Verwaltungsrecht

Abweisung der Klage

Aktenzeichen  M 32 K 16.35457

Datum:
23.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55917
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Der Kläger ist nicht bereits allgemein wegen seiner Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft verfolgt. Das Gericht geht in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und unter  Würdigung der aktuellen Erkenntnisse davon aus, dass Angehörige der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Pakistan nicht allein wegen ihres Glaubens und der Praktizierung ihres Glaubens in ihren Moscheen einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind (vgl. VG München, Urt. v. 21.2.2019 – M 23 K 17.45403). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 32 K 16.35457 2019-04-23 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.   

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen war (die Beklagte hat mit allgemeiner Prozesserklärung auf die förmliche Zustellung der Ladung verzichtet) und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts vom 5. Dezember 2016 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch weder im Hauptantrag, noch in den Hilfsanträgen zu. Der Kläger hat auch unter Einbeziehung seines Vorbringens in der mündlichen Verhandlung weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, noch einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); es besteht auch kein Anspruch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Rechtmäßig ist auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 AufenthG). Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und führt ergänzend aus:
1. Ein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht für den Kläger nicht.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich
1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2. außerhalb des Landes befindet
a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder
b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will
und kein Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 bis 4 AsylG vorliegt.
Weitere Einzelheiten zum Begriff der Verfolgung, den maßgeblichen Verfolgungsgründen sowie zu den in Betracht kommenden Verfolgungs- und Schutzakteuren und der sog. inländischen Fluchtalternative regeln die §§ 3a bis e AsylG. Nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG umfasst der Begriff der Religion dabei insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Ob eine Verletzung der Religionsfreiheit eine Verletzungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG darstellt, richtet sich objektiv danach, wie schwerwiegend die Maßnahmen und Sanktionen sind, die gegenüber dem Betroffenen ergriffen werden oder ergriffen werden können. Bei strafrechtlichen Verboten kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis an. Schließlich kann ein Verbot, das nicht durchgesetzt wird, keinen Verfolgungsschutz begründen. Dabei gilt für die Verfolgungsprognose der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit; entscheidend ist, ob aus Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Betroffenen nach Abwägung aller bekannten Umstände Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann und eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 32; BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10 – juris Rn. 22; BVerwG, B.v. 7.2.2008 – 10 C 33.07 – juris Rn. 37). Ein Vorverfolgter wird dabei privilegiert durch die – durch stichhaltige Gründe widerlegbare – Vermutung, dass sich eine frühere Verfolgung oder Schädigung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird (BVerwG; U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – juris Rn. 23).
Es obliegt dabei dem Asylsuchenden, die tatsächlichen Umstände, die seine Furcht vor Verfolgung rechtfertigen sollen, in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990 – 2 BvR 1095/90 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – juris Rn. 3).
Gemessen an diesen Kriterien liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor. Das Gericht konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Pakistan berechtigterweise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund seiner Glaubensüberzeugung eine schwere Rechtsgutverletzung befürchten muss. Der Kläger ist weder bereits aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft und deren allgemeiner Praktizierung ihres Glaubens einer sog. Gruppenverfolgung ausgesetzt, noch droht ihm bei einer Rückkehr nach Pakistan aufgrund besonderer gefahrerhöhender Umstände eine Individualverfolgung.
a) Der Kläger ist nicht bereits allgemein wegen seiner Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft verfolgt.
Das Gericht geht in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und unter Würdigung der aktuellen Erkenntnisse davon aus, dass Angehörige der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Pakistan nicht allein wegen ihres Glaubens und der Praktizierung ihres Glaubens in ihren Moscheen einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind (vgl. VG München, U.v. 21.2.2019 – M 23 K 17.45403; VG München, U.v. 21.1.2019 – M 10 K 17.30585; VG Augsburg, U.v. 18.1.2019 – Au 3 K 16.31570; VGH BW, U.v. 12.6.2013 – A 11 S 757/13 – juris Rn. 57 ff; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 41; SächsOVG, U.v. 18.9.2014 – A 1 A 348/13 – juris Rn. 43). Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich die Bedingungen zulasten Angehöriger der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft wesentlich verschlechtert haben, sind nicht vorgetragen und sind auch den aktuellen Erkenntnismitteln, die Gegenstand des Verfahrens sind, nicht zu entnehmen. Der Kläger hat auch keine Umstände dargelegt, aus denen sich unter Berücksichtigung insbesondere der erforderlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gegenteilige Würdigung ergeben könnte. Das Gericht sieht auch anlässlich der jüngeren Entwicklungen keinen Anlass, zu einer gegenteiligen Bewertung zu kommen. Weder ergibt sich eine solche aus den Erkenntnissen einzelner jüngerer Ereignisse noch aus der Gesamtschau jener.
