Versicherungsrecht

Berufung, Revision, Widerruf, Zulassung, Beschlussverfahren, Widerspruch, Frist, Rechtsverletzung, Belehrung, Sicherung, Bedeutung, Information, Zweifel, Rechtssache, Aussicht auf Erfolg, Die Fortbildung des Rechts, Fortbildung des Rechts

Aktenzeichen  8 U 1961/20

Datum:
5.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 52718
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

11 O 7211/19 2020-05-12 Urt LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.05.2020, Az. 11 O 7211/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen die streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers aus einer Rückabwicklung (nach Widerspruch) des bei der Beklagten vormals zu Versicherungsnr. L 080566 316 012 gehaltenen Vertrages über eine Rentenversicherung abgelehnt und die Klage abgewiesen.
Es wird zunächst Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die den Senat überzeugen.
Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 02.07.2020 zur Aufrechterhaltung des Ersturteils noch Folgendes auszuführen:
1. Der Kläger hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist daher von dem im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Sachverhalt auszugehen. Dieser rechtfertigt weder eine andere Entscheidung noch ist eine Rechtsverletzung vorgetragen, auf der die erstinstanzliche Entscheidung beruhen würde (§ 513 Abs. 1 ZPO).
2. Der Kläger wurde bei Abschluss des Vertrages im Jahre 2005 ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. belehrt.
Die Belehrung ist nicht deshalb unwirksam, weil es in den „Verbraucherinformationen“ an einer Angabe über die Zugehörigkeit des Versicherers zu einem „Sicherungsfonds“ mangelt.
Der Senat schließt sich insofern der „herrschenden Meinung“ an (vgl. dazu Zegowitz/Haferkorn, Der ewige Widerrufsjoker und seine Grenzen – Die teleologische Fortbildung der §§ 5a Abs. 2 S. 4, 8 Abs. 5 S. 4 VVG a.F. durch den BGH, VersR 2020, 1005-1016, Fn 7 m.w.N.) und folgt u.a. OLG Köln v. 29.4.2016 – 20 U 4/16, juris Rz. 26; OLG Köln v. 2.8.2016 – 20 U 102/14; OLG München v. 16.11.2017 – 25 U 3439/17, BeckRS 2017, 144381 Rz. 13 m.w.N.; OLG Stuttgart v. 9.5.2019 – 7 U 169/18, VersR 2020, 353 = juris Rz. 79; OLG Saarbrücken v. 21.2.2018 – 5 U 45/17, juris Rz. 51 ff.; OLG Brandenburg v. 23.4.2019 – 11 U 42/16, juris Rz. 12; OLG Schleswig v. 25.5.2020 – 16 U 90/19, n.v.; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 5a Rz. 21 m.w.N..
Nach dieser überzeugenden Ansicht ist die unterbliebene Information über eine tatsächlich bestehende Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds – die wie hier bei einem in Deutschland ansässigen Lebensversicherer gesetzlich vorgeschrieben war und ist – lediglich positiv für den Versicherten und kann daher nicht kausal für den unterbliebenen Widerruf geworden sein.
Die von der Berufung für sich in Anspruch genommene anderslautende Entscheidung des OLG Karlsruhe (28.6.2019 – 12 U 134/17) ist vereinzelt geblieben und überzeugt inhaltlich nicht.
Damit folgt der erkennende Senat in der Sache einer jüngst veröffentlichten Entscheidung des OLG München zu dieser Streitfrage (OLG München, Urteil vom 07. September 2020 – 21 U 1983/20 -, juris Rn. 30 ff., Leitsatz: „Das Fehlen einer Information über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds in den Verbraucherinformationen ist unschädlich, weil sie nicht einem berechtigten Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers dient (Anschluss OLG München, 16. November 2017, 25 U 3439/17, OLG Saarbrücken, 21. Februar 2018, 5 U 45/17, OLG Köln, 29. April 2016, 20 U 4/16; entgegen OLG Karlsruhe, 28. Juni 2019, 12 U 134/17“).
Zudem sieht sich der erkennende Senat damit auch in Übereinstimmung mit der aktuellen Rechtsprechung des EuGH zur Relation zwischen „Belehrungsmangel“ und „Widerspruchsrecht“ (Urteile vom 19.12.2019, Az. C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, VersR 2020, 341-353, und vom 02.04.2020, Az. C-20/19, NJW 2020, 1499-1501).
Wegen der ersichtlich als Einzelmeinung in der obergerichtlichen Judikatur vertretenen Ansicht des OLG Karlsruhe sieht der erkennende Senat – anders als das OLG München in seiner Entscheidung vom 07.09.2020 – keine Veranlassung, die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision zu bejahen (im Ergebnis ebenso: OLG Brandenburg, Urteil vom 23.04.2019, 11 U 42/16, Rn. 17 juris) und deshalb vom Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO abzusehen.
Auch die übrigen Ausführungen des Landgerichts zu den vom Kläger monierten Punkten sind überzeugend.
Die Berufung bringt hierzu keine neuen Argumente oder Gesichtspunkte vor, die nicht schon Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen wären.
Es ist deshalb von einer ordnungsgemäßen Belehrung des Klägers und damit zugleich von einer wirksamen Ingangsetzung der gesetzlichen Widerrufsfrist auszugehen.
Ein Widerspruch wurde binnen der damaligen gesetzlichen Frist von dem Kläger unstreitig nicht erklärt. Der erst mehr als 13 Jahre später mit Schreiben vom 10.12.2018 erklärte Widerspruch ist deshalb verfristet und bleibt ohne jede Rechtswirkung.
Auf die Frage des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) kommt es deshalb ebenso wie auf die Frage nach der zutreffenden Berechnungsart etwaiger gezogener Nutzungen aus Beitragszahlungen nicht mehr streitentscheidend an.
3. Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses


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