Verwaltungsrecht

2 VR 5/20

Aktenzeichen  2 VR 5/20

Datum:
23.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:230321B2VR5.20.0
Spruchkörper:
2. Senat

Leitsatz

1. Verlangt ein Anforderungsprofil, das von den Bewerbern IT-Fachkenntnisse fordert, den Abschluss eines Hochschulstudiums in näher bezeichneten Studienbereichen, so muss diese Eingrenzung des Bewerberfelds von der plausiblen Annahme getragen sein, dass nach der allgemeinen Verkehrsanschauung aufgrund der thematischen Bezeichnung dieser Studienbereiche erwartet werden kann, dass deren Absolventen die geforderten Fachkenntnisse vermittelt worden sind. Ob das Studium eines Bewerbers schon länger zurückliegt und ob die Fachkenntnisse nachweislich (noch) vorhanden sind, ist im Rahmen dieser ersten Vorauswahl innerhalb eines gestuften Auswahlverfahrens unerheblich.
2. Zu derselben plausiblen Annahme kann der Dienstherr aufgrund seiner Erfahrungen mit Absolventen dieser Studienbereiche im Rahmen ihres bisherigen Einsatzes auf Dienstposten gelangen, weil und wenn dieser Einsatz ohne entsprechende Fachkenntnisse nicht erfolgreich zu bewältigen wäre.

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 44 031,90 € festgesetzt.

Gründe

I
1
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens mit dem Beigeladenen. Beide stehen im Dienst der Antragsgegnerin und werden beim Bundesnachrichtendienst (BND) verwendet.
2
Die Antragstellerin absolvierte an einer Technischen Hochschule den Studiengang Verkehrswesen mit der Studienrichtung Schiffs- und Meerestechnik und erwarb 2008 den Grad einer Diplom-Ingenieurin (Dipl.-Ing.) Verkehrswesen. Anschließend durchlief sie den Vorbereitungsdienst für den höheren technischen Verwaltungsdienst, den sie 2011 mit der Großen Staatsprüfung in der Fachrichtung Maschinen- und Elektrotechnik abschloss. In der Folgezeit war sie in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in einer Fachstelle Maschinenwesen tätig, wo sie u.a. Fachaufgaben in der Maschinenbau-, Elektroenergie-, Nachrichten- und Schiffbautechnik wahrnahm. Seit April 2014 ist sie beim BND tätig, seit April 2017 im Amt einer Technischen Oberregierungsrätin (Besoldungsgruppe A 14 BBesO). Sie wurde zunächst in einem für die Auswertung zuständigen Referat, sodann als Projektleiterin im Liegenschaftsmanagement verwendet und ist seit August 2020 Leiterin des Sachgebiets “…”. In der zuletzt über sie erstellten dienstlichen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. April 2019 (für den Beurteilungszeitraum der vorangegangene drei Jahre) erhielt sie die Gesamtnote 9 (Spitzennote; “übertrifft die Anforderungen durch stets herausragende Leistungen”).
3
Der Beigeladene absolvierte ein Physikstudium, das er mit Diplom und Promotion abschloss. Er ist seit April 2006 beim BND tätig, seit Januar 2010 im Statusamt Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14 BBesO). Er wird derzeit auf dem Dienstposten des Sachgebietsleiters “…” verwendet und ist Projektleiter eines Technologieprojekts im BND. In der letzten über ihn erstellten dienstlichen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. April 2019 erhielt er die Gesamtnote 8 (“übertrifft die Anforderungen durch ganz überwiegend herausragende Leistungen”).
4
Unter dem 5. Dezember 2019 und sodann wegen des verzögerten Abschlusses einer Beurteilungsrunde erneut unter dem 6. Mai 2020 schrieb der BND den zum Referat X gehörenden und mit der Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten Y “…” als sog. förderlichen Dienstposten ausschließlich für Beamte der Besoldungsgruppe A 14 aus.
5
Das Referat X, dem das von dem Inhaber des ausgeschriebenen Dienstpostens zu führende Sachgebiet organisatorisch zugeordnet ist, ist für die Entwicklung, Einführung und Pflege von IT-Anwendungen, IT-Verfahren und IT-Entwicklungsmethoden im BND zuständig. Ein weiterer Aufgabenschwerpunkt des Referats liegt in der fachtechnischen Prüfung und Begleitung von Fremdentwicklungen sowie der Marktsichtung und Erprobung kommerzieller Produkte für die Integration von IT-Verfahren.