Hierzu hat das Verwaltungsgericht München im Verfahren M 23 K 17.45403 mit Urteil vom 21. Februar 2019 folgendes ausgeführt:
„Als solches jüngere Ereignis lässt sich etwa die Entscheidung des Islamabad High Court vom 9. März 2018 einordnen. Dieses hatte entschieden, dass alle Bürger und Bürgerinnen ihre Religion bei der Beantragung von Ausweispapieren anmelden müssen (Reuters v. 9.3.2018, In blow to minorities, Pakistani court orders citizens to declare religion, abrufbar unter: https://www.reuters.com/article/us-pakistan-religion-law/in-blow-to-minorities-pakistani-court-orders-citizens-to-declare-religion-idUSKCN1GL28T). Diese Entscheidung wird teilweise als Fokussierung auf Ahmadis und als (weitere) Einschränkung ihrer Rechte kritisiert (Pressemitteilung AMJ v. 14.3.2018 m.w.N, abrufbar unter: https://ahmadiyya.de/news/verfolgung-von-ahmadis/art/oberlandesgericht-islamabad-schraenkt-rechte-der-ahmadiyya-muslime-in-pakistan-stark ein/). Diese Entscheidung zur Pflichteintragung der religiösen Ausrichtung betrifft aber jede Person unabhängig ihrer konkreten religiösen Zugehörigkeit. Sie ist also nicht unmittelbar gegen Mitglieder der Ahmadiyya gerichtet, auch wenn Minderheiten hierdurch offenbar sichtbar werden und die Gefahr religiöser Diskriminierungen eröffnet wird. Auch die jüngst mit Urteil vom 11. Oktober 2017 gegen drei Ahmadis verhängten Todesstrafen wegen des Verstoßes gegen pakistanische Blasphemiegesetze (295-C PPC) lassen nicht den Schluss auf eine Gruppenverfolgung zu (vgl. folgende Online-Berichterstattung v. 12.10.2017 zur Verurteilung: HRC, abrufbar unter: http://hrcommittee.org/2017/10/12/pakistan-sentences-three-ahmadi-men-to-death-for-blasphemy/; ndtv, abrufbar unter: https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-court-sentences-3-ahmadis-to-death-for-blasphemy-1762251; aljazeera,abrufbar unter: https://www.aljazeera.com/news /2017 /10/ahmadis-sentenced-death-blasphemy-171012081709423.html). Diesen war vorgeworfen worden, Plakate mit islamischen Versen zerrissen und beschmutzt zu haben und hierdurch den Propheten Mohammed beleidigt zu haben. Aus diesem individuellen und anlassbezogenen Strafvorwurf lässt sich aber – unabhängig von der höchst fragwürdigen rechtsstaatlichen und grundrechtlichen Bewertung der Verurteilung – keine allgemeine Verfolgung sämtlicher Angehöriger der Ahmadiyya ableiten. Als weiteres jüngere Ereignis lässt sich die Rede des Abgeordneten Captain Muhammad Safdar in der Nationalversammlung – vielfach auch als Hassrede gegen Ahmadis bezeichnet – benennen, die landesweite Proteste und Unruhen gegen Mitglieder der Ahmadiyya nach sich zog (Dawn v. 10.10.2017, PML-N’s Capt Safdar lashes out against Ahmadis, faces backlash on social media, abrufbar unter: https://www.dawn.com/news/1362922; Pressemitteilung Ahmadiyya Muslim Jamaat v. 28. 11.2017, abrufbar unter https://ahmadiyya.de/news/pressemitteilungen/art/anti-ahmadiyya-stimmung-nach-landesweiter-hetze-gefaehrdet-ahmadi-muslime-in-ganz-pakistan/). Diese lässt keine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür erkennen, dass Ahmadis in Pakistan allein aufgrund ihrer Religionsgemeinschaft allgemein verfolgt werden. Auch die Debatte um den geringfügig abgeschwächten Wortlaut des Eides bei Wahlen zur „Finalität des Propheten“, den Parlamentarier ablegen müssen, vermag die Einschätzung des Gerichts nicht zu ändern. Zwar kam es angesichts der Entscheidung des Justizministers Hamid, dem unterstellt worden war, den Eid zugunsten der Ahmadis geändert zu haben, zu wochenlangen Protesten der Bevölkerung gegen die Regierung. Nach