Verkehrsrecht

Umschreibung einer tschechischen Fahrerlaubnis

Aktenzeichen  11 C 18.2162

Datum:
18.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 6039
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RL 2006/126/EG Art. 2 Abs. 1
FeV § 7 Abs. 1 S. 2, § 28 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gem. Art. 2 abs. 1 RL 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (wie EuGH  BeckRS 2012, 80440). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Wohnorts im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Liegen unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vor, aus denen sich die Möglichkeit ergibt bzw. die darauf hinweisen, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten war, sind bei der Beurteilung dieser Frage alle Umstände des anhängigen Verfahrens zu berücksichtigen, also auch die „inländischen Umstände“ (wie EuGH BeckRS 2012, 80440). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
4. Weisen aus dem Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen darauf hin, dass die im Führerschein eingetragene Angabe zum Wohnsitz unzutreffend ist, obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen, wenn er daran festhält, dass er das Wohnsitzerfordernis erfüllt (wie BVerwG BeckRS 2015, 41971 Rn. 6). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 7 K 18.816 2018-09-12 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Gegenstand der Beschwerde ist die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Erteilung einer Fahrerlaubnis auf der Grundlage der dem Kläger am 9. April, 31. August und 2. Dezember 2009 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis der Klassen B, C1, C, BE, C1E, CE und T.
Mit seit 7. Januar 2006 rechtskräftigem Strafbefehl vom 19. Dezember 2005 verurteilte das Amtsgericht A. den Kläger wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr, entzog ihm die Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) und verhängte eine Sperrfrist von zehn Monaten, da er am 13. November 2005 ein Kraftfahrzeug (Sattelschlepper mit Anhänger) mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,72 Promille geführt hatte.
Anfang 2009 wurde der Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Donau-Ries aufgrund von Erkenntnissen der Schleierfahndung bekannt, dass der Kläger eine tschechische Fahrerlaubnis beantragt hatte. Mit Schreiben vom 9. April 2009 teilte das Gemeinsame Zentrum der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit dem Landratsamt mit, die tschechische Wohnanschrift des Klägers sei im tschechischen Ausländerregister vom 25. September 2008 bis 1. März 2009 vermerkt. Mit bestandskräftig em Bescheid vom 24. März 2010 stellte das Landratsamt gestützt auf § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV fest, dass die tschechische Fahrerlaubnis den Kläger nicht dazu berechtige, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen, da ihm die tschechische Fahrerlaubnis zu einem Zeitpunkt erteilt worden sei, als der im Verkehrszentralregister eingetragene Strafbefehl noch nicht getilgt gewesen sei.
Auf ein Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 16. Juni 2016 hin teilte das Landratsamt mit Schreiben vom 28. Juni 2016 mit, aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Führerscheintourismus sei davon auszugehen, dass der tschechische Führerschein den Kläger berechtige, Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen. Da auf dem Führerschein ein Sperrvermerk angebracht sei, werde ein Umtausch in einen deutschen Führerschein empfohlen. Die auf fünf Jahre befristeten Fahrerlaubnisklassen C und CE müssten verlängert werden. Am 12. Dezember 2016 stellte der Kläger den Antrag, ihm „aufgrund einer ausländischen Fahrerlaubnis (§§ 29 – 31 FeV)“ eine Fahrerlaubnis zu erteilen.
