Verkehrsrecht

Haftung aus Betriebsgefahr bei Umfallen eines abgestellten Kraftrads nach Versetzen

Aktenzeichen  10 C 2535/17

Datum:
14.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 3732
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AuslPflVG § 6 Abs. 1
VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
StVG § 7 Abs. 1, § 18
BGB § 1006

 

Leitsatz

Ein Unfall ereignet sich bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs iSv § 7 Abs. 1 StVG, wenn dessen Fahrer ein abgestelltes Kraftrad versetzt, um das Abbiegen mit seinem Kraftfahrzeug zu erleichtern und das abgestellte Kraftrad kurz nach dem Versetzen umfällt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Beklagte schuldet dem Kläger dem Grunde nach Ersatz von 100% des Schadens, welcher dem Kläger aufgrund des streitgegenständlichen Vorfalls vom 02.12.2016 entstanden ist.

Gründe

Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch gegen den Beklagten aus §§ 6.I AusIPflVG, 115 VVG, 7,18 StVG auf Ersatz von 100% des ihm aufgrund des Vorfalls entstandenen Schadens:
Von der Beklagten ist mit Nichtwissen bestritten worden, dass der Kläger Eigentümer des Kraftrades sei, und es sind keinerlei Indizien dafür vorgetragen, dass eine Dritte Person Eigentümer sei.
(1) Der Kläger ist in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft als Geschädigter ermittelt und geführt worden, hat im Rahmen der Anhörung im Termin sein Eigentum bestätigt (insoweit nicht ins Protokoll aufgenommen) und ist erkennbar der Besitzer (welcher das Kraftrad zur Erstellung des Kostenvoranschlags wie des Gutachtens vorgeführt hat) so dass aus § 1006 BGB die Vermutung für das Eigentum spricht. Bei dieser Konstellation konnte von einer förmlichen Parteieinvernahme des Klägers zum Eigentum abgesehen werden, weil es bereits aufgrund der unstreitigen Tatsachen und vorliegenden Unterlagen keine vernünftigen Zweifel hieran gibt.
(2) Das Umstürzen des Kraftrades ist in jedem Fall auf den Betrieb des lettischen Autotransporters, amtl.lett. … zurückzuführen, unabhängig davon, ob insoweit die Version der Klagepartei oder die des Beklagten zugrundegelegt wird:
Selbstverständlich liegt bei der Version der Klagepartei (welche sich zwanglos mit der in der Ermittlungsakte festgehaltenen Angabe des Zeugen E. in Einklang bringen lässt) eine Schädigung des Kraftrades bei Betrieb des Lkw vor, weil hier mit dem Lkw gegen ein abgestelltes Fahrzeug gefahren worden wäre.
Auch bei der Version des Beklagten ist das Umfallen (mit der Konsequenz der hieraus erfolgenden Beschädigung) des Kraftrades auf den Betrieb des Lkw zurückzuführen. Nach der Version des Beklagten hat der Fahrer das abgestellte Kraftrad zur Seite geschoben, weil es das Abbiegen des Autotransporters erschwert hat. Kurz nach dem Versetzen ist das Kraftrad sodann umgefallen. Insoweit ist das Umfallen auf das Versetzen zurückzuführen, und muss damit erklärt werden, dass es nicht sicher genug abgestellt wurde. Das Versetzen erfolgte durch den Fahrer, um das Abbiegen zu erleichtern. Damit besteht der unmittelbare Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs, auch wenn das Kraftrad bei dieser Konstellation nicht durch einen direkten Anstoß des Lkw umgefallen ist.
Somit ist in jedem Fall eine Haftung des Beklagten aus §§ 6 AusIPflVG, 115 VVG, 7 StVG begründet.
(3) Eine Mithaftung des Klägers besteht nicht:
Dem Lichtbild. 3 auf Seite 11 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ist zu entnehmen, dass am Abstellort des Kraftrades eine ausgewiesene Stellfläche für Krafträder ist.
Es ist unstreitig, dass das Kraftrad abgestellt war.
Soweit von Beklagtenseite vorgetragen wird, das Kraftrad sei „verkehrswidrig behindernd“ abgestellt worden liegt bereits kein konkreter und der Überprüfung zugänglicher Sachvortrag vor, da gerade nicht konkret angegeben ist, wo und wie genau das Kraftrad abgestellt war. Erst bei Vorliegen einer konkreten Angabe zum genauen Abstellort könnte eine juristische Überprüfung der getroffenen Wertung „verkehrswidrig“ erfolgen, und soweit erforderlich Beweis über die Richtigkeit der Behauptung zum tatsächlichen Abstellort erhoben werden. Es handelt sich weiter gerichtsbekannt (und im übrigen auch aus den in der Ermittlungsakte befindlichen Lichtbildern und der Luftbildaufnahme erkennbar) bei der Straße „Am Protzenweiher“ nicht um eine Einbahn Straße. Hiernach wäre selbst ein gewisses Hineinragen des abgestellten Kraftrades in die Fahrspur des Gegenverkehrs des Beklagtenfahrzeugs noch kein relevanter Gesichtspunkt, welcher eine Mitberücksichtigung der Betriebsgefahr eines abgestellten Kraftrades rechtfertigen würde.
(4) Hinsichtlich der Schadenshöhe wäre Sachverständigengutachten zu erholen. Aufgrund des Umstandes, dass der Beklagte erkennbar davon ausgeht, dass in der von ihm vorgetragenen Version keine Haftung des Fahrzeughalters aus Betriebsgefahr besteht, erschien es sachgerecht, vor Auslösung erheblicher weiterer Kosten diesbezüglich eine Überprüfung durch Erlass eines Grundurteils (§ 304 ZPO) zu ermöglichen.


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