6
Der Aufgabenbereich des Dienstpostens des Leiters des Sachgebiets Y umfasst ausweislich der Ausschreibung insbesondere Führungs- und Leitungsaufgaben sowie Fachaufgaben im IT-Bereich.
7
Die Ausschreibung enthält ferner ein sog. Anforderungsprofil. Dieses nennt als zwingende Anforderungen, die ein Bewerber erfüllen muss, die Befähigung für die Laufbahn des höheren technischen Verwaltungsdienstes aus den Studienbereichen Informatik, Elektro- und Informationstechnik oder aus dem Studienbereich Wirtschaftsingenieurwesen mit ingenieurwissenschaftlichem Schwerpunkt (Informatik, Elektro- und Informationstechnik) oder die Befähigung für die Laufbahn des höheren naturwissenschaftlichen Dienstes aus den Studienbereichen Mathematik oder Physik.
8
Für den Fall, dass mehrere Bewerber über die gleiche Gesamtnote verfügen, nennt das Anforderungsprofil als nicht in angemessener Zeit nacherwerbbare zusätzliche Anforderungen, die für den Leistungsvergleich anhand der dienstlichen Beurteilungen maßgeblich sein sollen, u.a. “vertiefte Fachkenntnisse, insbesondere IT-Entwicklungsmethoden und -verfahren”.
9
Die Antragstellerin bewarb sich mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 neben 19 anderen Bewerbern um den ausgeschriebenen Dienstposten; drei Mitbewerber zogen in der Folgezeit ihre Bewerbung zurück.
10
In einem Auswahlvermerk vom 30. September 2020 wurde die Antragstellerin – ebenso wie ein weiterer Mitbewerber mit dem Abschluss Dip.-Ing. Verkehrswesen – wegen Nichterfüllung des Anforderungsprofils aus der weiteren Betrachtung des Bewerberfelds ausgeschieden. Der engere Leistungsvergleich in dem Auswahlvermerk fiel zugunsten des Beigeladenen aus.
11
Mit Schreiben vom 2. November 2020 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass der ausgeschriebene Dienstposten mit dem Beigeladenen besetzt werden solle. Zur Begründung wurde – in Übereinstimmung mit dem o.a. Auswahlvermerk – angeführt, dass die Antragstellerin nicht die zwingenden Voraussetzungen des Anforderungsprofils hinsichtlich eines dort geforderten Studienabschlusses erfülle. Ihr Studienabschluss “Dipl.-Ing. Verkehrsingenieur Fachrichtung Schiffbau” in Verbindung mit der im Vorbereitungsdienst für den höheren technischen Verwaltungsdienst erworbenen Qualifikation “Maschinen- und Elektrotechnik der Wasserstraßen” sei als Ganzes zu betrachten und in dieser Kombination gemäß einer Klassifikation der Hochschulstudiengänge des Statistischen Bundesamtes dem Studienbereich 65 (Verkehrstechnik, Nautik) und somit nicht den im Anforderungsprofil genannten Studienbereichen zuzuordnen.
12
Die Antragstellerin legte unter dem 11. November 2020 Widerspruch ein und führte aus: Die Auswahlentscheidung verkenne den Inhalt ihrer Qualifikation. Sie verfüge aufgrund ihres Ingenieurstudiums und den dortigen technischen Grundlagenfächern über einen technischen Hochschulabschluss (Dipl.-Ing. für Schiffbau und Meerestechnik); im anschließenden Referendariat habe sie ihr Hauptstudium um eine weitere technische Fachrichtung (Maschinenbau und Elektrotechnik) erweitert. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden.