dem Rücktritt des Justizministers kam es jedoch – abgesehen von den vorgenannten Protesten gegen die Regierung – nicht zu größeren Ausschreitungen und das befürchtete Chaos blieb aus (Bericht der Tagesschau und 27.11.2017 https://www.tagesschau.de/ausland/pakistan-protestcamp-107.html). Diese Ereignisse bestätigen zwar den aktuellen Lagebericht, wonach die islamische Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya nach der pakistanischen Verfassung nicht als muslimisch anerkannt und Ahmadis durch eine speziell gegen sie gerichtete Gesetzgebung diskriminiert werden. So ist es ihnen etwa verboten, sich als Muslime zu bezeichnen oder sich wie Muslime zu verhalten. Insgesamt bewertet das Gericht die vorgenannten Ereignisse aber als temporär und anlassbedingt, ohne dass sich hieraus eine nachhaltige Verschärfung der allgemeinen Situation der Ahmadis ergibt. Auch die im jüngsten Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe (Pakistan: Situation der Ahmadi, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 7. Mai 2018, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunfts-laender/mittlerer-osten-zentralasien-/pakistan/180507-pak-ahmadi.pdf) beschriebenen Ereignisse zum Nachteil der Ahmadis gehen nicht über die seit geraumer Zeit bestehende religiös geprägte Gewalt, Hasskampagnen und Diskriminierungen gegen Ahmadis hinaus (vgl. VGH BW, U.v. 12.6.2013 – A 11 S 757/13 – juris Rn. 106 ff.) Im Übrigen berichtet das Auswärtige Amt, dass der weitaus größte Teil der Ahmadis friedlich mit den muslimischen Nachbarn zusammenlebt (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, im Folgenden: Lagebericht, Stand: August 2018, S. 13f.; Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Pakistan, Stand: Juni 2017, S. 80). Das Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führt sogar aus, dass sich die Lage der Ahmadis leicht verbessert habe (Fact Finding Mission Report – Pakistan, September 2015, S. 59; Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Pakistan, Stand: Juni 2017, S. 80).“
Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an.
b) Der Kläger hat auch keine individuelle Vorverfolgung dargelegt. Die von ihm geschilderten Vorfälle in Pakistan (er wurde als Schüler beschimpft, geschubst und bekam eine Ohrfeige; später erfolgten Beleidigungen, aber auch Steinwürfe auf sein Haus) sind nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte und damit eine Verfolgungshandlung i.S.d. § 3a AsylG darstellen würden. Es fehlt insoweit an der zur Annahme eines Verfolgungstatbestands erforderlichen Intensität.
Was die Nichtanstellung bei der Armee betrifft, handelt es sich lediglich um eine Vermutung des Klägers, dass er wegen seiner Religionszugehörigkeit nicht angestellt wurde.
Dies gilt auch insoweit, als der Kläger behauptet, der Iman in seinem Heimatort und auch politische Leute im College würden Leute gegen ihn aufwiegeln, zumal vom Kläger nichts Näheres dazu vorgebracht wurde und daher nicht von schwerwiegenden Vorfällen ausgegangen werden kann.
c) Auch eine Individualverfolgung des Klägers infolge besonderer gefahrerhöhender Umstände ist für das Gericht nicht erkennbar geworden. Insbesondere gehört der Kläger – ein gläubiger Ahmadi – nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 108 Abs. 1 VwGO) nicht zum Kreis der Ahmadis, für die die Praktizierung ihres Glaubens gerade in der Öffentlichkeit und das öffentliche Werben für ihren Glauben ein unverzichtbares Element ihrer religiösen Identität ist und die deshalb in Pakistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt sind.
