Verwaltungsrecht

Asylrecht, Herkunftsland: Nigeria, in Deutschland nachgeborenes Kleinkind, Fluchtgründe der Eltern nicht durchschlagend, kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot, Existenzsicherung (bejaht Alleinerziehende mit Kind)

Aktenzeichen  M 28 K 19.30690

Datum:
27.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15809
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 16a
AsylG § 3
AsylG § 4
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO entschieden werden, da sie zum Termin ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen worden ist.
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) keinen Anspruch auf die beantragten Verwaltungsakte, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung und des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots bestehen seitens des Einzelrichters keine Zweifel, insbesondere hindert eine ggf. aktuell pandemiebedingt bestehende tatsächliche Unmöglichkeit einer Abschiebung nach Nigeria nicht die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung, § 34 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Zur Begründung wird, vor allem hinsichtlich des rechtlichen Rahmens und des Prüfungsmaßstabs bezüglich der Art. 16a GG, §§ 3 ff., 4 AsylG sowie des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG, zunächst auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, denen der Einzelrichter folgt, verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
a) Dem Kläger droht nach Überzeugung des Einzelrichters im Fall der Rückkehr nach Nigeria keine für sein Klagebegehren asyl-, flüchtlingsschutz- oder abschiebungsschutzrechtlich relevante Verfolgung oder Gefährdung.
Die gesetzliche Vertreterin des Klägers hat sich in der mündlichen Verhandlung für ihren Sohn allein darauf berufen, dass sie in ihrem Heimatland nicht alleine für ihren Sohn Sorge tragen könne und sie dort nicht sicher seien. Eigene Asylgründe wurden für den im Bundesgebiet geborenen Kläger nicht vorgetragen.
Soweit sich seine Mutter auf eine Gefährdung des Klägers durch ihre eigenen, in ihrem Asylverfahren vorgetragenen Asylgründe berufen hat, verhilft dies der Klage nicht zum Erfolg. Insofern wird auf die überzeugenden Ausführungen im beigezogenen Asylurteil der Mutter des Klägers (VG München, U.v. 22.2.2019 – M 8 K 18.33217) verwiesen, denen sich der Einzelrichter anschließt. Danach ist die Mutter des Klägers hinsichtlich der vorgetragenen Bedrohung/Gefährdung jedenfalls auf internen Schutz innerhalb Nigerias zu verweisen, § 3e AsylG (i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG).
Die Mutter des Klägers konnten dem Einzelrichter weder glaubhaft machen noch wäre sonst ersichtlich, wie die Menschenhändler, bei einer Niederlassung in einer der einwohnerstarken und angesichts der dort herrschenden Lebensverhältnisse zwangsläufig anonymen Großstädte Nigerias außerhalb der früheren Herkunftsregionen (wie z.B. in Port Harcourt, Ibadan, Akure oder auch Abuja) und auch angesichts des seit der Ausreise der Mutter des Klägers aus Nigeria verstrichenen erheblichen Zeitraums von sechs Jahren nach wie vor mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bestrebt und schließlich vor allem noch in der Lage sein sollte, die Mutter des Klägers und ggf. diesen selbst in der befürchteten Weise zur Rechenschaft zu ziehen. Es wurde weder überzeugend dargestellt noch wäre es dem Gericht sonst erkennbar, wie sie dort – wenn sie nicht von selbst den Kontakt zu Familienangehörigen/Verwandten herstellt, – angesichts des in Nigeria fehlenden funktionierenden Meldesystems (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, Stand September 2019, Seite 24; Republik Österreich, BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Nigeria, Ziff. 18.1) und der konkreten nigerianischen Lebensverhältnisse überhaupt aufgefunden werden könnten.
Die im Vorfeld zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Telefonmitschnitte können eine andere Bewertung nicht rechtfertigen. Selbst wenn auf diesen Mitschnitten tatsächlich – wie vorgebracht – zu hören wäre, dass ein Menschenhändler sich bei der Mutter des Klägers darüber beschweren würde, dass diese ihm noch Geld schulde und man ihren Bruder bestrafen werde, wenn die Mutter des Klägers ihre Schulden nicht bezahlen werde, so ist nicht ersichtlich, inwiefern dies Zweifel am Vorliegen einer internen Schutzalternative für den Kläger oder dessen Mutter begründen können sollte. Allenfalls könnte daraus eine Gefährdung für den Bruder der Mutter des Klägers abgeleitet werden. Anhaltspunkte für eine tatsächliche Gefährdung der Mutter des Klägers, oder gar des Klägers selbst, lassen sich diesem Vorbringen – selbst bei Wahrunterstellung – nicht entnehmen.
