Verkehrsrecht

Verkehrsunfall

Aktenzeichen  1 C 389/19 (11)

Datum:
12.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53130
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1 und 2, § 18 Abs. 1
VVG § 115 Abs. 1
BGB § 1006 Abs. 1 S. 1
StVO § 9 Abs. 1 S. 2 und S. 4

 

Leitsatz

Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.505,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.06.2019 zu zahlen.
Im Übrigen ist die Klage dem Grunde nach zu 60 Prozent gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist – soweit sie zur Entscheidung reif ist – überwiegend begründet.
I)
Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 1.505,01 Euro gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 1 StVG i.V. mit § 115 Abs. 1 VVG zu.
1) Die Eigentümerstellung des Klägers wird aufgrund des Besitzes im Unfallzeitpunkt nach § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB vermutet.
2) Nach der Beweisaufnahme ist von einer Haftung der Parteien im Verhältnis 40 zu 60 Prozent auszugehen.
a) Dies ergibt sich im Rahmen der Abwägung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere darauf, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nur unstreitige bzw. zugestandene und bewiesene Umstände einzustellen. Jeder hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er für die vorzunehmende Abwägung für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will.
b) Der Kläger hat gegen § 1 StVO verstoßen. Die Kolonne war mit verminderter Geschwindigkeit unterwegs. Der Kläger hätte demnach nicht in einem Zug an dieser vorbeifahren dürfen. Der Sachverständige hat insbesondere unter Berücksichtigung der Unfallstelle sowie -schäden überzeugend dargelegt, dass er die Veränderung in der Kolonne bzw. das Einordnen des Beklagtenfahrzeugs zur Fahrbahnmitte hin hätte wahrnehmen können. Darin lag aber kein Überholen in unklarer Verkehrslage, da das langsame Fahren mangels Erkennbarkeit des Fahrtrichtungsanzeigers in dieser Situation nicht ausreicht.
c) Die Beklagte zu 1. hat gegen § 9 Abs. 1 S. 2 und S. 4 StVO verstoßen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist plausibel, dass sie sich nicht rechtzeitig zur Mitte eingeordnet hat. Ferner hätte sie bei Einhaltung der zweiten Rückschaupflicht das klägerische Kraftrad wahrnehmen können. Dagegen ist eine überhöhte Geschwindigkeit nicht nachgewiesen. Auch liegt kein Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO vor, da die Beklagte zu 1. nicht in eine Grundstückseinfahrt abbiegen wollte.
d) Bei Abwägung ist von einer Quotelung von 40 zu 60 Prozent auszugehen. Beide Parteien hätten den Unfall vermeiden können. Der Beklagten zu 1. sind aber zwei Verkehrsverstöße nachgewiesen. Die höhere Betriebsgefahr ihres Pkw ist dagegen aufgrund der höheren Geschwindigkeit des klägerischen Kraftrads nicht zu berücksichtigen.
3) Der Höhe nach ergeben sich 1.505,01 Euro.
a) Der Sachverständige hat den Wiederbeschaffungsaufwand nachvollziehbar mit 1.930,00 Euro angegeben. Aufgrund der Gebrauchsspuren am Verkleidungsteil ist dabei nur ein Wiederbeschaffungswert von 2.250,00 Euro anzunehmen. Hingegen war der Kläger nicht gehalten, weiter zur Ursache dieses Vorschadens vorzutragen. Denn es handelt sich nach den Ausführungen des Sachverständigen mit großer Wahrscheinlichkeit um Schäden beim Gepäcktransport, die nicht mit dem Unfall in Zusammenhang stehen. Auch ist die Soziusabdeckung aufgesteckt und daher leicht austauschbar.
b) Ferner sind die Sachverständigenkosten und die Schadenspauschale von insgesamt 578,35 Euro hinzuzurechnen. Das Gutachten war auch nicht aufgrund nur eines genannten Restangebots unbrauchbar, da dies jedenfalls nicht auf einem Verschulden des Klägers beruhte. Bei einer Haftung von 60 Prozent ergeben sich 1.505,01 Euro.
3) Die Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 BGB.
II)
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
III)
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.


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