Verwaltungsrecht

Ausreisepflicht rechtmäßig – Inlandsbezogener Schutz

Aktenzeichen  Au 6 K 19.31645

Datum:
21.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2419
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG § 11 Abs. 1, § 58 Abs. 1a, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Es wird Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG.
a) Es besteht in der Sache kein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG, denn dem Kläger kommt der inlandsbezogene Schutz des § 58 Abs. 1a AufenthG zu Gute, wonach sich die Ausländerbehörde vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers zu vergewissern hat, dass dieser einem Mitglied seiner Familie oder einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.
Dies vorausgesetzt, genügt es vorliegend vor einer Abschiebung nicht, dass der Kläger „auf dem Papier“ einer geeigneten Person oder Einrichtung übergeben wird, sondern die Übergabe muss unter Vermittlung der deutschen Botschaft mit dem Grad der geforderten Vergewisserung sichergestellt sein (dazu BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – BVerwGE 147, 8 ff., juris Rn. 18). Im Zeitpunkt der Abschiebung muss diese Vergewisserung bestehen, so dass umgekehrt eine existenzielle Gefahr für den Kläger ausgeschlossen ist. Entweder kann er in Griechenland einer geeigneten Person oder Einrichtung übergeben werden wie z.B. einer Jugendhilfeeinrichtung nach griechischen Maßstäben, dann droht ihm keine zielstaatsbezogene Gefahr nach § 60 Abs. 5 AufenthG, oder dies ist nicht der Fall, dann besteht im Zeitpunkt einer Abschiebung bereits ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis im Sinne des § 58 Abs. 1a AufenthG. In beiden Fällen besteht für ihn aber kein Schutzanspruch nach § 60 Abs. 5 AufenthG, da ihm die dort genannten Gefahren in Folge einer Rückführung nach Griechenland nicht drohen. Er würde dann in einer dortigen und nach landesüblichen Maßstäben geeigneten Einrichtung nach Art. 31 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 RL 2011/95/EG untergebracht. Einen Anspruch auf eine Unterbringung wie in Deutschland hat er nicht (arg. ex Art. 29 Abs. 1 RL 2011/95/EG).
Diese Aufnahme ist nach dem Vorstehenden möglich, da der Kläger in Griechenland internationalen Schutz erlangt hat, muss aber im Einzelfall vor einer Rücküberstellung nach Griechenland gesichert sein. Dann droht ihm keine Existenznot im Fall einer Rückführung nach Griechenland.
b) Ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 ff. AufenthG wegen einer zielstaatsbezogenen erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben aus gesundheitlichen Gründen, die eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung voraussetzt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, liegt im Fall des Klägers nicht vor. Aktuelle Atteste hierzu sind auch nicht vorgelegt. Auch insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid in vollem Umfang Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
aa) Hinsichtlich einer etwaigen allgemeinen Notlage steht der inlandsbezogene Schutz des § 58 Abs. 1a AufenthG zudem einer Durchbrechung der Sperrwirkung für § 60 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Satz 5 AufenthG entgegen (vgl. zu § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG a.F. BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – BVerwGE 147, 8 ff., juris Rn. 15, 22).
bb) Eine individuelle extreme Gefahr insbesondere gesundheitlicher Art, die sich durch bzw. zeitlich in Folge der Abschiebung nach Griechenland wesentlich verschlechtern würde, ist auch aus den Angaben des Klägers nicht ersichtlich.
2. Die Abschiebungsandrohung folgt aus der Ausreisepflicht des Klägers nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids des Bundesamts nach § 58 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, § 59 AufenthG; ihr steht ein Abschiebungsverbot nach § 58 Abs. 1a AufenthG wegen § 59 Abs. 3 AufenthG nicht entgegen.
3. Nachdem sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG als rechtmäßig erweist, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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