dem Kläger nicht festgestellt.
Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 und § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 46.1, 46.3, 46.4 und 4.14 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, Anh. § 164 Rn. 14).


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