13
Am 30. November 2020 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:
14
Sie erfülle die Voraussetzungen des Anforderungsprofils hinsichtlich der geforderten universitären Ausbildung. Ausweislich mehrerer vorgelegter Bescheinigungen und Zeugnisse seien wesentliche Inhalte ihres Studiums und Vorbereitungsdienstes sowie ihrer darauffolgenden beruflichen Tätigkeit dem Bereich “Elektro- und Informationstechnik” zuzuordnen. Bei einer Begrenzung des Bewerberkreises auf einzelne Studienfächer werde außer Acht gelassen, dass auch Bewerber aus anderen Studienfächern die notwendigen Voraussetzungen mitbrächten. Moderne Informationstechnologie spiele in der heutigen Zeit gerade bei ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen immer eine Rolle. Im Rahmen der Weiterbildung habe sie weitere Fähigkeiten erworben (Projektmanagement im Rahmen eines Bootsbauprojekts; Mitteleinwerbung; Anträge für Verbundforschungsprojekte), die ebenfalls auf dem streitgegenständlichen Dienstposten gefordert würden. Die vom BND angeführte Klassifizierung anhand der Hochschulstatistik des Statistischen Bundesamtes ergebe sich nicht aus der Ausschreibung. Die vorgenommene Differenzierung widerspreche dem Laufbahnprinzip. Es sei nicht erklärbar, weshalb allein Bewerber der dort angeführten Studienbereiche die Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens wahrnehmen könnten und nicht auch andere Bewerber, die ebenfalls über die Befähigung zum höheren technischen Verwaltungsdienst verfügten. Auch ein Physiker – wie der Beigeladene – oder Mathematiker, der bislang in einem naturwissenschaftlichen Bereich tätig gewesen sei, sei nicht besser für die Konzeption und Entwicklung spezieller IT-Anwendungen geeignet. Das Argument, Mathematiker und Physiker würden beim BND in der weit überwiegenden Zahl der Fälle in technischen und insbesondere IT-nahen Bereichen eingesetzt, trage nicht; es sei davon auszugehen, dass es auch Fälle gebe, in denen dies nicht der Fall sei. Gerade der Beigeladene scheine dafür ein Beispiel zu sein, weil der zuständige Referatsleiter bei einem “Kennenlerngespräch” am 15. Oktober 2020 vermerkt habe, dass der Beigeladene nur über begrenzte und lange zurückliegende praktische Erfahrung in der Programmierung im physikalisch-wissenschaftlichen Kontext und über keine Kenntnisse und Erfahrungen in der modernen Software-Entwicklung verfüge. Schließlich gehe die Einengung des Bewerberkreises an den tatsächlichen Anforderungen des Dienstpostens vorbei, weil dieser in seiner heutigen Form überwiegend Führungs-, Management- und Kommunikationsfähigkeiten erfordere (über die sie verfüge); für eine solche Tätigkeit wären IT-Kenntnisse in einer derartigen Form, wie sie von der Antragsgegnerin im Anforderungsprofil dargestellt würden, nicht notwendig. Ohne die rechtswidrige Eingrenzung des Bewerberfelds durch das Anforderungsprofil hätte die Leistungsauswahl auf sie, die Antragstellerin, fallen müssen, weil sie als einzig verbliebene Bewerberin mit der Spitzennote “9” benotet worden sei.
15
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf von zwei Wochen nach der Bekanntgabe einer erneuten Auswahlentscheidung zu untersagen, den Dienstposten als Sachgebietsleiter (m/w/d) “…” mit dem Beigeladenen zu besetzen und im Zusammenhang mit der Stellenbesetzung eine Ernennung oder Beförderung auszusprechen oder die Stelle durch eine sonstige Maßnahme zu vergeben.
