Verwaltungsrecht

Albanien ist ein sicherer Herkunftsstaat – Offensichtlich unbegründeter Antrag

Aktenzeichen  M 11 S 15.31687

Datum:
21.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29a
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Albanien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Tatsachen oder Beweismittel, die eine von der allgemeinen abweichende Lage im Herkunftsstaat begründen würden, wurden nicht vorgetragen (§ 29a Abs. 1 AsylG). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der 1993 geborene Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger. Er stellte am 07. Dezember 2015 einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung beim Bundesamt … (Bundesamt) am 8. Dezember 2015 brachte er im Wesentlichen vor, er sei ins Gymnasium gegangen und habe die Hochschule besucht. Er habe sich auf der Straße nicht frei bewegen können, da er von Blutrache bedroht worden sei. Die Polizei habe davon gewusst und sie seien ständig unter Polizeikontrolle gewesen. Sein Onkel und sein Vater seien angegriffen worden.
Mit Bescheid vom … Dezember 2015 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung jeweils als offensichtlich unbegründet sowie den Antrag auf subsidiären Schutz ab und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Albanien oder in einen anderen Staat angedroht, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG wurde angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen offensichtlich nicht vor. Nach § 29 a AsylG käme der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsland, daher werde vermutet, dass er nicht verfolgt werde, solange er nicht Tatsachen vortrage, die die Annahme begründen würden, dass er entgegen dieser Vermutung verfolgt werde. Der Antragsteller habe den Widerspruch zwischen dem unbehelligten Dasein und den eigentlich zu erwartenden Einschränkungen nicht auflösen können. So habe der Antragsteller das Gymnasium abschließen und ein Hochschulstudium beginnen können. Während der Wahlen sei er als Beobachter tätig gewesen. Die geschilderten Bedrohungen seines Vaters und seines Onkels seien zu detailarm.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG seien nicht gegeben, aus dem Sachvortrag ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass der Antragsteller aus den in § 4 AsylG genannten Gründen Verfolgung zu befürchten hätte. Es drohe dem Antragsteller auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sei im vorliegenden Fall angemessen.
Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2015 erhob der Antragsteller Asylklage (Az. M 11 K 15.31686) und stellte weiter den Antrag,
die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
Zur Begründung bezogen er sich auf die Angaben beim Bundesamt; er würde durch Blutrache bedroht. Das Bundesamt habe nicht näher begründet, warum der Asylantrag nicht nur als unbegründet, sondern als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Der Vater des Antragstellers habe am 23.7.1982 einen Mord begangen und sei dafür verurteilt worden.
Die Antragsgegnerin übersandte die Behördenakten, ohne einen Antrag zu stellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- anzuordnen, ist zulässig.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Recht-mäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Art. 16 a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
2.1. Entsprechend der Gesetzeslage des Art. 16 a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.).
Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – DVBl 84, 673 ff. – juris Rn. 40). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16 a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil unter anderem dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.
2.2. Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen.
Für das Gericht ist offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dem Antragsteller nicht zusteht.
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, hat der Antragsteller mit seinem Vortrag nicht glaubhaft gemacht.
Das Bundesamt begründe laut Bevollmächtigtem des Antragstellers nicht näher, weswegen es den Antrag als offensichtlich unbegründet ablehne. Dies trifft nicht zu, da das Bundesamt auf S. 3 und S. 5 f. des Bescheides ausreichend begründet, weswegen der Antragsteller die Regelvermutung des § 29 a AsylG nicht entkräften konnte. Der Vortrag ist zu oberflächlich und detailarm.
Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Da der Antragsteller seine Bedrohung durch Blutrache nicht glaubhaft machen konnte, ist es unerheblich, ob inländische Fluchtalternativen bestehen.
Ernstliche Zweifel bestehen ebenfalls nicht hinsichtlich der Versagung subsidiären Schutzes. Ferner bestehen keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbot i. S. des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.
Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG abzulehnen.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.


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