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die – ausnahmsweise – Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
aa) Aus Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) folgt kein Abschiebungsverbot, da nicht zu befürchten ist, dass der (minderjährige) Kläger getrennt von seiner Mutter abgeschoben werden könnte. Zum einen könnte hieraus allenfalls ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 AufenthG folgen, das von der Ausländerbehörde, nicht aber in diesem Verfahren zu berücksichtigen wäre (BVerwG, U.v. 21.9.1999 – 9 C 12.99 – BVerwGE 109, 305). Zum anderen hat die Beklagte im angegriffenen Bescheid unter Verweis auf § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht getrennt von seinen Eltern abgeschoben würde.
bb) Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Klägers im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sind nicht gegeben (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK: BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45/18 – juris Rn. 12 sowie BayVGH, U.v. 6.7.2020 – 13a B 18.32817 – juris Rn. 41 ff.).
Die Tatsache, dass die wirtschaftliche und soziale Lage für die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Nigeria prekär ist, reicht für sich genommen nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aufgrund prekärer Lebensbedingungen kommt in besonderen Ausnahmefällen dann in Betracht, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung. Die einem Ausländer in seinem Herkunftsstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein „Mindestmaß an Schwere“ erreichen. Ein solches kann erreicht sein, wenn sich der Ausländer unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihm nicht erlaubt, seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die seine physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder ihn in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 B 45.18 – juris Rn. 12).
Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Gefahrenlage, in der humanitäre Gründe im Falle des Klägers zwingend gegen eine Rückführung nach Nigeria sprechen, sind vorliegend nicht gegeben. Der Einzelrichter verkennt nicht, dass nach der derzeitigen Erkenntnislage die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage für die Mehrheit der Bevölkerung in Nigeria schlecht ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 5.12.2020, Stand: September 2020, S. 23 ff.). Mehr als die Hälfte der Bevölkerung, nach den vorliegenden Erkenntnissen ca. 70% der Bevölkerung, lebt am Existenzminimum und ist vom informellen Handel sowie der (Subsistenz-)Landwirtschaft abhängig. Der Zugang zu Wasser und Strom ist dem größten Teil der Bevölkerung nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Die Gesundheitsversorgung ist mangelhaft. Ein staatlich organisiertes Hilfsnetz für Mittellose existiert nicht. Hinzu kommen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Folgewirkungen der aufgrund der Coronavirus-Pandemie verfügten Beschränkungen des öffentlichen Lebens in Nigeria und den Nachbarländern, die sich unter anderem auf die wirtschaftliche Lage, die Arbeits- und Wohnungssuche, die Lebensmittelversorgung und somit die Existenzsicherung in Nigeria auswirken. Die Möglichkeiten der Bevölkerung, im informellen Bereich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, können durch staatliche Maßnahmen des Infektionsschutzes bzw. faktische Einschränkungen des öffentlichen Lebens erschwert werden (vgl. Bundesamt, Länderinformation Covid-19-Pandemie – Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern, Stand: Juni 2020; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Nigeria, Stand: 23.11.2020, Nr. 22). Dem erkennenden Einzelrichter liegen jedoch keinerlei Erkenntnisse dahingehend vor, dass sich Wirtschaft und Versorgungslage der Bevölkerung in Nigeria insgesamt oder auch nur in bestimmten Regionen infolge der Pandemie derart verschlechtert hätten, dass es den Eltern des Klägers unter Würdigung ihrer konkreten persönlichen Umstände nicht (mehr) gelingen könnte, das Existenzminimum der Familie in einer dem o.g. Maßstab genügenden Weise zu sichern.
Nach neuester obergerichtlicher Rechtsprechung ist für die Beantwortung der Frage, welche (Begleit-)Personen im Rahmen der Prüfung nationaler Abschiebungsverbote in die Gefahrenprognose bei hypothetischer Rückkehr einzustellen sind, regelmäßig im Sinne einer realitätsnahen Rückkehrsituation von einer gemeinsamen Rückkehr mit Familienangehörigen auszugehen, falls ein Ausländer auch in Deutschland mit ihnen als Familie zusammenlebt, selbst dann, wenn einzelne Familienmitglieder bereits Abschiebungsschutz genießen (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris Rn. 16 ff.).
Vorliegend ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls mit seiner Mutter in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenlebt. Ob und ggf. welche Verbindungen seitens der Mutter des Klägers zum Vater in Italien noch bestehen oder ggf. wieder „aktiviert“ werden könnten, soll offenbleiben. Zumindest bleibt aber anzumerken, dass die Mutter des Klägers nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung noch in Kontakt mit dem Vater des Klägers stehe.
Das Gericht geht, gemessen an den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln, davon aus, dass die Mutter des Klägers auch ohne einen Partner/den Vater des Klägers für sich und den Kläger ihre Existenz in Nigeria in einer dem o.g. Maßstab genügenden Weise sichern kann. Dass ein atypischer Betreuungs- und/oder Existenzsicherungsbedarf gegeben sein könnte, wurde schon nicht substantiiert geltend gemacht.
Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass die Mutter des Klägers im Fall der Rückkehr der Familie nach Nigeria noch über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte verfügt, die über eine „erste Anlaufstelle“ hinaus im Hinblick auf die Existenzsicherung Hilfestellung leisten könnten (so lebt nach den Angaben der Mutter des Klägers – unbeschadet der Großfamilie – jedenfalls noch ein jüngerer Bruder, mit dem sie auch in Kontakt stehe, im Heimatland).
Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Mutter des Klägers etwa wegen der o.g. Verweisung auf internen Schutz im Fall der Rückkehr nach Nigeria jeglichen Kontakt zu Familienangehörigen/Verwandten unterlassen will oder muss, kommt es hierauf letztlich nicht an, da nichts dazu bekannt wurde, dass die Mutter des Klägers in ihren Erwerbsfähigkeiten eingeschränkt wäre. Nach ihren Angaben in er mündlichen Verhandlung hat die Klägerin in Nigeria sechs Jahre lang die Schule besucht und anschließend bereits Arbeitserfahrung als Kleiderverkäuferin gesammelt. Bei einer Gesamtschau der individuellen Verhältnisse ist auch unter Berücksichtigung der zweifellos schwierigen wirtschaftlichen, sozialen und humanitären Bedingungen, die aber für den Großteil der Bevölkerung Nigerias bestehen (vgl. hierzu: EASO, Country of Origin Information Report, Nigeria, Key socio-economic indicators, November 2018; Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria vom 5.12.2020, Stand: September 2020, S. 23 ff.), die Befürchtung nicht gerechtfertigt, die Mutter des Klägers, die sich schon selbst nicht substantiiert darauf berufen haben, im Fall einer Rückkehr in eine ernstliche Notlage zu gelangen, könne sich und ihrem Sohn im Fall der Rückkehr nach Nigeria keine zumindest auf niedrigem Niveau existenzsichernde Lebensgrundlage schaffen und sie wären deshalb, wie es für die Annahme eines Abschiebungsverbots erforderlich wäre, im Fall der Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald einer hinreichend schweren existenziellen Gefahrenlage ausgesetzt.
cc) Ein (krankheitsbedingtes) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Auswirkungen der weltweiten Coronavirus-Pandemie und die aus einer möglichen Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus resultierende Gefahr einer COVID-19-Erkrankung in Nigeria:
Unter dem Gesichtspunkt eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist festzustellen, dass es sich dabei sowohl unter krankheitsbezogenen Aspekten als auch unter Berücksichtigung der allgemeine Versorgungslage der Bevölkerung in Nigeria um eine Gefahr handelt, der die dortige Bevölkerung – wie im Übrigen die Bevölkerung weltweit – allgemein ausgesetzt ist, so dass diese Gefahr aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nicht zu rechtfertigen vermag. Abschiebungsschutz könnte in einer solchen Konstellation in verfassungskonformer Anwendung und unter Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG nur dann gewährt werden, wenn der Ausländer im Abschiebezielstaat (entweder aufgrund der allgemeinen Verhältnisse oder aufgrund von Besonderheiten des Einzelfalls) mit hoher Wahrscheinlichkeit landesweit einer extrem zugespitzten Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wenn mit anderen Worten der betroffene Ausländer im Fall seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001, 1 C 5/01 – juris Rn. 16; U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – juris Rn. 16 m.w.N.; U.v. 29.9.2011 – 10 C 24/10 – juris Rn. 19).
Selbst bei Annahme geringer Testkapazitäten, nur eingeschränkt verlässlicher Infektionszahlen und einer nicht unwesentlichen Dunkelziffer lassen sich die Voraussetzungen einer solchen landesweiten Extremgefahr aus der allgemein bekannten aktuellen Datenlage zum Infektionsgeschehen in Nigeria (vgl. insbesondere die Erhebungen der Johns Hopkins University of Medicine, https://coronavirus.jhu.edu/ sowie des Nigeria Centre for Disease Control, https://www.ncdc.gov.ng/) nicht herleiten. Es ist daher schon völlig ungewiss, ob sich der Kläger bei einer Rückkehr nach Nigeria überhaupt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit dem Coronavirus infizieren würde. Jedenfalls ist – unbeschadet der Berücksichtigung von Behandlungsmöglichkeiten im Heimatland – nicht davon auszugehen, dass es beim Kläger im Falle einer Covid-19-Erkrankung zwangsläufig zu einem schweren oder gar tödlichen Verlauf kommen würde. Zwar können schwere Verläufe auch bei jüngeren Personen ohne bekannte Vorerkrankungen vorkommen, in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle werden schwere Krankheitsverläufe jedoch bei sogenannten Risikogruppen beobachtet (Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Nr. 15 Risikogruppen für schwere Verläufe, Stand: 19.4.2021, online abgerufen unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText4). Etwaige Risikofaktoren für einen schweren Verlauf der Erkrankung wie hohes Lebensalter oder potentiell prädisponierende Vorerkrankungen wurden vom Kläger jedoch weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, sie sind auch aus den vorliegenden Behördenakten nicht ersichtlich.
c) Auch die Ausreiseaufforderung, die Abschiebungsandrohung und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG sind rechtlich nicht zu beanstanden; Ermessensfehler liegen nicht vor (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.


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