16
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und trägt im Wesentlichen vor: Das der Ausschreibung zugrunde liegende Anforderungsprofil genüge den in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen. Die dem streitbefangenen Dienstposten zugewiesenen Fachaufgaben machten deutlich, dass der Dienstposteninhaber über Fachkenntnisse insbesondere in der IT-Anwendungsentwicklung verfügen müsse. Die Entwicklung von speziellen IT-Anwendungen, deren Implementation in eine bestehende Programmlandschaft sowie die Pflege und Wahrung der entsprechenden Systeme setzten Kenntnisse im Bereich der Softwareentwicklung voraus, über die nicht jeder Beamte des höheren technischen Verwaltungsdienstes verfüge. Angesichts der Komplexität moderner Anwendungsentwicklung, der mit der Implementation verbundenen Schwierigkeiten und dem Pflegen solcher Programme sei auch nicht zu erwarten, dass eine Einarbeitung, insbesondere ohne Vorliegen einschlägiger Fachkenntnisse, zeitnah erfolgen könne, ohne dass es zu Einschränkungen und Einbußen der Auftragserfüllung komme. Bei dem im Anforderungsprofil angesprochenen Bewerberkreis sei davon auszugehen, dass die Bewerber aufgrund ihres Studienbereichs über entsprechende Kenntnisse im IT-Bereich verfügen. Dass das Anforderungsprofil auch Beamte des höheren naturwissenschaftlichen Dienstes aus den Studienbereichen Mathematik und Physik zum Bewerberkreis zulasse, beruhe darauf, dass Mathematiker und Physiker im BND in der weit überwiegenden Zahl der Fälle in technischen und hierbei insbesondere in IT-nahen Anwenderbereichen eingesetzt seien. Bei ihnen seien entsprechende IT-Fachkenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Entwicklung von speziellen IT-Anwendungen für den BND regelmäßig vorhanden, ohne die eine Tätigkeit in diesem Bereich nicht möglich wäre. Studienweg, Vorbereitungsdienst und beruflicher Werdegang der Antragstellerin ließen nicht erkennen, dass sie über wesentliche Berührungspunkte zu Fragen der IT-Anwendungsentwicklung verfüge; auch im BND habe sie keinen Dienstposten inne, der besondere IT-Kenntnisse voraussetze oder vermittelt hätte. Es gebe gerade in technischen Studiengängen in vielen Fällen eine Überschneidung zu anderen Fachrichtungen. Um hier eine Abgrenzung zu ermöglichen, habe sich der BND in der Ausschreibung an die Zuordnung der Fachgruppen, Studienbereiche und Studienfächer der amtlichen Statistik des Statistischen Bundesamtes orientiert (Fächersystematik Stand 2019). Auf dem Dienstposten seien ausweislich der Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung im Übrigen nicht “vornehmlich Führungsaufgaben”, sondern zu einem überwiegenden oder zumindest gleichwertigen Anteil auch Fachaufgaben wahrzunehmen; beim Sachgebietsleiter seien diese dadurch gekennzeichnet, dass sie aufgrund ihrer Tragweite, besonderen Schwierigkeit oder Eigenart nicht auf nachgeordneter Ebene behandelt werden könnten.
17
Der Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Die Antragsgegnerin habe durch das aufgestellte Anforderungsprofil den Bewerberkreis in zulässiger Weise fachspezifisch eingegrenzt. Die Antragstellerin erfülle das Anforderungsprofil nicht. Soweit sie auf Kenntnisse in dem von ihr angeführten CAD-Programm verweise, sei sie lediglich Anwenderin einer bereits existierenden Softwarelösung gewesen; dies sei nicht mit IT-Fachkenntnissen und mit Erfahrungen in der “Konzeption/Entwicklung von IT-Anwendungen” gleichzusetzen. Der Beigeladene dagegen erfülle das Anforderungsprofil. Seine Diplomarbeit (September 2000) habe darin bestanden, 30 stellare Objekte mittels eines auf FORTRAN basierten Computerprogramms zu analysieren. Mit weiterentwickelten und angepassten Versionen des Analyseprogramms habe er anschießend seine Dissertation gefertigt und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet. Dass ein Studienabschluss bereits Jahre zurückliege, ändere nichts daran, dass er als Grundlage eines Anforderungsprofils herangezogen werden könne, da die erworbenen Kenntnisse die Basis für die weitere Berufsentwicklung bildeten.
18
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die dem Senat übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II
19
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist unbegründet. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht zwar ein Anordnungsgrund (1.), nicht aber ein Anordnungsanspruch (2.). Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden kann (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20
1. Ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gegeben.
21
Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe kann die Rechtsstellung der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG beeinträchtigen, weil sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts trifft. Das von Art. 33 Abs. 2 GG gewährte grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung beansprucht Geltung nicht nur für die unmittelbare Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern auch für vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die etwa eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe vorweggenommen oder vorbestimmt wird.
22
Der von der Antragsgegnerin zur Neubesetzung ausgeschriebene Dienstposten wird von ihr im sog. einaktigen Verfahren vergeben. Bei diesem Vorgehen sind die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens und die Vergabe des entsprechenden Beförderungsamtes in der Weise miteinander verknüpft, dass der Dienstpostenvergabe im Falle der Bewährung des ausgewählten Bewerbers ohne weitere Auswahlentscheidung die Beförderung nachfolgt (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 2 A 5.18 – BVerwGE 164, 84 Rn. 31 f. m.w.N.). Diese Vorwirkung der Dienstpostenvergabe für die nachfolgende Beförderung begründet – ebenso wie in den Fällen der laufbahnrechtlichen Erprobung und des Bewährungsvorsprungs – für den unterlegenen Mitbewerber einen Anordnungsgrund und führt dazu, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in diesen Fällen grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Deshalb muss es den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden und darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Vielmehr ist verfassungsrechtlich eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl geboten, bei der die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannt werden dürfen. Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs festgestellt, muss die Vergabe des Dienstpostens an den ausgewählten Bewerber bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 11 ff. m.w.N.).