Im Rahmen von Ermittlungen zum Wohnsitz des Klägers in Tschechien erhielt das Landratsamt eine mit einem Rechtskraftvermerk vom 16. Dezember 2017 versehene „Entscheidung“ der Stadt Most vom 22. November 2017, wonach dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen B, C1, C, BE, C1E, CE und T entzogen wurde, da er sich gemäß § 94 Abs. 1 Punkt c) des Straßenverkehrsgesetzes rechtswidrig verhalten habe. Der Gesetzeskonformität seiner Fahrerlaubnis stehe entgegen, dass er das Erfordernis einer unbefristeten bzw. befristeten Aufenthaltsgenehmigung in der Tschechischen Republik gemäß Art. 82 Abs. 1 des Punktes d) des Gesetzes über den Straßenverkehr gemäß Art. 2 Abs. 2. hh) desselben Gesetzes nicht erfülle.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2018 forderte der Bevollmächtigte des Klägers die Ausstellung eines Führerscheins entsprechend dem Antrag vom 12. Dezember 2016. Am 15. Mai 2018 ließ der Kläger Klage mit dem Antrag erheben, den Beklagten zu verurteilen, ihm eine deutsche Fahrerlaubnis mit den Klassen B, C, BE und CE zu erteilen, und am 25. Mai 2018 beantragen, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe die tschechische Fahrerlaubnis aufgrund eines einjährigen Aufenthalts in Tschechien erworben. Deren Entziehung hindere nicht die Neuerteilung bzw. Umschreibung des tschechischen Führerscheins, da das Landratsamt dies mit Schreiben vom 28. Juni 2016 zugesichert habe und die Entziehung mangels wirksamer Zustellung rechtswidrig gewesen sei. Die Zustellungsformalitäten nach der Verordnung EG Nr. 1393/2007 seien nicht eingehalten worden. Aus den beigefügten Schriftstücken der Stadt Most (Entscheidung vom 22.11.2017, Schreiben vom 19.4.2017, 29.3.2017 und 14.6.2017) ergebe sich, dass diese mit Einschreiben gegen Rückschein („avis de reception“) versandt worden seien. Ferner sei eine Mitteilung der Stadt Most vorgelegt worden, die dem Kläger einen Aufenthalt in Tschechien vom 25. September 2008 bis ca. Dezember 2009 bestätige, sowie eine am 23. September 2008 ausgestellte Bescheinigung über einen vorübergehenden Aufenthalt. Dem Kläger sei es nicht zuzumuten gewesen, in Tschechien gegen den Bescheid vom 22. November 2017 zu klagen.
Mit Beschluss vom 12. September 2018 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung ab, es spreche eine ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Klage unbegründet sei. Das Landratsamt habe mit bestandskräftigem, niemals aufgehobenem Bescheid festgestellt, dass die tschechische Fahrerlaubnis den Kläger nicht dazu berechtige, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen. Ein Anspruch auf Aufhebung dieses Bescheids bestehe nicht, da sich die Feststellung im Ergebnis als zutreffend bzw. rechtmäßig erweise. Denn aus der Entscheidung der Stadt Most vom 22. November 2017, die ungeachtet ihrer wirksamen Zustellung eine vom Ausstellermitgliedsstaat herrührende unbestreitbare Information darstelle, ergebe sich, dass der Kläger den Anforderungen an das Innehaben eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedsstaat zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis nicht genügt habe. Auch die Tatsache, dass der Kläger seit 1994 durchgehend in Nördlingen gemeldet gewesen sei, spreche gegen einen ordentlichen Wohnsitz in Tschechien, der nach dem Schreiben des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit vom 9. April 2009 bei Erteilung der Fahrerlaubnis ohnehin nicht mehr bestanden habe. Außerdem habe der Kläger zu seinem Aufenthalt in Tschechien keine nachprüfbaren Angaben gemacht. Im Übrigen sei die Entscheidung der Stadt Most dem Kläger gegenüber wirksam geworden. Die Verordnung EG Nr. 1393/2007 sei in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nicht anwendbar. Die vom Kläger vorgelegten Schriftstücke belegten, dass er die Entscheidung erhalten und im Entziehungsverfahren seine Sicht hinsichtlich des Bestehens eines ordentlichen Wohnsitzes dargelegt habe. Warum es ihm nicht zumutbar gewesen sein solle, gegen die Entscheidung vorzugehen, erschließe sich nicht. Auch stelle das Schreiben des Landratsamts vom 28. Juni 2016 schon seinem Wortlaut nach offensichtlich keine Zusicherung im Sinn von Art. 38 BayVwVfG dar. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis, weil die im Verkehrszentralregister eingetragene Verkehrsstraftat gemäß § 316 Abs. 1, 2 StGB erst mit Ablauf des 30. April 2019 getilgt und gelöscht werde. Die bis dahin bestehenden Eignungszweifel seien gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV zwingend durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten auszuräumen.
