Verwaltungsrecht

Aufenthaltserlaubnis, Visumspflicht, Fehlender Pass, Handschuhehe

Aktenzeichen  M 9 K 20.3526

Datum:
2.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 17255
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, § 84 VwGO.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Ebenso wie in der Vielzahl der früheren Verfahren fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis. Aktuell hat der Kläger keinen gültigen Pass, § 5 Abs. 1 Nr.4 AufenthG. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, warum davon abgesehen werden sollte, dass der Kläger seine Passpflicht nach § 3 AufenthG erfüllt. Der Kläger ist außerdem nicht im Besitz des erforderlichen Visums zum Familiennachzug, § 5 Abs. 2 S.1 Nr. 1 AufenthG, da er sich im Bundesgebiet ohne Aufenthaltserlaubnis aufhält, aus Italien wieder einreiste und sein einziges vor vielen Jahren erteiltes Visum Studienzwecke betraf.
Vorliegend ist auch nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Familiennachzug zu Ehefrau und Tochter gemäß § 28 AufenthG vorliegen, § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt.1 AufenthG, aufgrund dessen von der Nachholung des Visumsverfahrens abgesehen werden kann. Bereits tatbestandlich liegt diese Voraussetzung nicht vor, da kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG besteht. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen über eine Heirat in Abwesenheit der Beteiligten gegen Bezahlung eines Brautgeldes von 10.000,- € an den Vater sind die Voraussetzungen für eine im Bundesgebiet gültige, wirksame Ehe nicht dargelegt. In der Heiratsurkunde ist zwar der Name korrekt bezeichnet, jedoch als Wohnort eine Adresse in Marokko und als Identitätsnachweis ein marokkanischer Pass angegeben. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass das Zustandekommen der Ehe von einer erheblichen Geldsumme abhängig gemacht wurde, bedarf es diesbezüglich einer Überprüfung, ob der Kläger eine nach deutschem Recht wirksame Ehe geschlossen hat, da beide Partner nicht anwesend waren. Demzufolge ist aktuell auch offen, ob der Kläger tatsächlich Elternteil eines minderjährigen Kindes mit deutscher Staatsangehörigkeit ist, der zur Ausübung der Personensorge eine Aufenthaltserlaubnis beanspruchen kann. Wenn keine wirksame Ehe vorliegt gilt für ihn nicht die gesetzliche Vermutung der Vaterschaft. Ein Abstammungsnachweis, der nach Auffassung der Kammer regelmäßig nur durch einen Vaterschaftstest zuverlässig geführt werden kann, liegt nicht vor. Nach Aktenlage hat der Kläger auch die Vaterschaft nicht anerkannt. Eine gemeinsame Sorgerechtserklärung ist ebenfalls nicht aktenkundig. Unter diesen Voraussetzungen ist nicht offenkundig, dass ein Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 1 AufenthG besteht. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zur Prüfung im Einzelnen auf die Durchführung des dafür vorgesehenen Visumsverfahrens besteht. Ungeachtet dessen wird darauf hingewiesen, dass ein Anspruch nur angenommen werden kann, wenn die sonstigen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen und hier bereits ein gültiger Pass fehlt.
Sonstige Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels sind nicht erkennbar, insbesondere liegen die Voraussetzungen für einen Aufenthalt aus humanitären Gründen nicht vor. Die Tatsache, dass der Pass des Klägers ungültig ist und deshalb einer Ausreise oder Abschiebung nach Marokko entgegensteht, führt nicht zu einem Aufenthalt aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Auf § 25 Abs. 5 Satz 3 und Satz 4 AufenthG wird verwiesen, wonach vorliegend durch den Kläger schuldhaft zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt werden.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage lägen vor und eine Durchentscheidung des Gerichts sei geboten, trifft beides nicht zu. Zum einen blieb nach Aktenlage die Antragsgegnerin nicht untätig, sondern hat den Kläger in einer umfangreicheren Korrespondenz zur Vorlage gültiger Papiere aufgefordert und auf das Visumsverfahren verwiesen; der Bevollmächtigte hat selber mitgeteilt, dass der Kläger bereits bei der Botschaft registriert sei. Es ist keine Untätigkeit, wenn mit dem Bevollmächtigten rechtlich mögliche Verfahren erörtert werden. Es fehlt deshalb bereits an der Voraussetzung, dass über den Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden wurde, § 75 Satz 1 VwGO. Ungeachtet der Sperrwirkung der Ausweisung und des fehlenden Passes geht die Annahme fehl, dass nach dieser Sach- und Rechtslage die Voraussetzungen für eine Durchentscheidung durch das Gericht nur ansatzweise vorliegen könnten.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708ff ZPO.


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