aa) Auch wenn die Angehörigen der Ahmadiyya-​Glaubensgemeinschaft in Pakistan keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt sind, kann im Einzelfall etwas anderes gelten für diejenigen Ahmadis, die ihren Glauben in einer verfolgungsrelevanten Weise praktizieren und ihr Bekenntnis aktiv in die Öffentlichkeit tragen. Für diese Personen besteht in Pakistan ein reales Verfolgungsrisiko, wenn sie ihren Glauben öffentlich leben und bekennen würden (VGH BW, U.v. 12.6.2013 – A 11 S 757/13 – juris Rn. 116). Sie haben mit einem erheblichen Risiko für Leib und Leben durch die Gefahr einer jahrelangen Inhaftierung mit Folter bzw. unmenschlichen Haftbedingungen und von Attentaten oder gravierenden Übergriffen privater Akteure zu rechnen (VG Augsburg, U.v. 18.1.2019 – Au 3 K 16.31570 – juris Rn. 22 m.w.N.).
Eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung kann dabei nicht nur in der schwerwiegenden Verletzung der Freiheit, seine Religion im privaten Rahmen zu praktizieren (forum internum) liegen, sondern auch in der Verletzung der Freiheit, den Glauben öffentlich zu leben (forum externum), so dass schon das Verbot bestimmter Formen der Religionsausübung eine beachtliche Verfolgungshandlung darstellen kann. Dies gilt unabhängig davon, ob sich der davon betroffene Glaubensangehörige tatsächlich religiös betätigen wird oder auf die Ausübung aus Furcht vor Verfolgung verzichtet (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Leitsätze 2 bis 4). Das Verbot weist jedoch nur dann die darüber hinaus erforderliche subjektive Schwere auf, wenn die Befolgung der verbotenen religiösen Praxis für den Einzelnen zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Leitsatz 6). Maßgeblich ist demnach, wie der Einzelne seinen Glauben lebt und ob die verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für ihn persönlich nach seinem Glaubensverständnis ein zentrales Element seiner religiösen Identität bildet und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Leitsätze 2 bis 4 Rn. 28 ff. im Anschluss an EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-​71/11 und C-​99/11 – NVwZ 2012, 1612).
Bei der Feststellung der religiösen Identität als innerer Tatsache kann nur im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen geschlossen werden. Allein der Umstand, dass der Betroffene seinen Glauben in seinem Herkunftsland nicht in einer in die Öffentlichkeit wirkenden Weise praktiziert hat, ist nicht entscheidend, soweit es hierfür nachvollziehbare Gründe gibt. Ergibt jedoch die Prüfung, dass der Betroffene seinen Glauben auch in Deutschland nicht in einer Weise praktiziert, die ihn in seinem Herkunftsland der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde, spricht dies regelmäßig dagegen, dass eine solche Glaubensbetätigung für seine religiöse Identität prägend ist (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 22/12 – NVwZ 2013, 936/939, juris Rn. 26; siehe zum Ganzen VG Augsburg, U.v. 18.1.2019 – Au 3 K 16.31570 – juris Rn. 24 m.w.N.).
Erforderlich ist letztlich eine Gesamtwürdigung der religiösen Persönlichkeit des Betroffenen anhand aller vorliegenden Gesichtspunkte. Bloße Kenntnisse über die Glaubensinhalte der Ahmadiyya, eine Mitgliedsbescheinigung der Ahmadiyya Deutschland, regelmäßige Moschee-​Besuche oder die Teilnahme an jährlichen Großveranstaltungen der Ahmadiyya oder an sonstigen Aktionen der Ahmadiyya (mit den üblichen Helferdiensten) lassen daher für sich genommen nicht bereits auf eine individuelle Glaubensüberzeugung und ein nach außen wirkendes Glaubensvermittlungsbedürfnis schließen. Erforderlich ist vielmehr das Bedürfnis, aus dem ahmadischen Glauben heraus bekennend zu leben und auch andere Menschen an dieser Haltung teilhaben zu lassen. In diesem Sinne muss es sich beim Betroffenen um einen aus der Allgemeinheit der Ahmadis hervorstechenden Gläubigen handeln, dessen Glauben sich öffentlich manifestiert.
bb) Hiervon ausgehend konnte der Kläger das Gericht zwar davon überzeugen, dass er ein gläubiger Ahmadi ist, der den Koran und andere heilige Schriften der Ahmadis liest, seinen Gebetsverpflichtungen nachkommt, regelmäßig die Ahmadiyya-Moschee besucht, an Großveranstaltungen wie der Jalsa Salana und an sonstigen Aktionen wie diversen Flyeraktionen und öffentlichen Reinigungsarbeiten der Ahmadis mit den üblichen Helferdiensten teilnimmt und die Glaubensgemeinschaft auch gemäß seiner Wasiyyat-Erklärung finanziell unterstützt.