23
2. Der Antragstellerin steht aber ein Anordnungsanspruch nicht zu. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden kann (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin für die Vergabe des Dienstpostens verletzt nicht den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG.
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a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Die inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG machen eine Bewerberauswahl erforderlich. Diese Auswahlentscheidung ist grundsätzlich anhand dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die hinreichend aktuell und aussagekräftig sein müssen. Beide – Auswahlentscheidung wie dienstliche Beurteilung – sind auf das Statusamt bezogen. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet worden sind (§ 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten. Diese Ausrichtung auf das Statusamt gilt auch dann, wenn eine Auswahlentscheidung (nur) über eine Dienstpostenvergabe in Rede steht, die aber – wie oben dargestellt – Vorwirkung für die nachfolgende Vergabe des Statusamtes hat.
25
Der Grundsatz der auf das Statusamt bezogenen Bestenauswahl ist grundsätzlich auch bei der Festlegung eines Anforderungsprofils zu beachten, in dem der Dienstherr die besonderen Anforderungen des konkret zu besetzenden (“förderlichen”) Dienstpostens festlegt. Eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines konkreten Dienstpostens ist mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 19 ff., 24 ff. und vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 – Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 20 ff., 24 ff.).
26
Dienstpostenbezogene Anforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen ergeben. So leuchtet unmittelbar ein, dass der Dienstherr etwa bei einem festgestellten Bedarf von Lehrern in einer bestimmten Fremdsprache oder in bestimmten mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern das Anforderungsprofil auf solche Bewerber eingrenzt, die ein entsprechendes Hochschulstudium absolviert haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2010 – 2 C 22.09 – BVerwGE 136, 140 Rn. 17 m.w.N. ). Je stärker die fachliche Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten der Verwaltung ist und je höher die Anforderungen an die Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten sind, desto eher kann es erforderlich werden, im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung besondere Qualifikationsanforderungen an den künftigen Stelleninhaber zu stellen. Bei Behörden mit technisch ausgerichteten Dienstposten etwa ist es denkbar, dass die Aufgabenwahrnehmung bestimmter Dienstposten spezielle fachspezifische Vorkenntnisse technischer Art erfordert (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 – Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 28).
27
Dementsprechend hat der Senat bei Ausschreibungen des BND bereits gebilligt, dass das jeweilige Anforderungsprofil etwa für den herausgehobenen Dienstposten eines Anbahners und Verbindungsführers in einer bestimmten Region ein Sprachzeugnis seiner Sprachenschule verlangt, das dem Bewerber fachspezifische Sprachkenntnisse in einer bestimmten Fremdsprache in einer konkreten Ausprägung bescheinigt (BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2017 – 2 VR 2.16 – BVerwGE 161, 59 Rn. 39, 42 f.), oder dass für die Leitung eines auf Technik bezogenen Sachgebiets zwingend ein wissenschaftlicher Hochschulabschluss in der Fächergruppe der Ingenieur-/Naturwissenschaften/Mathematik verlangt wird (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 – Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 29). Ebenfalls gebilligt hat der Senat, dass im Anforderungsprofil für die Leitung des Referats “Rechtsangelegenheiten/…” im BND die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG verlangt wurde; als nicht plausibel beanstandet hat der Senat dagegen, dass ein Bewerber für den vorgenannten Dienstposten auch über eine mindestens zweijährige praktische Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten verfügen musste (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 40 f.).
28
b) Ausgehend von diesen Maßstäben stellt das streitgegenständliche Anforderungsprofil keine unzulässige Einschränkung des Bewerberfelds dar.