Mit seiner Beschwerde, der der Beklagte entgegentritt, beantragt der Kläger die Aufhebung des Beschlusses und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten. Er trägt vor, in dem tschechischen Führerschein sei ein Wohnsitz in Tschechien eingetragen. Der Kläger habe für seinen Vortrag, deutlich mehr als 185 Tage in Tschechien gewohnt zu haben, seine Einvernahme als Partei und die Einvernahme seiner Ehefrau beantragt, weil anderweitige Beweismittel infolge des Zeitablaufs nicht mehr ermittelbar bzw. verfügbar seien. Die Wertung der klägerischen Angaben als unglaubhaft sei zu hoch angesetzt und unzutreffend. Der Magistrat der Stadt Most habe mit Schreiben vom 22. November 2017 bestätigt, dass die Mindestanforderungen an den Aufenthalt bei Erteilung der Führerscheine erfüllt seien. Nicht nachvollziehbar sei, wie die tschechische Behörde dann zum gegenteiligen Ergebnis gekommen sei. Der Kläger habe sich in Deutschland abgemeldet und auch eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Hierüber lägen allerdings keine Unterlagen mehr vor, weil die AOK die Daten gelöscht habe. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht von den eingeräumten gelegentlichen Besuchen bei der Ehefrau auf eine regelmäßige Rückkehr geschlossen. Die dem Kläger zugestellten tschechischen Schriftstücke seien ihm absolut unverständlich gewesen. Es sei davon auszugehen, dass ähnlich wie im deutschen Verwaltungsrecht für Auslandszustellungen an Ausländer tschechische Bestimmungen bestünden, wonach der Betroffene die Möglichkeit haben müsse, den Bescheid zu verstehen, dass ihm dieser also in einer verständlichen Sprache zugestellt werden müsse. Hieran fehle es jedenfalls. Auch den Ausführungen bezüglich der Zweifel an seiner Fahreignung werde entschieden entgegengetreten. Der Kläger habe seit Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen. Auf jeden Fall hätte ihm die Möglichkeit gegeben werden müssen, bestehende Zweifel auszuräumen, was ihm verwehrt worden sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, mit der der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Verpflichtungsklage auf Umschreibung einer ausländischen Fahrerlaubnis einer Fahrerlaubnis weiterverfolgt, ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den in dem angegriffenen Beschluss zutreffend dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO). Daher kommt es auf die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Klägers nicht an.
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt es regelmäßig, dass die Erfolgsaussichten offen sind oder es entscheidungserheblich auf schwierige Rechtsfragen ankommt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt sind (BVerfG, B.v. 13.3.1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347 = juris 2. Ls.). Hinreichende Erfolgsaussichten liegen allerdings dann nicht vor, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist oder konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.2.2002 – 1 BvR 1450/00 – NJW-RR 2002, 1069 = juris Rn. 12).
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), ist eine EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat, unter erleichterten Bedingungen in eine deutsche Fahrerlaubnis umzutauschen. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Schreiben des Landratsamts vom 28. Juni 2016 seinem Wortlaut nach eine (fehlerhafte) rechtliche Einschätzung, jedoch keine Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG enthält, und weiter, dass es an der vorausgesetzten Inlandsberechtigung nach § 29 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 28 FeV fehlt, weil der Kläger zwischen April und Dezember 2009, als ihm in Tschechien sukzessiv Fahrerlaubnisse für verschiedene Fahrzeugklassen erteilt worden sind, seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte. Denn von der Tschechischen Republik herrührende Informationen haben darauf hingewiesen, dass er zu diesem Zeitpunkt keinen ordentlichen Wohnsitz in Tschechien hatte.
Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Eine Person, deren persönliche Bindungen im Inland liegen, die sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sie sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).
Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2017 – 11 CS 17.1022 – juris Rn. 14). Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10, Akyüz – NJW 2012, 1341 Rn. 62).
Hieraus folgt zunächst, dass es dem Beklagten nicht verwehrt war, der Frage nachzugehen, ob der Kläger bei der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz in Tschechien hatte (vgl. EuGH, U.v. 26.4.2012 – C-419/10, Hofmann – juris Rn. 90). Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Wohnorts im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten (vgl. BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427 – NZV 2013, 259). Die Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG vermittelt dem Aufnahmemitgliedstaat vielmehr das Recht, sich bei den Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes zu erkundigen; dem steht die Verpflichtung dieses Staats gegenüber, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, U.v. 7.5.2015 – 11 B 14.654 – juris Rn. 33). Dass ggf. auch widersprüchliche behördliche Informationen aus dem Ausstellungsstaat von der Fahrerlaubnisbehörde des Aufnahmemitgliedstaats als Hinweis auf einen Scheinwohnsitz gewertet werden dürfen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 11 ZB 17.1696 – juris Rn. 25), ergibt sich schon daraus, dass Angaben im Führerschein wie auch andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende Informationen gleichrangig („oder“) als Erkenntnisquellen genutzt werden dürfen (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08 – EuZW 2009, 735 Rn. 51).
