Verkehrsrecht

Geltendmachung von Ansprüchen aus Verkehrsunfall

Aktenzeichen  10 O 4044/14

Datum:
1.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 57631
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 7 Abs. 1
ZPO § 156, § 709

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens vor dem OLG München 10 U 4529/15  zu tragen. 
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 

Gründe

I. Die Klage ist weiterhin zulässig.
II. Die zulässige Klage war erneut in vollem Umfang abzuweisen, da nach Überzeugung des Gerichts entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen Dr. A3., denen das Gericht vollumfänglich folgt, der Unfall ausschließlich durch ein Fehlverhalten des Klägers verursacht wurde.
Die aufgrund der Aufhebung durch das Oberlandesgericht München erfolgte erneute Anhörung der Parteien konnte erwartungsgemäß den Sachverhalt nicht näher eingrenzen. Die Parteien wiederholten im Wesentlichen ihre zuvor gemachten Angaben.
Hinsichtlich der Haftungsverteilung ist zunächst festzustellen, dass es sich vorliegend um einen berührungslosen Unfall handelt. Das Gericht geht zunächst von einem Zurechnungszusammenhang dahingehend aus, dass das Vorhandensein des Traktors des Beklagten zu 2 entsprechend dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG einen entsprechend durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensablauf in Gang gesetzt hat. Es haben sich also die von einem Kraftfahrzeug typischerweise verursachten Gefahren verwirklicht. Ein Zurechnungszusammenhang ist daher zu bejahen.
Aufgrund der umfangreichen, nachvollziehbaren und absolut überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. A3. in seinen schriftlichen Gutachten vom 01.09.2017 und 02.05.2018 sowie seiner Anhörung im Termin vom 26.09.2018 kommt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass den Beklagten zu 1 als verantwortlichen Führer des Fahrzeugs keinerlei Verschulden am streitgegenständlichen Unfall vom 13.05.2014 trifft.
Der Sachverständige kam zunächst in seinem schriftlichen Gutachten vom 01.09.2017 zu der Feststellung, dass die Kollisionsgeschwindigkeit des Klägers ca. 40 km/h betragen hat. Das vom Kläger im Rahmen seiner Anhörung geschilderte Ausscheren des Beklagten zu 1 mit einem Abstand von 5 – 10 m vom Fahrzeug des Klägers ist nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. A3. technisch unmöglich. Der Sachverständige stellte vielmehr fest, dass sich der Kläger mit seinem Pkw 75 m hinter dem Traktor und damit dem Traktorende des Beklagten zu 1 befand, als dieser für den Kläger erkennbar begonnen hatte abzubiegen. Für den Beklagten sei das klägerische Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt zwar erkennbar gewesen, jedoch nicht als überholendes Fahrzeug. Die Abbiegegeschwindigkeit des Fahrzeugs des Beklagten zu 2 ermittelte der Sachverständige mit etwa 10 km/h. Auch bei einer zweiten Rückschau des Beklagten habe sich das klägerische Fahrzeug noch 70 m hinter dem Beklagten befunden und musste dabei auch noch nicht als überholendes Fahrzeug erkennbar gewesen sein.
Der Sachverständige stellte weiter fest und bekräftigte dies auch ausführlich im Rahmen seiner Anhörung vom 26.09.2018, dass allein maßgeblich für den streitgegenständlichen Unfall eine Fehlreaktion des Klägers war.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen hätte der Kläger lediglich sein Fahrzeug leicht nach rechts bzw. ohne zu überholen nach geradeaus lenken müssen, um so den Unfall zu vermeiden. Der Sachverständige führte insbesondere aus, dass der Kläger das Fahrzeug des Beklagten zu 2 ohne Weiteres als abbiegendes Fahrzeug hätte erkennen können und auch aus einem Abstand von 50 m zur Vermeidung einer Gefahrensituation wieder auf die rechte Spur hätte zurücklenken können. Selbst eine Bremsung durch den Kläger wäre nicht erforderlich gewesen. Es hätte bereits ohne Weiteres ausgereicht, wenn der Kläger bei Erkennen des Abbiegevorgangs des Beklagtenfahrzeugs seine Überholabsicht aufgegeben hätte und sogleich auf die rechte Spur zurückgekehrt wäre. In einem Abstand von 50 m sei für den Kläger bereits erkennbar gewesen, dass der Traktor aufgrund seines Abbiegevorgangs die rechte Fahrbahn räumen würde, sodass keine Gefahrensituation entstanden wäre, wenn der Kläger schlichtweg geradeaus weitergefahren wäre. Für einen durchschnittlichen Autofahrer sei diese Situation auch gut beurteilbar und abschätzbar gewesen.
Das Gericht hat vorliegend keinerlei Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen Dr. A3. Dieser ist dem Gericht aus zahlreichen vergleichbaren Verkehrsunfällen als äußerst kompetenter, gründlicher und sachkundiger Sachverständiger bekannt. Der Sachverständige konnte seine Berechnungen und Feststellungen nachvollziehbar und schlüssig begründen. Für das Gericht besteht keinerlei Zweifel daran, diesen Ausführungen zu folgen.
Gründe, die eine Wiedereröffnung der Verhandlung im Sinne des § 156 ZPO rechtfertigen würden, waren vorliegend nicht gegeben. Es bestand insbesondere kein Anlass, dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Vorlage von Ausdrucken durch den Sachverständigen nachzukommen. Der Sachverständige hat seine Berechnungen und Feststellungen in den schriftlichen Gutachten sowie im Rahmen der mündlichen Anhörung absolut nachvollziehbar dargelegt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Fehlreaktion des Klägers den Unfall ausgelöst hat. Der Kläger hätte lediglich seinen Überholvorgang abbrechen müssen, was ihm auch ohne weiteres möglich gewesen wäre. Inwieweit er dann „sehr knapp“ (was immer dies bedeuten soll) am Traktor des Beklagten zu 2 vorbeigekommen wäre, spielt nach Überzeugung des Gerichts keine Rolle, da der Kläger bei richtiger Reaktion eben vorbeifahren hätte können und nicht mit dem Baum kollidiert wäre.
Es ist daher festzustellen, dass der streitgegenständliche Unfall vom 13.05.2014 allein durch ein Fehlverhalten bzw. eine Fehlreaktion des Klägers verursacht wurde. Den Beklagten zu 1 trifft hieran keinerlei Verschulden.
Selbst wenn man eine Betriebsgefahr des Traktors des Beklagten zu 1 annehmen würde, würde diese durch die Fehlreaktion des Klägers, der den Unfall ohne Weiteres hätte vermeiden können, wenn er ohne zu bremsen geradeaus weitergefahren wäre, zurücktreten würde.
Die Klage war daher erneut abzuweisen.
Dem Kläger waren die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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