29
Verlangt ein Anforderungsprofil, das von den Bewerbern IT-Fachkenntnisse fordert, den Abschluss eines Hochschulstudiums in näher bezeichneten Studienbereichen, so muss diese Eingrenzung des Bewerberfelds von der plausiblen Annahme getragen sein, dass nach der allgemeinen Verkehrsanschauung aufgrund der thematischen Bezeichnung dieser Studienbereiche erwartet werden kann, dass deren Absolventen die geforderten Fachkenntnisse vermittelt worden sind. Ob das Studium eines Bewerbers schon länger zurückliegt und ob die Fachkenntnisse nachweislich (noch) vorhanden sind, ist im Rahmen dieser ersten Vorauswahl innerhalb eines gestuften Auswahlverfahrens unerheblich. Zu derselben plausiblen Annahme kann der Dienstherr auch aufgrund seiner Erfahrungen mit Absolventen dieser Studienbereiche im Rahmen ihres bisherigen Einsatzes auf Dienstposten gelangen, weil und wenn dieser Einsatz ohne entsprechende Fachkenntnisse nicht erfolgreich zu bewältigen wäre. Im Einzelnen:
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aa) Dass in dem Anforderungsprofil für den nach der Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten des Leiters eines Sachgebiets ein Hochschulabschluss verlangt wird, entspricht den Befähigungsvoraussetzungen für die Laufbahngruppe des höheren Dienstes (§ 17 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. a BBG, § 7 Nr. 2 Buchst. a, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BLV). Nach dem Vorstehenden ist es wegen des ausgeprägten technischen Bezugs des streitgegenständlichen Dienstpostens auch nicht zu beanstanden, dass in dem Anforderungsprofil der Bewerberkreis auf Angehörige mit der Befähigung für die Laufbahn des technischen Verwaltungsdienstes oder des naturwissenschaftlichen Dienstes beschränkt und – innerhalb dieser beiden Laufbahnen – nochmals auf Absolventen bestimmter Studienbereiche begrenzt wird. Im neueren Laufbahnrecht auf Bundesebene sind zahlreiche früher fachspezifisch ausdifferenzierte Laufbahnen zusammengefasst und ihre Anzahl auf derzeit nur noch acht Laufbahnen reduziert worden (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 BBG, § 6 Abs. 2 Nrn. 1 bis 8 BLV), darunter die des technischen Verwaltungsdienstes (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 BLV) und des naturwissenschaftlichen Dienstes (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BLV). Dem steht eine Vielzahl technischer und naturwissenschaftlicher Studiengänge und Studienfächer mit entsprechenden Hochschulabschlüssen gegenüber. Angesichts dieser Diskrepanz zwischen Laufbahnen und Fächervielfalt liegt es auf der Hand, dass ein Dienstposten Eignungsanforderungen stellen kann, die nicht von jedem Angehörigen der Laufbahn erfüllt werden (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 35). Dies rechtfertigt es, innerhalb einer Laufbahn (hier: der des technischen Verwaltungsdienstes und des naturwissenschaftlichen Dienstes) den Bewerberkreis auf solche Studienbereiche, Studiengänge oder Studienfächer zu verengen, die die begründete Annahme tragen, dass die Bewerber während dieses Studiums diejenigen Fachkenntnisse erworben haben, die den besonderen Anforderungen des Dienstpostens entsprechen.
31
bb) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der BND im streitgegenständlichen Anforderungsprofil lediglich die dort konkret bezeichneten Studienbereiche als solche definiert hat, bei denen die (siehe oben, Rn. 29) begründete Annahme besteht, dass Absolventen die auf dem ausgeschriebenen Dienstposten erforderlichen, in dem Anforderungsprofil mehrfach angeführten Fachkenntnisse im Bereich Informationstechnik (IT-Fachkenntnisse) erworben haben.
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Für die bei Angehörigen des höheren technischen Verwaltungsdienstes vorgenommene Eingrenzung auf die Studienbereiche “Informatik, Elektro- und Informationstechnik” und für Absolventen des Studienbereichs Wirtschaftswissenschaften mit einem ebensolchen Schwerpunkt leuchtet dies ohne Weiteres ein.