Das Gericht konnte aber auch nach ausführlicher informatorischer Anhörung bzw. Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht die zur Bejahung einer Verfolgung erforderliche Überzeugung gewinnen, dass dabei gerade die öffentliche Manifestierung des ahmadischen Glaubens, also die Praktizierung des Glaubens gerade in der Öffentlichkeit und das Werben für den Glauben gerade in der Öffentlichkeit ein zentrales Element der religiösen Identität und Persönlichkeit des Klägers und für ihn unverzichtbar ist; nach dem vom Gericht gewonnenen Eindruck ist nicht zu erwarten, dass sich der Kläger in Pakistan in verfolgungsrelevanter Weise betätigen oder in eine grundlegenden Menschen- und Freiheitsrechten widersprechende ernstliche Gewissensnot geraten würde, wenn er dort eine öffentliche Manifestation seines Glaubens unterlassen müsste, um eine Verfolgung oder Gefährdung zu vermeiden.
Nach den Angaben des Klägers praktizierte er seinen Glauben in Pakistan – entsprechend dem Vorbild seiner Eltern -, indem er zu Hause – teilweise mit dem Imam der nächstgelegenen Ahmadiyya-Moschee – betete und bei Gelegenheit die Moschee besuchte. Daran änderte sich nach seinen Angaben auch nichts, als der Kläger bereits erwachsen war. Nach Angabe des Klägers änderte sich zudem „was die Gebete betrifft, … in Deutschland nichts“. Auch hier betet der Kläger laut dem von ihm geschilderten Tagesablauf mehrmals zu Hause, betet mittags allein in einem ihm hierfür von seinem Chef überlassenen Büro und besucht am Wochenende die Ahmadiyya-Moschee. Sowohl in Pakistan, als auch in Deutschland liest der Kläger den Koran und andere heilige Schriften der Ahmadis – mit dem einzigen Unterschied, dass er sie bisher in Pakistan in der örtlichen Ahmadiyya-Gemeinschaft ausgeliehen hatte und in Deutschland kaufe. Eine besondere, nach außen erkennbare Glaubensbetätigung, die den Schluss auf ein nach außen wirkendes Glaubensvermittlungsbedürfnis zulässt, ergibt sich daraus nicht.
Gleiches gilt in Bezug auf das nach Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung von ihm in Pakistan für ein Jahr ausgeübte Amt einer „Vertretung der Erziehung“, sowie für seine ehrenamtliche Tätigkeit als „Nacim Tarbiyyat“ in Deutschland. Auch diese Ämter sind nicht unmittelbar auf eine Wirkung außerhalb der Ahmadiyya-Gemeinschaft ausgerichtet, die in Pakistan eine religiöse Verfolgung befürchten lassen könnte, sondern sind – soweit es sich nicht um eine reine Verwaltungstätigkeit handelt – nur auf einen Kontakt mit Personen innerhalb der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft ausgerichtet, der in diesem Rahmen keine Verfolgung befürchten lässt.
Soweit der Kläger darüber hinaus vorträgt, mit anderen Ahmadis einmal monatlich Flyer über die Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft zu verteilen, gilt nichts anderes, da derartige Flyerverteilungen relativ anonym ablaufen und mangels aktivem Ansprechen von Passanten bzw. Flyerempfängern ein nach außen wirkendes Glaubensvermittlungsbedürfnis nicht erkennen lassen. Dies gilt umso mehr, als nach den Angaben des Klägers die Flyer hauptsächlich nur in den Briefkasten geworfen werden, „um niemanden zu stören“.