Ferner lassen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – a.a.O. Rn. 67 ff.) keine mit dem Begriff „unbestreitbar“ verknüpften Mindestanforderungen an die qualitative Beweis- bzw. Aussagekraft entnehmen. Vielmehr wird insoweit zunächst vorausgesetzt, dass die Informationen von einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats stammen, selbst wenn sie nur indirekt in Form einer Mitteilung Dritter übermittelt worden sind (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 67, 71 f.). Die entsprechende Prüfung obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 73). Weiter setzt die Heranziehung der Informationen nicht voraus, dass sich aus ihnen ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis zweifelsfrei ergibt bzw. dass sie insoweit als abschließender Beweis angesehen werden können (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2018 – 11 CS 17.1817 – juris Rn. 13). Es genügt, wenn sie darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74 f.; BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 = juris Rn. 21). Auch insofern obliegt die Bewertung den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74).
Liegen unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vor, aus denen sich die Möglichkeit ergibt bzw. die darauf hinweisen, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten war, sind bei der Beurteilung dieser Frage alle Umstände des anhängigen Verfahrens zu berücksichtigen, also auch die „inländischen Umstände“ (EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – a.a.O. Rn. 75; stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NW, B.v. 9.1.2018 – 16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff.).
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben liegen im Fall des Klägers unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vor, die darauf hinweisen, dass er keinen ordentlichen Wohnsitz in Tschechien begründet hat. Insoweit genügt die Entscheidung der Stadt Most vom 22. November 2017 über die Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Begründung, dass der Kläger dem Wohnsitzerfordernis nicht genügt habe, weil er außer seinen Erklärungen und der nicht nachvollziehbaren Erklärung seiner Ehefrau nichts vorgelegt habe, was eine tatsächliche Wohnsitznahme – wie von seiner Ehefrau behauptet – bis 2020 belegen würde. Demgemäß ging die Stadt Most aufgrund des Eintrags im Ausländerregister davon aus, dass der vorübergehende Aufenthalt des Klägers bereits am 1. März 2009 geendet hat, wie das Gemeinsame Zentrum der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit dem Landratsamt bereits mit Schreiben vom 9. April 2009 mitgeteilt hatte. Für die Wertung als unbestreitbare Information kommt es darüber hinaus nicht auf die Bestandskraft oder die wirksame Zustellung der Entscheidung an den Kläger unter seiner deutschen Anschrift oder auf eine Beweiserhebung zu seinem Wohnsitz im Jahr 2009 an, im Rahmen derer der Kläger und seine Ehefrau als Partei bzw. Zeugin einzuvernehmen wären. Das Verwaltungsgericht hat, anders als geltend gemacht, insoweit auch keine Beweiswürdigung vorweggenommen, sondern lediglich geprüft, ob hinreichende Indizien vorliegen, die gegen eine Wohnsitznahme in Tschechien sprechen. Nachdem dies der Fall war, durfte es daneben berücksichtigen, dass der Kläger seit 1994 durchgehend in Deutschland gemeldet war und während des Verwaltungs- und Klageverfahrens keine belegten bzw. nachprüfbaren Angaben zu seinen Wohnverhältnissen gemacht hat. Weisen aus dem Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen darauf hin, dass die im Führerschein eingetragene Angabe zum Wohnsitz unzutreffend ist, obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen, wenn er daran festhält, dass er das Wohnsitzerfordernis erfüllt (BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48.14 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 3.6.2013 – 11 CE 13.738 – juris Rn. 8 ff.; B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 20 jeweils m.w.N.).
Es trifft auch nicht zu, dass die Entscheidung der Stadt Most nicht nachvollziehbar ist. Soweit dort im Sachverhalt ausgeführt wird, die Fahrerlaubnisbehörde habe die Fahrerlaubnis aufgrund einer ausländerpolizeilichen Mitteilung erteilt, die die Einhaltung der Mindestanforderungen bestätigt habe, ergibt sich im weiteren eindeutig, dass die Behörde aufgrund einer Beurteilung der ihr vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Mitteilung der deutschen Behörden über den in Deutschland gemeldeten Wohnsitz als auch die Mitteilung der tschechischen Ausländerpolizei, dass der Aufenthalt am 1. März 2009 geendet hat, zu dem Schluss gekommen ist, dass die ursprüngliche Annahme in Wahrheit nicht zutrifft, weil es für den behaupteten Aufenthalt in Tschechien keinen Beleg gibt und die Angaben der Ehefrau des Klägers nicht nachvollziehbar sind. Mit dem Einwand, dass die Entziehung der tschechischen Fahrerlaubnis durch die tschechische Behörde unrechtmäßig sei, kann der Kläger nicht durchdringen, weil es sich bei dieser Maßnahme um einen ausländischen Verwaltungsakt handelt, der im Inland nicht zu vollziehen oder zu vollstrecken ist und damit nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt. Ein deutsches Verwaltungsgericht, das auf die Überprüfung von Maßnahmen der deutschen öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG beschränkt ist (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.1981 – 2 BvR 1107/77 – BVerfGE 58, 1 = juris Rn. 76 ff.; Huber in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 9. Aufl. 2018, Art. 19 Abs. 4 Rn. 421 ff. m.w.N.; VGH BW, U.v. 29.8.2017 – 10 S 856/17 – NZV 2018, 181 = juris Rn. 29), hat die Rechtmäßigkeit eines ausländischen Verwaltungsakts grundsätzlich auch nicht inzident zu überprüfen. Die Prüfung anhand des nationalen Rechts des Ausstellermitgliedstaats, ob die Entziehung der Fahrerlaubnis wirksam war, ist grundsätzlich allein den Behörden und Gerichten des Ausstellermitgliedstaats vorbehalten (VGH BW, a.a.O.).