33
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist nicht zu beanstanden, dass das Anforderungsprofil auch bei Angehörigen des höheren naturwissenschaftlichen Dienstes aus den Studienbereichen Mathematik oder Physik von der Annahme ausgeht, dass diese ebenfalls über die verlangten IT-Fachkenntnisse verfügen. Für den Studienbereich Mathematik wird diese Annahme von dem Umstand getragen, dass die Informatik und Informationstechnik (IT) sich aus der Mathematik entwickelt hat (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 – Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 29). Der BND hat diese Annahme bei Absolventen des Studienbereichs Mathematik ergänzend – und erweiternd auch für den Studienbereich Physik – damit begründet, dass Mathematiker und Physiker innerhalb des BND in der weit überwiegenden Zahl der Fälle in technischen und hierbei insbesondere in IT-nahen Anwenderbereichen eingesetzt seien; bei ihnen seien entsprechende IT-Fachkenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Entwicklung von speziellen IT-Anwendungen für den BND regelmäßig vorhanden, ohne die eine Tätigkeit in diesem Bereich nicht möglich wäre. Der Verweis auf einen derartigen Erfahrungsbefund ist plausibel und vermag die in Rede stehende Annahme zu tragen. Der bloße Einwand der Antragstellerin, dass dies im Einzelfall auch anders sein könne, ist nicht geeignet, diese Annahme zu erschüttern.
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Mangels normativer Festlegungen ist es nicht zu beanstanden, weil plausibel und jedenfalls nicht sachwidrig, dass der BND seine Annahme auch auf die von ihm angeführte Einordnung des von der Antragstellerin absolvierten Studiengangs innerhalb der Hochschulstatistik des Statistischen Bundesamtes stützt, die diesen Studienbereich (dort Ziff. 65 “Verkehrstechnik” mit der Untergliederung Ziff. 142 “Schiffbau/Schiffstechnik”) klar von den anderen im Anforderungsprofil angeführten Studienbereichen (Ziff. 37 “Mathematik”, Ziff. 39 “Physik”, Ziff. 64 “Elektrotechnik und Informationstechnik” sowie Ziff. 71 “Informatik”, jeweils mit Untergliederungen) abgrenzt (Abdruck bei Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Kommentar zur BLV, Stand April 2020, Teil C 9 Übersicht 1).
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cc) Soweit die Antragstellerin weiter einwendet, dass die Informationstechnik auch in den naturwissenschaftlich-technischen Studienfächern zunehmend an Bedeutung gewinne, mag dies richtig sein. Insoweit schildert sie aber lediglich einen allgemeinen Befund, der nicht auf diese Studienfächer beschränkt ist. Berührungspunkte mit IT-Anwendungen bestehen heutzutage in zahlreichen Studienfächern und in vielerlei Hinsicht, aber auch in unterschiedlicher Intensität und Qualität. IT-Anwendungen durchdringen zunehmend die gesamte Arbeitswelt wie auch das Privatleben. Derartige Berührungspunkte und Schnittmengen und daraus gewonnene Kenntnisse können aber schwerlich dazu führen, dass etwa ein Absolvent eines Studiums der Geisteswissenschaften, der sich in gewissem Umfang auch IT-Kenntnisse angeeignet hat, mit einem Absolventen eines Informatikstudiums auf eine Stufe gestellt wird. Daher darf sich ein Anforderungsprofil im Rahmen einer Vorauswahl zur Eingrenzung des Bewerberfeldes auf solche Studienbereiche beschränken, bei denen nach allgemeiner Verkehrsanschauung aufgrund der thematischen Bezeichnung und Umschreibung dieses Studienbereichs die begründete Annahme besteht und daher zu Recht erwartet werden kann, dass die erwünschten Fachkenntnisse vermittelt wurden. Mehr ist nicht zu verlangen. Ob das Studium schon länger zurückliegt und ob die Fachkenntnisse nachweislich (noch) vorhanden sind, ist im Rahmen dieser ersten Vorauswahl innerhalb eines gestuften Auswahlverfahrens ebenfalls unerheblich.
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Insoweit gilt es auch zu bedenken, dass es hier um eine Vorauswahl im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens der Bestenauswahl geht. Ein solches Auswahlverfahren wäre weder praktikabel noch – mangels allgemein gültiger Maßstäbe – rechtssicher durchführbar, wenn es damit belastet würde, etwa den konkreten Inhalt des Studiengangs eines jeden Bewerbers zu ermitteln oder von dem Bewerber vorgelegte Bescheinigungen über einzelne, von diesem konkret erbrachte Studienleistungen zu überprüfen (hier: ob damit IT-Fachkenntnisse – welcher Art und Güte auch immer – nachgewiesen sind). Ausreichend ist die sachlich begründete Annahme, dass der in Rede stehende Studiengang regelmäßig diejenigen Fachkenntnisse vermittelt, die nach allgemeinem Verständnis mit seiner Bezeichnung verbunden werden – und deren Vorhandensein mit dem Bestehen der Abschlussprüfung bescheinigt wird. Dass der Nachweis über konkret vorhandenes Wissen und Können etwa bei einer Sprachprüfung aufgrund eines Standardisierten Leistungsprofils (SLP), deren Ergebnis zum Zeitpunkt der jeweiligen Auswahlentscheidung vorliegen muss (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2017 – 2 VR 2.16 – BVerwGE 161, 59 Rn. 39 ff.), wesentlich sicherer geführt werden kann als bei einem Hochschulabschluss, liegt auf der Hand.