Hinzu kommt, dass im Übrigen auch die Einlassung des Klägers zur Frage nach seinem Lebensziel in der mündlichen Verhandlung nach Auffassung des Gerichts nicht erkennen lässt, ob für den Kläger das Praktizieren seines Glaubens in der Öffentlichkeit und das Werben für seinen Glauben in der Öffentlichkeit ein zentrales und für ihn unverzichtbares Element seiner religiösen Identität bildet, das in Pakistan ein reales Verfolgungsrisiko begründen würde. Vielmehr lässt seine Äußerung eher den gegenteiligen Schluss zu. Abgesehen davon, dass der Kläger an erster Stelle sein berufliches Ziel, Techniker zu werden, genannt hat, äußerte er sich auch im Folgenden fast ausschließlich nur dahingehend, dass er das Ziel verfolge, in seiner religiösen Gemeinde „ehrenamtlich tätig zu bleiben“ und für Leute in seiner Gemeinde, also innerhalb der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft, tätig zu werden.
Die Ausführungen des Klägers auf wiederholte Fragen des Gerichts nach etwaigen Einschränkungen bei der Glaubensbetätigung in Pakistan, nach etwaigen Veränderungen in seinem Leben in Deutschland und in seinen religiösen Aktivitäten seit seiner Einreise nach Deutschland erschöpfen sich in der mehr oder weniger schematischen oberflächlichen Wiederholung verschiedener Phrasen wie: … in Pakistan hatte ich „keine religiöse Freiheit“, „auch konnte ich den religiösen Regeln nicht richtig nachgehen“, in Deutschland habe ich „religiöse Freiheit“, es ist hier „einfacher, die religiösen Aktivitäten auszuüben“ und in pauschalen Angaben wie „nach dem Gesetz konnte ich mich in Pakistan nicht als Muslim bezeichnen“, „ich konnte mich auch öffentlich nicht als Ahmadi bezeichnen“, „wir dürfen unsere Moschee nicht als offene Moschee bezeichnen“ und ich konnte anderen „nicht über Ahmadis erzählen“, in Deutschland kann ich „mit Leuten offen über alles reden“, ich kann „Fragen bezüglich Ahmadiyya ohne Angst beantworten“. Mit dieser auffallend detailarmen Beantwortung der wiederholt mit derselben Zielrichtung gestellten Fragen konnte der Kläger das Gericht nicht davon überzeugen, dass für ihn zur Wahrung seiner religiösen Identität gerade die öffentliche Manifestation seines Glaubens wesentlich ist, dass er die – insoweit in Pakistan unterdrückte – öffentliche religiöse Betätigung seines Glaubens und das öffentliche Werben für seinen Glauben für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren und er in seinem Herkunftsland bei Aufrechterhaltung seiner konkreten Lebensführung der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt wäre. Abgesehen davon gab der Kläger auch im Rahmen der Aufzählung der Beschränkungen bei der Glaubensausübung in Pakistan mehrfach zu erkennen, dass eine in die Öffentlichkeit wirkende Praktizierung des Glaubens für ihn persönlich kein zentrales Element seiner religiösen Identität darstellt und damit für ihn auch nicht unverzichtbar ist. Dies zeigen wiederholte Äußerungen wie „ich musste es einräumen, dass ich ein Ahmadi bin“, in Deutschland spreche ich „Fremde zwar nicht direkt an, beantworte ihnen aber Fragen“, hier kann ich „Fragen bezüglich Ahmadiyya ohne Angst beantworten“, „ich rede mit Leuten, die mir Fragen stellen, in der Arbeit, in der Schule und im Beruf“, „wir werfen die Flyer nur ein und läuten nicht, um niemanden zu stören“.
d) Dies zugrunde gelegt stünde dem Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan auch eine die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausschließende zumutbare interne Fluchtalternative i.S.d. § 3e AsylG zur Verfügung.
Nach der Erkenntnislage (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, Stand August 2018) kann der Kläger mangels Betätigung seines Glaubens in verfolgungsrelevanter Weise – auch als Ahmadi – innerhalb Pakistans, insbesondere in den größeren Städten – eine interne Schutzmöglichkeit i.S.v. § 3e AsylG finden und dort unbehelligt leben. Es ist zu erwarten, dass er als junger, arbeitsfähiger Mann ein ausreichendes Erwerbseinkommen findet, das seinen Lebensunterhalt sichert.
2. Ein Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG besteht für den Kläger ebenfalls nicht.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei neben der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Dabei muss die Art der Behandlung oder Bestrafung eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG).
Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Im Herkunftsstaat erlitt er keinen ernsthaften Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG; weshalb ihm bei der Rückkehr ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG drohen würde, ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht. Die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) hat der Kläger nicht geltend gemacht. Es droht ihm auch keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG (zu den Begriffen vgl. VGH BW, U.v. 17.1.2018 – A 11 S 241/17 – juris Rn. 156 ff) durch einen Verfolgungsakteur i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c AsylG. Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts) liegen nicht vor, da in Pakistan gegenwärtig kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vorliegt. Zum anderen weisen die dem Kläger in Pakistan drohenden allgemeinen Gefahren (individuelle gefahrerhöhende Umstände, aufgrund derer der Schutzsuchende zusätzlich der Gefahr gezielter Gewalttaten infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt wäre, liegen beim Kläger nicht vor) objektiv keine derart hohe Dichte bzw. keinen derart hohen Grad auf, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib und Leben ausgesetzt ist (zu den rechtlichen Maßstäben einschl. des lokalen Anknüpfungspunktes vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9.08 – juris Rn. 15,17,18; BayVGH, B.v. 9.1.2015 – 13a ZB 14.30449 – juris Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts ist bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von über 200 Millionen Menschen in Pakistan das Risiko, als Zivilperson Schaden an Leib oder Leben durch Anschläge zu erleiden, verschwindend gering (vgl. VG München, B.v. 29.1.2019 – M 32 K 16.35462 – noch nicht veröffentlicht; U.v. 21.1.2019 – M 32 K 16.35510 – noch nicht veröffentlicht; so auch bereits VG München, U.v. 19.5.2016 – M 23 K 14.31121 – juris Rn. 58).
Im Übrigen besteht auch insoweit eine interne Schutzmöglichkeit (§ 4 Abs. 3, § 3e AsylG).
3. Es besteht für den Kläger auch kein Anspruch auf die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
a) Anhaltspunkte für ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht gegeben. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (BVerwG, U.v. 11.11.1997 – 9 C 13/96 – juris Rn. 8ff) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen. Insbesondere sind zu nennen das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 1 EMRK) und das Verbot der Folter (Art. 3 EMRK). Für die Frage, wie die Gefahr beschaffen sein muss, mit der die Rechtsgutverletzung droht, ist auf den asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ zurückzugreifen.
Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis liegt nicht vor. In den Fällen, in denen gleichzeitig über die Gewährung eines subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) und eines nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 AsylG regelmäßig – so auch hier – die Annahme eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Gründen aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 36).
b) Es liegt auch kein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Umständen sie beruht. Für die Annahme einer „konkreten“ Gefahr im Sinne dieser Vorschrift genügt aber nicht die bloße Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die geschützten Rechtsgüter zu werden. Vielmehr ist insoweit der Maßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ anzuwenden und zwar unabhängig davon, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Zudem muss eine auf den Einzelfall bezogene, individuell bestimmte und erhebliche, also auch alsbald nach der Rückkehr eintretende Gefährdungssituation vorliegen und es muss sich um Gefahren handeln, die dem Ausländer landesweit drohen, denen er sich also nicht durch Ausweichen in sichere Gebiete seines Herkunftslandes entziehen kann. § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG erfasst also nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen allgemein ausgesetzt ist bzw. sind, werden indes allein bei Entscheidungen über eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG berücksichtigt. Allgemeine Gefahren in diesem Sinn unterfallen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG selbst dann nicht, wenn sie den Einzelnen konkret und individualisierbar zu treffen drohen. Angesichts der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG kann ein Ausländer daher in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz nur dann beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr in sein Heimatland aufgrund der dortigen Existenzbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre oder sonst eine individuelle existenzielle Gefahr für ihn besteht. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 zu gewähren. Die Abschiebung muss somit ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen“ ausgeliefert würde und sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren würden.
Hiervon ausgehend vermag das Gericht keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Klägers i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei seiner Rückkehr in sein Heimatland zu erkennen. Der Kläger ist ein junger, offenbar gesunder und arbeitsfähiger Mann, von dem zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt in Pakistan wird sichern können.
4. Rechtsgrundlage für die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung ist § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG.
5. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (§ 75 Nr. 12 AufenthG) nach § 11 Abs. 1, 2 und 3 AufenthG ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 83b AsylG. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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