Aus fehlenden Sprachkenntnissen kann der Kläger insoweit nichts für sich herleiten. Nachdem er sich vorübergehend in Tschechien aufgehalten und dort eine Fahrerlaubnis erworben hat, ist zum einen schon nicht nachvollziehbar, weshalb es ihm unzumutbar sein sollte, dort ein weiteres Verwaltungsverfahren betreffend seine Fahrerlaubnis durchzuführen. Es wäre seine Sache gewesen, ggf. einen Dolmetscher beizuziehen und im Falle eines durch sprachliche Unkenntnis verursachten Fristversäumnisses, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Zum andern trifft es auch nicht zu, dass nach deutschem Verwaltungsverfahrensrecht die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts oder der Lauf einer Rechtsbehelfsfrist von den sprachlichen Kenntnissen des Adressaten abhängt (Schwarz in Fehling/Kastner/ Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 23 Rn. 16 f.). Vielmehr ist die Amtssprache, die für alle mündlichen und schriftlichen Äußerungen der Behörde gilt, nach Art. 23 Abs. 1 BayVwVfG deutsch. Bestehen keine abweichenden Sonderregelungen, wie z.B. § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG, ist einem Bescheid auch keine Übersetzung beizufügen. Im Übrigen würden deutsche Verfahrensregelungen ohnehin keine Mutmaßungen über die Ausgestaltung des tschechischen Verwaltungsverfahrensrechts rechtfertigen.
Danach kommt es auf die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Feststellungsbescheids vom 24. März 2010 und die Voraussetzungen, unter denen ggf. dessen Aufhebung in Betracht käme (vgl. BVerwG, U.v. 20.3.2008 – 1 C 33/07 – NVwZ 2008, 1024 = juris Rn. 13 f.), nicht an.
Schließlich hatte die Fahrerlaubnisbehörde – wie erstmals mit dem Beschwerdevorbringen geltend gemacht worden ist – auch keinen Anlass, dem Kläger durch Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV die Möglichkeit zu geben, bestehende Fahreignungszweifel auszuräumen. Denn der in dem Antragsformular ebenfalls vorgesehene Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis „nach Versagung (§ 2 StVG) oder vorangegangener Entziehung (§ 20 FeV) oder nach Verzicht“ ist nicht gestellt worden. Von den vorgesehenen fünf Optionen ist lediglich angekreuzt worden, eine Fahrerlaubnis „aufgrund einer ausländischen Fahrerlaubnis (§§ 29 – 31 FeV)“ zu erteilen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 2 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. März 2017 (BGBl. I S. 399), i.V.m. §§ 20, 21 FeV zutreffend verneint. Die Eintragung der Verkehrsstraftat gemäß § 316 StGB aus dem Jahr 2005 im Fahreignungsregister ist noch nicht tilgungsreif und daher noch zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass der Kläger sich im Straßenverkehr nicht bewähren konnte, weil ihm bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. März 2010 die Berechtigung abgesprochen worden ist, von der im Jahr 2009 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, würde die Erteilung einer Fahrerlaubnis vor Eintritt der Tilgungsreife (vgl. dazu § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 3 Nr. 2 in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung des StVG (a.F.) i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 StVG a.F., § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 Buchst. a i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 5 Satz 1 StVG) gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV zwingend die Ausräumung der Fahreignungszweifel durch ein medizinisch-psychologisches Gutachtens voraussetzen.
Damit war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe fallen – anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz – Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 60,- EUR jedoch entbehrlich.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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