Verwaltungsrecht

Beendigung der hälftigen Zulassung eines Vertragsarztsitzes

Aktenzeichen  S 28 KA 15/17

Datum:
6.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31984
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB X § 32 Abs. 2 Nr. 2
Ärzte-ZV § 19 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Ergeht ein Bescheid zur Zulassung mit einem hälftigen Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Vertragsarzt die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrags am anderen Vertragsarztsitz verzichtet, wird die Zulassung nicht wirksam, wenn die Bedingung nicht erfüllt wird. (Rn. 17 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Neben einer vollen Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag besteht kein Anspruch auf eine weitere hälftige Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag (ebenso BSG BeckRS 2016, 115257). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 12.12.2016 (Beschluss vom 17.11.2016) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die hälftige Zulassung des Klägers in C-Stadt hat am 03.03.2016 geendet. Auch der Feststellungsantrag ist unbegründet.
Der Beklagte hat den Kläger mit – bestandskräftigem – Bescheid vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014) unter der Bedingung, dass er auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz Aa-Straße, A-Stadt bestandskräftig verzichtet hat, für den Vertragsarztsitz C-Straße, C-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Es handelt sich um eine aufschiebende Bedingung im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X mit der Folge, dass der Hauptverwaltungsakt zwar wirksam wird, dass die bedingte Rechtswirkung jedoch bis zum Eintritt der Bedingung in der Schwebe gehalten wird (BSG, Urteil vom 05.02.2003, Az. B 6 KA 22/02 R, Rn. 23 m.w.N.).
Der Kläger hat bis zum heutigen Tage nicht den Verzicht auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz Aa-Straße, A-Stadt erklärt.
Er hat daher die Bedingung nicht erfüllt. Somit ist die Zulassung nicht wirksam geworden (vgl. BSG, ebenda, Rn. 21).
Die Zulassungsgremien sind infolgedessen berechtigt gewesen, das Ende seiner Zulassung festzustellen (BSG, ebenda, Rn. 25).
Zutreffend hat der Beklagte auch das Ende der streitgegenständlichen Zulassung zum 03.03.2016 festgestellt. Der Bescheid des Beklagten vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014) war nach Zustellung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.07.2015, Az. S 43 KA 1115/14, an den Klägerbevollmächtigten am 02.11.2015 nach Ablauf der Berufungsfrist am 02.12.2015, 24 Uhr bestandskräftig geworden. Die Dreimonatsfrist entsprechend der Nebenbestimmung des Bescheids vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014), wonach die vertragsärztliche Tätigkeit endete, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Unanfechtbarkeit des Bescheides aufgenommen werde, lief demnach bis zum 02.03.2016, 24 Uhr.
Zwar übersandte der Kläger noch am 02.03.2016 dem Zulassungsausschuss per Telefax die Erklärung zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit zum 02.03.2016 in C-Stadt. Da er jedoch nicht zugleich den Verzicht auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz Aa-Straße, A-Stadt erklärt hatte, hatte er nicht wirksam und fristgemäß seine Tätigkeit als Vertragsarzt in C-Stadt begonnen.
Die hälftige Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung in C-Stadt hat daher am 03.03.2016 geendet.
Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung des Versorgungsauftrages von Kassenärzten auf einen Faktor von 1,0, zu der der Kläger ein ausführliches Gutachten vorgelegt hat, kommt es vorliegend nicht an. Denn Grund für die vom Beklagten zutreffend festgestellte Beendigung der hälftigen Zulassung des Klägers in C-Stadt am 03.03.2016 ist, dass der Kläger nicht entsprechend den – unangefochtenen – Nebenbestimmungen des Bescheids des Beklagten vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014) bis spätestens 02.03.2016, 24 Uhr seinen Verzicht auf die Hälfte seines vollen A-Städter Versorgungsauftrages erklärt und zugleich seine vertragsärztliche Tätigkeit in C-Stadt aufgenommen hatte.
Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieser Nebenbestimmungen bestehen nicht. Angesichts der nachvollziehbaren Rechtsprechung des BSG zur Beschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit auf einen vollen Versorgungsauftrag (BSG, Urteil vom 28.09.2016, Az. B 6 KA 32/15 R, Rn. 32) liegt ein offensichtlicher, besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB X nicht vor. Ebenso wenig kommt es aufgrund § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf die Nichtigerklärung des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV durch das BVerfG an (Beschluss vom 26.09.2016, Az. 1 BvR 1326/15).
Auch der in der mündlichen Verhandlung erstmalig gestellte Antrag des Klägers, feststellenzulassen, dass dem Vollzug des Bescheides vom 12.12.2016, soweit darin das Ende der Zulassung des Klägers mit hälftigem Versorgungsauftrag in C-Stadt zum 03.03.2016 festgestellt wurde, die aufschiebende Wirkung des Rechtsstreits entgegensteht, ist unbegründet.
Für diesen Erweiterungsantrag im Sinne des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nimmt das Gericht zu Gunsten des Klägers ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 SGG wegen des behaupteten Leistungsvolumens in der (Filial-)Praxis in C-Stadt an.
Eine zu Gunsten des Klägers eingetretene aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage gegen das festgestellte Ende seiner Zulassung in C-Stadt besteht jedoch nicht. Bei der streitgegenständlichen Feststellung des Beklagten handelt es sich lediglich um eine deklaratorische Entscheidung über das Ende der hälftigen Zulassung des Klägers (BSG, ebenda, Rn. 25). Der Adressat eines begünstigenden Verwaltungsaktes, der von der ihm verliehenen Befugnis vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung Gebrauch macht, handelt ohne Erlaubnis (BSG, ebenda, Rn. 23 m.w.N.). Hieran kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels nichts ändern.
Die Kostenentscheidung basiert auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.


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