Verwaltungsrecht

Asylverfahren – Unglaubhaftes Vorbringen asylrechtlich erheblicher Verfolgungsgefahr

Aktenzeichen  AN 2 K 16.30502

Datum:
15.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4

 

Leitsatz

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des BAMF vom 2. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16 a GG bzw. § 2 AsylG, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes i. S. v. § 4 AsylG und auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthaltG. Auch die in Ziffern 5 und 6 getroffenen Nebenentscheidungen begegnen keinen Bedenken.
Das Gericht nimmt zur Begründung des Urteils gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheides BAMF vom 2. Mai 2016 und führt ergänzend aus:
Auch im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) stellt sich die Situation für den Kläger nicht anders dar.
Der Anerkennung als Asylberechtigter steht bereits § 26 a Abs. 1 AsylG entgegen, nachdem der Kläger auf dem Landweg und damit über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.
Angesichts der allgemeinen Lage im Irak und in der Herkunftsregion des Klägers ist dieser als arabischer Volkszugehöriger islamisch-sunnitischen Glaubens kein Flüchtling i. S. v. § 3 AsylG.
Nach den vom Gericht beigezogenen Erkenntnisquellen, insbesondere dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Februar 2016, muss der Kläger als Sunnit in der Region Basra nicht mit einer Verfolgung bzw. mit Übergriffen i. S. v. § 3 a AsylG rechnen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 21.4.2009, 10 C 11/08 – juris) liegt eine asylrechtlich erhebliche Verfolgungsgefahr für Mitglieder einer Gruppe dann vor, wenn Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltende Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern auch ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Dies gilt für Sunniten mit Herkunftsgebiet außerhalb der Gebiete, die von der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ besetzt werden oder wurden, nicht allgemein. Zwar existieren im Irak der Auskunftslage nach mehrere schiitische Milizen, die zum Teil gewaltsam gegen Sunniten vorgehen, dabei handelt es sich aber um einzelne Übergriffe, die auch für die Herkunftsregion des Klägers kein solches Ausmaß erreichen, dass ohne Weiteres von einer aktuellen Gefahr eigener Betroffenheit für Iraker sunnitischen Glaubens auszugehen ist. Außerhalb der vom „Islamischen Staat“ besetzten Gebiete sind Sunniten auch nicht einem pauschalen Verdacht der Kollaboration mit diesen ausgesetzt. Von einer allgemeinen Verfolgung von Sunniten in überwiegend schiitisch bewohnten Gebieten kann nicht ausgegangen werden.
Auch das persönliche Vorbringen des Klägers vor dem BAMF nach § 25 AsylG und in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 lässt keine Umstände erkennen, die asylrechtlich relevante Gefahren gerade beim Kläger erkennen lassen. Das Vorbringen des Klägers im Asylverfahren ist insgesamt vollkommen unglaubwürdig, da sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens mehrfach gewechselt hat und erhebliche Widersprüche aufweist. Während der Kläger bei seiner Anhörung vor dem BAMF noch vorgetragen hat, dass im Mai 2014 seine Felder besetzt und er vertrieben worden sei, er sich deshalb aber nicht an die Polizei gewandt habe, legte der Kläger im Gerichtsverfahren mit Schriftsatz vom 6. Juni 2016 zwei (angebliche) Schreiben der Polizeizentrale … vom 25. April 2014 und 10. Mai 2014 vor, wonach der Kläger bei der Polizeizentrale wegen eines Übergriffs von drei Personen, die aus dem Auto heraus auf sein Haus geschossen haben wollen, Anzeige erstattet habe. Aufgrund des wechselnden und extrem widersprüchlichen Sachvortrages können dem Kläger die Vorfälle nicht geglaubt werden. Im Übrigen ist unerklärt geblieben, warum der Kläger die Unterlagen bei seiner Ausreise nicht mitgenommen hat, sondern sich erst im Mai 2016 hat nachschicken lassen. Auch der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 30. Mai 2016, dass man ihm sein Grundstück und sein Auto Anfang Mai 2016 weggenommen habe, passt in keiner Weise zu seinem Vorbringen davor und danach. Zu diesem schriftsätzlichen Vorbringen verfängt sich der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 weiter in Widersprüche, als er dort angab, dass man ihm seinen … und seine Plantagen bereits vier oder fünf Tage nach seiner Ausreise weggenommen habe. Die Vorfälle passen zeitlich nicht zusammen. Außerdem ist der Vortrag vage und pauschal geblieben.
Angesichts der allgemeinen Situation im Irak und in der Herkunftsregion des Klägers und seines Vorbringens ist auch keine Situation i. S. v. § 4 AsylG, die zur Anerkennung subsidiären Schutzes führen würde, anzunehmen. Ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt i. S. v. § 4 Abs. 1 AsylG liegt in der Region Basra nach Auswertung der zum Verfahren beigezogenen Erkenntnisquellen nicht vor. Einzelne terroristische Anschläge und Gewaltakte, zu denen es im gesamten Irak gekommen ist und weiter kommen kann, genügen hierfür nicht.
Der Vortrag des Klägers und die Lage in seiner Heimat bieten auch keine ernsthaften Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthaltG. Auch die Familienangehörigen des Klägers sind offensichtlich in der Lage, ihren Lebensunterhalt dort zu bestreiten und ohne ernsthafte Gefahren für Leib und Leben dort zu leben.
Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des Bescheides vom 2. Mai 2016 beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthaltG und ist rechtmäßig, da die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Die im Rahmen der nach § 11 Abs. 3 AufenthaltG zu treffenden Ermessensentscheidung über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthaltG ist nicht zu beanstanden, § 114 Abs. 1 VwGO.
Die Kostenentscheidung der damit abzuweisenden Klage beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.


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