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Im Übrigen ist hinsichtlich der Kritik der Antragstellerin an der Einbeziehung von Bewerbern aus den Studienbereichen Mathematik und Physik darauf hinzuweisen, dass nicht eine (nach ihrer Ansicht möglicherweise zu “großzügige”) Ausweitung, sondern die Verengung des Bewerberfelds rechtfertigungsbedürftig ist (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 – Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 Rn. 31). Schließlich sieht das Anforderungsprofil beim weiteren Leistungsvergleich unter im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerbern vor, dass ein bei der Vorauswahl nach Studienbereichen im Bewerberkreis verbliebener Kandidat, der – entgegen der in dem von ihm absolvierten Studiengang begründeten Annahme – tatsächlich nicht über “vertiefte Fachkenntnisse, insbesondere über IT-Entwicklungsmethoden und -verfahren”, verfügt, sich im weiteren Leistungsvergleich nicht gegenüber im Wesentlichen gleich beurteilten anderen Bewerbern durchsetzen kann.
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dd) Ohne Erfolg bleibt schlussendlich der Einwand der Antragstellerin, die Einengung des Bewerberkreises hinsichtlich der geforderten Studienbereiche und IT-Fachkenntnisse gehe an den tatsächlichen Anforderungen des Dienstpostens vorbei, weil – ausweislich einer Äußerung des vorgesetzten Referatsleiters – für die streitgegenständliche Sachgebietsleiterposition in seiner heutigen Form überwiegend Führungs-, Management- und Kommunikationsfähigkeiten erforderlich seien. Richtig ist, dass ein Anforderungsprofil das zu vergebende Amt (in Vorwirkungsfällen: den förderlichen Dienstposten) in seinem gesetzlich vorgegebenen Kern und tatsächlichen Gehalt zutreffend erfassen muss (BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2021 – 2 VR 4.20 – Rn. 26). Maßgeblich hierfür ist jedoch nicht die (subjektive) Einschätzung einzelner Bediensteter, sondern die festgelegte Aufgaben- oder Tätigkeitsbeschreibung für den jeweiligen Dienstposten, die auch Grundlage für die Bewertung des Dienstpostens ist (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BBesG; vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 2019 – 2 A 3.18 – Buchholz 240 § 18 BBesG Nr. 32 Rn. 38). Diese Aufgabenbeschreibung war (unter Punkt 2 “Aufgabenrahmen”) Teil der streitgegenständlichen Stellenausschreibung. Sie weist eindeutig aus, dass auf dem Dienstposten auch “Fachaufgaben” (Auflistung Bl. 2) und “sachbearbeitende Tätigkeiten” (Punkt 3.2 “Beschreibung der Arbeitsvorgänge”, Auflistung Bl. 5 f.) verlangt werden. Diese bestehen insbesondere in der Bearbeitung fachlicher Fragen und Problemstellungen, die wegen ihrer Tragweite, besonderen Schwierigkeit oder Eigenart nicht – oder nicht nur – auf nachgeordneter Ebene behandelt werden. Dass der Inhaber des Sachgebietsleiterdienstpostens hierfür über die geforderten IT-Fachkenntnisse verfügen muss, kann daher nicht als überzogene Einengung des Bewerberfelds beanstandet werden.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 4 GKG. Wegen der Vorwirkung des streitgegenständlichen Auswahlverfahrens auf die Vergabe des höheren Statusamts entspricht es der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin (§ 52 Abs. 1 GKG), nach Maßgabe von § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 4 GKG die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen als Wert des Streitgegenstandes anzusetzen. Ein weiterer Abschlag mit Rücksicht darauf, dass es um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geht, ist nicht vorzunehmen, weil dieses aus den oben angeführten Gründen nach Prüfungsumfang und Bedeutung einer Hauptsacheentscheidung gleichkommt (s.o. Rn. 22).


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