Verwaltungsrecht

Abschiebungsandrohung rechtmäßig

Aktenzeichen  M 2 S 16.31844

Datum:
4.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 15 Abs. 2 Nr. 4, 5, § 30 Abs. 3 Nr. 5, § 36 Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

Versteckt ein Asylbewerber Reisepass, Flugunterlagen und ggf. weitere Dokumente, verletzt er die ihm obliegende Mitwirkungspflicht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der 1989 geborene Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger. Am 8. Dezember 2014 erhielt er von der Deutschen Botschaft in Dakar ein Schengenvisum für die Zeit von 27. Dezember 2014 bis 4. Januar 2015 für eine Besuchs-/Geschäfts-reise. Am 24. Dezember 2014 wurde ihm von der Nationalen Bewegung der Pioniere, einer staatlichen Behörde der Republik Senegal, ein Reiseauftrag zur Teilnahme an einem in Berlin abgehaltenen Seminar zum Thema „Gemeinsam gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung: Die Gleichstellung von Migranten und Flüchtlingen: Antwort der Sozialisten“ erteilt. Alle damit zusammenhängenden Kosten wurden von einer deutschen Jugendbildungsstätte und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend übernommen.
Am 3. Januar 2015 begehrte der Antragsteller bei einer Berliner Polizeidienststelle Asyl, wobei er zunächst angab, aus Mali kommend auf dem Seeweg nach Italien gereist zu sein. Bei seiner Durchsuchung wurden sein senegalesischer Reisepass, das Flugticket und Unterlagen für das Seminar sichergestellt. Am 6. Februar 2015 beantragte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asyl. Bei seiner Anhörung am 4. Dezember 2015 behauptete er unter anderem, sein senegalesischer Reisepass sei ihm bei der Rückkehr von einer Reise aus Italien an der Grenze abgenommen worden. Das Flugticket habe er weggeworfen. Auf die Frage nach seinen Asylgründen gab er an, er sei Anhänger der Zeugen Jehovas geworden und gegen seinen Willen von seinem Vater für sechs bis sieben Monate in einer muslimischen Bruderschaft untergebracht und dort gefangen gehalten worden. Er sei misshandelt, zur Arbeit gezwungen und wegen seiner Konversion zum christlichen Glauben mit Voodoo-Zauber und sogar mit dem Tod bedroht worden. An die senegalesische Polizei habe er sich nicht gewendet, da diese in religiösen Angelegenheiten nicht helfe. Nach seiner Flucht aus der Gefangenschaft habe er mit Hilfe der jungen Sozialisten innerhalb von 15 Tagen seine Ausreise organisiert und das Visum erhalten.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet (Ziffer 2) sowie auf subsidiären Schutz als unbegründet ab (Ziffer 3); es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 4) und forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung in den Senegal oder einen anderen zu seiner Einreise bereiten oder zu seiner Rückübernahme verpflichteten Staat auf, Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen (Ziffer 5); das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 7 und 6).
Am 26. Juli 2016 erhob der Antragsteller Asylklage und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage abzuordnen.
Eine Begründung werde nachgereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Bundesamtsakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch unbegründet.
Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfGE 94, 166, 194). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG).
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet (§ 34 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. zum Ganzen: Marx, Kommentar zum AsylVfG, 8. Auflage, § 36 Rdnr. 43, 56 f. jew. m. w. N.).
Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffen Bescheids vom 20. Juli 2016. Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt den Antrag auf subsidiären Schutz abgelehnt und keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Dem Antragsteller droht offensichtlich weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Senegal noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 20. Juli 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend hierzu ist auszuführen, dass erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen, weil er nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt hat. Falsch war bereits die Angabe gegenüber der Berliner Polizei, er sei über Mali auf dem Seeweg nach Europa gereist. Ebenso falsch waren die beim Bundesamt aufgestellten Behauptungen, sein Reisepass sei ihm bei einer Rückkehr von einem kurzfristigen Aufenthalt in Italien an der Grenze abgenommen worden und sein Flugticket habe er weggeworfen. Zudem hat der Antragsteller die ihm nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 und 5 AsylG obliegende Mitwirkungspflicht verletzt, indem er seinen Reisepass, sein Flugticket und die Seminarunterlagen versteckt hat (zur Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet wegen gröblicher Verletzung der Mitwirkungspflichten (vgl. § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG). Es ist auch nicht anzunehmen, dass dem Antragsteller die Teilnahme an dem in Berlin abgehaltenen Seminar von den jungen Sozialisten ermöglicht wurde, um ihm zur Flucht zu verhelfen. Denn auch in diesem Fall hätte nichts dagegen gesprochen, dass der Antragsteller die Umstände der Visumserteilung und der Flugreise unter Vorlage sämtlicher von ihm zunächst versteckter Dokumente wahrheitsgemäß angibt. Bei dem Gesamtverhalten des Antragstellers drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass auch seine Angaben zu einer angeblichen Gefangenschaft in einer muslimischen Bruderschaft frei erfunden sind.
Nach alledem war der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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