Verwaltungsrecht

Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester an einer Universität

Aktenzeichen  7 CE 17.10047, 7 CE 17.10048, 7 CE 17.10051

Datum:
28.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 122 Abs. 2 S. 3, § 146 Abs. 4 S. 4
HZV § 7 Abs. 3 S. 6, § 10 Abs. 1 S. 4

 

Leitsatz

Über die festgesetzten Zulassungszahlen hinausgehende “Überbuchungen” von Studienplätzen sind im (innerkapazitären) Vergabeverfahren grundsätzlich als kapazitätsdeckend anzuerkennen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 2 E 16.10189 2017-02-23 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerinnen und die Antragsteller tragen jeweils die Kosten der Beschwerdeverfahren.
III. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird jeweils auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerinnen und die Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2016/2017. Sie machen geltend, die FAU habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft.
Das Verwaltungsgericht Ansbach hat die Anträge mit Beschlüssen vom 23. Februar 2017 abgelehnt.
Mit den Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie tragen vor, die insbesondere in den Fachsemestern 2 bis 4 vorgenommenen Überbuchungen von Studienplätzen seien kapazitätsrechtlich zu beanstanden. Die Überbuchung mit 19 Studienplätzen zeige, dass die Ausbildungskapazität höher sei als in der Zulassungszahlverordnung festgesetzt. Diese Studienplätze seien auf die vier Semester des vorklinischen Studienabschnitts zu verteilen. Deswegen sei die Kapazität im ersten Fachsemester um fünf weitere Studienplätze zu erhöhen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 10. April 2017 verwiesen.
Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden haben keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragsteller nicht.
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die FAU ihre Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) ausgeschöpft hat. Der Verwaltungsgerichtshof folgt den Gründen der angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind über die festgesetzten Zulassungszahlen hinausgehende „Überbuchungen“ von Studienplätzen im (innerkapazitären) Vergabeverfahren grundsätzlich als kapazitätsdeckend anzuerkennen. Sie beruhen auf einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage (§ 7 Abs. 3 Satz 6, § 10 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den Staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung – HZV] v. 18.6.2007 [GVBl S. 401, BayRS 2210-8-2-1-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung v. 27.4.2017 [GVBl S. 96]) und bezwecken, die knappen Ausbildungskapazitäten der Hochschulen möglichst zeitnah auszuschöpfen. Die im Wege von Überbuchungen ordnungsgemäß vergebenen Studienplätze sind nicht mehr frei und stehen für eine außerkapazitäre Vergabe nicht zur Verfügung (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 17.4.2014 – 7 CE 14.10046 – juris Rn. 9 f.; B.v. 8.5.2013 – 7 CE 13.10021 – juris Rn. 24, zuletzt B.v. 17.7.2017 –7 CE 17.10091).
Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen. Die Überbuchungen in den Fachsemestern 2 bis 4 ergeben sich nicht daraus, dass die FAU Studienplätze im Vergabeverfahren für höhere Fachsemester vergeben hat. Die höheren Studierendenzahlen ergeben sich aus fortwirkenden Überbuchungen im ersten Fachsemester und daraus, dass sich der Schwund von immatrikulierten Studierenden anders entwickelt hat, als vorhergesehen.
Aus der Beschwerdebegründung ist nicht nachvollziehbar, inwieweit sich die herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Göttingen zur mangelnden Bestimmtheit einer Zulassungszahlverordnung auf Überbuchungen bezieht. Der der von den Antragstellern herangezogenen Entscheidung des Baden-Württembergischen Verfassungsgerichtshofs zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem hier zu entscheidenden nicht vergleichbar. Dort wurde nämlich eine vom Verwaltungsgericht festgestellte‚ höhere als in der Zulassungszahlverordnung festgesetzte Kapazität an die Stiftung für Hochschulzulassung zur weiteren Vergabe formlos nachgemeldet, ohne dass die Studienbewerber, die in gerichtlichen Eilverfahren die Mängel aufgezeigt haben, Gelegenheit hatten, diese Studienplätze in Anspruch zu nehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 1.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung in den erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Häring Lotz-Schimmelpfennig Ertl

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